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Verfahren zum Entfernen von Schwefelwasserstoff aus Gasen Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zum Entfernen von Schwefelwasserstoff aus Gasen mit Hilfe
einer eisenhaltigen Waschflüssigkeit, die durch Oxydation regeneriert werden kann.
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Bei bekannten Verfahren dieser Art, bei denen die Flüssigkeit alkalisch
ist und aus einer Suspension von Eisenoxyd, Eisenoxydulhydrat oder basischem Eisenkarbonat
besteht und Natrium- oder Ammoniumkarbonat oder -bikarbonat enthält, reagiert der
Schwefelwasserstoff zunächst mit dem Alkali, um Alkalisulfide zu bilden, die ihrerseits
mit dem Eisen in Suspension reagieren, um Eisensulfid zu bilden. Die Reaktion zwischen
lösbaren Sulfiden und Eisensuspension verläuft nicht augenblicklich, und da die
Lösungen von Alkalisulfiden einen Partialdruck von Schwefelwasserstoff ausüben,
wirkt dieses der schnellen und vollständigen Entfernung des Schwefelwasserstoffs
aus dem Gas entgegen, Die entstehende verschmutzte Flüssigkeit wird durchlüftet,
um das Eisen zu oxydieren, wobei Schwefel frei wird, und die aufgefrischte Flüssigkeit
ist dann fertig für den Wiedergebrauch beim Gaswaschen.
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Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß nur schwer beherrschbaie Einflüsse
beim Herstellen des Ansatzes die Reaktionsmenge und die Reaktionsgeschwindigkeit
stark beeinflussen.
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Auch ist bei dem eingangs erläuterten Verfahren die Verwendung einer
Waschflüssigkeit bekannt, die gewisse Hydroxyverbindungen wie Glykole und Glyzeiine
und Oxysäuien wie Zitronensäure, Weinsäure oder ihre Salze zusätzlich zu dem Eisenhydroxyd
enthält. Diese Verbindungen haben eine lösende oder peptisierende Wirkung auf das
Eisenhydroxyd unter neutralen oder alkalischen Bedingungen. Eine so angesetzte Gaswaschflüssigkeit
hat jedoch den Nachteil, daß sie sich nicht leicht für den Gebrauch und insbesondere
für den Wiedergebrauch nach Kontakt mit dem Schmutzgas oxydieren läßt.
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Schließlich ist es bekannt, bei dem eingangs erläuterten Verfahren
als Waschflüssigkeit eine wäßrige alkalische Suspension von Eisen zu verwenden,
in der das Eisen teilweise oder nahezu vollständig in der Form fester komplexer
Cyanide enthalten ist und die genannten komplexen Cyanide sich im kolloidalen oder
in einem geronnenen oder ausgefällten Zustand befinden. Die Reaktion zwischen den
entstehenden Alkalisulfiden und den komplexen Eisencyaniden in der Suspension hat
Freisetzung von Schwefel mit der Reduktion von Eisen in den Komplexen aus dem Ferri-
in den Feriozustand zur Folge. Die reduzierten Komplexe werden dann durch Lüftung
reoxydiert und somit die Suspension für den Wiedergebrauch aufgefrischt.
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Die obigen Reduktions- und Oxydationsreaktionen verlaufen schneller
als die sulfidierenden und oxydierenden Reaktionen, die auftreten, wenn Eisenhydroxyd
das Reagenz zum Binden und Entfernen des Schwefelwasserstoffes aus der Lösung ist,
und der vorher erwähnte Prozeß hat demnach Vorteile im Hinblick auf das Ausmaß der
Wegschaffung von Schwefelwasserstoff aus dem Gas und auf die Größe der erforderlichen
Anlage. jedoch ist in beiden Arten des Prozesses das Reagenz Eisen als eine Suspension
fester Teilchen anwesend und nicht in Lösung. Das Ergebnis ist in allen Fä-Ilen
ein unvermeidlicher und bisweilen beträchtlicher Reagenzverlust, der mit der Entfernung
des freien Schwefels aus dem System beispielsweise durch Senkungs- und/oder Filtrationsverfahren
verknüpft ist.
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Um den Nachteilen der relativ langsamen Reaktion und des Reagenzveilustes
infolge der Anwendung suspendierter fester Reagenzien zu begegnen, ist es nötig,
das Gas mit einem gelösten Reagenz zu waschen, das unmittelbar und quantitativ mit
dem Schwefelwasserstoff oder mit Alkalisulfid reagiert, das mit irgendeinem in der
Gaswaschlösung ebenfalls anwesenden Alkali gebildet werden kann.
