Migration – ein umkämpftes Menschenrecht
Migration ist kein gesellschaftlicher Sonderfall. Jede ... more Migration – ein umkämpftes Menschenrecht
Migration ist kein gesellschaftlicher Sonderfall. Jede moderne Gesellschaft und jeder Staat der Welt ist auch ein Ergebnis menschlicher Mobilität. Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten und die Meinungsbildung von Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen verläuft nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend wirkmächtig sind die Mythen und Bilder, die rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind. Zu den bekanntesten sprachlichen und visuellen Bildern der Migration gehören etwa die der Ströme, Wellen und Fluten. Sie lassen Migration als etwas Bedrohliches erscheinen und machen die tatsächlich Migrierenden unsichtbar.
Der Atlas der Migration möchte den Blick auf Migration sowie ihre Akteure verändern, einen politischen Wandel anstoßen und zu einer Versachlichung der Debatte auch innerhalb der europäischen linken Parteien und Bewegungen beitragen. Hier reichen die Meinungen vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu ablehnenden Haltungen gegenüber Migrantinnen und Migranten, die oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders schwachen in europäischen Gesellschaften beruht. Die zusammengetragenen Zahlen und Fakten zeigen, dass Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch für jene der Herkunftsländer birgt.
Dennoch ist Migration bedrohlich und zwar für die Migrierenden selbst, vor allem für Geflüchtete und Menschen ohne gültige Papiere. Dies machen die Beiträge über Tote an den Grenzen und tödliche Grenzkontrollen deutlich. Alltagsrassismus und rassistischer Terror, aber auch Xenophobie in den Institutionen und der Politik erschweren Migrant*innen und Flüchtlingen zudem die Reise, bedrohen ihre Teilhabe oder sogar ihr Leben in den Zielländern – und damit ihr Menschenrecht auf Migration.
Doch Migrierende nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für die Rechte von Einwander*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus sowie für das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, würdige Arbeit, angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden. Sie tragen dazu bei, die Gesellschaft der Vielen Wirklichkeit werden zu lassen.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang mit ihr. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima bedarf es Mut, sich diesem Thema unaufgeregt zuzuwenden und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen Sinne pluralisiert.
Migration: a contested human right
Migration is not a social outlier. Every modern society and e... more Migration: a contested human right
Migration is not a social outlier. Every modern society and every state in the world is also a result of human mobility. The migration issue nevertheless sparks heated political debates around the globe, while opinion formation among citizens, politicians, political parties, and movements often occurs along the axes of the migration question and policies of dealing with it. The myths and images that have emerged around the social phenomenon of migration are correspondingly powerful. Among the best-known linguistic and visual representations of migration are those of streams, waves, and floods. They make migration appear threatening and render the actual migrants invisible.
The Atlas of Migration seeks to change perspectives on migration and its actors, initiate a political shift, and contribute to a more objective debate within left-wing European parties and movements. Here opinions range from the open-borders paradigm to negative attitudes towards migrants, often based on the assumption that they compete with the particularly vulnerable in European societies. The figures and facts collected show that, although migration takes place in all parts of the world, it poses no threat to the social fabric of the countries of neither destination nor origin.
Migration is a threat, however, for the migrants themselves—especially for fugitives and undocumented migrants. This is made clear by the chapters on border deaths and deadly border controls. Everyday racism and racist terror, but also institutional and political xenophobia, make travel more difficult for migrants and refugees, threatening their participation or even their lives in the countries of destination—and thus their human right to migration.
Migrants nevertheless take their fate into their own hands. This is demonstrated by the chapters on migration struggles—against racism and for the rights of immigrants and refugees. Together with non-migrants, countless solidarity movements against deportations, xenophobia, and right-wing populism as well as for the right to social participation, decent work, adequate housing, education, and health care have emerged in Europe and the world. They contribute to making the society of the many a reality.
Migration has many realities and facets. This atlas promotes a differentiated approach to migration. In the current social climate, it takes courage to address this issue calmly and to recognize that immigration pluralizes our societies in the democratic sense.
