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Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Estrogenrezeptor (ER)β-
selektiven Agonisten zur Herstellung eines Arzneimittels zur Auslösung somatotroper
und organotroper Effekte im ZNS, in der Muskulatur, in Kreislauf-, Skelett- und
Immunsystem im alternden Organismus von Mann und Frau.
Einleitung
Rolle der Östrogone für sexuelle Dimorphismen
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Estrogene spielen eine zentrale Rolle für sexuell dimorphe Funktionen und
Körpermerkmale. Androgene der foetalen Testes dominieren die somatische
Sexualdifferenzierung (Jost, A. Role des gonades foetales dans la differentiation
sexuelle somatique. Arch. Anat. Micr. Morph. Exper. 36 271-315 1947). Beim
Menschen ist eine testikuläre Hormonsekretionsekretion während der embryonalen
Entwicklung ab der 7. Woche nachzuweisen (Rey, R Picard, J. Y. Embryology. . . 1998;
Balboni et al. 1995, Murray et al. 2000). Bei der fötalen Ratte beginnt die fötale
Testosteronsekretion um den 15. Tag der embryonalen Entwicklung (Majdic, G. et al.
1998). Diese Testosteronsekretion führt zur Stabilisierung der Wolffschen Gänge,
aus denen sich die männlichen Gonodukte entwickeln und zur Entwicklung der
männlichen akzessorischen Geschlechtsdrüsen und männlicher äußerer
Geschlechtsorgane führen. In dieser frühen Phase der Ontogenese scheinen
ovarielle Hormone (Estrogene) bei beiden Geschlechtern keine morphogenetische
Rolle zu spielen. Die Ausschaltung oder Abwesenheit der testikulären Androgene
allein reicht aus um eine weibliche Entwicklung von Genitaltrakt und äußeren
Sexualorganen zu bewirken (basic femaleness) (Jost, A. Role des gonades foetales
dans la differentiation sexuelle somatique. Arch. Anat. Micr. Morph. Exper. 36 271-315
1947).
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Estrogene können sexuelle Dimorphismen auch im späteren Leben induzieren. Diese
Funktionen betreffen nicht nur das weibliche Geschlecht. Sie spielen eine
tiefgreifende Role auch außerhalb der Reproduktions-Funktionen und befreffen alle
wichtigen Organsysteme, insbesondere auch Herz und Blutgefäße, das ZNS, den
Bewegungsapparat, das Immunsystem, wichtige endokrine Drüsen, wie das
Pankreas, die Leber, die Haut. Entsprechende Dimorphismen drücken sich
beispielsweise aus durch Unterschiede in Wachstumsvorgängen vor und während
der Geschlechtsreife (Jun-Li, I.; Shoshana, Y.; und LeRoith, D.; 2000) ref. 4507. Im
Erwachsenenalter manifestieren sie sich unter anderem in unterschiedlicher
Körpermasse und Zusammensetzung, Unterschiede im Protein-, Kohlehydrat-, Fett-
und Knochenstoffwechsel, sowie in Unterschieden in Kreislauffunktionen und im
Immunsystem. Erkrankungen dieser Systeme treten bei beiden Geschlechtern zum
Teil sehr unterschiedlich häufig auf. Beispiele hierfür sind die deutlich höhere
Kreislauf-Morbidität und Mortalität des männlichen und das höhere Osteoporose-
Risiko des weiblichen Geschlechts. Das weibliche Geschlecht ist auch stärker von
Autoimmunkrankheiten und degenerativen Erkrankungen des zentralen
Nervensystems betroffen.
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Sexuell dimorphe Funktionen kommen zum Teil durch irreversible Prägung
morphologischer und funktionaler Merkmale zustande. Entsprechende
Geschlechtsdifferenzen persistieren auch in Abwesenheit von Sexualhormonen
zeitlebens. Zum Teil resultieren sexuelle Dimorphismen durch Modulation von
Funktionen durch zirkulierende oder im Gewebe generierte Estrogene. Hierfür gibt es
zahlreiche Beispiele. Solche Funktionen sind oft durch andere Sexualhormone, z. B.
Androgene, moduliert (Jun-Li, I.; Shoshana, Y.; und LeRoith, D.; 2000) (ref. 4507)
Span, J. P. T. et al. 2000
Rolle gonadaler und peripherer Hormonsekretion
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Es liegt auf der Hand, dass ovariell sezernierte Estrogene beim weiblichen
Geschlecht eine wichtige Rolle spielen. Daneben können Estrogene aus Präkursoren
in vielen Organen und Geweben aus Testosteron und adrenalen Androgenen, wie
Androstendion und über mehrere Schritte aus Dehydroepiandrosteron gebildet
werden (Schweikert). Die letzteren Mechanismen gelten für beide Geschlechter.
Beim männlichen Geschlecht überwiegt die periphere Bildung von Estrogenen
diejenige der Gonaden bei weitem.
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Mit dem Eintritt in die Menopause kann auch der weibliche Organismus Estrogene
nur durch die metabolische Umwandlung adrenaler Steroide generieren, während
dieses beim männlichen Geschlecht aus gonadalen (Testosteron) und adrenalen
Vorstufen möglich ist. Die auch im höheren Lebensalter zumindest teilweise
erhaltene Sekretion von Testosteron beim männlichen Geschlecht dürfte einer der
Gründe sein, warum bei Männern Estrogendefizite weniger dramatisch und später in
Erscheinung treten.
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Mit dieser Einschränkung kann auch beim Mann davon ausgegangen werden, dass
mit dem Abfall sowohl der gonadalen als auch der adrenalen Sekretion von
Vorstufen der Estrogenbildung (Allolio, Alolio et al., Baulieu)
Estrogenmangelzustände mit den beim weiblichen Geschlecht bekannten Folgen wie
Osteoporose und Störungen der Befindlichkeit auftreten. Entsprechende
Mangelzustände können auch im Gefolge therapeutischer Maßnahmen eintreten,
zum Beispiel durch die Suppression der adrenalen Sekretion von DHEA und
Androstendion durch hochdosierte Glukokortikoide (Allolio).
