DE102008036397B4

DE102008036397B4 - Vliesstoff mit photochromatischen Eigenschaften und seine Verwendung

Info

Publication number: DE102008036397B4
Application number: DE102008036397.9A
Authority: DE
Inventors: Dieter Blechschmidt; Heidrun Mehlhorn; Wolfgang Schilde; Ulrich Heye; Lotfi Ben Mohamed Ghorbel
Original assignee: Saechsisches Textilforschungsinstitut STFI eV
Current assignee: Saechsisches Textilforschungsinstitut STFI eV
Priority date: 2008-08-01
Filing date: 2008-08-01
Publication date: 2016-06-23
Anticipated expiration: 2028-08-02
Also published as: DE102008036397A1

Abstract

Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften aus Filamenten, die nach dem Bikomponenten-Verfahren hergestellt und in der Polymerschmelze mit photochromen Farbstoffen in einer Konzentration von 0,001 bis 0,5% und in einer homogenen Verteilung versehen worden sind, dadurch gekennzeichnet, dass sich die photochromen Farbstoffe ausschließlich im Kern eingebunden in einem Polymer aus der Gruppe Polyurethan PU, Polypropylen PP, Polyethylen PE, Polyethylenterephthalat PET, Polybutylenterephthalat PBT oder Polylactid PLA befinden, und der Mantel aus einem anderen Polymer aus der Gruppe Polyamid PA, Polypropylen PP, Polyethylen PE, Polyethylenterephthalat PET, Polybutylenterephthalat PBT oder Polylactid PLA besteht.

