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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur simultanen Erfassung von Kraft- und Momentenkomponenten nach dem Oberbegriff von Anspruch 1.
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Im Stand der Technik ist eine Vielzahl von Vorrichtungen zur Messung von Kräften und Momenten bekannt, die auf unterschiedlichen physikalischen Effekten beruhen. Den meisten Verfahren gemein ist die Verwendung eines Verformungskörpers zur Wandlung der zu messenden Kraft oder des zu messenden Moments in eine Verformung. Damit verknüpft ist eine Dehnung oder Spannung. Diese Größen werden dann mithilfe von Messwandlern in elektrische Signale umgewandelt. Am weitesten verbreitet ist die Wandlung der aus der Verformung resultierenden Dehnung mittels Dehnmessstreifen oder piezoelektrischen Widerständen, die zu Messbrücken verschaltet sind.
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Geräte zur gleichzeitigen Messung mehrerer Kräfte und/oder Momente sind typischerweise aus mehreren hintereinander angeordneten oder kaskadierten derartigen Verformungskörpern aufgebaut.
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Aus
DE 10 2008 037 926 B3 ist eine Vorrichtung zur Messung von dreidimensionalen Kräften bekannt, bei der mehrere, jeweils um 90 Grad zueinander versetzte Parallelfederelemente in Reihe und längs zu einem Taststift angeordnet sind, wobei die Parallelfederelemente aus jeweils zwei parallel angeordneten Silizium-Blattfedern und zwischen diesen angeordneten Abstandselementen bestehen und auf den Parallelfederelementen Dehnungssensoren angeordnet sind.
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Eine weitere Vorrichtung zur Kraftkomponentenmessung ist in
DE 10 2009 020 533 B3 beschrieben. Diese Vorrichtung enthält ein Tastelement, einen Taststift und Federelemente, die durch Abstandsstücke miteinander verbunden sind, so dass Parallelfederanordnungen gebildet werden. Bei diesen Parallelfederanordnungen befinden sich auf jeweils einem Federelement Dehnungssensoren, die zu einer Wheatstonschen Brücke zusammengeschaltet sind. Die Vorrichtung enthält drei Parallelfederanordnungen, die über Abstandsstücke so miteinander verbunden sind, dass der Taststift in drei Koordinaten beweglich ist und die Messung von drei Kraftkomponenten möglich ist. Jede Parallelanordnung ermöglicht die Messung einer Kraftkomponente.
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Ein Kraft-Momenten-Sensor zum Messen von drei orthogonalen Belastungen ist in
DE 10 2007 037 262 B3 angegeben. Der Sensor enthält zwei Plattformen, die jeweils drei Lagerpunkte enthalten, an denen die Plattformen verbindende stabartige Glasfasern angebracht sind, welche mit Kraftmesseinrichtungen versehen sind.
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Bei den bekannten Anordnungen ist nachteilig, dass entweder nur einzelne Komponenten erfasst werden können oder die Anordnungen einen komplizierten Aufbau erfordern. Die bekannten Anordnungen weisen Vorzugsrichtungen auf und sind in den Nebenrichtungen deutlich ungenauer. Außerdem ist es nicht möglich, die Anordnung für verschiedene Aufgaben durch Anpassen von Messempfindlichkeit und Messbereich auszulegen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung der eingangs genannten Art zu schaffen, die mit geringem Aufwand herstellbar ist und deren Messempfindlichkeit und Messbereich in einfacher Weise an verschiedene Aufgaben angepasst werden können.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einer Vorrichtung gelöst, welche die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Der Verformungskörper enthält eine Mehrzahl von stabförmigen beweglichen Elementen, die jeweils Biegegelenke, vorzugsweise zwei Federgelenke, aufweisen. Die stabförmigen Elemente sind so angeordnet, dass sie die Kanten eines Quaders bilden.
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Mit dem Verformungskörper erfolgt eine Wandlung der zu messenden Kräfte und/oder Momente in eine Verformung aus der oder aus damit direkt verbundenen Größen, wie z. B. der Dehnung, auf die ihnen zugrunde liegenden Kräfte oder Momente geschlossen werden kann.
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Der Verformungskörpers bildet ein mehrachsiges Parallellenkersystem. Zur Messung von drei Kraft- und Momentenkomponenten ist der Verformungskörper als quaderförmige Rahmenstruktur mit zwei Parallellenkersystemen je kartesischer Raumachse ausgeführt.
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Eine vorteilhafte Ausführung sieht vor, für die Parallellenker Parallelfederanordnungen zu verwenden. Diese weisen gegenüber einer Kraft-Komponente eine hohe Empfindlichkeit auf, während sie gegenüber allen anderen Kräften und Momenten nahezu unempfindlich sind.