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Im Zielgewebe gebildete Estrogene sind entscheidend an der (foetalen) sexuellen
Differenzierung des zentralen Nervensystems beteiligt (Naftolin et al. 1975) (Naftolin
F.; Ryan, K. J.; Davies, I.; Reddy, V. V. Flores, F.; Petro, Z.; Kuhn, M.; White, R. J.;
Takoada, Y.; Wolin, L.; The formation of estrogens byby central neuroendocrine
tissues. Recent Progress in Hormone Research 31, 295-319, 1975). Eine große
funktionale Bedeutung von in verschiedenen Regionen des ZNS gebildeten
Estrogenen im Sinne para- und autokriner Funktionen ist auch in allen Phasen des
postnatalen Lebens anzunehmen.
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Die Anwesenheit des Enzyms, das die Bildung von Estrogenen katalysiert, die
Aromatase, ist außer im ZNS in vielen Geweben und Organen nachgewiesen, zum
Beispiel im Knochengewebe (Schweikert, H. U.; Wolf, L. und Romalo, G.; 1995 Feix,
M. Wolf, L. und Schweikert, H. U. .2001). Früher (Jensen, E. V. und Jacobson, H.
I.; 1962). . . (Jensen, E. V. und Jacobson, H. I; Basic guides to the mechanism of
estrogen action. Recent Progress in Hormone Research 18 387-414 1962. . .) wurden
Erfolgsorgane für Estrogene (zum Beispiel Uterus und Vagina) von Organen
unterschieden die nicht als Erfolgsorgane für Estrogene angesehen wurden.
Maßgeblich für diese überholte Zuordnung war der unterschiedlich hohe Gehalt von
Estrogenrezeptoren in den Geweben und damit eine unterschiedliche Fähigkeit der
Organe radioaktiv markiertes Estradiol zu akkumulieren und zu retinieren. Diese
Fähigkeit war für Organe wie Uterus und Vagina sehr ausgeprägt, für andere, zum
Beispiel die Leber, dagegen nicht. Endokrinologische Untersuchungen und moderne
molekularbiologische Methoden haben inzwischen die Expression von
Estrogenrezeptoren und deren Funktionen in nahezu allen Organen und Geweben
nachgewiesen (Schweikert).
Molekulare Aspekte der Estrogenwirkung
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Nach der Entdeckung, dass Estrogene in der Zelle spezifisch gebunden sind,
herrschte für mehrere Jahrzehnte die Vorstellung vor, dass es nur einen
Estrogenrezeptor gibt. Inzwischen ist gesichert, dass es mehrere solcher Rezeptoren
gibt, die Estradiol spezifisch mit hoher Affinität binden und als von Liganden
gesteuerte Transskriptionsfaktoren die Expression von Genen steuern. Daneben
wurde gefunden, dass Estrogenenrezeptoren nicht nur über ihre
"eigenen" Bindungstellen an der DNA wirken, vielmehr können sie mit anderen
Rezeptorproteinen und deren Transskriptionsfaktoren in komplexer Weise
interagieren.
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Neben dem lange bekannten "klassischen" Estrogenrezeptor (heute
Estrogenrezeptor alpha/"ERα") wurde ein zweiter Rezeptor, der Estrogenrezeptor
beta ("ERβ") Gustafsson 2X (Korach, K. S. 2000): (Korach, K. S. J. Estrogen receptor
knock-out mice: Molecular and endocrine phenotypes. Soc. Gynecol. Investig 2000)
(ref 4505) Saji, S.; et al. 2000/ref. aufgefunden und hinsichtlich seiner Funktion
untersucht. Inzwischen sind etliche Versuche veröffentlicht, die die unterschiedliche
Funktion beider Ostrogenrezeptoren zum Gegenstand haben. Deren Verteilung im
Organismus ist unterschiedlich. Organe mit einem Übergewicht an "ERα" sind unter
anderem Uterus, Vagina, Milchdrüse, Leber und Hypophyse. "ERβ" dominiert sind
unter anderem das Ovar, die Prostata, das Kreislaufsystem und einzelne Kerne des
ZNS. Die meisten Organe exprimieren beide Estrogenrezeptoren (ER alpha/ER beta)
(Korach, K. S. J. Estrogen receptor knock-out mice: Molecular and endocrine
phenotypes. Soc. Gynecol. Investig 2000)).
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Wesentliche Erkenntnisse über die Funktion von ERα und ERβ resultieren aus
Beobachtungen an genetisch veränderten Mäusen, in denen jeweils einer der beiden
Estrogenrezeptoren oder ERα und ERA ausgeschaltet waren (Korach, K. S. J.
Estrogen receptor knock-out mice: Molecular and endocrine phenotypes. Soc.
Gynecol. Investig 2000). Mit ERα fallen nahezu alle Funktionen aus, die man von
Estrogenen kennt. Der Ausfall des ERα führt bei beiden Geschlechtern zum Verlust
der Fortpflanzungsfähigkeit. Ein Verlust des ERβ hat weniger dramatische Folgen.
Weibliche Tiere haben noch einen Zyklus, sind aber subfertil. Andere Autoren sind
der Frage nachgegangen, ob ERα und ERβ in Analogie zur Physiologie der
Adrenorezeptoren sich gegenseitg modulierende Systeme darstellen (Temple, J. L. et
al. 142 510-513, 2001). Diese Autoren fanden deutliche Veränderungen der
Estrogenrezeptor (ERα) Expression in verschiedenen sexuell dimorphen
Kemgebieten des ZNS bei ERβ knock-out Mäusen. Die Folgen des ERβ-Verlustes
betrafen auch die Expression des Progesteronrezeptors. Die erhobenen Daten sind
ein Hinweis darauf, dass der ERb die Prägung neuraler Strukturen und Funktionen in
der Phase der Sexualdifferenzierung bei beiden Geschlechtern beeinflusst und die
Expression von ERα und das Muster von Reaktionen auf eine Estrogenbehandlung
auch im späteren Leben kontrolliert. Diese Beobachtungen sind von besonderer
theoretischer Bedeutung, da nach bisherigen Vorstellungen Estrogene in der
Organisation des weiblichen ZNS (Sexualdifferenzierung) keine Rolle spielen.
