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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum induktiven Härten näherungsweise
rotationssymmetrischer Bauteile gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch
1.
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Der
gegenwärtige
Trend zur Leistungssteigerung von im Automobilbau eingesetzten Aggregaten
wird vor allem realisiert durch den Einsatz höher- und höchstlegierter Werkstoffe sowie
durch die größere Dimensionierung
der verwendeten Bauteile. Dabei sind die Bauteilkosten direkt abhängig von
der Menge und Qualität
der verwendeten Legierungsbestandteile.
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Um
die Gestaltfestigkeit derart hoch beanspruchter Bauteile kostengünstiger
zu erhöhen,
ist aus der
DE 103
23 737 A1 ein Verfahren zum Härten eines rotationssymmetrischen
Bauteils bekannt, bei dem das Bauteil induktiv erwärmt und
anschließend abgeschreckt
wird. Durch einen speziellen Abschreckprozess werden dem Bauteil
vor dessen Einbau Druckeigenspannungen aufgeprägt, die den hohen Zugspannungen,
denen das Bauteil im späteren Betrieb
ausgesetzt ist, entgegenwirken.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das induktive Härten insoweit
zu verbessern, als dass auf eine kostengünstige Art und Weise die Gestaltfestigkeit
des Bauteils weiter erhöht
wird.
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Die
Aufgabe wird gelöst
durch sämtliche Merkmale
des Patenanspruchs 1. Danach wird ein Verfahren vorgeschlagen, bei
dem während
der Erwärmung
das Bauteil mit einer Vor-Torsionsbelastung
in der Richtung, welche der Haupt-Torsionsbelastung im späteren Einsatzfall
entgegengesetzt ist, beaufschlagt wird. Auf diese Weise wird eine
höhere Druckeigenspannung
in das Bauteil eingebracht, so dass es im Falle des Betriebes im
Vergleich zu einer reinen Wärmebehandlung
höhere
Lastwechsel und/oder höhere
Einzellasten aufnehmen kann, bevor es versagt.
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Vorteilhafterweise
wird zusätzlich
zu der Vor-Torsionsbelastung
während
der Erwärmung
eine Zugbelastung in Richtung der Bauteil-Längsachse auf das Bauteil aufgebracht.
Diese dient der Minimierung des Verzugs des Bauteils während der
Durchführung
des Verfahrens (Anspruch 2).
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In
einer vorteilhaften Ausgestaltung erfolgt das Aufbringen der Vor-Torsionsbelastung
frequenzmoduliert. So kann die Einbringung der Druckeigenspannungen
vergleichmäßigt werden
(Anspruch 3).
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Weiterhin
kann das Aufbringen der Vor-Torsionsbelastung schrittweise abwechselnd
mit einer höheren
Belastung entgegen der Hauptbelastungsrichtung und einer niedrigeren
Belastung in Hauptbelastungsrichtung durchgeführt werden. Diese aus der Walztechnik
bekannte Vorgehensweise führt
zu einer besseren Gefügeausbildung
innerhalb des Bauteils sowie einem besseren Ausgleich von im Bauteil durch
vorausgegangene Umformprozesse vorhandenen Eigenspannungen (Anspruch
4).
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Weitere
Ausgestaltungen und Vorteile der Erfindung gehen aus den übrigen Unteransprüchen und
der Beschreibung hervor. In den Zeichnungen ist die Erfindung anhand
eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es
zeigen:
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1 einen
Querschnitt durch ein hohlzylindrisches Bauteil während des
Aufbringens einer Vor-Torsionsbelastung,
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2 den
Querschnitt nach dem Entlasten des Bauteils,
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3 den
Querschnitt im Einsatzfall unter Haupt-Torsionsbelastung,
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4 eine
Wöhlerlinie
eines Bauteils ohne Vorbehandlung,
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5 eine
Wöhlerlinie
eines Bauteils mit und ohne Vorbehandlung im Vergleich sowie
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6 ein
Bauteil während
einer weiteren Ausführungsform
des Verfahrens.
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1 zeigt
einen Querschnitt durch ein rotationssymmetrisches Bauteil 1.
In diesem Ausführungsbeispiel
handelt es sich um ein hohlzylindrisches Bauteil 1, der
Querschnitt ist also kreisringförmig
ausgebildet. Bei dem Bauteil 1 handelt es sich um ein hochbeanspruchtes
Bauteil 1 im Kraftfahrzeug, beispielsweise ein Achsbauteil wie eine
Seitenwelle oder ein Getriebebauteil. Dieses ist im späteren Einsatzfall
im Fahrzeug mit einer Haupt-Torsionsbelastung 7 in der
in 1 gezeigten Richtung 9 beaufschlagt.