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Die Messung von Drehmomenten ist über ein Kräftepaar realisierbar, indem zwei Kraftmessungen in einem definierten Abstand durchgeführt werden. Wirkt ein Drehmoment um die Normale der durch die Koppeln der Parallellenker definierten Ebene, so hat dies eine entgegengesetzte Auslenkung der Parallellenker zur Folge. Aus den zwei gemessenen entgegengesetzt wirkenden Kräften und dem Abstand der Parallellenker kann das wirkende Moment ermittelt werden.
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Während die Steifigkeit der Lenker die Sensitivität der Kraftmessung bestimmt, hängt die Empfindlichkeit der Momentenmessung in gleichem Maße vom Abstand der Parallelfedern ab. Dieser Umstand kann genutzt werden, um die Messempfindlichkeit gegenüber beiden Messgrößen getrennt voneinander einzustellen.
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Die Wirkungen angreifender Kräfte und Momente sind superponierbar, das heißt hervorgerufene Verformungen addieren sich, was eine simultane Messung von Kraft und Moment ermöglicht.
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Bei der gleichzeitigen Messung mehrerer Kräfte und Momente ist die Zuordbarkeit von Eingangskräften oder -momenten und den Ausganggrößen (Verformungen) von Bedeutung. Im Falle einer direkten Zuordnung jeweils einer Eingangs- und Ausgangsgröße liegt eine vollständige Entkopplung der Messachsen untereinander vor. Dies ist insbesondere für die Kräfte in allen drei Raumrichtungen realisiert. Im Falle einer hinreichenden Entkopplung kann mithilfe einer mathematischen Entkopplung auch ohne eineindeutige Zuordnung der Ausgangsgrößen auf die auf das System wirkenden Kräfte und Momente geschlossen werden. Zur Bestimmung aller wirkenden Kräfte und Momente sind mindestens sechs Messgrößen-Aufnehmer zur Erfassung der Ausgangsgrößen Verformung bzw. abgeleiteter Größen erforderlich. Das Messsystem wird dann beschrieben durch: S = ML (1)
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Dabei enthält der Vektor
m ≥ 6 die Werte der Messaufnehmer.
n = 6 ist der Lastvektor und
ist die Messmatrix des Systems.
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Die Vorrichtung zeichnet sich gegenüber bekannten Ausführungen durch eine Reihe von Vorteilen aus. Hierzu zählen insbesondere:
- – Durch das Design des Verformungskörpers wird eine isotrope Sensitivität erreicht, d. h. die Messempfindlichkeit und der Messbereich sind für alle drei Kraft/Momenten-Achsen gleich. Darüber hinaus kann die Sensitivität für jede Messachse (jeweils die entlang der Achse wirkende Kraftkomponente und das um diese Achse wirkende Drehmoment) einzeln angepasst werden. Die Messempfindlichkeit gegenüber Kräften und Momenten kann unabhängig voneinander angepasst werden.
- – Das in der Erfindung beinhaltete direkt skalierbare Prinzip zur simultanen Messung von Kräften und Momenten minimiert den Designaufwand bei der Anpassung an verschiedene Messaufgaben. Dementsprechende Kraft-/Momentenmessvorrichtungen sind besonders zur hochauflösenden Messung kleiner (mN-Bereich) und mittlerer (< 10 N) Kräfte und entsprechender Momente geeignet, jedoch können solche Vorrichtungen unter Beibehaltung des Funktionsprinzips für verschiedenste Lastbereiche ausgelegt werden.
- – Es wird ein einzelner monolithischer Verformungskörper zur Erfassung sämtlicher auf die Kraft/Momenten-Einleitungsstelle wirkenden Kräfte und Momente eingesetzt. Der Verformungskörper kann trotz seiner Komplexität, mit entsprechender Fertigungstechnik, in einem einzigen Arbeitsgang gefertigt werden, weshalb für das gesamte System minimale Toleranzen erreichbar sind. Dies hat wiederum eine verbesserte Entkopplung der einzelnen Messgrößen zur Folge.
- – Die verwendete quaderförmige Rahmenstruktur kann, im Falle einer isotropen Sensitivität, d. h. gleiche Messempfindlichkeit in allen Kraftmessachsen, mit jeder der Messachsen zum Erdschwerefeld ausgerichtet werden. Die Grundauslenkung ist, unerheblich welche Kraftmessachse zum Erdschwerefeld ausgerichtet wird, nahezu gleich. Ein Minimum der Grundauslenkung wird erreicht, wenn die Raumdiagonale der Rahmenstruktur parallel zum Erdschwerefeld ist.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand einer Zeichnung näher erläutert.