Offensichtlich spielt aber der ERβ auch beim weiblichen Geschlecht in dieser Phase
der Ontogenese eine wichtige Rolle.
Therapeutische Bedeutung der Östrogene
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Estrogene werden in oralen Kontrazeptiva in Kombination mit einem Gestagen zur
Vermeidung unerwünschter Graviditäten eingesetzt. Durch eine entsprechende
Hormonbehandlung wird neben der Ovulation die körpereigene Hormonsekretion
unterdrückt. Durch die zugeführten hormonalen Wirkstoffe wird ein weitgehend
normales Menstruationsmuster aufrecht erhalten. Auch die metabolischen
Funktionen der unterdrückten ovariellen Hormone werden durch die zugeführten
Wirkstoffe substituiert. In hormonalen Kontrazeptiva sind Ethinylestradiol oder
Mestranol - ein Prodrug von Ethinylestradiol - die einzigen angewandten Estrogene.
Eine wesentliche Wirkung von Ethinylestradiol ist in diesem Kontext seine starke
inhibitorische Wirkung auf die Sekretion von FSH. Diese ist wichtig, um im
Behandlungszyklus die Reifung eines Follikels zu unterdrücken. Diese
antigonadotrope Aktivität des Ethinylestradiols wird durch die simultane Gabe eines
Gestagens verstärkt und durch eine Hemmung der LH-Sekretion ergänzt. Ein
wesentliches Problem in der Anwendung von Ethinylestradiol sind seine starken
estrogenen Effekte in der Leber (Dourakis und Tolis/ref.) von Schoultz et al. 1989
/ref. Tikkanen/ref.. Diese führen zu Veränderungen eines breiten Spektrums von
Stoffwechseleffekten, unter anderem zu Veränderungen der Gallensekretion
(Dourakis, S. P. and Tolis, G.; 1998 ref), des Renin-Angiotensin-Aldosteronsystems
(Schunkert et al. 1997) ref., der hepatischen Hämostasefaktoren und der Lipoproteine
von Schoultz et al. 1989. Diese Veränderungen sind vermutlich Grundlage der
Nebenwirkungen, die mit der Anwendung hormonaler Kontrazeptiva einhergehen
können.
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Estrogene werden nach dem Versiegen der ovariellen Hormonsekretion in der
Postmenopause als "estrogen (hormone) replacement therapy" (ERT oder HRT)
eingesetzt. Diese Therapie behebt Ausfallserscheinungen, die sich besonders in
einer Störung der Befindlichkeit, von Kreislauffunktionen und einem verstärkten
Abbau von Knochensubstanz manifestieren. Unerwünscht sind bei dieser Therapie
die klassischen Estrogeneffekte auf Uterus und Brustdrüse. Die durch Estrogene
ausgelösten Wachstumsvorgänge in der Uterusschleimhaut erfordern die simultane
Anwendung von Gestagenen, da ansonsten das Risiko, an einem Karzinoms des
Endometriums zu erkranken, ansteigt (Gambrell, R. D.; 1997) ref. . .) Diese
Maßnahme ist allerdings nicht ohne das Auftreten schwerwiegende Nachteile an
anderer Stelle möglich, da Gestagene in der Brust, anders als im Uterus in diesem
Organ die Proliferation nicht hemmen, sondern, wie in der Gravidität verstärken (von
Schoultz et al. 1996 ref. Soderquist 1998 ref.. Es bestehen daher Bedenken, dass die
HRT in Kombination mit einem Gestagen zu einem erhöhten Risiko, an einem
Mammakarzinom zu erkranken, führt. Wie auch die Anwendung oraler Kontrazeptiva
führt die orale ERT oder HRT zu Abweichungen eines breiten Spektrums von
Leberfunktionen und führt auch zu einem messbaren Anstiegs des Risikos, tiefe
Venenthrombosen und die damit verbundenen Komplikationen zu erleiden. Letzteres
Problem konnte auch durch die Anwendung von SERMs (Raloxifen, Tamoxifen) nicht
behoben werden da diese Substanzen in der Leber nicht antiestrogen sind, sondern
als Estrogene wirken. Tamoxifen und Raloxifen gehen mit einem deutlich erhöhten
Risiko von Erkrankungen im Gefolge von Störungen der Blutgerinnung (Cummings et
al. 1999 ref. Bush et al. 2001).
Aufgabe der vorliegenden Erfindung
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Therapie zur Verfügung zu stellen,
die zentrale Aspekte einer Hormontherapie mit weiblichen Sexualhormonen mit dem
Schwerpunkt auf günstigen Stoffwechseleffekten erhält und verstärkt, ohne durch
deren negative Aspekte belastet zu sein
- - Induktion einer Atrophie der Hoden, reduzierter Testosteronspiegel im Blut beim
Mann
- - Wirkungen des Estrogens auf das Endometrium bei der Frau,
- - Wirkungen von Estrogen und Gestagen auf die Brustdrüse
- - direkte Estrogeneffekten auf Leberfunktionen.
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Die Besonderheit der Erfindung wird auch dadurch belegt, dass sie ohne
schwerwiegende Nachteile beim männlichen Geschlecht eingesetzt werden kann.
Durch die erfindungsgemäßen Substanzen wird neben einem Spektrum an günstigen
organotropen und metabolischen Wirkungen eine Stimulation der
Testosteronsekretion erreicht. Konventionelle Estrogene hemmen die testikuläre
Sekretion von Testosteron.
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Diese Aufgabe wird durch die erfindungsgemäße Verwendung von Estrogenrezeptor
(ER)β-selektiven Agonisten zur Herstellung eines Arzneimittels zur Auslösung
somatotroper und organotroper Effekte im ZNS, in der Muskulatur, in Kreislauf-,
Skelett- und Immunsystem im alternden Organismus von Mann und Frau gelöst.
