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Verfahren zur Veredelung von aus Zellulose hergestellten oder diese enthaltenden, zusammen- hängenden Textilien.
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Veredelung von aus Zellulose hergestellten oder diese enthaltenden, zusammenhängenden Textilien, wie Fäden, Geweben u. dgl., insbesondere künstlicher Art durch Anestern mit höheren Fettsäuren, das im wesentlichen darin besteht, dass die Textilien einer eine Stunde, zweckmässig 30 Minuten, nicht wesentlich überschreitenden Veresterung mit einem Gemisch von Chloriden höherer Fettsäuren und Pyridin von solcher Konzentration und in solchen Mengen gegenüber dem Ausgangsmaterial unterworfen werden, dass unter den benutzten Temperaturverhältnissen durch die Anesterung eine Gewichtserhöhung des Ausgangsmaterials von nicht wesentlich mehr als 25% herbeigeführt wird.
Bei diesem Verfahren wird man vorteilhaft eine verhältnismässig hoch konzentrierte Lösung von Chloriden höherer Fettsäuren in Pyridin, beispielsweise eine nicht mehr als 15 Teile Pyridin, zweckmässig 7'5-15 Teile Pyridin auf einen Teil Fettsäurechlorid enthaltende Lösung zur Anesterung verwenden, die vorteilhaft bei einer Temperatur von 80-120"C, zweckmässig bei etwa 900 C, durchgeführt wird. Nach einer besonderen Ausführungsform des neuen Verfahrens empfiehlt es sich, das zu veresternde Material während des Verestert1ngsvorganges in der Flüssigkeit in Bewegung zu halten.
Unter hoher Fettsäure im Sinne der Erfindung sind solche Fettsäuren zu verstehen, die für Glyzeride den Hauptbestandteil von Ölen und Fetten darstellen, wie Stearinsäure, Palmitinsäure, Laurinsäure und Oleinsäure, sowie, ganz allgemein gesprochen, Fettsäuren mit acht oder mehr Kohlenstoffatomen.
Die Veresterung von Zellulose mit Hilfe von Chloriden höherer Fettsäuren mit acht oder mehr Kohlenstoffatomen, beispielsweise Stearylchloryd, Laurylchlorid u. dgl. bei Gegenwart von Pyridin zwecks Herstellung von Zelluloseestern, die in den üblichen flüchtigen organischen Lösungsmitteln löslich sind, ist an sich bekannt.
Grün und Wittka, Zeitschrift für angewandte Chemie, 1921, Band 34, S. 645-648 haben festgestellt, dass man durch Veresterung von Baumwolle mit derartigen Säurechloriden bei Gegenwart von Pyridin Erzeugnisse erhalten kann, die in den üblichen organischen Lösungsmitteln unlöslich sind und sich in ihrem Aussehen nicht wesentlich vom verwendeten Zellulosematerial, insbesiondere hinsichtlich ihrer Farbe, unterscheiden. Die so erhaltenen Erzeugnisse waren jedoch mürbe und das Ergebnis ihrer Untersuchung hat gezeigt, dass sie praktisch den Monoestern entsprachen oder sogar den Diestern. Die Gewichtsaufnahme durch die Veresterung betrug also etwa 140%.
Die Erfindern hat Versuche gemacht, Textilien, die aus Zellulose hergestellt sind oder diese enthalten, in der von Grün und Wittka für Baumwolle beschriebenen Art und Weise zu verestern. Dabei hat sie Erzeugnisse erhalten, die, wenn sie auch nicht vollkommen zerstört waren, keine brauchbare Festigkeit besassen.
Um eine weniger weitgehende Zerstörung der Festigkeit eines Gewebes bei der Veresterung nach der Vorschrift von Grün und Witka zu erzielen, liegt es auf der Hand, die Veresterung unter milden Bedingungen durchzuführen, beispielsweise mit verdünnten Lösungen von Veresterungsmitteln, wie Stearylchlorid, und mit schwächeren Basen als Pyridin, bei niedriger Temperatur zu arbeiten und die Veresterungsdauer zu erhöhen, um auf diese Weise die Minderung der Reaktionsgeschwindigkeit zu überwinden, die, wie, man annehmen musste, eine Folge der grösseren Verdünnung des Säurechlorides in der Veresterungsflüssigkeit und der Herabsetzung der Reaktionstemperatur sein müsste.