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Darin zeigen:
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1 – ein Messelement zur Ermittlung einer Kraftkomponente mit jeweils zwei Federgelenken an den Stäben,
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2 – ein Messelement zur Ermittlung einer Kraftkomponente, bei dem die Stäbe als Parallelfederelemente ausgebildet sind,
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3 – ein Messelement zur Ermittlung eines Drehmomentes,
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4 – die Anordnung zur Ermittlung von drei Kraftkomponenten und drei Momentenkomponenten,
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5 – eine Schaltungsanordnung zur Auswertung der Sensoren, und
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6 – die Gesamtanordnung der Messelemente in einem monolithischen Verformungskörper.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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Der Verformungskörper enthält mehrere Parallellenkeranordnungen. In 1 ist eine solche Anordnung schematisch als Parallellenkersystem dargestellt. Zur Kraftmessung sind vorzugsweise die Gelenke G1 bis G4 oder aber auch die gesamte Lenkeranordnung als Parallelfederanordnung ausgeführt, so dass die resultierende Federsteifigkeit der Anordnung den Zusammenhang zwischen wirkender Kraft und der durch sie hervorgerufenen Verformung beschreibt.
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Bei der in 2 gezeigten Ausführung wird die Parallellenkeranordnung von einer Parallelfederanordnung mit den beiden Einzelfedern EF1 und EF2 gebildet.
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Die Messung von Drehmomenten ist mit solchen Anordnungen über ein Kräftepaar realisierbar, indem zwei Kraftmessungen parallel gekoppelt und in einem definierten Abstand durchgeführt werden. Eine solche Anordnung ist in 3 dargestellt. Wirkt ein Drehmoment um die Normale der durch Koppeln der Parallellenker definierten Ebene, so hat dies eine entgegengesetzte Auslenkung der Parallellenker zur Folge. Aus den zwei gemessenen, entgegengesetzt wirkenden Kräften und dem Abstand der Parallellenker kann direkt auf das wirkende Moment geschlossen werden. Während die Steifigkeit der Parallellenker die Sensitivität der Kraftmessung bestimmt, hängt die Empfindlichkeit der Momentenmessung außerdem vom Abstand der Parallelfedern ab. Dieser Umstand kann ausgenutzt werden, um die Messempfindlichkeit gegenüber beiden Messgrößen getrennt voneinander einzustellen.
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Die Wirkungen angreifender Kräfte und Momente sind superpositionierbar, das heißt hervorgerufene Verformungen addieren sich, was eine simultane Messung von Kraft und Moment ermöglicht.
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4 erläutert die Messung aller drei Kraft- und Momentenkomponenten. Der Verformungskörper ist als quaderförmige Rahmenstruktur mit zwei Parallelfedern je kartesischer Raumachse ausgeführt. Diese Anordnung ergibt sich aus der Überlagerung von drei zuvor beschriebenen Doppelparallellenkern in allen drei Raumrichtungen.
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Bei der gleichzeitigen Messung mehrerer Kräfte und Momente ist die Zuordbarkeit von Eingangs-(Kräfte/Momente) und Ausganggrößen (Verformungen) von besonderer Wichtigkeit. Im Falle einer direkten Zuordnung jeweils einer Eingangs- und Ausgangsgröße liegt eine vollständige Entkopplung der Messachsen untereinander vor. Dies ist insbesondere für die Kräfte in allen drei Raumrichtungen realisiert.
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Im Falle einer hinreichenden Entkopplung kann mithilfe einer mathematischen Entkopplung auch ohne eineindeutige Zuordnung der Ausgangsgrößen auf die auf das System wirkenden Kräfte/Momente geschlossen werden. Zur Bestimmung aller wirkenden Kräfte und Momente sind mindestens sechs Messgrößen-Aufnehmer zur Erfassung der Ausgangsgrößen Verformung bzw. abgeleiteter Größen erforderlich. Das Messsystem wird dann beschrieben durch: S = ML (2)
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Dabei enthält der Vektor
m ≥ 6 die Werte der Messaufnehmer.
n = 6 ist der Lastvektor und
ist die Messmatrix des Systems.
