-
Temperaturwechselbeständiges Steinzeug und Verfahren zu seiner Herstellung
Die Erfindung bezieht sich auf die Herstellung eines neuartigen, säurefesten und
insbesondere temperaturwechselbeständigen Steinzeugs mit sehr dichten keramischen
Scherben und hoher mechanischer Festigkeit auf Lithium-Aluminium-Silikat-Basis.
-
Es ist bereits bekannt, daß keramische Körper des Dreistoffsystems
Li20 -A1203 - S'02 besonders niedrige Wärmeausdehnungskoeffizienten aufweisen, was
auf die künstliche Bildung der S-Modifikationen (Hochtemperaturmodifikationen) von
Spodumen und/ oder Eukryptit und deren Zwischenprodukte im keramischen Material
zurückgeführt werden kann.
-
In solchen Massen soll (USA.-Patent 2 785 080) das Molverhältnis der
Oxyde Li2O : A1203: S'02 zwischen 1:1:2 (= 11,8:40,5:47,7"/o) und 1:1:10 (= 4,1:
13,9: 82,0%) schwanken können.
-
Als Ausgangskomponenten dieser Körper werden vor allem schwerlösliche
Lithiumsalze, meist Lithiumkarbonat, A1203 in Form von Tonerde und S'02 in Form
von Quarz oder Flint, ferner als untergeordnete Zuschläge noch Kaolin bzw. Tone
und organische Bindemittel genannt. Bei Verwendung von Spodumen und Petalit zur
Herstellung keramischer Körper dürfen dabei nur geringe Mengen von Ton (nicht mehr
als 5%) angewendet werden, um den Mindestgehalt an Li,0 in den keramischen Massen
von 4,1% und die angegebenen optimalen Eigenschaften, insbesondere hinsichtlich
Temperaturwechselbeständigkeit zu erreichen.
-
Diese ausgesprochenen Magermassen sind daher naturgemäß völlig unplastisch
und können nicht wie plastische keramische Steinzeugmassen verformt werden. Auch
handelt es sich um ausgesprochen poröse keramische Körper.
-
Nach einer anderen Ausführungsform werden aus den obenerwähnten Ausgangskomponenten
durch thermische Vorbehandlung zunächst sogenannte keramische Fritten, d. h. stark
versinterte, teilweise geschmolzene Produkte erzeugt und diese nach Aufmahlung und
Zusatz geringer Mengen geeigneter Bindemittel zu keramischen Körpern, meist durch
Gießen oder Pressen verformt und bei Temperaturen über 1000° C gargebrannt. Man
führt somit in den Hauptversatz durch die feingemahlenen Fritten die darin beim
Vorsintern neu gebildeten Hochtemperaturmodifikationen (= ß-Modifikationen) eines
Minerals der Klasse Spodumen-Eukryptit oder deren kieselsäurereicheren Zwischenprodukte
ein.
-
Es ist ferner bekannt (französisches Patent 1037 673), zur Herstellung
keramischer Körper ebenfalls Lithiumkarbonat, Tonerde in Form von Boehmit A100H
und chemisch gefällte Kieselsäure (Kieselgel) und Tonzusätze zu verwenden. Der L'20-Gehalt
dieser keramischen Massen soll aber nicht unter 5 bis 25 Gewichtsprozent liegen.
Es wird in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich festgestellt, daß natürliche Lithiumminerale
im Rohzustand nicht direkt, d. h. ohne vorhergehende Frittung zu keramischen Massen
verarbeitet werden können, da diese Rohstoffe nur zu porösen und mechanisch wenig
festen Fertigerzeugnissen führen.
-
Alle nach diesem Verfahren oder deren Varianten hergestellte Massen
bzw. daraus geformte keramische Körper weisen also den großen Nachteil auf, daß
sie porös, mechanisch wenig fest und außerordentlich schwierig zu brennen sind,
da ihr Sinter-Schmelz-Intervall sehr eng ist.
-
Weiter gehört zum Stande der Technik ein Verfahren (USA.-Patent 2
426 395) zur Herstellung glas-bzw. glasurähnlicher Sinter- oder Schmelzkörper, die
schon bei sehr niedrigen Temperaturen erweichen und unter Verwendung von 331/s Teilen
Borsäure, 331/s Teilen Bleioxyd und 9 bis 15 Teilen Lithiumnitrat bzw. -karbonat
bzw. -phosphat und Kieselsäure hergestellt werden.
-
Nach einer Variante dieses Verfahrens soll auch das Mineral Lepidolith
(Lithiumglimmer) in Mengen von 10 bis 601/o eingesetzt werden können.
