-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Bestimmen der mikrobiologischen Aktivität eines landwirtschaftlich genutzten Bodens.
-
Es ist allgemein bekannt, dass eine große Anzahl an Bodenorganismen, wie Bakterien und Pilze verschiedenster Art im Boden den Abbau von organischem Material bewerkstelligen. In einer Handvoll Boden befinden sich Milliarden von solchen Organismen. Ohne sie wären die Böden nicht fruchtbar und könnten auch kaum Wasser speichern. Diese Bodeneigenschaft wird nachfolgend mikrobiologische Aktivität genannt.
-
Die mikrobiologische Aktivität ist eine zentrale Größe zur Beurteilung der Qualität von landwirtschaftlich genutzten Böden. Die Messung der mikrobiologischen Aktivität ist bisher aufwendig und bedarf komplexer Messgeräte, wie z.B. zur Messung der Bodengase sowie für mikrobiologische Analysen. Es wurden verschiedene Versuche unternommen, die Messung zu vereinfachen, bis heute sind aber kein Mittel bekannt, die praxisnah eingesetzt werden könnten.
-
Die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich hat z.B. versucht, durch die Anwendung hochsensibler Mikrofone, die in den Boden eingebacht wurden, die Bewegungen und Kaugeräusche von Springschwänzen und anderen Organismen auszuwerten. Eine andere Möglichkeit ist die Laboruntersuchung von Bodenproben. So kann mittels Gaschromatographie der Anteil organischer Bestandteile prinzipiell ermittelt werden, wobei aber nicht klar getrennt werden kann zwischen lebenden und toten Organismen.
-
Beide Verfahren sind technisch sehr aufwändig und daher für den Einsatz auf großen Flächen praktisch nicht geeignet.
-
Es besteht daher das Bedürfnis nach einer Möglichkeit, um die mikrobiologische Aktivität von landwirtschaftlich genutzten Böden mit einer kostengünstigen Technik und in relativ kurzer Zeit zuverlässig zu bestimmen.
-
Diese Aufgaben werden mit einem Verfahren nach Anspruch 1 und einer Vorrichtung nach Anspruch 2 gelöst.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren nach Anspruch 1 beinhaltet folgende Verfahrensschritte:
- Es wird ein vorzugsweise stabförmiger Grundkörper bereitgestellt, der in den zu überwachenden Boden eingesteckt wird. Dazu kann vorher ein passendes Loch in den Boden gebohrt werden. An dem unteren Ende dieses Grundkörpers ist eine Anordnung mit folgenden Komponenten und Materialien vorgesehen: Ein elektrischer Heizwiderstand zum Erwärmen des unteren Abschnitts des Grundkörpers, d.h. der Spitze des Grundkörpers und ein Temperaturfühler, der die Temperatur des Grundkörpers in der Nähe des Heizwiderstands misst. Je nach Größe des Grundkörpers beträgt der Abstand zwischen dem Heizelement und dem Temperaturfühler ca. 1 mm bis 15 mm. An dem Endabschnitt des Grundkörpers ist weiterhin ein Fressköder angeordnet. Der Fressköder dient als Nahrung für die Bodenbakterien. Der Fressköder ist vollständig oder überwiegend mit einem Mikroben-Konzentrator umgeben. Der Mikroben-Konzentrator besteht aus einem Material, welches mittels Kapillareffekte Wasser aus der umgebenden Erde aufsaugt. Weiterhin muss das Material den Mikroben ermöglichen, einzudringen und bis zu dem Fressköder zu wandern. Als Material kommen vorzugsweise offenporige Schwämme, Filze oder andere Textilien mit vergleichbaren Eigenschaften zum Einsatz.
-
Nachfolgend wird die Kombination aus Grundkörper, Fressköder und Mikroben-Konzentrator als „Wärmeleitsystem“ bezeichnet.