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Das Wesen der Therapie besteht in der Regeneration von Mechanismen, die in der
Pubertät die Entfaltung von Organfunktionen außerhalb des Genitaltraktes auslösen
und sich mit dem Nachlassen der Gonadenfunktion bei beiden Geschlechtern als
kataboler Prozess manifestieren. Ziel der Therapie ist es, den im Rahmen des
Alterns erfolgenden Abbaus von Muskulatur- und Knochensubstanz und der
Reduktion wichtiger Organfunktionen entgegenzuwirken: Antikatabole Therapie.
In der erfindungsgemäßen Therapie spielt die Aktivierung der GH-
(Wachstumshormon/growth hormone) IGF-I Achse eine wichtige Rolle, desgleichen
eine Stimulation der adrenalen und testikulären Androgensekretion.
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Die vorgeschlagene Therapie ist kann neben alterungsbedingten auch therapeutisch
induzierte Störungen des Metabolismus günstig beeinflussen, zum Beispiel die
katabolen Effekte einer Therapie mit Glukokortikoiden.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Estrogenrezeptor (ER)β-selektive
Agonisten überraschenderweise Effekte auf somatotrope und organotrope
Funktionen
- - Stimulation von Wachstumshormon und IGF-I, das in allen Organsystemen
günstige Effekte auf deren Wachstum und Erhaltung ausübt
- - Wachstum und Erhaltung der Muskelmasse
- - Wachstum und Erhaltung der Knochenmasse
- - Wachstum und Erhaltung des Thymus und seiner Funktion
- - Die erfindungsgemäßen Substanzen und erhöhte IGF-I-Spiegel haben einen
günstigen Effekt auf den altersbedingten Untergang von Neuronen
- - Stimulation der adrenalen Sekretion von androgenen Hormonen (DHEA, DHEA-
S, Androstendion). Diese werden im Gewebe zu Estrogenen und stärkeren
Androgenen verstoffwechselt und tragen zu günstigen Effekten im Gewebe bei.
- - Stimulation der testikulären Hormonsekretion (Testosteron): Günstige
Stoffwechseleffekte, positive Effekte auf Befindlichkeit und Libido.
- - Erhöhte IGF-I Spiegel im Blut führen zu verstärkter Verbrennung von Fett, die
Aufnahme von Glucose in die Gewebe wird begünstigt.
- - Lipoproteine: Die Erhöhung von HDL-Cholesterin vermindert die Einlagerung von
Cholesterin in die Gefäßwand und beugt damit dem Fortschreiten der
Arteriosklerose vor
ausüben, die sich quantitativ und qualitativ von denen des Estradiols unterscheiden
und sich in einem Dosisbereich abspielen, der weit unterhalb des Dosisbereichs liegt,
in dem der entsprechende ERβ-selektive Agonist "klassische" Estrogeneffekte auf
Uterus, Vagina, Gonadotropinsekretion und Leber ausübt.
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Die ERβ-selektiven Verbindungen müssen also hinsichtlich ihrer Fähigkeiten,
somatotrope und organotrope Effekte einerseits und "klassische" Estrogeneffekte
andererseits, auslösen zu können, dissoziiert sein.
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Die erfindungsgemäß zu verwendenden Substanzen haben sehr geringe Wirkung im
Sinne "klassischer Östrogene". Entsprechende estrogene Eigenschaften können bei
der ovariektomierten Ratte untersucht werden. Bei parenteraler Applikation führt 17β
Estradiol bereits bei einer Dosis von 0,1 µg zu einem Anstieg der Uterusgewichte.
Eine erfindungsgemäß zu verwendende, ERβ-selektive Substanz hat eine
vergleichbaren uterotropen Effekt erst bei einer 1000-fach höheren Dosierung (siehe
Abb. 1). Eine entsprechend geringe Wirkung haben diese Substanzen auf die
Parameter hepatischer Östrogenität, zum Beispiel die Erhöhung des
Angiotensinogens im Blut.
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ERβ-selektive Eigenschaften lassen sich bei nicht geschlechtsreifen weiblichen und
männlichen Ratten untersuchen.
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Klassische Estrogeneffekte lassen sich in diesem Modell anhand der Hemmung des
Hodenwachstums und der Reduktion der Prostatagewichte nachweisen. Estradiol
führt bei einer parenteralen Dosis von 1 µg/Tier/Tag zu einer vollständigen Hemmung
des Hodenwachstums. Eine erfindungsgemäße ERβ-selektive Substanz hat eine
vergleichbaren Hemmeffekt erst bei einer 1000-fach höheren Dosierung.
Klassische Estrogene (Estradiol) und eine ERα-selektive Substanz haben einen
positiven Effekt auf Wachstum nur bei sehr niedrigen Dosierungen. Höhere
Dosierungen hemmen das Wachstum. Eine erfindungsgemäß zu verwendende,
ERβ-selektive Substanz stimuliert Wachstum im selben Dosisbereich wie Estradiol,
hat einen vergleichbaren Hemmeffekt bei höheren Dosierungen aber nicht.
Eine erfindungsgemäß zu verwendende ERβ-selektive Substanz stimuliert die
Sekretion von IGF-I stärker als konventionelle Estrogene.
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Eine erfindungsgemäß zu verwendende, ERβ-selektive Substanz stimuliert das
Hodenwachstum und das Wachstum der Prostata. Dies ist ein sicherer Hinweis auf
die Induktion der Sekretion von Testosteron. Estradiol hat entsprechende
stimulierende Wirkungen auf Hodenfunktionen in keinem Dosisbereich.
Eine erfindungsgemäß zu verwendende, ERβ-selektive Substanz stimuliert das
Organwachstum von Nebennieren und Thymus. Estradiol und eine ERα-selektive
Substanz haben einen haben dagegen einen hemmenden Effekt auf den Thymus.