MIGRATION – EIN UMKÄMPFTES MENSCHENRECHT
Migration gab es schon immer, sie ist die „Mutter aller... more MIGRATION – EIN UMKÄMPFTES MENSCHENRECHT
Migration gab es schon immer, sie ist die „Mutter aller Gesellschaften“. Die Mobilität von Menschen, auch über Landesund Seegrenzen und sogar über Kontinente hinweg, ist so alt wie die Menschheit selbst. Wenige Staaten auf der Welt hätten ihre aktuelle Gestalt ohne jahrhundertlange Ein- und Auswanderung. Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten. Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen bilden ihre politische Meinung nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend groß und wirkmächtig sind die Mythen, Legenden, Geschichten und Bilder, die rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind und weiterhin entstehen. Dies zeigt sich in der Art, wie über Migration gesprochen und wie sie dargestellt wird: Die bekanntesten sprachlichen und visuellen Bilder der Migration sind die der „Ströme“, „Wellen“ und „Fluten“. Sie haben allesamt die Tendenz, Migration als etwas Bedrohliches erscheinen zu lassen und die tatsächlich Migrierenden unsichtbar zu machen. Wir wollen das Thema Migration von einer anderen Seite zeigen, um eine politische Veränderung anzustoßen. Durch einen mit vielen Zahlen und Grafiken unterstützten Blick auf Migration wollen wir zu einer Versachlichung der Debatte innerhalb der europäischen linken Parteien und Bewegungen – aber vor allem auch darüber hinaus – beitragen. In der europäischen Linken reicht das Spektrum des Meinungsdiskurses vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu Haltungen, die Migration weitgehend ablehnen und oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders Schwachen in europäischen Gesellschaften beruhen. Das positive Bild einer offenen Gesellschaft mit genug Ressourcen in allen Bereichen des Lebens für alle und das negative Bild von Gesellschaften, in denen von vielen Seiten und untereinander um diese Ressourcen gekämpft werden muss, stehen sich scheinbar unvereinbar gegenüber. Bei den Europawahlen 2019 konnten rechte, rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte von der Angst vieler Menschen vor sozialem Abstieg profitieren und sich vor allem durch nationalistische und migrationskritische Politiken profilieren. Mit den Positionen vieler Parteien, die bei den Europawahlen Zugewinne verzeichnen konnten, werden Migrant*innen in Europa soziale Rechte abgesprochen. Dieser Atlas will dementsprechend den Blick auf Migration und ihre Akteur*innen verändern. Die Zahlen und Fakten zeigen, dass Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch für jene der Herkunftsländer birgt. Stattdessen profitieren Gesellschaften weltweit nicht nur von kultureller Vielfalt, sondern auch oft ökonomisch von Migration. Doch Migrierende sind nicht nur Opfer. Im Gegenteil: Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für die Rechte von Einwanderer*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus sowie für das Recht auf soziale und kulturelle Teilhabe, würdige Arbeit, angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang und eine Anerkennung von Fakten. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima ist Mut erforderlich, sich diesem Thema unaufgeregt und informiert zuzuwenden – und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen Sinne pluralisiert. Denn wir leben in postmigrantischen Gesellschaften, in denen die Bewegungsfreiheit von Menschen und der Schutz von Geflüchteten als Menschenrechte gelten sollten.
Migration – ein umkämpftes Menschenrecht
Migration ist kein gesellschaftlicher Sonderfall. Jede ... more Migration – ein umkämpftes Menschenrecht
Migration ist kein gesellschaftlicher Sonderfall. Jede moderne Gesellschaft und jeder Staat der Welt ist auch ein Ergebnis menschlicher Mobilität. Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten und die Meinungsbildung von Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen verläuft nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend wirkmächtig sind die Mythen und Bilder, die rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind. Zu den bekanntesten sprachlichen und visuellen Bildern der Migration gehören etwa die der Ströme, Wellen und Fluten. Sie lassen Migration als etwas Bedrohliches erscheinen und machen die tatsächlich Migrierenden unsichtbar.
Der Atlas der Migration möchte den Blick auf Migration sowie ihre Akteure verändern, einen politischen Wandel anstoßen und zu einer Versachlichung der Debatte auch innerhalb der europäischen linken Parteien und Bewegungen beitragen. Hier reichen die Meinungen vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu ablehnenden Haltungen gegenüber Migrantinnen und Migranten, die oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders schwachen in europäischen Gesellschaften beruht. Die zusammengetragenen Zahlen und Fakten zeigen, dass Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch für jene der Herkunftsländer birgt.
Dennoch ist Migration bedrohlich und zwar für die Migrierenden selbst, vor allem für Geflüchtete und Menschen ohne gültige Papiere. Dies machen die Beiträge über Tote an den Grenzen und tödliche Grenzkontrollen deutlich. Alltagsrassismus und rassistischer Terror, aber auch Xenophobie in den Institutionen und der Politik erschweren Migrant*innen und Flüchtlingen zudem die Reise, bedrohen ihre Teilhabe oder sogar ihr Leben in den Zielländern – und damit ihr Menschenrecht auf Migration.