-
Das Wärmeleitsystem hat eine vorbestimmte Wärmeleiteigenschaft, die durch das Volumen der einzelnen Materialien und deren spezifischen Wärmeleiteigenschaften bestimmt wird. Wenn sich das Volumen des Fressköders verringert, ändert sich die Wärmeleiteigenschaft des gesamten Wärmeleitsystems. Wenn der Fressköder z.B. noch vollständig ist, d.h. sein ursprüngliches Volumen hat, weist das Wärmeleitsystem eine andere Wärmeleiteigenschaft auf, als wenn der Fressköder nicht mehr vorhanden ist. Diese veränderte Wärmeleiteigenschaft des Wärmeleitsystems wird mittels des Temperaturfühlers und einer nachgeschalteten Auswerteelektronik erfasst. Dazu wird zuerst mittels des Heizelements die Temperatur des Wärmeleitsystems um einige Grad erhöht. Danach wird das Heizelement abgeschaltet. Mittels des Temperaturfühlers wird die Abkühlkurve bestimmt und als Referenzkurve z.B. in der Auswerteelektronik abgespeichert. Die Referenzkurve wird unmittelbar nach dem Einsetzen des Grundkörpers in die Erde generiert. In vorbestimmtem Zeitabständen, z. B. 6 bis 48 Stunden oder auch mehreren Tagen, werden mehrfach Abkühlkurven erzeugt und abgespeichert. Da zwischenzeitlich die Bodenbakterien den Fressköder teilweise oder später ganz aufgefressen bzw. zersetzt haben, verändert sich ständig die Wärmeleiteigenschaft des Wärmeleitsystems, d.h. die Abkühlkurven werden flacher. Wenn sich eine flache Abkühlkurve nicht mehr verändert, ist der Fresskörper nicht mehr vorhanden. Wenn der Fresskörper bereits in wenigen Stunden aufgefressen ist, enthält der Boden viele Mikroorganismen. Somit sind die Abkühlkurven ein objektives Maß für die Anzahl der Bodenorganismen pro Volumeneinheit des Bodens, d.h. ein objektives Maß für die mikrobiologische Aktivität des Bodens.
-
Um Energie zu sparen, können die Heizzyklen an die Änderungsgeschwindigkeit der Abkühlungskurven angepasst werden. Wenn sich die Abkühlungskurve wenig verändert, wird seltener gemessen. Wenn die Abkühlungskurve sich stärker verändert, wird öfter gemessen.
-
Die Umsetzung dieses Messverfahrens kann mit einer vorzugsweise stabförmigen Vorrichtung nach Anspruch 2 erfolgen. Eine stabförmige Vorrichtung ist konstruktiv zweckmäßig, aber der Fachmann kann unter Kenntnis der technischen Lehre des Verfahrensanspruch 1 auch andere Vorrichtungen entwickeln, die ebenfalls nach diesem Messprinzip arbeiten.
-
Weiterhin ist dem Fachmann klar, dass bestimmte Mikroorganismen bestimmte Fressköder bevorzugen. Somit kann mittels Auswahl vorbestimmter Fressködermaterialien abgeschätzt werden, welche Mikroorganismen vorrangig vorhanden sind.
-
Vorzugsweise kann ein ringförmiger Fressköder aus Gelatine, Agar-Agar oder ähnlichem Material verwendet werden. Wird zusätzlich ein Lockmittel, wie z.B. Zucker zugemischt, finden die Mikroorganismen schnell den Weg zur „Futter-Quelle“, da sie dem Gradienten der Nahrungsmittel-Konzentration folgen.
-
Die Vorrichtung mit seinen vorstehend beschriebenen Komponenten wird nachfolgend als Senor bezeichnet.