Letzterer ist ein Indiz für die Induktion einer Glukokortikoidsekretion durch
konventionelle Estrogene. Eine erfindungsgemäß zu verwendende, ERβ-selektive
Substanz hat einen entsprechenden ungünstigen Effekt in keinem Dosisbereich.
Eine erfindungsgemäß zu verwendende, ERβ-selektive Substanz übt alle
Therapierelevanten Effekte in einem Dosisbereich aus, der 10-1000-fach unter dem liegt, bei
dem direkte Effekte auf den Uterus oder hemmende Effekte auf den wachsenden
Hoden gesehen werden.
Vorteile/Eigenschaften der erfindungsgemäßen Therapie
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Estradiol läuft ERα und ERβ an und erzeugt ein ganzes Panorama verschiedener
Effekte.
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Die hier vorgeschlagene Therapie ist selektiv; hat praktisch keine negativen
Nebenwirkungen.
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Sie gestattet die Behandlung (seniler) atrophischer Zustände vorzugsweise im hohen
und höchsten Lebensalter.
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Mit ihr ist die Beseitgung aller katabolen Stoffwechselzustände möglich; sie führt zu
einer Verbesserung des Ernährungszustandes.
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Mit ihr gelingt eine positive Beeinflussung von Stoffwechselfunktionen (Cholesterin);
Beispielsweise eine selektive Erhöhung des HDL-Spiegels.
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Durch Alter oder Krankheitbedingtes ungünstiges Muster des Hormon-Haushaltes
läßt sich korrigieren.
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Die Androgensekretion der Nebenniere läßt sich wieder aktivieren.
Insbesondere werden durch die erfindungsgemäße Behandlung von Menschen im
hohen oder höchsten Alter deren IGF-1-Spiegel im Blut und in der Leber erhöht:
Die Erhöhung des IGF-1-Spiegels hat einen günstigen Einfluß auf alle Organe.
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Die Beeinflusung der somatotropen Funktionen ("Alles, was uns fit macht!") wird eine
bessere dynamische Substanzerhaltung erreicht. ("Reestablishment of
genderdimorphic metabolic functions")
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Ganz entscheidend ist, dass unter der erfindungsgemäßen Therapie atrophischer
Zustände im hohen und höchsten Lebensalter gleichzeitig mehrere Wirkungen erzielt
werden können, nämlich positive Wirkungen auf Muskel- und Knochenmasse und alle
Organfunktionen, die vom natürlichen Altersabbau besonders betroffen sind, wobei
die Stimulation der GH-/IGF-I Achse, der adrenalen Androgensekretion und bei
männlichen Geschlecht die gesteigerte Sekretion von Testosteron eine wichtige Rolle
spielen.
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Dies ist gerade für eine Therapie, die für Menschen im hohen oder sehr hohen
Lebensalter bestimmt ist, von großem Vorteil, weil in diesem Lebensabschnitt eines
Menschen oft die Funktionen mehrerer Organe beeinträchtigt sind.
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Vor und mit der Geschlechtsreife finden im heranwachsenden Organismus
verschiedene Anpassungen statt, die mit den Sexualfunktionen nichts zu tun haben.
Es wurde gefunden, dass durch Behandlung im präpuperalen Stadium der
Entwicklung mit einem ERβ-selektiven Agonisten diese nicht auf Sexualorgane
bezogenen Effekte ausgelöst werden können.
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Im Laufe des natürlichen Alterns eines Menschen verfallen genau diese
Organfunktionen, die sich in der Jugend im Syndrom der Jugend positiv entwickelt
haben.
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Die vorliegende Erfindung lehrt, dass sich diese in der Jugend positiv entwickelten
Körper- und Organfunktionen, die sich im Laufe des Alterungsprozesses
zurückbildenund dann zu Ausfallserscheinungen und Krankheitsbildern führen, bei
Menschen im hohen und höchsten Lebensalter zumindest in einem gewissen Maße
wiederherstellen lassen.
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Beispiele sind in diesem Zusammenhang der Verlust an Muskel-und Knochenmasse
und der an ihm beteiligte Abfall von IGF-I, der gonadalen und adrenalen
Androgensekretion (sekretion von DHEA, DHEA-S, Androstendion). Dies ist vor dem
Hintergrund anderweitigen medizinischen Fortschrittes, der dazu beiträgt, dass die
Menschen ein immer höheres Lebensalter erreichen, ein sehr wichtiger
Gesichtspunkt. Die Erfindung leistet einen wesentlichen Beitrag für die
Lebensqualität alternder Menschen, weil sich durch die Erfindung organische und
körperliche Funktionsausfälle, die eine Beeinträchtigung der Lebensqualität
bedeuten, beheben oder zumindest vermindern lassen. Der Anteil der
pflegebedürtigen Personen in höheren Altersklassen kann so o reduziert werden.
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Die erfindungsgemäße Verwendung der ERβ-selektiven Agonisten gestattet sowohl
bei Männern als auch bei Frauen im Alter die Behandlung kataboler Zustände im
Gefolge einer erniedrigten Sekretion von Sexualhormonen.
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Weiterhin ermöglicht sie die Behandlung derartiger kataboler Zustände, die durch
eine Defizienz des Wachstumshormons und/oder IGF bedingt sind.
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Durch die erfindungsgemäße Behandlung mit einem ERβ-selektiven Agonisten wird
die Sekretion von Wachstumshormon und gonadotropen Hormonen anregt.
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Die Sekretion von IGF-I der Leber und die Blutspiegel dieses somatotropen Faktors
werden erhöht.
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Durch die gesteigerte Ausschüttung des Wachstumshormons und durch seine
Mediatoren werden organotrope Effekte auf Muskulatur, Knochen und das ZNS
ausgeübt.
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Bei der erfindungsgemäßen Verwendung von ERβ-selektiven Agonisten werden bei
denjenigen Dosierungen, die für eine Behandlung kataboler Zustände ausreichend
sind, keine direkten estrogene Effekte auf Sexualorgane - Uterus, Vagina, Brustdrüse
- ausgeübt.