Doch Migrierende nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für die Rechte von Einwander*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus sowie für das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, würdige Arbeit, angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden. Sie tragen dazu bei, die Gesellschaft der Vielen Wirklichkeit werden zu lassen.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang mit ihr. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima bedarf es Mut, sich diesem Thema unaufgeregt zuzuwenden und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen Sinne pluralisiert.
Migration: a contested human right
Migration is not a social outlier. Every modern society and e... more Migration: a contested human right
Migration is not a social outlier. Every modern society and every state in the world is also a result of human mobility. The migration issue nevertheless sparks heated political debates around the globe, while opinion formation among citizens, politicians, political parties, and movements often occurs along the axes of the migration question and policies of dealing with it. The myths and images that have emerged around the social phenomenon of migration are correspondingly powerful. Among the best-known linguistic and visual representations of migration are those of streams, waves, and floods. They make migration appear threatening and render the actual migrants invisible.
The Atlas of Migration seeks to change perspectives on migration and its actors, initiate a political shift, and contribute to a more objective debate within left-wing European parties and movements. Here opinions range from the open-borders paradigm to negative attitudes towards migrants, often based on the assumption that they compete with the particularly vulnerable in European societies. The figures and facts collected show that, although migration takes place in all parts of the world, it poses no threat to the social fabric of the countries of neither destination nor origin.
Migration is a threat, however, for the migrants themselves—especially for fugitives and undocumented migrants. This is made clear by the chapters on border deaths and deadly border controls. Everyday racism and racist terror, but also institutional and political xenophobia, make travel more difficult for migrants and refugees, threatening their participation or even their lives in the countries of destination—and thus their human right to migration.
Migrants nevertheless take their fate into their own hands. This is demonstrated by the chapters on migration struggles—against racism and for the rights of immigrants and refugees. Together with non-migrants, countless solidarity movements against deportations, xenophobia, and right-wing populism as well as for the right to social participation, decent work, adequate housing, education, and health care have emerged in Europe and the world. They contribute to making the society of the many a reality.
Migration has many realities and facets. This atlas promotes a differentiated approach to migration. In the current social climate, it takes courage to address this issue calmly and to recognize that immigration pluralizes our societies in the democratic sense.
MIGRATION – EIN UMKÄMPFTES MENSCHENRECHT
Migration gab es schon immer, sie ist die „Mutter aller... more MIGRATION – EIN UMKÄMPFTES MENSCHENRECHT
Migration gab es schon immer, sie ist die „Mutter aller Gesellschaften“. Die Mobilität von Menschen, auch über Landesund Seegrenzen und sogar über Kontinente hinweg, ist so alt wie die Menschheit selbst. Wenige Staaten auf der Welt hätten ihre aktuelle Gestalt ohne jahrhundertlange Ein- und Auswanderung. Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten. Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen bilden ihre politische Meinung nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend groß und wirkmächtig sind die Mythen, Legenden, Geschichten und Bilder, die rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind und weiterhin entstehen. Dies zeigt sich in der Art, wie über Migration gesprochen und wie sie dargestellt wird: Die bekanntesten sprachlichen und visuellen Bilder der Migration sind die der „Ströme“, „Wellen“ und „Fluten“. Sie haben allesamt die Tendenz, Migration als etwas Bedrohliches erscheinen zu lassen und die tatsächlich Migrierenden unsichtbar zu machen. Wir wollen das Thema Migration von einer anderen Seite zeigen, um eine politische Veränderung anzustoßen. Durch einen mit vielen Zahlen und Grafiken unterstützten Blick auf Migration wollen wir zu einer Versachlichung der Debatte innerhalb der europäischen linken Parteien und Bewegungen – aber vor allem auch darüber hinaus – beitragen. In der europäischen Linken reicht das Spektrum des Meinungsdiskurses vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu Haltungen, die Migration weitgehend ablehnen und oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders Schwachen in europäischen Gesellschaften beruhen. Das positive Bild einer offenen Gesellschaft mit genug Ressourcen in allen Bereichen des Lebens für alle und das negative Bild von Gesellschaften, in denen von vielen Seiten und untereinander um diese Ressourcen gekämpft werden muss, stehen sich scheinbar unvereinbar gegenüber. Bei den Europawahlen 2019 konnten rechte, rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte von der Angst vieler Menschen vor sozialem Abstieg profitieren und sich vor allem durch nationalistische und migrationskritische Politiken profilieren. Mit den Positionen vieler Parteien, die bei den Europawahlen Zugewinne verzeichnen konnten, werden Migrant*innen in Europa soziale Rechte abgesprochen. Dieser Atlas will dementsprechend den Blick auf Migration und ihre Akteur*innen verändern. Die Zahlen und Fakten zeigen, dass Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch für jene der Herkunftsländer birgt. Stattdessen profitieren Gesellschaften weltweit nicht nur von kultureller Vielfalt, sondern auch oft ökonomisch von Migration. Doch Migrierende sind nicht nur Opfer. Im Gegenteil: Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für die Rechte von Einwanderer*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus sowie für das Recht auf soziale und kulturelle Teilhabe, würdige Arbeit, angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang und eine Anerkennung von Fakten. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima ist Mut erforderlich, sich diesem Thema unaufgeregt und informiert zuzuwenden – und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen Sinne pluralisiert. Denn wir leben in postmigrantischen Gesellschaften, in denen die Bewegungsfreiheit von Menschen und der Schutz von Geflüchteten als Menschenrechte gelten sollten.