-
Ist der Sensor in den Boden eingesetzt, so wird bei einer ersten Messung die eingespeiste Wärmeenergie durch den z. B. wasserhaltigen Gelatinering absorbiert und die Sensorspitze kühlt rasch ab. Wenn der Boden Mikroorganismen enthält, wandern diese in den Mikroben-Konzentrator ein und beginnen, den Gelatinering zu zersetzen. Da dieser nur 1 - 3 mm dick ist, erfolgt dieser Vorgang in kurzer Zeit. In organisch gesunden Böden kann bereits nach wenigen Stunden die Gelatine durch die Mikroorganismen zersetzt sein, wodurch die ursprüngliche Wärmeleitung an der Sensorspitze erheblich reduziert ist. Die Zersetzung führt somit zu einer sehr starken Änderung des Wärmeleitvermögens zwischen Heizelement und Temperaturfühler. Da sich die Temperaturänderung über die Zeit einfach und kostengünstig ermitteln lässt, steht somit ein insgesamt sehr kostengünstiger Sensor zur Bestimmung der mikrobiologischen Aktivität eines landwirtschaftlich genutzten Bodens zur Verfügung. Die Geschwindigkeit, in der die Zersetzung erfolgt, ist von der Konzentration der Mikroorganismen abhängig. In „toten“ Böden wird keine Zersetzung erfolgen. Die Dicke des Gelatinerings kann sehr klein sein, da bereits ein dünner Spalt zwischen Sensor und Filz die Wärmeleitung wesentlich unterbricht. Der Sensor reagiert daher sehr schnell.
-
Der Sensor und das Verfahren werden nachfolgend anhand schematischer Zeichnungen erläutert.
- 1 zeigt eine Prinzipdarstellung des Sensors in einem Querschnitt
- 2 zeigt einen Temperatur-Zeit-Verlauf am Sensor
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- stabförmiger Grundkörper
- 2
- Heizelement
- 3
- Temperaturfühler
- 4
- Fressköder
- 5
- Mikroben-Konzentrator
- 6
- Kabel für die Stromversorgung des Heizwiderstands und Erfassung der Temperaturmesswerte
- 7
- Temperaturkurve bei unverbrauchtem Fressköder
- 8
- Temperaturkurve bei teilweise verbrauchtem Fressköder
- 9
- Temperaturkurve bei vollständig verbrauchtem Fressköder
-
Die 1 zeigt die Vorrichtung der Erfindung, die 2 Temperatur-Zeitverläufe, die das prinzipielle Verfahren der Erfindung offenbaren.
-
Die 1 zeigt einen stabförmigen Grundkörper (1), der vorzugsweise aus Kunststoff besteht, wozu auch jede Art Kunststoffverbundmaterialien gehören. Es ist aber auch prinzipiell ein Metall einsetzbar. Kunststoff hat aber den Vorteil, dass es elektrochemisch neutral ist und keinen Einfluss auf die Mikroorganismen hat. Der Grundkörper (1) hat an seinem unteren Ende eine Anordnung aus nachfolgenden Komponenten und Materialien:
-
Einen Heizwiderstand (2) zum Erwärmen der Spitze des Grundkörpers (1) auf eine Temperatur, die einige Grad, vorzugsweise 2 - 4 Grad über der Umgebungstemperatur, d.h. der Erdtemperatur liegt.
-
Einen Temperaturfühler (3), der die Temperatur des Grundkörpers (1) in der Nähe des Heizwiderstands (2) misst, vorzugsweise im Abstand von 1 bis 3 mm vom Heizwiderstand (2).
-
An dem Grundkörper (1) ist als Fressköder (4) in dieser Ausführungsform der Erfindung ein Gelatinering angeordnet, der den Temperaturfühler (3) und den Heizwiderstands (2) abdeckt und somit mit dem abgedeckten Bereich des Grundkörpers (1) in Wärmeleitkontakt ist. Der Bereich des Heizwiderstands (2), des Temperaturfühlers (3) und des Gelatinerings (4) ist mit einem Textilring ummantelt, der Berührungskontakt mit der umgebenden Erde hat. Der Textilring ist ein Faserverbund mit einer hohen hydrophilen Wirkung, d.h. das Material ist sehr saugfähig gegenüber Wasser. Diese Eigenschaft führt zu zwei Effekten, die für die Erfindung wesentlich sind. Der Wassergehalt des Bodens bewirkt, dass auch der Textilring Wasser aufnimmt. Der Gelatinering, dem vorzugsweise noch Zucker beigemischt ist, wird durch das Wasser geringfügig gelöst, sodass in dem Volumen des Textilrings (5) ein Gradient der Futtermittelkonzentration entsteht. Die Futtermittelkonzentration ist somit an dem Außenbereich des Textilrings (5) kleiner als in unmittelbarer Nähe des Gelatinerings (4). So entsteht der gewünschte Effekt, dass die Mikroben über die relativ große Außenoberfläche des Textilrings (5) angelockt werden und dann in das hydrophile Textilmaterial einwandern. Dort folgen sie dem Konzentrationsgradienten der Futtermittelkonzentration. Dadurch werden die Mikroorganismen gezielt auf den Gelatinering (4) geführt. Das hydrophile Textilmaterial hat somit eine konzentrierende Wirkung, daher wird das Textilmaterial als Mikroben-Konzentrator (4) bezeichnet. Somit ist jedes Material, welches die vorstehend beschriebene Funktionalität aufweist, als Mikroben-Konzentrator (5) geeignet. Der Mikroben-Konzentrator (5) hat auch noch einen positiven Zusatzeffekt: Der Fress-Köder (4), wie z. B. ein Gelatinering ist oft ein weiches Material, das bei direktem mechanischem Kontakt mit Erde beschädigt werden könnte. Daher wirkt der Mikroben-Konzentrator (5) auch gleichzeitig als mechanischer Schutz für den Fress-Köder (4).