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Daher muss bei der vorgeschlagenen Verwendung eines ERβ-Agonisten dieser
üblicherweise nicht mit einem Gestagen kombiniert werden. Indirekte
Estrogeneffekte, zum Beispiel durch Induktion einer LH- und FSH-Sekretion bei
Frauen erscheinen möglich, allerdings nicht in der Postmenopause, da in dieser
Phase reaktionsfähige Follikel im Ovar nicht mehr vorhanden sind.
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Desweiteren werden deutlich reduzierte Effekte auf Estrogen-regulierte Funktionen
der Leber beobachtet.
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Die erfindungsgemäß vorgeschlagene Verwendung von ERβ-selektiven Agonisten
handelt es sich nicht um eine Estrogenersatz-Therapie im herkömmlichen Sinne. Bei
der vorgeschlagenen Verwendung wird eine Defizienz der Estrogene nicht lediglich
beseitigt, sondern es wird die Funktionsfähigkeit der betreffenden Organe in einer
Weise wiederhergestellt, wie sie beim jüngeren Menschen, wobei die im höheren
Lebensalter nicht mehr relevanten Reproduktionsfunktionen (Effekte auf Uterus,
Brustdüse) anders als mit konventionellen Estrogenen nicht mehr beeinflusst werden.
angetroffen wird.
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Ferner werden unter der erfindungsgemäßen Behandlung kataboler Zustände mit
einem ERβ-selektiven Agonisten im Vergleich zur konventionellen oralen
Estrogentherapie, die zu einer ungünstigen Senkung des IGF-I führt somatotrope
Funktionen nicht negativ beeinflusst und die Glucosetoleranz nicht reduziert. Dies ist
ein negativer Effekt, der sich aus jeglicher Behandlung mit einem Gestagen ergibt.
Von der erfindungsgemäßen Therapie werden günstige Effekte auf das
Lipoproteinmuster im Bluterwartet. Die Behandlung geht mit einer Erhöhung der
Blutspiegel von IGF-I und des kardiovaskulär protektiven ("guten") HDL-Cholesterins
einher.
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Die basale endokrine Gonadenfunktion sowie die Thymusfunktion und das
Immunsystem werden positiv beeinflußt.
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Ein ERβ-selektiver Agonist zur Verwendung für die vorliegende Erfindung zeichnet
sich durch höhere Affinität zum Estrogenrezeptor von Rattenprostata im Vergleich zu
Rattenuterus, oder durch höhere Affinität zu ERβ im Vergleich zu ERα aus. Dies
umfasst Substanzen, die in früheren Patentanmeldungen beschrieben wurden: "ERβ
-affine Ent-Steroide; 16-OH-Steroide; Nor-Steroide; 8-β-substituierte
Steroide". Die vorliegende Anmeldung umfasst auch andere selektive Estrogene, die
in verschiedenen Patentanmeldungen beschrieben wurden, z. B.:
- a) ASTRA, Novel Estrogens, WO 97/08188, 9502921-1, PCT/SE96/01028;
- b) Sumitomo Chemical Co. Ltd., JP 11292872;
- c) Androstendiol und Prodrugs von Androstendiol; Pharmaceutical compositions
and uses for Androstene 3β, 17β-Diol, WO 99/63973 und
- d) Pytoestrogene mit höherer Affinität zu ERβ im Vergleich zu Erα, wie
beispielsweise das Genistein.
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Der ERβ-Agonist ist vorzugsweise ausgewählt aus 3,16-Dihydroxyestra-1,3,5
(10)-trienderivaten, 8α-H, 9β-H, 10α-H, 13α-H, 14β-H-gonanderivaten,
vorzugsweise abgeleitet von ent-13-Alkylgonan, 8β-substituierten Estra-1,3,5
(10)-trienderivaten und Gona-1,3,5 (10)-trienderivaten. Beispiele für
bevorzugte ERβ-Antagonisten sind in PCT/EP 00/01073, DE 199 17 930.1, DE 199 41 105.1
und DE 100 19 167.3 beschrieben. Auf die Offenbarung dieser Dokumente,
insbesondere auf die dort gezeigten allgemeinen Strukturformeln und bevorzugten
Einzelverbindungen, wird ausdrücklich Bezug genommen.
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Am meisten bevorzugt im Rahmen der vorliegenden Erfindung zur Anwendung in
den vorstehend beschriebenen Indikationen ist die Verbindung 8β-Vinyl-1,3,5(10)-
estratrien-3,17β-diol (PCT/EP 01/04290).
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Die selektive Estrogenwirkung kann auf Grund der unterschiedlichen
Gewebeverteilung von ERα und ERβ durch den subtypspezifischen Liganden
erreicht werden. Substanzen mit Präferenz für ERβ verglichen mit ERα im in vitro
Rezeptorbindungstest wurden von Kuiper et al. Beschrieben (Kuiper er al. (1996),
endocrinology 138, 863-870).
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Die pharmazeutischen Präparate für die erfindungsgemäße Verwendung eines ERβ-
selektiven Agonisten enthalten diesen gegebenenfalls in Mischung mit
pharmakologisch üblichen Träger-, Hilfs- oder Verdünnungsmitteln sowie
gegebenenfalls mit anderen pharmakologisch bzw. pharmazeutisch wirksamen
Stoffen. Die Herstellung der Arzneimittel erfolgt in bekannter Weise.
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Als Träger- und Hilfsstoffe kommen z. B. solche infrage, die in folgenden
Literaturstellen als Hilfsstoffe für Pharmazie, Kosmetik und angrenzende Gebiete
empfohlen bzw. angegeben sind:
Ullmans Enzyklopädie der technischen Chemie, Band 4 (1953), Seite 1 bis 39;
Journal of Pharmaceutical Scienes, Band 52 (1963), Seite 918 ff., H. v. Czetsch-
Lindenwald, Hilfsstoffe für Pharmazie und angrenzende Gebiete;
Pharm. Ind., Heft 2 (1961), Seite 72 u. ff.: Dr. H. P. Fiedler, Lexikon der Hilfsstoffe
für Pharmazie, Kosmetik und angrenzende Gebiete, Cantor KG, Aulendorf in
Württemberg 1971.