Description

Die Erfindung betrifft einen Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften aus Filamenten, die nach dem Bikomponenten-Verfahren hergestellt sind und seine Verwendung in verschiedenen Bereichen.
Problem und Stand der Technik
Die Herstellung von Vliesstoffen nach unterschiedlichen Vliesbildungs- und Verfestigungsverfahren ist Stand der Technik. Auch auf dem Gebiet der Anlagentechnik und Technologie zur Herstellung von Spinnvliesstoffen existieren zahlreiche Verfahrens- und Vorrichtungspatente.
Die textile Anwendung photochromer Systeme wird derzeit vorwiegend oberflächlich über den Farbstoff appliziert. Als Erstes fanden photochrome Systeme Eingang in die Herstellung von Kunststoffteilen. Selbsttönende Autoscheiben und Brillenlinsen sind die bekanntesten Anwendungen.
Die japanische Patentschrift JP 63027837 von 1988 beschreibt ein photochromes System, bei welchem eine PET(Polyethylenterephthalat)-Kunststoffmatrix, die einen Weichmacher (2–15 Gew.-%) enthält, mit einem photochromen Farbstoff dotiert ist. Durch diese Wahl der Matrix soll die Langzeitstabilität einer derartigen Schicht, welche z. B. auf einem Nylonfilm aufgebracht sein kann, unter ständigem Licht- und Hitzeeinfluss verbessert werden.
Die JP 1180536 beinhaltet ebenfalls ein photochromes Material, welches hitzestabil und wetterbeständig sein soll. Es besteht aus einer Kunststoffmatrix, die aus einem transparenten Kunststoff und einem Additiv besteht. Dieses Additiv ist ein Polymer mit einem definierten Anteil von Monomeren mit Hydroxylgruppen, z. B. Polyvinylbutyrat (PVB) oder Polyvinylacetat (PVAc). Als transparenter Kunststoff wird eine Vielzahl von möglichen Systemen, so z. B. Polymethylmethacrylat (PMMA), Polycarbonat (PC) transparentes Nylon, etc. angegeben.
Wie die beiden bereits genannten Schriften aus dem Bereich der getönten Fahrzeugscheiben, beschreibt JP 1024740 „Light-Shield Glass for Windshield of Automobile” einen Mehrschichtaufbau aus zwei Glasschichten mit einer Zwischenschicht, welche ein photochromes Material enthält. Als transparentes Material dieser Zwischenschicht sind mehrere Möglichkeiten angegeben, u. a. Vinylharz, Acrylharz, Polyesterharz und Polyamidharz. Als Farbstoffe werden u. a. Spirooxazine genannt. Es besteht dabei der Vorteil, die Farbstoffverteilung spezifisch vorzunehmen.
Die WO 0149478 beinhaltet eine photochrome Linse, welche aus einem PC-Träger und einer photochrom dotierten Beschichtung aus thermoplastischem Polyurethan (TPU) besteht. Diese Beschichtung wird in einem Hinterspritz-Verfahren auf einen Rohling aus PC aufgebracht.
Ein Verfahren zur Herstellung von Fasern mit photochromatischen Effekten beschreibt WO 2005090654 „Active and Adaptive Photochromic Fibers, Textiles and Membranea”. Das Farbsystem wird in Lösung gebracht und bei Temperaturen unter der Zersetzungstemperatur der Farbstoffe nach einem Elektrospinning-Prozess zu Fasern geformt. Als Basispolymere sind u. a. Polylactid, Polyglcolsäure, Polydioxanone, Collagen, Polytetrafluorethylen, Polyurethan, Polyester, Polypropylen, Polyethylen, Polybutylen und Silikone in den Ansprüchen angeführt. Geschützt werden gleichzeitig alle für die Polymerlösung selektiv wirkenden Lösungsmittel, die einen anschließenden Elektrospinning-Prozeß ermöglichen. Dabei dringt das Farbsystem in die gebildete Faser ein, und ein permanenter Effekt ist erreichbar. Der Farbstoff wird dabei im Faserpolymer homogen dispergiert.
In der Patentschrift EP 1243687 „Textile material for garments” wird ein textiles Material (Bekleidungstextil) beschrieben, das auf einer abgegrenzten Fläche mit einem thermochromen oder photochromen Farbsystem ausgerüstet wurde. Hintergrund der Erfindung ist der Schutz von Textilien vor Markenpiraterie. Das chromophore Farbsystem wird mittels Rotationssiebdruck aufgebracht und kann wahlweise auswaschbar oder bleibend auf dem Kleidungsstück aufgebracht sein.
Eine Nässeschutzkleidung mit Thermochromieeffekt wird in WO 2004107886 „Thermochromic Waterproof Apparel” beschrieben. Die Kleidung besteht aus einer flexiblen PVC-Schicht, in die thermochrome oder photochrome Farbstoffe über geeignete Bindemittel eingearbeitet sind. Die Farbe der Kleidung ändert sich, wenn die Temperatur Werte über oder unter einem vordefinierten Niveau aufweist. Gleiches gilt im Falle des Photochromeffektes für das Niveau an UV-Strahlung.
Die US5213733A von 1991 beschreibt eine Methode zur Herstellung von synthetischen Fasern, in die photochrome Pigmente durch das Einmischen der Pigmente im Masterbatch eingearbeitet werden. Es wird der Herstellungsprozess von Fasern bzw. Filamenten beschrieben, aus denen unter anderem auch Vliesstoffe hergestellt werden können. Es wird ein Prozess beansprucht, der bei der Verarbeitung der photochromen Pigmente als Verspinngeschwindigkeit 300 m/min angibt. Reversibilität und Langzeitstabilität des photochromen Effektes werden hierbei nicht diskutiert. Dieser Verspinnprozess von synthetischen Fasern ist nicht mehr vergleichbar mit einer Filament-Erspinnung auf Spinnvliesanlagen der neueren Generation, wobei unmittelbar nach der Filament-Erspinnung bei Verspinngeschwindigkeit von 2000 bis 5000 m/min im gleichen Prozess der flächige Vliesstoff durch thermische Verfestigung des abgelegten Vlieses gebildet wird.
In der WO2004052654A1 wird eine Methode zur Färbung von Polymermaterial beschrieben, wobei die Färbung durch eine Aktivierung mittels Strahlungsenergie erfolgt, die unter anderem als UV-Strahlung ausgebildet sein kann. Aus der Beschreibung geht eindeutig hervor, dass es sich hierbei um einen irreversiblen Prozess handeln soll, bei dem mittels hoher energetischer Strahlen aus dem „colour former” ein Proton abgespalten wird, so dass eine dauerhafte Färbung erzielt wird.
Generell ist das Problem der Photodegradation vorhanden, so dass durch Einwirkung von UV-Strahlung sowie Sauerstoff und Feuchtigkeit auf die photochromen Farbstoffe der reversibel ablaufende Schaltvorgang zeitlich begrenzt ist, wobei die UV-Strahlung den photochemischen Schaltvorgang aktiviert. Darüber hinaus hat die UV-Strahlung auch eine zerstörende Wirkung auf die Polymerstruktur, die je nach Polymerart variiert.
Aufgabe
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, eine Technologie zu entwickeln, die es erlaubt, Vliesstoffe aus Filamenten, die nach dem Bikomponenten-Verfahren hergestellt sind, mit langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften herzustellen, so dass die photochromatischen Eigenschaften homogen und langzeitstabil in der gesamten Fläche erhalten werden.
Lösung
Gelöst wird diese Aufgabe durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen enthalten.
Vorteile der Lösung
Ein wesentlicher Vorteil liegt in der erstmaligen Anwendbarkeit der Vliesstofftechnologie für die Erzeugung einer textilen Fläche mit photochromatischen Effekten durch den Einsatz von Filamenten, die nach dem Bikomponenten-Verfahren hergestellt sind, Da die Farbstoffe direkt in die Polymerschmelze eingebracht werden, wirkt der Effekt homogen über die gesamte Fläche. Mit dieser kostengünstig herstellbaren Textilstruktur entfällt weiterhin der ansonsten noch zusätzlich notwendige Ausrüstungsschritt. Die gewählte Polymerkombination berücksichtigt die limitierte Temperaturbeständigkeit der photochromen Farbstoffe und gewährleistet sowohl Spinnsicherheit als auch Langzeitstabilität des photochromatischen Effektes.
Durch Integration weiterer Additive kann die UV-Stabilität des Basispolymers und die Stabilität des photochromatsichen Effektes gleichzeitig erhöht werden.
Mit den auf diese Weise hergestellten Spinnvliesstoffen mit photochromatischen Effekten lassen sich neue Anwendungsgebiete in Bereichen wie z. B. Dekor- und Heimtextilien, Bekleidung, Verpackung und Sensorik erschließen.
Ausführungsbeispiel
Die Erfindung wird nachfolgend durch ein Ausführungsbeispiel Spinnvliesstoff näher beschrieben. Die dazugehörige Zeichnung zeigt in 1 den Querschnitt eines Filamentes, wobei
1 – Polyurethan + 5% Masterbatch mit photochromen Farbstoff
2 – Polyethylen + 1% Masterbatch mit UV-Stabilisator
darstellen.
Das in 1 gezeigte Ausführungsbeispiel ist der Querschnitt eines Filamentes des Spinnvliesstoffs, hergestellt nach dem Bikomponenten-Verfahren in Kern-Mantel-Konfiguration. Der Kern des Filamentes besteht aus einem thermoplastischen Polyurethan. Der Mantel besteht aus Polyethylen. Das Masseverhältnis zwischen Kern und Mantel beträgt 80:20. In die Schmelze des Polyurethans (Temperatur 230°C) wird ein Masterbatch mit einer 1%igen Wirkstoffkonzentration (photochromer Farbstoff) eingemischt. Der Masterbatch-Anteil beträgt hierbei 5%. In die Schmelze des Polyethylens (Temperatur 225°C) wird ein UV-Stabilisator als Masterbatch zugemischt. Der Masterbatch-Anteil beträgt 1% für eine Anwendung im Bereich des innenliegenden Sonnenschutzes. Die Filamenterspinnung erfolgt auf einer Spinnvliesanlage Reicofil^®4 bei einem Durchsatz von 0,7 g/min·Bohrung bzw. 110 kg/h·m bei einer Prozeßlufttemperatur von 12°C, einer Filamentgeschwindigkeit von 2500 m/min und einer Prozeßluftgeschwindigkeit von 4000 m/min. Die Vliesverfestigung erfolgt thermisch mittels Kalander mit einer Oberflächentemperatur von 105°C und einem Liniendruck von 40 N/mm. Verwendet wird eine Walzenpaarung gravur/glatt mit einem Pressflächenanteil von 18%. Die Flächenmasse des Spinnvliesstoffs beträgt 80 g/m².