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In diesem Fall ist es beispielsweise bekannt, eine Lösung eines Zinksalzes,
wie z. B. Zinkacetat oder Zinksulfat, zum Auswaschen des Schwefelwasserstoffes aus
Gasen zu verwenden. Durch diese Mittel wird der Schwefelwasserstoff, da er sich
löst, sehr schnell und vollständig als Zinksulfid gebunden, das aus der Gaswaschflüssigkeit
ausfällt. Durch ein solches Verfahren kann daher ein Gas vollständig von Schwefelwasserstoff
befreit werden. Aber es bleibt der Übelstand, daß das ganze Zinkreagenz notwendigerweise
aus der Flüssigkeit als Sulfid für die
Schwefelrückgewinnung und
für die Auffrischung entfeint werden muß, was nicht durch einen so einfachen Schritt
wie Belüftung erreicht werden kann.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, diese Mängel der bekannten
Ver-fahren zu vermeiden. Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß
als Waschflüssigkeit eine Lösung von chelatiertem Eisen im Ferrizustand verwendet
wird, in der das durch den Schwefelwasserstoff aus dem Ferri- in den Ferrozustand
und durch Oxydationsbehandlung, z. B. Belüftung, aus dem Ferro- in den Ferrizustand
zu überführende und in beiden Oxydationsstufen in Lösung bleibende Eisen als komplexe
Verbindung mit einer Aminosäure vom Typ
vorliegt, bei der mindestens zwei der GruppenX aus Essigsäure oder Propionsäure
oder deren Alkalisalzen bestehen und bei der R eine Alkylgruppe mit mindestens 2
Kohlenstoffatomen in der Kette, oder Cyclohexan, wobei die Gruppen
in 1,2- (Ortho-) Stellung des Cyclohexans als Substituenten stehen, oder ein substituierter
Benzolring ist, wobei die Gruppen
in 1,2- (Ortho-) Stellung stehen, und in dem wenigstens ein Chlor- oder ein Methylrest
in der 3- und 6-Stellung des Benzolringes als Substituent vorliegt.
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Diese Lösung reagiert schnell und quantitativ mit dem Schwefelwasserstoff
oder mit löslichen Alkalisulfiden. ,Auch bleiben die gelösten Stoffe bei der Regenerierung
durch Oxydation in Lösung. Der dabei frei werdende Schwefel läßt sich leicht entfernen,
ohne daß dabei viel Waschflüssigkeit verlorengeht.
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Es ist bekannt, daß gewisse organische Verbindungen, die man als chelatbildendeAgenzien
bezeichnet, Komplexe mit verschiedenen Metallen, z. B. Eisen, bilden und daß das
Metall in solch einem Komplex in Lösung verbleibt, wenn andernfalls die Bedingungen
der Wasserstoffionenkonzentration und/oder die Anwesenheit anderer gelöster Salze
ihr Ausfällen verursachen würde. Die Stabilität bei hohen Temperaturen ist auch
ein Kennzeichen einiger solcher Komplexe, deren wässerige Lösungen, z. B. ohne Zersetzung
des Komplexes und ohne Ausfällen des Metalls, gekocht werden können.
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Die Bildung eines Komplexes oder Chelats durch Reaktion eines chelatbildenden
Agens mit einem Metall wird unter Einschluß der Bildung einer oder mehrerer das
MetaEion umfassender Ringstrukturen verstanden. Die Stabilität der Chelate hat man
der Anwesenheit solcher Ringstrukturen zugeschrieben.
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Der Ausdruck »chelatiertes Eisen« wird im folgenden benutzt, um solch
einen Komplex von Ferro- oder Ferrieisensalz zu bezeichnen.
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Beispiele für geeignete Aminosäuien sind Äthylendiamin-tetra-essigsäure,
1,2-Diarnin-cyclohexan-N,N.'-tetra-essigsäure, Di-äthylen-triamin-penta-essigsäure
und N-Hydroxyäthyl-äthylen-diamin-tri-essigsäure, doch können auch Salze wie Alkalimetallsalze
dieser Säuren benutzt werden.