-
Diese Mischungen ergeben leichtschmelzende, niederviskose Glasflüsse,
die mit Vorteil z. B. für keramische Glasuren mit niedrigem Ausdehnungskoeffizienten
verwendet werden.
-
Die nach allen diesen erwähnten Verfahren denkbaren keramischen Körper
werden somit vorwiegend
unter Verwendung synthetischer Lithiumsalze
und anderer, meist synthetischer Oxydkomponenten bzw. von aus diesen Rohstoffen
durch thermische Vorbehandlung hergestellten keramischen Fritten erzeugt. Außerdem
ist es bekannt, zu vorgefritteten Li-Al-Silikat-Grundmassen oder nicht vorgefritteten
Massen Ton zuzusetzen.
-
Da der Anteil an plastischen Tonen bzw. Kaolinen in diesen Massen
sehr gering gehalten werden muß (Li20-Gehalt darf nicht unter 4 bis 5'%, liegen),
ist eine plastische Verformung zu großen Körpern unmöglich.
-
Ferner besitzen diese Massen teils auf Grund ihrer erhöhten Porosität,
teils aber auch als Folge ihrer chemischen Zusammensetzung, z. B. aus wesentlichen
Anteilen von Borsäure und Mennige und ähnlichen Zuschlägen eine wesentlich geringere
Säurebeständigkeit als vergleichbare keramische Körper aus gewöhnlichem, mullitischem
Steinzeug; dies schließt diese Massen von der Verwendung bei chemisch-technischen
Prozessen mit saurem Milieu völlig aus. Ebenso scheiden diese Massen, bei deren
Erzeugung giftige Verbindungen des Bleis usw. verarbeitet werden, für die Verwendung
in der Lebensmittelindustrie von vornherein aus.
-
Es ist auch (deutsche Auslegeschrift 1010 0'00) ein porzellanähnlicher
Körper mit niedrigem Wärmeausdehnungskoeffizienten und hoher Temperaturwechselbeständigkeit
auf Lithium-Aluminium-Silikat-Basis bekanntgeworden, welcher erhalten wird, wenn
z. B. 1 Mol Li2C03, 1 Mol A1203 und 4 bis 6 Mol Si02, gegebenenfalls unter Zusatz
von Zirkonoxyd bei Temperaturen von 1100 bis 1300° C vorgefrittet, gemahlen und
100 Teile dieser synthetischen Fritte nach Zusatz von Verbindungen des Bleis,' Bors,
Mangans, Kobalts und Lithiums in Mengen bis zu 4. Gewichtsprozent und Kaolin und
Quarz bis zu 3011/o bei Temperaturen von 1300 bis 1350° C gebrannt werden.
-
Auch dieses Verfahren arbeitet mit vorgefritteten Rehstoffen, wobei
die Zusammensetzung der Fertigprodukte von etwa 4 bis 5 1/a Li20 schwanken kann
(entsprechend 1 Mol Li2C03 zu 1 Mol A1203 zu 6 Mol SiO2 bis 1 Mol Li2C03 zu 1 Mol
A1203 zu 4 Mol Si0z ; nach dieser Lehre werden den Fritteversätzen bis zu 4 Gewichtsprozent
der weiter oben beschriebenen Metallverbindungen und bis zu 30 Gewichtsprozent Quarz
und Kaolin zugesetzt). Auch hier erhöhen Zuschläge von Borsäure, Mennige usw. die
Säurelöslichkeit beträchtlich. Eine plastische Verformung solcher sehr gemagerten
Fritteversätze mit einem Kaolinzusatz von -30 % zu größeren Gefäßen ist nicht denkbar.
-
Es ist schließlich auch bereits bekannt, daß natürlich vorkommende,
pneumatolytische Lithiumminerale, wie a-Spodumen, a-Eukryptit und auch Petalit,
einzeln oder in Mischungen ohne vorhergehende thermische Vorbehandlung, wie Glühen,
Schmelzen oder Fritten, in gemahlenem Zustande in bestimmter Korngröße gegebenenfalls
in Kombination mit Quarzgut bzw. Quarzglas in feinster und/oder gekörnter Form unter
Zusatz von erheblichen Anteilen plastischer, flußmittelreicher, insbesondere illitischer
oder serizitischer Tone zu vollplastischen Steinzeugmassen zu verarbeiten.
-
Nach allen bisher bekanntgewordenen Verfahren werden also in die keramischen
Massen Li,0-Gehalte eingeführt, die wesentlich über 2 Gewichtsprozent liegen, um
niedrige Wärmeausdehnungskoeffizienten und damit gute Temperaturwechselbeständigkeit
zu erreichen. Bis auf das eine Verfahren, bei dem ein porzellanähnlicher Körper
entsteht, erhält man nach den bekannten Verfahren nur poröse und mechanisch wenig
feste Körper, deren Brand in keramischen Öfen infolge des engen Sinter-Schmelz-Intervalls
auf Grund des hohen Li,0-Gehaltes der Massen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt.