Die Erfindung beruht aber auf der nicht zu erwartenden Beobachtung, dass bei der Veresterung von aus Zellulose hergestellten oder diese enthaltenden Textilien die in Frage kommenden Ausgangsmaterialien einer Veresterung von nicht länger als eine Stunde, zweckmässig nicht mehr als 30 Minuten, mit einer Lösung eines höheren Fettsäurechlorides und Pyridin von solcher Konzentration und in solchen Mengen gegenüber dem Ausgangsmaterial durchgeführt werden muss, dass unter den angewendeten Temperaturbedingungen sie Veresterung zu einer Erhöhung des Gewichtes des Ausgangsmaterials von nicht wesentlich mehr als 25% führt.
Die Konzentration des Fettsäureehlorides im Veresterungsgemisch und die Menge dieses Stoffes gegenüber dem verwendeten Ausgangsmaterial, sowie die Temperaturbedingungen, unter denen die Veresterung durchgeführt wird, sind voneinander abhängige Faktoren.
So wird z. B. in einem besonderen Fall mit einem Gemisch von einem Teil Stearylchlorid und 10 Teilen Pyridin bei einer gegebenen Temperatur und unter besonderen Zeitbedingungen ein Ver-
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Es wurde weiter gefunden, dass bei einer gegebenen Temperatur und bei einer gegebenen Kon- zentration von Stearylchlorid, gelöst in Pyridin, die Gewichtsvermehrung umso grösser ist, je grösser das Verhältnis von Stearylchlorid zum verwendeten Material ist, bei gleicher Veresterungsdauer.
Als Beispiel für die Wirkung, die bei Erhöhung des Verhältnisses von Steyralchlorid gegenüber dem verwendeten Ausgangsmaterial auftritt, mag auf eine Versuchsreihe hingewiesen werden, bei der eine Menge von Stearylchlorid entsprechend 130% des Gewichtes des behandelten Materials zu einer Gewichtserhöhung von & % bei 60 , 20% bei 70 und 30% bei 75 führt, während bei Verwendung von Stearylchlorid in Mengen von 40%, bezogen auf das Ausgangsmaterial, eine Gewichtserhöhung von 20% erzielt wird bei Durchführung der Veresterung bei 100 C. Der Veresterungsgrad sinkt schnell mit sinkender Veresterungstemperatur.
Ganz allgemein ist zu sagen, dass die Festigkeit des erhaltenen Erzeugnisses, verglichen mit der Festigkeit des Ausgangsmateriales wesentlich und stark gemindert wird, wenn man durch Veresterung eine 25% wesentlich übersteigende Gewichtserhöhung herbeiführt.
So wurde z. B. gefunden, dass bei einer Gewichtserhöhung von 25% durch die Veresterung die Festigkeit des erhaltenen Erzeugnisses 90% der Festigkeit des Ausgangsmaterials beträgt. Wird die Veresterung unter sonst ähnlichen Bedingungen, aber bis zur Gewichtsaufnahme von 50% durchgeführt, so beträgt die Festigkeit des erhaltenen Erzeugnisses gegenüber der des Ausgangsmateriales nur 60%.
Bei noch weitergehender Veresterung fällt die Festigkeit proportional, beispielsweise bei 70% iger Veresterung auf 35% der Festigkeit des Ausgangsmateriales.
Die gemäss der Erfindung erhaltenen Erzeugnisse haben die Eigenschaft, dass sie der Einwirkung von Wasser besser widerstehen als das Ausgangsmaterial, aus dem sie hergestellt sind, und dass sie in der Regel einen ganz andern Griff als das Ausgangsmaterial besitzen.
Durch Vermischen äquivalenter Mengen von Stearylehlorid mit Pyridin zwecks Herstellung der Komplexverbindung ohne ein Verdünnungsmittel und durch Behandlung eines Gewebes mit der erhaltenen pastösen Masse erzielt man nur eine langsame Veresterung, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass in den ersten beiden Fällen die Komplexverbindung in den Fasern ausgefällt wird.
Anstatt das Gewebe mit der pastösen Masse zu behandeln, die man durch Zusammenbringen von äquivalenten Mengen Stearylchlorid und Pyridin zwecks Herstellung einer Komplexverbindung erhält, empfiehlt es sich, zunächst die pastöse Masse zu bilden und sie dann in einer weiteren Pyridinmenge zu lösen. Man kann aber auch das Fettsäurechlorid mit einer solchen Menge von Pyridin zusammenbringen, dass ein Überschuss an Pyridin über die Bildung der Komplexverbindung hinaus vorhanden ist, der dann als Lösungsmittel wirkt. So kann man beispielsweise 100 g Stearylchlorid mit 11 Pyridin zusammenbringen und das Gewebe od. dgl. mit diesem Gemisch bei einer Temperatur von 117 C etwa 5-10 Minuten lang behandeln.