Um dieser Belastung möglichst
lange unbeschadet standhalten zu können, werden dem Bauteil 1 vor
dessen Einbau gezielt Druckeigenspannungen aufgeprägt.
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Diese
Druckeigenspannungen erhält
das Bauteil 1, indem es vor dem Einbau während der Wärmebehandlung,
welche durch ein induktives Härteverfahren
erfolgt, gezielt vortordiert wird. Dabei wird auf das Bauteil eine
Vor-Torsionsbelastung 3 in die der Richtung 7 entgegengesetzten
Richtung 5 ausgeübt,
wie in 1 gezeigt, die zu dem durch die Pfeile 15 verdeutlichten
Schubspannungsverlauf im Bauteil 1 führt. Die Vor-Torsionsbelastung 3 besteht dabei
aus einem Moment um die Längsachse 13 des Bauteils 1.
Die dadurch hervorgerufenen Schubspannungen sind am Rand des Bauteils 1 am
größten und nehmen
zur Bauteilmitte hin linear ab. Der Verlauf der im Bauteil 1 tatsächlich auftretenden
Zugspannungen 17 über
den Querschnitt des Bauteils 1 sind im unteren Teil des
Bauteils 1 dargestellt. Es ergibt sich eine Zugspannungsspitze 19 am äußersten
Rand des Bauteils 1.
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2 zeigt
den Verlauf der resultierenden Eigenspannungen 21 über den
Querschnitt nach dem Entlasten des Bauteils 1. Durch das
Entlasten werden die in 1 gezeigten Zugspannungen 17 teilweise
in Druckeigenspannungen umgewandelt, so dass der Verlauf der Eigenspannungen 21 keine derart
ausgeprägte
Spitze 19 wie in 1 mehr aufweist.
Die Spitze dieses Verlaufs ist deutlich geringer.
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3 zeigt
das Verhalten des durch die Vor-Torsionsbelastung 3 vorbehandelten
Bauteils 1 im Betriebsfall. In diesem Fall wirkt die Haupt-Torsionsbelastung 9 in
der angedeuteten Richtung 7. Unter dieser Belastung 9 ergibt
sich der dargestellte Verlauf der Belastungsspannung 23 über den
Querschnitt des Bauteils 1. Das Bauteil 1 kann
also im Betrieb höhere
Lastwechsel und/oder höhere
Einzellasten aufnehmen, bevor es versagt. Dies zeigen auch die beiden
in den folgenden 4 und 5 dargestellten
Wählerlinien.
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4 zeigt
eine Wählerlinie 27 für ein Bauteil 1,
welches keine Vorbehandlung im Sinne einer Vor-Torsionsbelastung 3 erfahren
hat. Gezeigt ist in doppelt logarithmischer Form der Verlauf der
Nennspannungsamplitude S über
der ertragbaren Schwingspielzahl N. Bekanntermaßen resultiert die Wöhlerlinie 27 aus
den Werten, die sich bei einer zyklischen Belastung eines Versuchskörpers ergeben. Das
Diagramm ist dabei in drei Bereiche aufgeteilt: Den mit K gekennzeichneten
Bereich der Kurzzeitfestigkeit, unterhalb von 104 Schwingspielen,
den Bereich der Zeitfestigkeit Z zwischen 104 und
5 × 106 Schwingspielen
sowie den Bereich der Dauerfestigkeit D oberhalb von 5 × 106 Schwingspielen. Die Zahlenwerte beziehen
sich dabei auf einen ferritisch-perlitischen Stahl.
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Unterhalb
der im Diagramm durch die horizontale Linie bezeichnete Dauerfestigkeit
SD kann das Bauteil 1 prinzipiell
beliebig viele Schwingspiele ertragen. Belastungen oberhalb der
Dauerfestigkeit bewirken ein Versagen des Bauteils nach einer bestimmten
Anzahl von Schwingspielen. Die Wöhlerlinie
dient somit zur Vorhersage der ertragbaren Schwingspiele eines Bauteils
unter Betriebsbelastung im Rahmen statistischer Genauigkeit.
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5 zeigt
nun die Wöhlerlinie
eines Bauteils mit (Linie 25) und ohne (Linie 27,
entspricht der Wöhlerlinie
aus 4) Vorbehandlung nach der oben beschriebenen Vorgehensweise,
im Vergleich mit der Wöhlerlinie 29 eines
Bauteils aus einem höherfesten
Werkstoff.