-
Es hat sich nunmehr überraschend gezeigt, daß es, entgegen den bisherigen
Erkenntnissen und Erfahrungen, möglich ist (M. Mehmel, »Die Bedeutung des Lithiums
in keramischen Massen und Glasuren«, Sprechsaal 90 [1957], Nr. 4, S. 90/91, und
Nr. 5, S. 111/115, insbesondere S. 113, linke Spalte, zweiter Absatz), Massen auf
der Basis von Lithium-Aluminium-Silikat zu erzeugen, deren Li20-Gehalt unter 2,0
Gewichtsprozent liegt und deren Wärmeausdehnungskoeffizient außerordentlich niedrig
ist und den von Quarzglas erreicht. Infolgedessen zeigen solche Massen eine außerordentlich
gute Temperaturwechselbeständigkeie.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines temperaturwechselbeständigen,
säurefesten Steinzeuges mit niedrigem Wärmeausdehnungskoeffizienten, dichtem keramischem
Scherben und hoher mechanischer Festigkeit auf der Basis von Lithium-Aluminium-Silikat
unter Zusatz von Ton ist dadurch gekennzeichnet, daß der Lithium-Aluminium-Silikat-Grundmasse
Verbindungen des Eisens, Nickels, Zinks und/oder -Magnesiums vorzugsweise in der
Form ihrer Titanate, Chromate, Aluminate und/oder ihrer Oxyde in Mengen bis zu 3'0/0,
bezogen auf die Grundmasse, einzeln oder in Mischungen zugesetzt werden, wobei der
Li,0-Gehalt der Grundmasse unter 2 0/0 liegt und die so erhaltene Masse gegebenenfalls
nach ihrer Verformung in reduzierender Atmosphäre bei Temperaturen zwischen 1250
und 1350° C gebrannt wird.
-
Vorzugsweise werden der Rohmasse zusätzlich lösliche Salze der Phosphorsäure
mit organischen Basen, insbesondere aliphatischer Amine, z. B. Triäthanolammoniumphosphat
oder Hexylammoniumphosphat, zugesetzt.
-
In weiterer Ausbildung der Erfindung kann man der Rohmasse noch Magerungsmittel
wie Quarzglas, Korund, Porzellan und/oder gemahlenes gebranntes Steinzeug gemäß
der vorliegenden Erfindung in gekörnter Form mit Korngrößen von 0,1 bis 1 mm bis
zu einem Anteil von 25 Gewichtsprozent zusetzen, wobei die Masse in reduzierender
Atmosphäre bei 1250 bis 1350° C gargebrannt wird.
-
Die nach der Erfindung hergestellten Massen haben gegenüber den bisher
bekannten Massen folgende entscheidende Vorzüge: 1. Durch den erhöhten Anteil an
Tonmineralien bzw. durch die Verminderung des die starken thixotropen Eigenschaften
der bisherigen Massen bewirkenden hohen Lithiumgehaltes wird die plastische Verarbeitbarkeit
der Massen wesentlich verbessert. Insbesondere ist es durch die Erfindung nunmehr
möglich, keramische Massen ausschließlich mit natürlichen Lithiumrohstoffen herzustellen,
ohne das die plastische Verformbarkeit der Massen für größere Körper infolge des
gegenüber den bisherigen Gewohnheiten stark überhöhten Anteils an diesen Stoffen
unzureichend wird.
2. Das Sinter-Schmelz-Intervall dieser lithiumarmen
Massen ist erheblich breiter als bei den bisher bekannten Massen, was das Brennen
solcher keramischen Körper außerordentlich erleichtert.
-
3. Die erfindungsgemäßen Massen sind völlig dicht und von hoher mechanischer
Festigkeit, was ebenfalls durch den vergleichsweise niedrigen L'.,O-Gehalt möglich
wird. Bekanntlich neigen Mässen mit hohem Lithiumanteil sehr leicht zur Ausbildung
eines sogenannten schaumigen Scherbens durch die Verdampfung von Lithiumoxyd während
des Brennens.
-
4. Da der Lithiumanteil der Masse erheblichen Einfluß auf den Preis
hat, sind die Massen gemäß der vorliegenden Erfindung wegen des stark reduzierten
Lithiumanteils wesentlich billiger.
