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Füllung für Rektifiziersäulen Die Rektifikation von Flüssigkeitsgemischen,
deren Bestandteile nur geringe Unterschiede in den Siedepunkten aufweisen, muß in
zahlreichen Stufen erfolgen, wenn eine gute Trennwirkung erzielt werden soll. Dadurch
ergeben sich bei der Verwendung von Glockenbodenkolonnen große Bauhöhen und damit
hohe Beschaffungskosten. Dies gilt insbesondere dann, wenn für diese Apparate besondere
Stützgerüste notwendig sind oder wegen beschränkter Raumabmessungen von Bauten eine
Unterteilung der Säulen unter Verwendung zusätzlicher Förderpumpen für den flüssigen
Rücklauf, Rohrleitungen, Armaturen, Meßgeräte u. a. erforderlich ist. Außerdem tritt
bei hoher Stufenzahl ein recht erheblicher Druckabfall auf, der die Anwendbarkeit
begrenzt, wenn ein niedriger Siededruck in der Blase gefordert wird.
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Bei Füllkörpersäulen bestimmt die Form und Abmessung der Füllkörper
die erforderliche Bauhöhe. Sie wird um so geringer, je kleiner diese sind. So besitzen
Säulen mit runden Ringen aus Siebgeweben, eckigen oder runden Drahtwendeln, deren
Abmessungen unter 5 mm liegen, je Meter Kolonnenhöhe die Wirkung von zwanzig bis
hundert ideal arbeitenden Böden. Es ergeben sich also auch bei hohen Anforderungen
an die Trennschärfe verhältnismäßig kleine Bauhöhen. Die Kosten derartiger Säulen
steigen bei Verwendung von Füllkörpern kleiner Abmessung dagegen stark an. Da sie
mit Rücksicht auf den Druckabfall auch mit nur geringer Dampfgeschwindigkeit betrieben
werden können, bleibt ihre Verwendbarkeit im allgemeinen auf das Laboratorium beschränkt.
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Außerdem erfordern höhere Säulen mit Füllkörpern Einrichtungen zur
gleichmäßigen Wiederverteilung des randgängigen Rücklaufs. Es wurde schon auf verschiedene
Weise versucht, billige Kolonnenfüllungen höherer vergleichbarer Bodenzahl je Höheneinheit
herzustellen.
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So ist z. B. bekannt, einheitlich aufgebaute Drahtgeflechte oder
paketweise auseinandergezogene und übereinandergeschichtete Drahtspiralen als Füllung
von Rektifiziersäulen zu verwenden. Bei ihnen wird jedoch eine gute Austauschwirkung
nur erzielt, wenn die freien Querschnitte klein sind. Dies hat aber eine starke
Erniedrigung der Staugrenze und damit der Mengenbelastbarkeit zur Folge. Erfahrungsgemäß
wirken sich auch die bei den bekannten-Füllungen nicht vermeidlichen örtlichen Ungleichförmigkeiten
der freien Querschnitte ungünstig auf die Gleichmäßigkeit der Rücklaufverteilung
aus.
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Es wurde auch schon versucht, eine Rektifikation mit Säulen durchzuführen,
in denen parallel zur Strömungsrichtung konzentrisch oder spiralig gewickelte Siebe
angeordnet sind, die durch besondere Mittel in Abstand zueinander gehalten werden
und längs deren sich der flüssige Rücklauf im Gegenstrom zu dem aufsteigenden Dampfgemisch
bewegt. Diese Vorrichtungen besitzen zunächst den Nachteil, daß in den freien Querschnitten
hängende Flüssigkeitstropfen je nach ihrer Größe entweder zur Blase zurückfallen
oder durch die aufsteigenden Dämpfe in das Destillat mitgerissen werden. Außerdem
tritt auch hier meist eine erhebliche Randgängigkeit der Flüssigkeit auf.