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Am
Verlauf der Wählerlinien 25, 27, 29 ist
zu erkennen, dass aufgrund der Erhöhung der Druckeigenspannungen
im Bauteil 1 durch das Aufbringen der Vor-Torsionsbelastung 3 das
Bauteil 1 einerseits höher
beansprucht werden kann, bevor es plastifiziert, sich also die Fließgrenze
des Bauteils 1 erhöht. Andererseits
wird die Betriebsfestigkeit des Bauteils 1 erhöht bis auf
eine Festigkeit, die der eines Bauteils aus einem höherfesten
und somit auch teureren Werkstoff entspricht. Die Dauerfestigkeit
des Bauteils 1 wird um einen Betrag Δlog S gesteigert im Vergleich
zum nicht vorbehandelten Bauteil.
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Durch
das Verfahren werden im Bauteil 1 Beanspruchungs-Reserven geschaffen,
damit dieses im Einsatzfall einer höheren Anzahl von Lastwechseln
standhalten kann.
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Wie
schon oben erwähnt,
wird die Vor-Torsionsbelastung 3 gleichzeitig mit der induktiven
Wärmebehandlung
auf das Bauteil 1 aufgebracht, d.h. es handelt sich um
ein thermomechanisches Verfahren zum Erhöhen der Gestaltfestigkeit des
Bauteils 1, bei dem gezielt Druckeigenspannungen im Bauteil 1 aufgebaut
werden. Das verformte Gefüge
ist dem Gefüge
des unbehandelten Bauteils dadurch überlegen, dass es gerichtete
Martensit-Nadeln aufweist.
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Durch
die gleichzeitige induktive Wärmebehandlung
können
zum einen die Kräfte
oder Momente, die zum Aufbau von Druckeigenspannungen erforderlich
sind, gesenkt werden. Zum anderen wird durch das Abschrecken nach
dem induktiven Erwärmen
des Bauteils 1 der Eigenspannungszustand des Bauteils 1 mit
den gewünschten
Druckeigenspannungen eingefroren.
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In
einer in 6 dargestellten weiteren Ausführungsform
des Verfahrens wird auf das Bauteil 1 während der Wärmebehandlung zusätzlich zu
der Vor-Torsionsbelastung 3 eine Zugbelastung 11 in Richtung
der Längsachse 13 des
Bauteils 1 aufgebracht. Auf diese Weise wird der Verzug
des Bauteils 1 bei der Durchführung der thermomechanischen
Behandlung minimiert.
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Neben
dem oben beschriebenen einmaligen Aufbringen einer Vor-Torsionsbelastung 3 kann
diese auf zwei weitere Arten aufgebracht werden:
Zum einen
ist es günstig,
während
der Wärmebehandlung
eine frequenzmodulierte Vor-Torsionsbelastung 3 auf das
Bauteil 1 aufzubringen. Dies bedeutet, dass ein periodisches
Torsionsmoment mit sich ändernder
Frequenz auf das Bauteil 1 aufgebracht wird. Eine solche
Vor-Torsionsbelastung 3 führt zu einer Vergleichmäßigung der
Einbringung des Druckspannungszustands, welche zu der Ausbildung
eines besseren Bauteilgefüges
führt,
da die im Bauteil 1 vor der thermomechanischen Behandlung
vorhandenen unerwünschten
Eigenspannungen besser eliminiert werden. Diese Eigenspannungen
sind vor allem Zugspannungen und resultieren aus Umformprozessen, die
der Wärmebehandlung
vorausgehen, beispielsweise einem Ziehprozess.
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Andererseits
kann die Vor-Torsionsbelastung 3 ähnlich wie bei dem aus der
Walztechnik bekannten Pilgerschrittverfahren schrittweise auf das
Bauteil 1 aufgebracht werden. Dabei wird zunächst ein
höheres
Torsionsmoment in der Richtung 5 der Vor-Torsionsbelastung 3 aufgebracht,
danach ein kleineres Torsionsmoment in der entgegengesetzten Richtung 7,
dann wieder ein größeres Moment
in Richtung 5, und so weiter. Auch dies führt zu einer
Vergleichmäßigung der
Druckeigenspannungen im Bauteil 1.
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Die
Vor-Torsionsbelastung 3 kann weiterhin in Abhängigkeit
von der sich während
der induktiven Wärmebehandlung ändernden
Temperatur gesteuert werden.
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Diese
Varianten sind selbstverständlich
auch auf die zusätzliche
Zugbelastung aus 6 anwendbar.
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Das
Verfahren ist nicht beschränkt
auf die dargestellten Ausführungsbeispiele.
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Die
in den 1 bis 3 gezeigten Spannungsverläufe haben
beispielsweise nur erklärenden Charakter
und geben die während
der Durchführung des
Verfahrens und später
im Betriebsfall tatsächlich im
Bauteil 1 vorhandenen Eigenspannungen nur unzureichend
wieder.
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Weiterhin
ist das Verfahren neben dem gezeigten hohlzylindrischen Bauteil 1 auch
auf andere näherungsweise
rotationssymmetrische, höchstbelastete
Bauteile anwendbar.