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Verfahren zur Herstellung von hydrophoben Pigmenten Anorganische und
organische Pigmente werden in trockener und in Wasser dispergierter Form zum Färben
von Kunststoffdispersionen, Holz, Textilien, Zement, Lack und Kunststoff' verwendet.
Der mehr oder weniger hydrophobe Charakter der Pigmente ist von großem Einfluß auf
die Wetterechtheit, die Benetzbarkeit, die Chemikalienbeständigkeit und das rheologische
Verhalten der Pigmente.
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In der Druckfarbenindustrie spielt die Benetzbarkeit und damit die
Carbophilität bzw. Hydrophilität der Pigmente eine große Rolle beim sogenannten
»Flushen« der Pigmente, bei dem das Pigment aus dem wäßrigen Preßkuchen direkt in
das organische Medium übergeführt wird.
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In der Literatur sind Oberflächenbehandlungen und Oberflächenbelegungen
von Pigmenten mit Siliconen bekannt. Diese Pigmentbelegungen dienen der Verbesserung
der Wetterechtheit und der Veränderung der Carbophilität bzw: Hydrophilität der
unbehandelten Pigmente.
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Eine sehr wirksame Methode zur Hydrophobierung von anorganischen und
organischen Pigmenten sowie von Ruß wurde dadurch gefunden, daß man die Pigmente
mit Organostannonsäuren oder deren Polymeren behandelt. Diese zinnorganische Verbindungsklasse
(RSnOOH) wird in einer zusammenfassenden Arbeit von R. K. Ingham; S. D. Rosenberg
und H. G i 1 m a n in Chem. Reviews (1960), Bd. 60, S. 498 und 503 (Tabelle 19),
sowie in der deutschen Auslegeschrift 1078 772 beschrieben. Die bekannten
Eigenschaften der Organostannonsäuren als hydrophobe Substanzen und deren Unlöslichkeit
in wäßriger Soda- oder Ammoniaklösung übertragen sich auf die mit Organostannonsäuren
belegten Pigmente. Dies ist ein überraschender Effekt, denn fast alle Hydrophobierungen
von Pigmenten scheitern daran, daß die Pigmente von den entsprechenden Substanzen
nicht umhüllt werden. Die Organostannonsäuren umhüllen die damit behandelten Pigmente.
Ein Beweis für dieses Verhalten der Organostannonsäuren, d. h. für den »Umhüllungseffekt«,
ist darin zu sehen, daß die Chemikalienbeständigkeit der behandelten Pigmente, vor
allem gegenüber wäßriger Soda- und Ammoniaklösung, wesentlich erhöht ist. Miloriblau,
dessen Unbeständigkeit gegenüber Natronlauge und Soda bekannt ist, wurde mit Butylstannonsäure
belegt und war danach 1 Stunde in 0,1 °/oiger Natronlauge und 2 Stunden in 1°/oiger
Sodalösung beständig. Die Empfindlichkeit von Chromgelb gegenüber Lauge und Soda
wurde durch Belegen des Pigments mit Phenylstannonsäure wesentlich herabgesetzt.
C. I. (Colour Index) Pigmentviolett 2 und C. I. Pigmentrot 48 Mn werden von 1 °/oiger
Sodalösung nach knapp 10 Minuten zerstört. Werden diese beiden Pigmente mit o-Tolylstannonsäure
behandelt, so werden diese »belegten« Pigmente mindestens 1 Stunde in 1 °/Qiger
Sodalösung haltbar. C. I. Pigmentrot 1 wird von 1 °/oiger Natronlauge innerhalb
kurzer Zeit zerstört: Nach Behandeln des Pigments mit Octylstannonsäure, war das
Produkt in 1 °/oiger Natronlauge stundenlang haltbar. Organostannonsäuren, deren
organischer Rest ein Paraffinkohlenwasserstoffrest ist, sind auch in organischen
Lösungsmitteln unlöslich. Auch diese Eigenschaft läßt sich auf die damit behandelten
Pigmente übertragen. Zum Beispiel ist das C. I. Pigment 1 (Pararot) in Aromaten
und Aceton etwas löslich. Nach der Behandlung dieses Pigments mit Butylstannonsäure
wird keine Löslichkeit in Benzol oder Aceton mehr festgestellt. Auf diese Weise
lassen sich dokumentenechte Pigmente bzw. Kugelschreiberpasten, Farbbänder usw.
herstellen.