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Die bekannten gewickelten Säulenfüllungen konnten sich deshalb bisher
nicht allgemein durchsetzen. Da bei vielen Stoffen die Anforderungen an ihre Reinheit
ständig steigen, ist nach wie vor ein starkes Bedürfnis nach Rektifiziersäulen mit
großer theoretischer Stufenzahl, geringer Bauhöhe und niedrigen Beschaffungskosten
gegeben.
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Füllungen starker Trennwirkung für Rektifiziersäulen lassen sich
in einfacher Weise aus geschichteten Geflechten, Geweben oder Gestricken herstellen,
die als wesentliches Merkmal, vorzugsweise quer zur Durchflußrichtung, wechselweise
ein dichtes und ein lockeres Gefüge besitzen. Die zu verarbeitenden Dämpfe nehmen
ihren Weg durch das lockere Geflecht, während sich die ihnen entgegenrieselnde Flüssigkeit
infolge der Kapillarkräfte vorzugsweise längs des dichten Geflechtes bewegt. Hierbei
wird vorausgesetzt, daß der Werkstoff der Füllung benetzbar ist.
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Es wurde nun gefunden, daß die sich bei solchen Anordnungen ergebende
Austauschwirkung besonders groß ist, wenn das dichte Geflecht, Gewebe oder Gestrick
eine solche Maschenweite besitzt, daß die flüssige Phase in Form eines auch die
freien Offnungen bedeckenden Filmes abläuft. Im Gegensatz zu dem Zustand, bei dem
nur die Oberfläche der die Gewerbe, Gestricke oder Geflechte bildenden Drähte her
netzt ist, erfolgt in den Flüssigkeitshäutchen, deren Inhalt ständig wechselt, der
Stoffaustausch mit der Dampfphase von beiden Seiten her und ist deshalb
viel
großer. Im Rahmen der Erfindung wurde erkannt, daß zur Bildung eines stabilen geschlossenen
Filmes des im dichten Teil der Füllung herabrieselnden flüssigen Mediums die lichten
Querschnittsöffnungen um so geringer sein müssen, je geringer dessen Oberflächenspannung
und je größer seine Dichte ist.
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Mit Rücksicht auf den Preis derartiger Kolonnenfüllungen ist aber
bei dem dichten Teil des Gewebes, Gestrickes oder Geflechtes eine möglichst große
Maschenweite erwünscht. Man wird diese also so bemessen, daß ein stabiler Film gerade
noch gewährleistet ist.
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In diesem Zusammenhang wurde weiter gefunden, daß die Stabilität
der Filmströmung für herabrieselnde Flüssigkeiten der Oberflächenspannung a (in
g/cm oder kg/m) und dem spezifischen Gewicht y (in g/cmS oder kg/m3) dann gewährleistet
ist, wenn im dichten Teil der Füllung für die größtvorkommende lineare Weite s (in
cm oder m) der freien Maschenquerschnitte die Beziehung s <0,33 eingehalten wird.
Unter der größten linearen Weite einer Öffnung ist dabei der größte vorkommende
freie Abstand zwischen zwei Punkten ihrer festen Umrandung zu verstehen, also z.
B. bei rechteckiger Form die Diagonale, bei elliptischer die große Halbachse. Diese
Beziehung gilt für den allgemeinen Fall, daß die Maschenquerschnittsfläche einen
beliebigen Winkel zur Senkrechten einschließt.
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Bei Kolonnenfüllungen nach der Erfindung ist die Randgängigkeit des
Rücklaufs sehr gering, weil sich anfänglich vorhandene, örtlich unterschiedliche
Flüssigkeitsbelastungen der dichten Schichten über die als Stütze wirkenden Drähte
des lockeren Gewebes nach kurzem Ablaufweg ausgleichen. Dadurch werden entstandene
Tröpfchen aus dem Dampf abgeschieden und zum herabrieselnden Flüssigkeitsfilm zurückgeleitet.
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Die Drähte des lockeren Gewebes erzeugen in den aufsteigenden Dämpfen
örtliche Wirbel, die die Mischung der dampfiörmigen Bestandteile fördern und besonders
dann günstig wirken, wenn ohne ihr Auftreten sich eine laminare Strömungsform ausbilden
würde.