Zweckmässig wählt man eine Reaktionstemperatur zwischen 80 und 120 C, weil unterhalb dieser Temperatur die Veresterung zu langsam vor sich geht und oberhalb dieser Temperatur zu energisch.
Im letzteren Fall wird das Gewebe zu stark angegriffen.
Bei der Anesterung von Gewebe findet unter gewissen Umständen auch schon eine beachtliche Schwächung des Gewebes oder eine vollständige Zerstörung statt, selbst wenn keine Veresterung vor sich geht. Diese Schwächung oder Zerstörung des Gewebes ist nicht auf die Art des Zellulosematerials zurückzuführen, das erfindungsgemäss behandelt wird, was aus der Tatsache hervorgeht, dass Baumwollgewebe von der Art eines Schreibmasehinenfarbbandes, das schwerer verestert wird als künstliche Kupferseide unter gleichen oder ähnlichen Reaktionsbedingungen, genau so leicht zerstört oder geschwächt werden kann wie die Kupferseide.
Anderseits können Gewebe aus künstlicher Seide, wenn die Veresterung in geeigneter Weise geregelt durchgeführt wird, so hoch verestert werden, dass eine Vermehrung des Trockengewichtes von etwa 25% ohne Schwächung des Gewebes erzielt werden kann.
Die Verdünnung des Gemisches von höheren Fettsäurechlorid und Pyridin mit inerten Lösungsmitteln in beachtlichen Mengen hat die Wirkung, dass die Veresterungsgeschwindigkeit herabgesetzt und die Schwächung des Gewebes gefördert wird. So hat beispielsweise bei der Behandlung eines Gewebes mit einem Gemisch von 100 Teilen Stearylchlorid, 125 Teilen Pyridin und 5000 Teilen Xylol praktisch keine Veresterung stattgefunden selbst nach einer achtstündige Erhitzung. Das Gewebe ist aber erheblich geschwächt worden.
Für praktische Zwecke ist es im allgemeinen vorteilhaft, die Veresterung mit Stearylehlorid an Stelle des Oleylehlorides durchzuführen, weil die Stearinsäure des Handels gleichmässiger ist als die Oleinsäure des Handels, die Veresterung mit Stearylchlorid leichter verläuft und die Farbe der mit Stearinsäure erhaltenen Ester heller ist.
Für das Verfahren gemäss der Erfindung können auch gemischte Textilien verwendet werden, die nicht aus reiner Zellulose hergestellt sind, sofern diese gemischten Textilien keine Bestandteile enthalten, die durch die erfindungsgemässe Behandlung nachteilig beeinflusst werden.
Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass die Anwesenheit auch von kleinen Wassermengen im Pyridin einen Verlust an Säurechlorid durch Hydrolyse verursacht, wie man aus der Tatsache ersehen kann, dass bei Verwendung von 50 l 0'036% Wasser enthaltendem Pyridin die Menge des vorhandenen Wassers
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genügen würde, um z. B. 600 g Stearylchlorid zu hydrolysieren. Nach den. vorstehenden Ausführungen wird in der Reaktionsmischung das Pyridin in allen Fällen in beträchtlichem Überschuss über das Säurechlorid verwendet ; daher würde, wenn das Pyridin wasserhältig wäre, ein beträchtlicher Anteil des
Säurechlorids zersetzt werden und an der Veresterung der Zellulose nicht teilnehmen.
Ausführungsbeispiele :
1. 10 leg sorgfältig getrockneter Baumwollbatist, dessen Gewicht pro Quadratmeter 80 g und dessen Breite 80 cm beträgt, so dass das Stück ungefähr 160 m lang ist, werden bei einer Temperatur von 60 C während einer halben Stunde mit einer Lösung von 10 leg Stearylchlorid in 100l sorgfältig getrocknetem Pyridin behandelt, indem sie von einer Walze auf eine andere, sowohl nach vorwärts, als auch nach rückwärts, aufgerollt werden. Dann lässt man die Flüssigkeit aus dem Reaktionsgefäss fliessen und wäscht das Gewebe mit Pyridin, solange es sich noch im Reaktionsgefäss befindet, worauf das Pyridin so schnell als möglich abgezogen und der Anteil, welcher vom Gewebe zurückgehalten wird, entfernt wird.