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Die Verbindungen können oral, buccal oder parenteral, beispielsweise
intraperitoneal, intramuskulär, subkutan oder perkutan verabreicht werden. Die
Verbindungen können auch in das Gewebe implantiert werden.
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Zur oralen Verabreichung können die Wirkstoffe in einem physiologisch verträglichen
Verdünnungsmittel gelöst oder suspendiert sein. Als Verdünnungsmittel werden sehr
häufig Öle mit oder ohne Zusatz eines Lösungsvermittlers, eines oberflächenaktiven
Mittels, eines Suspendier- oder Emulgiermittels verwendet. Beispiele für verwendete
öle sind Olivenöl, Erdnussöl, Baumwollsamenöl. Sojabohnenöl, Rizinusöl und
Sesamöl.
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Die Verbindungen lassen sich auch in Form einer Depotinjektion oder eines
Implantatpräparats anwenden, die so formuliert sein können, dass eine verzögerte
Wirkstoff-Freigabe ermöglicht wird.
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Implantate können als inerte Materialien z. B. biologisch abbaubare polymere
enthalten oder synthetische Silikone wie z. B. Silikonkautschuk. Die Wirkstoffe
können außerdem zur perkutanen Applikation z. B. in ein Pflaster eingearbeitet
werden.
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Für die Herstellung von mit Wirkstoffen beladenen Intravaginal- (z. B. Vaginalringe)
oder Intrauterinsystemen (z. B. Pessare, Spiralen, IUSs, Mirena®) für die lokale
Verabreichung eignen sich verschiedene polymere wie z. B. Silikonpolymere,
Ethylenvinylacetat, Polyethylen oder Polypropylen.
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Um eine bessere Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs zu erreichen, können die
Verbindungen auch als Cyclodextrinclathrate formuliert werden. Hierzu werden die
Verbindungen mit α, β- oder γ-Cyclodextrin oder Derivaten von diesen umgesetzt
(PCT/EP 95/02656).
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Erfindungsgemäß können die Wirkstoffe auch mit Liposomen verkapselt werden.
Methodik
Estrogenrezeptorbindungsstudien
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Die Bindungsaffinität der selektiven Estrogene (ERβ-Liganden) wurde in
Kompetitionsexperimenten unter Verwendung von 3H-Estradiol als Ligand an
Estrogenrezeptorpräparationen von Rattenprostata und Rattenuterus getestet. Die
Präparation des Prostatacytosols und der Estrogenrezeptortest mit dem
Prostatacytosol wurde, wie von Testas et al. (1981) beschrieben, durchgeführt
(Testas J. et al. (1981), Endocrinology 109, 1287-1289).
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Die Präparation von Rattenuteruscytosol sowie der Rezeptortest mit dem ER-
haltigen Cytosol wurden prinzipiell durchgeführt wie von Stack und Gorski, 1985,
beschrieben (Stack, Gorski 1985, Endocrinology 117, 2024-2032) mit einigen
Modifikationen wie bei Fuhrmann et al. (1995) beschrieben (Fuhrmann U. et al.
(1995), Contraception 51, 45-52).
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Die im vorliegenden Schutzrecht für die Anwendung beanspruchten ERβ-Liganden
weisen höhere Bindungsaffinität zu Estrogenrezeptor aus Rattenprostata als aus
Rattenuterus auf. Dabei wird davon ausgegangen, dass ERβ gegenüber ERα in der
Rattenprostata, in Rattenuterus ERα gegenüber ERβ überwiegt. In Übereinstimmung
hiermit finden wir, dass das Verhältnis der Bindung an Prostata- und Uterusrezeptor
qualitativ mit dem Quotient der relativen Bindungsaffinität (RBA) an humanen ERβ
und ERα von Ratte (nach Kuiper et al. (1996), Endocrinology 138, 863-870)
übereinstimmen.
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Zur Überprüfung der Wirkung der ERβ-selektiven Agonisten im erfindungsgemäßen
Sinne wurde deren estrogene Wirkung auf den Genitaltrakt, Leberfunktionen,
somatotrope Faktoren und auf die Sekretion von Gonadotropinen im Vergleich zu
Estradiol an adulten ovariektomierten Ratten untersucht.
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Die Wirkung auf somatotrope Funktionen, Gonadenfunktionen und den Genitaltrakt
wurde bei infantilen, Gonaden-intakten männlichen und weiblichen Ratten
untersucht.
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Die Dosierung des ERβ-selektiven Agonisten liegt im Rahmen der vorliegenden
Erfindung zwischen 10 µg und 10 mg täglich absolut.
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Die Erfindung soll durch die Fig. 1 bis 8 näher erläutert werden:
Bei dem verwendeten ERα-selektiven Agonisten handelt es sich durchweg um
3,17β-Dihydroxy-19-nor-17α-pregna-1,3,5(10)-trien-21,16α-lacton (DE 100 48 634.7).
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Als ERβ-selektiver Agonist wurde jeweils 8β-Vinyl-1,3,5(10)-estratrien-3,17β-diol (DE 100 19 167.3
bzw. PCT/EP 01/04290) verwendet.
Fig. 1
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Bestimmung der uterotropen Wirkung eines ERα- bzw. ERβ-selektiven Agonisten
(Agon) im Vergleich zu Östradiol (E2). Untersuchung an ovariektomierten adulten
Ratten 14 Tage nach Ovariektomie, Behandlung Tag 1-Tag 3, Autopsie Tag 4,
subkutane Applikation in 0,2 mL Vehikel.
Ergebnis
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E2 und ERα-Agon induzieren Uteruswachstum bei viel niedrigerer
Dosierung als der ERβ-Agon; 0,1 µg E2 und eine Faktor 1000 höhere Dosis (100 µg)
von ERβ-Agon haben vergleichbare "klassische" östrogene Aktivität.