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Die chelatierte Eisenlösung zum Gaswaschen wird vorzugsweise durch
Verdünnen einer konzentrierten Lösung chelatierten Eisens angesetzt, die vor der
Verdünnung oxydiert und zu diesem Zweck durchlüftet werden kann.
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Die chelatierte Eisenlösung zum Gaswaschen kann je
nach Wunsch
alkalisch oder nichtalkalisch sein.
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Das chelatierte Eisen in der Gaswaschflüssigkeit kann aus Eisenkomplexen
bestehen, die durch mehrere chelatbildende Mittel entstanden sind.
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Das Verfahren kann bei atmosphärischem Druck und Zimmeitemperatur
oder bei darüberliegenden Temperaturen und Drücken durchgeführt werden.
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Die folgenden Beispiele von chelatierten Eisenlösungen sind für die
Anwendung beim erfindungsmäßigen Prozeß für die Entfernung des Schwefelwasserstoffes
aus verunreinigten Heizgasen geeignet.
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(1) 35 g kristallinischen Ferrosulfats (Fe,S04 - 7 H,0)
werden in 11 Wasser gelöst, und diese Lösung wird in einen anderen Liter
Wasser gegossen, der 24 g wasserfreie Soda, zwischen 50 und
70 g Tetra-natriumsalz der Äthylen-diamin-tatra-essigsäure und zwischen 20
und 100 g Tri-äthanol-amin enthält. Die entstehende klare Mischung
wird durchlüftet, bis keine weitere Abdunkelung in der Farbe besteht ' wonach
sie entweder mit neunfachem Volumen von Wasser oder mit neunfachem Volumen von
0,25 n-Natrium-bikarbonat-Karbonat-Lösung (0,20 n-Bikarbonat, 0,05
n-Karbonat) verdünnt wird.
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(2) 75 g Tetra-natriumsalz der Äthylen-diamin-tetraessigsäure
wird in 11 Wasser gelöst, und die Wasserstoffionenkonzentration der Lösung
wird durch verdünnte Schwefelsäure auf angenähert p. 7 eingerichtet. Dazu
,wird eine Lösung 35 g kristaUinischen Ferrosulfats in 11 Wasser gegeben
und die Lösung durchlüftet und mit dem neunfachen Volumen von Wasser verdünnt. Die
Wasserstoffionenkonzentration der verdünnten Lösung wird dann auf etwa pl,
5 eingerichtet.
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(3) 35 g kristallinischen Ferrosulfats werden in
11
Wasser gelöst, und die Lösung wird in 11 Wasser gegossen, der in
Lösung 62,5 g des Natriumsalzes von Di-äthylen-triamin-penta-Essigsäure bei
pH 9 enthält. Die entstehende Lösung wird durchlüftet, bis sie eine erhebliche
Menge von chelatiertem Ferrieisen enthält.
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(4) 35 g kristallinischen Feriosulfats werden in
11
Wasser gelöst, und die Lösung wird in 11 Wasser gegossen, der in
Lösung 65,2 g des Tetra-natriumsalzes von Cyclohexan-1,2-diamin-tetra-essigsäure
enthält. Die entstehende Lösung wird belüftet, bis das gesamte Eisen als chelatiertes
Ferrieisen vorhanden ist.
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Die durchlüfteten Lösungen der Beispiele (3) und (4) können
zum Gaswaschen unverdünnt oder mit Wasser verdünnt (z. B. mit dem Neunfachen ihres
Volumens) je nach Wunsch verwendet werden.
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Beispielsweise kann bei Benutzung von Athylendiamin-tetra-essigsäure
als chelatbildendes Agens die folgende konzentriertere Lösung angesetzt werden:
(5) 174 g kristallinischen Feriosulfats werden in 11
Wasser
gelöst. Diese Lösung wird zu 11 einer Lösung hinzugegeben, die
265 g Äthylen-diarnin-tetra-essigsäure als das Tetra-natriumsalz und
75 g Tri-äthanol-amin enthält. Die entstehende Lösung wird durchlüftet, bis
das gesamte Eisen als Ferrieisen im Chelat anwesend ist.
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Diese Lösung kann unverdünnt zum Gaswaschen verwendet werden.
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Das chelatierende Agens kann Äthylen-diamin-tetrapropionsäure oder
1,2-Diamin-cyclonhexan-N,N'-propionsäure enthalten.
In all den oben
benannten Lösungen liegt das chelatbildende Agens also in einem Betrage vor, der
mindestens das stöchiometrische Äquivalent des Eisens ist.