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Im Vergleich zu Kolonnen mit einzelnen geschütteten Füllkörpern ist
auch der Druckabfall bei gleicher Trennwirkung bedeutend geringer, so daß nach der
Erfindung ausgeführte Kolonnenfüllungen ein wirtschaftliches Arbeiten auch bei wesentlich
niedrigeren Drücken zulassen.
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Säulenfüllungen der beschriebenen Art sind sehr einfach aus gehäkelten
Geflechtbahnen herzustellen, die, als Industriefabrikate in vielartigen Formen mit
unterschiedlicher Dichte und Durchlässigkeit sowie aus verschiedenen Werkstoffen
hergestellt, zur Ver fügung stehen. Zur Verringerung der Maschenweite des dichten
Geflechtes kann dieses nötigenfalls nach der Anfertigung, beispielsweise durch Walzen,
noch zusätzlich verdichtet werden. Es ist aber auch mög-Iich, als dichte Füllung
gewobene engmaschige Siebe und als lockere Füllung gehäkeltes Geflecht oder gestanzte
und gegebenenfalls geeignet geformte Bleche zu verwenden. Die Herstellungskosten
von solchen Füllungen betragen, gleiche Werkstoffe und gleiche Trennwirkung vorausgesetzt,
nur einen Bruchteil der bekannten geschütteten Ausführungsarten.
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Die Bahnen der beiden Geflechte werden zweckmäßigerweise in Spiral-
oder Mäanderform zu Paketen geeigneter Größe -gewickelt, die als Füllung in die
Kolonne eingebracht werden. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, Pakete geringer
Höhe zu verwenden, die übereinandergeschichtet werden und den Säulenquerschnitt
vollständig ausfüllen. Es ist aber
auch möglich, jedes derartige Paket aus Teilkörpern
beliebiger, vorzugsweise wabenförmiger Gestalt zusammenzusetzen. Bei der Herstellung
ist eine genaue Maßhaltigkeit der gewickelten Füllkörper nicht erforderlich, da
sie elastisch verformbar sind.
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Außer der schon erwähnten geringen Randgängigkeit von mit Füllungen
nach der Erfindung ausgerüsteten Säulen fördern derartige Füllungen die Einheitlichkeit
der Zusammensetzung des Rücklaufs über den jeweiligen Säulenquerschnitt. Man kann
diese gewünschte Eigenschaft noch dadurch verbessern, daß man die gewickelten Pakete
oder die Teilkörper teilweise mit einem entgegengesetzten Wicklungssinn der Spiralen
oder einem Winkelversatz ihrer Mäanderwicklung anordnet.
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Füllungen der beschriebenen Art können schließlich auch in gegenüber
dem Säulendurchmesser wesentlich kleineren Abmessungen hergestellt und geschüttet
in die Säule eingebracht werden. Es ist auch bei dieser Ausführungsform wesentlich,
eine Raumform zu wählen, die nur einen geringen Querschnitt zwischen den Einzelkörpern
frei läßt, z. B. Quader oder Würfel.
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Es ist dann sichergestellt, daß die Hauptmenge des aufsteigenden Dampfgemisches
durch das lockere Gewebe der Füllkörper strömt. Es kann auch von Vorteil sein, diese
Körper so herzustellen, daß zur Schichtungsrichtung parallellaufende Teile ihrer
Außenfläche mit besonders feinmaschigem Gewebe oder mit einer undurchlässigen Hülle
umgeben sind.
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Um in jedem unterschiedlichen Fall sicherzustellen, daß die flüssige
Phase während des Betriebes der mit Füllungen der beschriebenen Art ausgestatteten
Kolonnen in Form eines die freien Öffnungen bedeckendenFilms abläuft, kann man von
außen her mit mechanischen oder hydraulischen Mitteln eine Regelung der Maschenweite
der Gewebe, Gestricke oder Geflechte durch deren Kompression in axialer und/oder
radialer Richtung zur Säule vornehmen. Zu diesem Zweck wird man die Füllung in der
Säule auf einem bewegbaren System von Stütz- oder Tragegliedern lagern.