Fig. 2
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Effekte von ERβ-Agon- bzw. ERβ-selektiven Agonisten (Agon) (E2) auf Uterus und
Vagina in Ovar-intakten nicht geschlechtsreifen Ratten im Vergleich zu Östradiol.
Behandlung der Jungtiere nach dem Absetzen über 7 Tage (Tag 1-Tag 7, Autopsie
Tag 8, subkutane Injektion) in zwei Versuchen mit unterschiedlichen Dosisbereichen.
Ergebnis
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In Anwesenheit von Ovarien hat der ERβ-Agon deutliche Effekte auf die
Gewichtsentwicklung von Uterus und Vagina in extrem niedrigen Dosierungen. Bei
der niedrigsten geprüften Dosis übertreffen die Effekte von ERβ-Agon diejenigen von
ERα-Agon und E2 statistisch signifikant. Dieser Effekt ist ein Indiz für die Induktion
ovarieller Östrogensekretion.
Fig. 3
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Effekte von ERβ-Agon- bzw. ERβ-selektiven Agonisten (Agon) (E2) auf Gonaden
männlicher und weiblicher nicht geschlechtsreifen Ratten im Vergleich zu Östradiol.
Behandlung der Jungtiere nach dem Absetzen über 7 Tage (Tag 1-Tag 7, Autopsie
Tag 8, subkutane Injektion).
Ergebnis
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Die Hoden zeigen in der Versuchsphase bei Kontrolltieren ein sehr
rasches Wachstum, Ovarien dagegen kaum. E2 hemmt das Wachstum der Hoden
Dosis-abhängig. Die gleichzeitige Hemmung des Wachstums der Prostata reflektiert
die Unterdrückung der Testosteronsekretion durch E2. ERβ-Agon stimuliert das
Hodenwachstum über das normale Maß hinaus statistisch signifikant. Die
Beschleunigung des Wachstums der Prostata belegt, dass es mit der Stimulierung
des Hodenwachstums zu einer erhöhten Sekretion von Testosteron durch ERβ-Agon
kommt. Die bei hohen Dosen von ERβ-Agon auftretende Hemmung des
Hodenwachstums reflektiert dessen "klassische" Östrogenität.
Fig. 4
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Effekte von ERα-, bzw. ERβ-selektiven Agonisten (Agon) auf IGF I im Plasma von
Ovar-intakten nicht geschlechtsreifen Ratten im Vergleich zu Östradiol (E2).
Behandlung der Jungtiere nach dem Absetzen über 7 Tage (Tag 1-Tag 7, Autopsie
Tag 8, subkutane Injektion) in zwei Versuchen mit unterschiedlichen Dosisbereichen.
Ergebnis
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Statistisch signifikante Erhöhung des IGF I unter ERβ-Agon über weite
Dosisbereiche. Keine vergleichbaren Effekte unter ERα-Agon und E2 im geprüften
Dosisbereich.
Fig. 5
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Effekte von ERα-, bzw. ERβ-selektiven Agonisten (Agon) auf die Cholesterin-
Fraktionen im Plasma von Ovar-intakten nicht geschlechtsreifen Ratten im Vergleich
zu Östradiol (E2). Behandlung der Jungtiere nach dem Absetzen über 7 Tage (Tag 1-Tag 7,
Autopsie Tag 8, subkutane Injektion) in zwei Versuchen mit unterschiedlichen
Dosisbereichen.
Ergebnis
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Im Kontrast zu ERα-Agon und E2 führt ERβ-Agon über die Erhöhung der
HDL-Cholesterinfraktion zu erhöhten Plasmaspiegeln des Gesamtcholesterins in
einem breiten Dosisbereich. Hohe Dosen von ERα-Agon und E2 senken die HDL-
Cholesterinfraktion und das Gesamtcholesterin.
Fig. 6
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Effekte von ERα-, bzw. ERβ-selektiven Agonisten (Agon) auf die Entwicklung der
Organgewichte von Nebennieren und Thymus von Ovar-intakten nicht
geschlechtsreifen Ratten im Vergleich zu Östradiol (E2). Behandlung der Jungtiere
nach dem Absetzen über 7 Tage (Tag 1-Tag 7, Autopsie Tag 8, subkutane Injektion).
Ergebnis
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ERβ-Agon führt über einen breiten Dosisbereich simultan zu einer
Erhöhung von Nebennieren- und Thymusgewichten. Im Kontrast dazu führen ERα-
Agon und E2 zu weniger ausgeprägten positiven Effekten und über "klassische"
Östrogenität zu einer Senkung der Thymusgwichte bei höheren Dosierungen.
Fig. 7
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Effekte von ERα-, bzw. ERβ-selektiven Agonisten (Agon) auf das Körperwachstum
von Ovar-intakten nicht geschlechtsreifen Ratten im Vergleich zu Östradiol (E2).
Behandlung der Jungtiere nach dem Absetzen über 7 Tage (Tag 1-Tag 7, Autopsie
Tag 8, subkutane Injektion) in zwei Versuchen mit unterschiedlichen Dosisbereichen.
Ergebnis
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ERβ-Agon führt über einen breiten Dosisbereich zu einem beschleunigten
Wachstum der Tiere. Effekte sind bei niedrigen Dosierungen ausgeprägter als bei
höheren. Im Kontrast dazu führen ERα-Agon und E2 zu einer deutlichen Senkung der
Gewichtszunahme bei höheren Dosierungen.
Fig. 8
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Plasmaspiegel des ERβ-selektiven Agonisten nach einmaliger oraler
beziehungsweise parenteraler (subkutane Injektion) Applikation an ovariektomierte
Ratten, Bestimmungen 0,5; 1; 3; 6; 24 Stunden nach oraler Applikation von 1,0 mg
(links) beziehungsweise 1; 2; 4; 6; 24 Stunden nach subkutaner Applikation
abgestufter Dosierungen. Bestimmung immunologisch mittels LCMS validiertem
Radio Immuno Assay (RIA).
Ergebnis
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Der exemplarisch hier verwendete ERβ-Agonist ist oral gut bioverfügbar.