-
An seinem oberen Ende des hohlen Grundkörpers (1) ist ein Kabelanschluss (6) vorgesehen, der mit einer elektronischen Schaltung zur Temperaturmessung und mit einer Stromversorgung für den Heizwiderstand (2) elektrisch verbunden ist.
-
Wenn der Heizwiderstandes (2) eingeschaltet wird, steigt die Temperatur im Bereich des Heizwiderstandes (2) an und somit wird auch der Gelatinering (4) um einige Grad über die ursprüngliche Umgebungstemperatur erwärmt. Dann wird der Heizwiderstandes (2) abgeschaltet und die Temperatur fällt wieder auf die ursprüngliche Umgebungstemperatur. Der Verlauf der Abkühlung wird mittels des Temperaturfühlers (3) gemessen und entspricht der in 2 gezeigten Kurve (7). Dieser Kurvenverlauf ist charakteristisch für einen vollständigen Gelatinering (4) und wird als Referenzkurve gespeichert. Wenn nach einer vorbestimmten Zeit von z. B. einigen Tagen oder Stunden ein Kurvenverlauf (8) vorliegt, kann daraus auf eine begonnene mikrobiologische Zersetzung des Gelatinerings (4) geschlossen werden. Eine noch stärkere oder vollständige Zersetzung ist aus der Kurve (9) erkennbar.
-
Es ist dem Fachmann klar, dass das Material des Grundkörpers (1) auch ein Metall sein könnte, wie z.B. Edelstahl, der ebenfalls eine schlechte Wärmeleitfähigkeit wie ein Kunststoff aufweist. Es ist auch möglich, ein Material mit einem besonders guten Wärmeleitvermögen zu verwenden, in diesem Fall kann es zweckmäßig sein, den Abstand zwischen dem Heizwiderstand (2) und dem Temperaturfühler (3) zu vergrößern. Die Lehre der Erfindung besteht darin, dass sich das Wärmeleitvermögen an der Sensorspitze ändert, sobald der Fressköder (4) durch Mikroorganismen zersetzt wird.
-
Um die Messgenauigkeit zu erhöhen, können dem Messtechniker bekannte Methoden angewendet werden. Z. B. kann die Referenzkurve in kurzen Zeitabständen mehrfach bestimmt und daraus eine Durchschnittsreferenzkurve gebildet werden. Gleiches gilt für die Messung zur Überwachung der Aktivität der Mikroorganismen. Da der Sensor sehr preisgünstig herstellbar ist, können bei Bedarf eine Vielzahl der Sensoren eingesetzt werden.
-
Durch eine gezielte Auswahl von Gelatine oder vergleichbaren Stoffen, die von Mikrobakterien als „Futter“ bevorzugt werden, kann ebenfalls bis zu einem gewissen Grad abgeschätzt werden, welche Art Mikroorganismen im Boden sind. Dazu ist es erforderlich, mehrere Sensoren in naher Lagebeziehung einzusetzen.