-
Bei weiteren Untersuchungen mit dem gemäß der Erfindung hergestellten
Steinzeug hat sich gezeigt, daß a) gleich große Ionen wie diejenigen von Fe2+, Zn2+,
Ni2+ , Sn4+ und Mg2+ durch Ersatz des Lil--Ions die in den Massen erwünschte Struktur
des ß-Spodumens mit sehr geringem Wärmeausdehnungskoeffizienten selbst noch in Mischungen
zu stabilisieren in der Lage sind, die weit unter den bisher angewendeten Gehalten
an Lithiumoxyd in keramischen Massen liegen. Dieser teilweise Ersatz des Lithiums
ermöglicht somit keramische Körper mit extrem niedrigem Wärmeausdehnungskoeffizienten
und damit guter Temperaturwechselbeständigkeit mit einem Minimum an Lithiumoxyd
herzustellen.
-
b) Ferner hat sich gezeigt, daß diese Zuschläge die Glasbildung im
Scherben außerordentlich günstig in solcher Weise beeinflussen, daß einmal die Reaktionsbereitschaft
zwischen den Ausgangskomponenten gefördert, zum anderen aber in der Weise, daß das
bei Lithiummassen sehr enge Silikat-Schmelz-Intervall durch entsprechende Viskositätsänderung
der Glasphase erheblich verbreitert werden kann. Die bisherigen Massen weisen dagegen
ein Silikat-Schmelz-Intervall von nur 5° C auf.
-
c) Durch die Zugabe von schwerlöslichen und/oder löslichen Phosphaten
kann der Ionenaustausch zwischen Lithiumrohstoff und Tonmineralien, welcher die
gefürchteten kolloidchemischen Veränderungen der plastischen Eigenschaften der Rohmasse
bewirkt, weitgehendst ausgeschaltet werden, da bekanntlich das gebildete Lithiumphosphat
äußerst schwer löslich ist und auf diese Weise die vagabundierenden Lithiumionen
blokk'ert. Die plastische Verarbeitbarkeit von Lithium-Alum'nium-Silikatmassen wird
durch diese Maßnahme also wesentlich verbessert.
-
Im folgenden sollen einige Beispiele für das gemäß der Erfindung hergestellte
temperaturwechselbeständige Steinzeug angegeben werden. Beispiel 1 32 bis 40 Gewichtsteile
natürlichen Lithium-Aluminium-Silikats oder Mischungen von Mineralien wie Spodumen
und Petalit mit der ungefähren theoretischen Zusammmensetzung von Li203 : A1203:
S'02 =1 : 1: 7, werden mit 65 bis 70 Gewichtsteilen Ton sowie einem Zusatz von 1,5
Gewichtsteilen einer Mischung aus 30 Gewichtsprozent MgO - A1203, 50 % Fe0 - AIO3
und 20 Gewichtsprozent NiO - A1203 oder PbCr4 bis zu einer Feinheit von 60 bis 100
#L vermahlen und anschließend bei Temperaturen zwischen 1250 und 1320° C . in reduzierender
Atmosphäre gebrannt. Beispiel 2 Gewichtsteile Li2C03, 20 Gewichtsteile A1"03 und
70 Gewichtsteile SiO2 werden nach Zugabe von 4 Gewichtsteilen einer Mischung aus
30 Gewichtsprozent MgTi03, 30 Gewichtsprozent Mg2P207 und 40 Gewichtsprozent FeP04
bei Temperaturen von 1050 bis 1200° C vorgefrittet und dann auf eine Korngröße von
60 bis 100#t gemahlen. Von dieser gemahlenen Fritte werden 5'0 Gewichtsteile mit
50 Gewichtsteilen plastischer Tone vermengt und bei Temperaturen zwischen 1240 und
1310° C in reduzierender Atmosphäre gebrannt. Beispiel 3 32 bis 35 Gewichtsteile
Lithium-Aluminen-Silikat mit einer Zusammensetzung von Li20 : A1203: S'02 =1: 1:
6,5 werden mit bis zu 2 Gewichtsprozent, bezogen auf die Grundmasse, einer hochgeglühten
Mischung aus 30 Gewichtsteilen Mg0, 20 Gewichtsteilen ZnO und 30 Gewichtsteilen
Fe0, z. B. als Eisen(II)-oxalat, versetzt auf 60 bis 100 #L gemahlen und anschließend
mit 10 bis 20 Gewichtsteilen gekörnten. Magerungsstoffen wie Quarzglas, Korund,
Porzellan oder erneut gemahlener Grundmasse vermengt. Gleichzeitig wird Ton in einer
Menge entsprechend dem Rest auf 100 Gewichtsteilen zugemischt. Darauf wird die Mischung
von 1/somolarer Triammomiumphosphatlösung in Mengen von 100 m1/100 kg Masse versetzt
und in reduzierender Atmosphäre bei einer Temperatur von 1250 bis l320° C gebrannt.