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Organostannonsäuren verändern bei den damit behandelten Pigmenten
die Hydrophilität bzw. Carbophilität des unbehandelten Pigments. Dies macht sich
beim »Flushen« der Pigmente bemerkbar: Die Dauer für das »Flushen« wird bei vielen
Pigmenten verkürzt. Vor allem wird die Entfernung des Restanteils Wasser in der
pigmentierten organischen Phase durch den hydrophoben Charakter der Organostannonsäure
wesentlich erleichtert.
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Bei Anatas-Titandioxydpigment wird durch die Behandlung mit Organostannonsäuren
die Kreidungstendenz etwas verbessert.
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Phthalocyaninblaupigment bekommt durch die Behandlung mit Butylstannonsäure
einen Oberflächenglanz, der auch im pigmentierten Lack erhalten bleibt. Ruß hat
hohe Olbedarfszahlen. Nach der Behandlung mit Organostannonsäuren vermindern sich
diese Zahlen um etwa 300/, ihres ursprünglichen Wertes. Aber auch bei fast
allen anderen Pigmenten läßt sich
nach Zugabe der Organostannonsäuren
eine Veränderung des rheologischen Verhaltens bzw. der Ölbedarf szahlen feststellen.
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Die Organostannonsäuren werden im Falle der p-Chlor-phenylstannonsäure,
der o-Tolyistannonsäure und der 1-Naphthylstannonsäure am zweckmäßigsten so angewandt,
daß sie in organischen Lösungsmitteln, z. B. Äthylalkohol oder Aceton, gelöst werden.
Diese Lösung der Organostannonsäure wird dann langsam unter Kneten einem Pigmentpreßkuchen
oder einem Pigmentteig, wie er in der deutschen Patentschrift 949 284 beschrieben
ist, zugesetzt. Hierbei werden die hydrophobierenden Organostannonsäuren in Mengen
von 0,01 bis 200/" bezogen auf Pigment, eingesetzt.
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Organostannonsäuren, insbesondere solche, deren organischer Rest ein
Paraffinkohlenwasserstoff ist, können zweckmäßig in Form der entsprechenden Organozinntrihalogenide
(z. B. Methyl-, Äthyl-, Butyl-und Octylzinntrichlorid bzw. -tribromid sowie Phenylzinn-
und p-Chlorphenylzinntrichlorid) angewandt werden. Dies ist ein kostensparender
Faktor, da die meisten Darstellungsmethoden. der Organostannonsäure ohnehin über
die entsprechenden Organozinntrihalogenide führen (Ber. 62, S. 996 [1929] ; Ber.
64, S. 628 [1931] ; Chem. abstr. 33, 5839 [1939] ; Chem. abstr. 26, 2182 [1932]
; USA.-Patent 2 626 955 und deutsche Auslegeschrift 1078 772).
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Die Organozinntrihalogenide können gelöst sein in Wasser, Aceton,
Äthylalkohol, Formamid, Dimethylsulfoxyd oder Dimethylformamid. Die Lösungen der
Organozinntrihalogenide können bereits bei der Herstellung der Pigmente oder aber
dem mit anionaktiven oder nichtionogenen Netz-, Emulgier- und Dispergiermitteln
(deutsche Patentschriften 667 744, 694 178, 679 710, 806 671, 950 548 und 972 621)
gießbar gemachten Preßkuchen zugesetzt werden.