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Migration ist kein gesellschaftlicher Sonderfall. Jede moderne Gesellschaft und jeder Staat der Welt ist auch ein Ergebnis menschlicher Mobilität. Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten und die Meinungsbildung von Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen verläuft nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend wirkmächtig sind die Mythen und Bilder, die rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind. Zu den bekanntesten sprachlichen und visuellen Bildern der Migration gehören etwa die der Ströme, Wellen und Fluten. Sie lassen Migration als etwas Bedrohliches erscheinen und machen die tatsächlich Migrierenden unsichtbar.
Der Atlas der Migration möchte den Blick auf Migration sowie ihre Akteure verändern, einen politischen Wandel anstoßen und zu einer Versachlichung der Debatte auch innerhalb der europäischen linken Parteien und Bewegungen beitragen. Hier reichen die Meinungen vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu ablehnenden Haltungen gegenüber Migrantinnen und Migranten, die oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders schwachen in europäischen Gesellschaften beruht. Die zusammengetragenen Zahlen und Fakten zeigen, dass Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch für jene der Herkunftsländer birgt.
Dennoch ist Migration bedrohlich und zwar für die Migrierenden selbst, vor allem für Geflüchtete und Menschen ohne gültige Papiere. Dies machen die Beiträge über Tote an den Grenzen und tödliche Grenzkontrollen deutlich. Alltagsrassismus und rassistischer Terror, aber auch Xenophobie in den Institutionen und der Politik erschweren Migrant*innen und Flüchtlingen zudem die Reise, bedrohen ihre Teilhabe oder sogar ihr Leben in den Zielländern – und damit ihr Menschenrecht auf Migration.
Doch Migrierende nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für die Rechte von Einwander*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus sowie für das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, würdige Arbeit, angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden. Sie tragen dazu bei, die Gesellschaft der Vielen Wirklichkeit werden zu lassen.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang mit ihr. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima bedarf es Mut, sich diesem Thema unaufgeregt zuzuwenden und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen Sinne pluralisiert.
Migration is not a social outlier. Every modern society and every state in the world is also a result of human mobility. The migration issue nevertheless sparks heated political debates around the globe, while opinion formation among citizens, politicians, political parties, and movements often occurs along the axes of the migration question and policies of dealing with it. The myths and images that have emerged around the social phenomenon of migration are correspondingly powerful. Among the best-known linguistic and visual representations of migration are those of streams, waves, and floods. They make migration appear threatening and render the actual migrants invisible.
The Atlas of Migration seeks to change perspectives on migration and its actors, initiate a political shift, and contribute to a more objective debate within left-wing European parties and movements. Here opinions range from the open-borders paradigm to negative attitudes towards migrants, often based on the assumption that they compete with the particularly vulnerable in European societies. The figures and facts collected show that, although migration takes place in all parts of the world, it poses no threat to the social fabric of the countries of neither destination nor origin.
Migration is a threat, however, for the migrants themselves—especially for fugitives and undocumented migrants. This is made clear by the chapters on border deaths and deadly border controls. Everyday racism and racist terror, but also institutional and political xenophobia, make travel more difficult for migrants and refugees, threatening their participation or even their lives in the countries of destination—and thus their human right to migration.