Claims

Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften aus Filamenten, die nach dem Bikomponenten-Verfahren hergestellt und in der Polymerschmelze mit photochromen Farbstoffen in einer Konzentration von 0,001 bis 0,5% und in einer homogenen Verteilung versehen worden sind, dadurch gekennzeichnet, dass sich die photochromen Farbstoffe ausschließlich im Kern eingebunden in einem Polymer aus der Gruppe Polyurethan PU, Polypropylen PP, Polyethylen PE, Polyethylenterephthalat PET, Polybutylenterephthalat PBT oder Polylactid PLA befinden, und der Mantel aus einem anderen Polymer aus der Gruppe Polyamid PA, Polypropylen PP, Polyethylen PE, Polyethylenterephthalat PET, Polybutylenterephthalat PBT oder Polylactid PLA besteht.
Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymere bei der Extrusion Schmelztemperaturen von weniger als 250°C ausgesetzt sind.
Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass der photochromatische Effekt in einem Farbumschlag und/oder in einer Änderung der Farbtiefe erzielt wird.
Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass dieser als Faservliesstoff hergestellt ist.
Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass dieser zusätzlich mit einer oder mehreren weiteren Lagen von Meltblown-Vliesstoff und/oder Filament-Vliesstoff und/oder Faservliesstoff und/oder Folie verbunden ist.
Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass dieser thermisch verfestigt, vernadelt, wassergestrahlt, bedruckt oder beschichtet ist.
Vliesstoff mit ganzflächig auftretenden langzeitstabilen reversiblen photochromatischen Eigenschaften nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass dieser Vliesstoff eine Polyurethan-Beschichtung aufweist.
Verwendung eines Vliesstoffes mit ganzflächig auftretenden photochromatischen Eigenschaften nach einem der Ansprüche 1 bis 7 als textiles Material für Verpackung, innenliegender oder außenliegender Sonnenschutz, Dekor- oder Heimtextilien, Landwirtschaft, Schutzbekleidung, Tarnmaterial, optische Sensoren, sensitive Membranen, Fälschungsschutz-systeme oder Informationsspeicher.