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6 zeigt eine Ausführungsform mit einem würfelförmigen monolithischen Verformungskörper, welcher das zuvor beschriebene mehrachsige Parallellenkersystem bildet. Dabei entsprechen die Seiten des Verformungskörpers jeweils einer Parallellenkeranordnung. Bei der dargestellten Ausführung befinden sich eine Befestigungsplatte
1 und eine Platte für einen Krafteinleitungspunkt
2 mittig an gegenüberliegenden Flächen des Würfels und sind jeweils mit einem Eckpunkt des Verformungskörpers starr verbunden. Es ist auch möglich, die Befestigungsplatte
1 und die Platte für den Krafteinleitungspunkt
2 an diametral gegenüberliegenden Ecken des Verformungskörpers anzuordnen. Ein definiertes Verformungsverhalten wird durch die Ausführung mit Einkörpergelenken (x1 bis x8, y1 bis y8, z1 bis z8) erreicht. Dabei kann der Messumformer durch Variation des Abstands der Einkörpergelenke entweder hinsichtlich maximaler Verformung oder maximaler Dehnung optimiert werden. Der Verformungskörper kann mittels einer Befestigungsplatte
1 an einem hier nicht dargestellten Gestell befestigt werden. Die Einkörpergelenke sind derart angeordnet, dass jeweils die Parallellenker gegenüberliegender Seiten in der gleichen Richtung empfindlich sind und somit zur Messung von Drehmomenten verwendet werden können. Eine am Krafteinleitungspunkt
2 angreifende Kraft in einer der Richtungen x, y, z erzeugt in zwei zugehörigen Parallellenkern die gleiche Reaktion. Beispielsweise erzeugt eine in x-Richtung wirkende Kraftkomponente F
z eine Reaktion an den Parallellenkern mit den Einkörpergelenken z1, z2 z3, z4 und den Parallellenkern mit den Einkörpergelenken z5, z6 z7, z8. Analoges gilt für die weiteren Kraftkomponenten F
x und F
y. Ein Moment um die Achse, welche ein Rechtssystem mit der Empfindlichkeitsrichtung der Parallelfedern und der Normalen durch die Würfelseiten, in denen die Parallelfedern liegen, bildet, führt zu Reaktionen mit entgegengesetzter Richtung. Kräfte können aus der Summe der beiden Reaktionen und Momente aus der Differenz ermittelt werden. Für die in
6 dargestellte Anordnung ergeben sich folgende Parallellenkeranordnungen (gekennzeichnet durch die zugehörigen Einkörpergelenke) und entsprechende Kräfte und Momente:
Parallellen | Parallellen | Kra | Moment |
x1-x2-x5-x6 | x3-x4-x7-x8 | FX | MY |
y1-y2-y5-y6 | y3-y4-y7-y8 | FY | MZ |
z1-z2-z5-z6 | z3-z4-z7-z8 | FZ | MX |
Tabelle 1
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Die Erfassung der Verformungen kann mit Wegmesswandlern oder durch Dehnungsmessung erfolgen.
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Als Wegmesswandler können beliebige berührungslose Messgrößen-Aufnehmer zur Erfassung von Positionsänderungen eingesetzt werden. Zur Bestimmung aller Kräfte und Momente sind die sechs zu erfassenden Ausgangsgrößen die linearen Verlagerungen entlang der drei Messachsen und die zugehörigen Rotationen um diese, gemessen am Krafteinleitungspunkt, zu ermitteln.
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Da einer Verformung stets eine Dehnung zugeordnet ist, bieten sich Dehnmessstreifen (DMS) als eine mögliche Art von Messelementen an. Anwendbar sind jedoch auch andere Sensoren, beispielsweise piezoelektrischen Widerstände.
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Die Messung der Kräfte und Momente Fx, Fy, Fz, Mx, My, Mz erfolgt vorzugsweise mittels Folien-DMS. Bei Applikation von DMS auf allen 24 Einkörpergelenken ergeben sich sechs Vollbrücken entsprechend der in Tabelle 1 dargestellten Zugehörigkeiten der Einkörpergelenke. 5 erläutert diesen Sachverhalt.
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Im Vektor S sind die Brückenspannungen enthalten und im Lastvektor L die wirkenden Kräfte und Momente. Aus mindestens sechs Messungen mit bekannten Kräften und Momenten kann eine Kalibriermatrix K ermittelt werden.
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Bezugszeichenliste
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- F
- Kraft
- Fx, Fy, Fz,
- Kraftkomponenten
- M
- Moment
- Mx, My, Mz
- Momentkomponenten
- G1 ... G4
- Gelenke
- x1 ... x8
- Einkörpergelenke für Bewegung in x-Richtung
- y1 ... y8
- Einkörpergelenke für Bewegung in y-Richtung
- z1 ... z8
- Einkörpergelenke für Bewegung in z-Richtung
- EF1, EF2
- Einzelfedern einer Parallelfederanordnung
- 1
- Befestigungsplatte
- 2
- Platte für den Krafteinleitungspunkt