Zu diesem Zwecke wird die Temperatur des Reaktionsgefässes erhöht ; die Pyridindämpfe werden aus dem Reaktionsgefäss abgesaugt. Das Gewebe wird dann mit einer 2% igen Seigfenlösung, die % Natriumkarbonat enthält, behandelt, gewaschen und getrocknet. Die Gewichtszunahme des
Gewebes erreicht etwa 8-9%.
2.5 kg Viskoseseidengewebe werden im allgemeinen in der gleichen Weise, aber bei einer Temperatur von 80 C, mit einer Lösung von 2'5 kg Stearylchlorid in 30l sorgfältig entwässertem Pyridin während einer halben Stunde behandelt, worauf das vom Pyridin befreite Gewebe gewaschen wird. Die in dieser
Weise erhaltene Gewichtszunahme erreichte 7-8%.
3.10 kg Baumwolltrikotgewebe wird während einer halben Stunde in der oben angegebenen Weise, aber bei einer Temperatur von 120 C, mit einer Lösung von 4 leg Stearylchlorid in 60l sorgfältig getrocknetem Pyridin behandelt. Das Gewebe wird dann vom Pyridin befreit und gewaschen. Die
Gewichtszlmahme beträgt in diesem Falle 20%.
Den Gegenstand des Patentes Nr. 128. 824 bildet ein Verfahren zur Herstellung wasserabstossender
Textilien, gemäss welchem man den Textilien durch milde Behandlung mit veresternd wirkenden höheren
Fettsäuren Mengen der betreffenden Fettsäureradikale einverleibt, die den Gehalt der natürlichen Fasern an diesen Radikalen nicht wesentlich übersteigen, nach einer bevorzugten Ausführungsform wesentlich unterschreiten. Die Veresterung wird in an sich bekannter Weise mit Säurechloriden, allenfalls unter
Zusatz von organischen Basen, etwa von der Stärke des Anilins, wie z. B. Diäthylanilin und Dimethyl- anilin, oder mit Säureanhydriden durchgeführt.
Abgesehen davon, dass sich das vorliegende Verfahren ausschliesslich auf die Anwendung der vorbekannten Veresterungsmethode durch Säurechloride in
Gegenwart von Pyridin als Kondensationsmittel bezieht, welcher im Rahmen des neuen Verfahrens eine besondere Wirkung zukommt, liegt der wesentliche Unterschied gegenüber dem Verfahren des älteren
Patentes vor allem darin, dass die Zeitdauer der Behandlung bei Abstimmung mit den übrigen Faktoren, nämlich Konzentration der Fettsäurechloride, der Mengenverhältnisse gegenüber dem Ausgangsmaterial und der Behandlungstemperatur ausserordentlich gering bemessen wird, so dass die Behandlung nicht länger als etwa eine Stunde, zweckmässig nicht wesentlich mehr als eine halbe Stunde, währt,
wobei die
Veresterung derart geführt wird dass durch die Anesterung eine Gewichtserhöhung von nicht wesentlich mehr als 25% herbeigeführt, wird. Das Verfahren gestattet also die Veresterung weit über das im Vorpatent angegebene Mass zu treiben und dabei doch die Festigkeitsverminderung bei sehr erheblicher
Verkürzung der Behandlungsdauer in einem sehr geringen Ausmasse zu halten.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Veredelung von aus Zellulose hergestellten oder diese enthaltenden, zusammenhängenden Textilien, wie Fäden, Geweben u. dgl. durch Anestern mit Hilfe von Chloriden höherer Fettsäuren (Fettsäuren mit mehr als 8 C Atomen) in Gegenwart von schwachen organischen Basen, dadurch gekennzeichnet, dass die Textilien einer eine Stunde, zweckmässig 30 Minuten nicht wesentlich überschreitenden Veresterung mit einem Gemisch der Säurechloride und Pyridin von solcher Konzentration und in solchen Mengen im Verhältnis zu dem Ausgangsmaterial unterworfen werden, dass unter den benutzten Temperaturverhältnissen durch die Anesterung eine Gewichtserhöhung des Ausgangsmaterials von nicht wesentlich mehr als 25% herbeigeführt wird.