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Für die Herstellung der beschriebenen Füllungen werden vorzugsweise
drahtförmige Werkstoffe verwendet. Sie können aber auch aus anderen hinreichend
formbeständigen anorganischen oder organischen Produkten, wie z. B. Glas, Porzellan,
Kunststoffen, gegebenenfalls durch Verfilzen, Verschmelzen oder Sintern angefertigt
werden. Außer für die Rektifikation von Stoffgemischen lassen sich Füllungen nach
der Erfindung auch für den Austausch von Wärme, z. B. zwischen Flüssigkeiten und
Gasen, sowie zur Absorption und Desorption verwenden.
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Die beschriebenen Füllungen eignen sich indes nicht für die Trennung
von Stoffen, die noch Feststoffe in größerer Menge enthalten. Diese sind vorher
durch Filtration, Zentrifugieren od. ä. auszuscheiden. Gegebenenfalls vorhandene
kleine 5 chmutzmengen sammeln sich jedoch in der unmittelbar unterhalb der Flüssigkeitszufuhrstelle
der Kolonne liegenden obersten Schicht der Füllung an. Man kann in der Höhe dieser
Schicht eine Öffnung vorsehen, durch die eine verschmutzte bzw. in den freien Öffnungen
weitgehend zugesetzte Füllschicht durch eine saubere ersetzt werden kann.
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Die Zeichnung zeigt Ausführungsbeispiele für Säulenfüllungen, deren
freie Öffnungen bzw. Maschen sich ohne Schwierigkeiten nach der Erfindung bemessen
und gegebenenfalls zur Änderung der Maschenweite verdichten lassen.
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In Abb.l. sind innerhalb der Säule D mehrere Schichten lockerer Gestricke
F und dichterer Gestricke
G angeordnet, von denen die ersteren
von dem Dampf in Richtung der Pfeile A und die letzteren von der Flüssigkeit in
Richtung der Pfeile B durchströmt werden. Die Abb. 2 und 3 zeigen die Säule D in
horizontalem Schnitt. Während in Abb. 2 die beiden Gestricke F und G spiralig aufeinandergewickelt
sind, liegen sie in Abb. 3 in Mäanderform zusammen.
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Abb. 4 zeigt eine Möglichkeit, niedere Pakete C aus geschichteten
Geflechten so übereinander anzuordnen, daß die Hauptmenge des aufsteigenden Dampfgemisches
durch das lockere Gefüge der Füllung strömt. Abb. 5 gibt Teilkörper E von wabenförmiger
Gestalt als Füllung der Säule D wieder.
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Beispiel In einer Kolonne von 100 mm Durchmesser und 1000 mm Höhe
wurde ein Benzol-Toluol-Gemisch bei totalem Rücklauf rektifiziert. Die Füllung bestand
aus einem nach Abb. 2 in Spiralform gewickelten dichten Drahtgewebe G mit dazwischenliegenden
lockeren Stützgeweben F aus gehäkeltem Geflecht von 3 mm Dicke. Bei Anwendung eines
dichten Gewebes G von 0,75 mm lichter Maschenweite betrug die vergleichbare Bodenzahl
je Meter zehn Böden und bei Geweben G von 0,3 mm Maschenweite entsprechend der Oberflächenspannung
des Benzol-Toluol-Gemisches zweiundzwanzig Böden, d. h., die Leistung der Kolonne
konnte sprunghaft verbessert werden.
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PATENTANSPRVCHE: 1. Füllung für Rektifiziersäulen, bestehend aus
geschichteten Geflechten, Geweben oder Gestricken, die quer zur Durchfluß richtung
wechselweise ein
dichtes und ein lockeres Gefüge besitzen, dadurch gekjennzeichnet,
daß die größte lineare Weite der freien Öffnungen (Maschenweiten) des dichteren
Teils der Füllung nicht größer ist als ein Drittel der Wurzel aus dem Verhältnis
der Oberflächenspannung zum spezifischen Gewicht der flüssigen Phase der zu trennenden
Stoffe.