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Die Hydrolyse der gelösten Organozinntrihalogenide im gießbaren Preßkuchen,
in gekneteten Pigmentteigen (deutsche Patentschrift 949 284 und belgisches Patent
592 669) oder bei der Herstellung der Pigmente zu den die Pigmente hydrophobierenden
Organostannonsäuren erfolgt im alkalischen oder sodaalkalischen Medium. Beispiele
1. 500 g Eisencyanblau (Miloriblau) werden mit 20 g eines anionaktiven Netzmittels
(Kondensationsprodukt aus Naphthalinsulfosäure und Formaldehyd) gießbar gemacht.
Dann wird unter Rühren oder Kneten eine Lösung von 7 g Butylzinntrichlorid (nach
der deutschen Auslegeschrift 1 078 772 erhalten), gelöst in 20 ml Formamid, langsam
zugetropft. Anschließend wird mit Natriumbicarbonatlösung die Hydrolyse des Butylzinntrichlorids
zur Butylstannonsäure durchgeführt. Es wird so viel Natriumbicarbonatlösung zugegeben,
bis sich ein pH-Wert von 5 bis 6 einstellt. Danach wird das Pigment filtriert oder
zentrifugiert und getrocknet. Das auf diese Weise behandelte Miloriblau ist etwa
2 Stunden in 1 o/oiger Sodalösung haltbar.
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2. 100 g Chromgelb werden zusammen mit 80 g eines Isooctylphenylpolyglykoläther
gemäß Beispiel 1 der österreichischen Patentschrift 160 871 in einer Knetvorrichtung
nach der deutschen Patentschrift 813 154 verknetet. Nach 1stündigem Kneten wird
im Verlaufe von 30 Minuten eine Lösung von 6 g Phenylstannonsäure, nach Ber. 62,
1, S. 996 (1929) hergestellt, in 20 ml Aceton zugegeben. Danach kann die entsprechende
Paste beliebig mit Wasser verdünnt werden. Die mit Wasser verdünnte Paste ist gegenüber
1 o/oiger Soda- oder Alkalilösung weitgehend beständig.
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3. 200 g Kupferphthalocyaiiin-Preßkuchen werden mit 30 g des Kondensationsproduktes
aus Oxydiphenyl, Benzylchlorid und Äthylenoxyd, gemäß Beispiel 1 der deutschen Patentschrift
824 949, unter Zuhilfenahme eines Schnellrührers gießbar gemacht und langsam mit
1,3 g Octylzinntrichlorid in 20 g Aceton versetzt. Dann wird mit 1°/oiger Sodalösung
oder 1 o/oiger Natronlauge auf den pH-Wert 7 eingestellt, mit 500m1 Wasser verdünnt,
filtriert bzw. zentrifugiert und getrocknet. Das so behandelte Kupferphthalocyanin-Pigment
hat hydrophobe Eigenschaften und glänzt. Diese Eigenschaften bleiben auch nach dem
Auswaschen mit organischen Lösungsmitteln, wie Aceton, Äthylalkohol, Essigester
usw., erhalten.
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4. 150 g Ruß werden mit einer Lösung von 2 g p-Chlorphenylzinntrichlorid
(nach Ber., 64, S.628 [1931] hergestellt) und 6 g Butylzinntrichlorid in 250 ml
Isopropylalkohol geknetet und anschließend mit einer 1 o/oigen Sodalösung auf pH
7 bis 8 gebracht. Danach wird der Ruß ausgewaschen (beim Auswaschen wird C02 durchgeleitet)
und getrocknet. Die Ölbedarfszahl des Rußes wurde vom Hersteller mit 1050 g/100
g angegeben. Eigene Messungen ergaben den Ölbedarfswert 1090 g/100 g. Nach der Behandlung
des Rußes mit den Organostannonsäuren lag der Wert bei 695 g/100 g. Kochendes Wasser,
verdünnte Sodalösung und verdünnte Natronlauge konnten die Belegungen mit Organostannonsäure
nicht herauswaschen.
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5. Mit Phenylstannonsäure belegtes Hansagelb-G-Pulver (dargestellt
nach U 11 m a n n s Encyklopädie der techn. Chemie, 3. Auflage Bd. 4, S. 158).
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Diazotierung: 152 g 3-Nitro-4-toluidin 100o/oig werden mit 1 1 Wasser
verrührt, mit 560 ml 5 n-Salzsäure und 700 g Eis versetzt und mit 69 g Natriumnitrit
100o/oig (als 40o/oige Lösung) bei 0°C diazotiert. Vor der Kupplung wird die Lösung
geklärt.
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Kupplung: 183 g Acetessiganilid (100o/oig) werden in einer Mischung
von 51 Wasser, 550 ml 5 n-Natronlauge und 250 g Natriumacetat gelöst. Die Lösung
wird geklärt, nach Zusatz von Eis auf 0°C gekühlt und das Anilid durch allmähliche
Zugabe von 100 bis 600 ml 2n-Essigsäure unter Rühren wieder ausgefällt. Endreaktion:Lackmussauer.
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Zu dieser Suspension fließt bei 15 bis 20°C die geklärte Diazolösung.
Zu gleicher Zeit läßt man eine auf 0°C abgekühlte Lösung von 2g Phenylzinntrichlorid
(dargestellt nach Ber. 62, 1, S. 996 [1929]) in 50 ml Wasser zufließen. Die Kupplung
ist sofort beendet. Man prüft auf Überschuß an Kupplungskomponente, rührt 1/2 Stunde
nach, filtriert und wäscht mit Natriumbicarbonat und dann mit Wasser neutral. Getrocknet
wird bei 55 bis 60°C.
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6. 1-Naphthylstannonsäure zur Behandlung eines verlackten Farbstoffs:
lOgeines nach Fierz-David undBlangey »Farbenchemie«, B. Auflage, S. 263, dargestellten
Farbstoffes werden mit 250 ml 2 n-Natronlauge unter Rückfluß gekocht, bis alles
gelöst ist. Nach dem Erkalten wird filtriert und das Filtrat langsam in eine auf
25 bis 30°C gehaltene, kräftig gerührte Lösung von 8 g Calziumacetat und 30 ml 2
n-Essigsäure in 500 ml Wasser eingetropft. Zu gleicher Zeit läßt man 0,1 g Naphthylstannonsäure
(Chem. abstr., 33, 5839
[1939]) in 5 ml Äthanol zutropfen. Nach
beendetem Einlaufen wärmt man auf 80 bis 90°C auf, saugt heiß ab, wäscht mit heißem
Wasser gründlich aus und trocknet im Dampftrockenschrank.
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7. 200g Preßkuchen eines roten Azopigments aus p-Nitranilin und f-Naphthol
werden mit dem im Beispiel 1 verwendeten Dispergiermittel in eine gießbare Form
gebracht. Unter gutem Rühren werden 5 g Butylzinntrichlorid gelöst in 15 ml Formamid
zugesetzt. Dann wird die Lösung mit Natriumbicarbonat auf pH 5 bis 6 eingestellt,
mit 500 ml Wasser verdünnt, filtriert und ausgewaschen. Das so behandelte Pararot
wird in Benzol bzw. Aceton nicht mehr angelöst. Auch ist es in 1 °/oiger Natronlauge
stundenlang haltbar.
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Auf die gleiche Weise wurden Preßkuchen eines Monoazofarbstoffs aus
4-Chlor-2-toluidin und 1-Phenyl-3-methyl-5-pyrazolon sowie Preßkuchen von Dibromindigo
gießbar gemacht und mit Butylzinntribromid bzw. Butylstannonsäure behandelt.
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B. 200g eines Preßkuchens des C. I. Pigmentrot 48/Mn werden mit dem
im Beispiel 1 verwendeten Dispergiermittel gießbar gemacht. Unter gutem Rühren werden
4 g o-Tolylstannonsäure (Ber. 67 [1934] S. 717), gelöst in 15 ml Äthanol, zugetropft,
danach wird mit 250 ml Wasser verdünnt, filtriert und getrocknet.