Migrants nevertheless take their fate into their own hands. This is demonstrated by the chapters on migration struggles—against racism and for the rights of immigrants and refugees. Together with non-migrants, countless solidarity movements against deportations, xenophobia, and right-wing populism as well as for the right to social participation, decent work, adequate housing, education, and health care have emerged in Europe and the world. They contribute to making the society of the many a reality.
Migration has many realities and facets. This atlas promotes a differentiated approach to migration. In the current social climate, it takes courage to address this issue calmly and to recognize that immigration pluralizes our societies in the democratic sense.
Papers
Migration gab es schon immer, sie ist die „Mutter aller
Gesellschaften“. Die Mobilität von Menschen, auch über Landesund
Seegrenzen und sogar über Kontinente hinweg, ist so alt wie die
Menschheit selbst. Wenige Staaten auf der Welt hätten ihre aktuelle Gestalt
ohne jahrhundertlange Ein- und Auswanderung.
Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten. Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen bilden ihre politische Meinung nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend groß
und wirkmächtig sind die Mythen, Legenden, Geschichten und Bilder, die
rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind und weiterhin entstehen. Dies zeigt sich in der Art, wie über Migration gesprochen und wie sie dargestellt wird: Die bekanntesten
sprachlichen und visuellen Bilder der Migration sind die der „Ströme“,
„Wellen“ und „Fluten“. Sie haben allesamt die Tendenz, Migration als
etwas Bedrohliches erscheinen zu lassen und die tatsächlich Migrierenden
unsichtbar zu machen.
Wir wollen das Thema Migration von einer anderen Seite
zeigen, um eine politische Veränderung anzustoßen. Durch einen mit vielen Zahlen und Grafiken unterstützten Blick auf Migration wollen wir zu einer Versachlichung der Debatte innerhalb der europäischen linken
Parteien und Bewegungen – aber vor allem auch darüber hinaus – beitragen. In der europäischen Linken reicht das Spektrum des Meinungsdiskurses vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu Haltungen, die Migration weitgehend ablehnen und oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders Schwachen in europäischen
Gesellschaften beruhen. Das positive Bild einer offenen Gesellschaft mit genug Ressourcen in allen Bereichen des Lebens für alle und das negative
Bild von Gesellschaften, in denen von vielen Seiten und untereinander um
diese Ressourcen gekämpft werden muss, stehen sich scheinbar unvereinbar gegenüber. Bei den Europawahlen 2019 konnten rechte, rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte von der
Angst vieler Menschen vor sozialem Abstieg profitieren und sich vor
allem durch nationalistische und migrationskritische Politiken profilieren.
Mit den Positionen vieler Parteien, die bei den Europawahlen Zugewinne
verzeichnen konnten, werden Migrant*innen in Europa soziale Rechte
abgesprochen.
Dieser Atlas will dementsprechend den Blick auf Migration und
ihre Akteur*innen verändern. Die Zahlen und Fakten zeigen, dass
Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder
ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch
für jene der Herkunftsländer birgt. Stattdessen profitieren Gesellschaften
weltweit nicht nur von kultureller Vielfalt, sondern auch oft ökonomisch
von Migration. Doch Migrierende sind nicht nur
Opfer. Im Gegenteil: Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies
zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für
die Rechte von Einwanderer*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit
Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus
sowie für das Recht auf soziale und kulturelle Teilhabe, würdige Arbeit,
angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang und eine Anerkennung von Fakten. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima ist Mut erforderlich, sich diesem Thema unaufgeregt und informiert zuzuwenden – und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen
Sinne pluralisiert. Denn wir leben in postmigrantischen Gesellschaften,
in denen die Bewegungsfreiheit von Menschen und der Schutz von Geflüchteten als Menschenrechte gelten sollten.
Book Reviews
Migration ist kein gesellschaftlicher Sonderfall. Jede moderne Gesellschaft und jeder Staat der Welt ist auch ein Ergebnis menschlicher Mobilität. Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten und die Meinungsbildung von Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen verläuft nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend wirkmächtig sind die Mythen und Bilder, die rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind. Zu den bekanntesten sprachlichen und visuellen Bildern der Migration gehören etwa die der Ströme, Wellen und Fluten. Sie lassen Migration als etwas Bedrohliches erscheinen und machen die tatsächlich Migrierenden unsichtbar.
Der Atlas der Migration möchte den Blick auf Migration sowie ihre Akteure verändern, einen politischen Wandel anstoßen und zu einer Versachlichung der Debatte auch innerhalb der europäischen linken Parteien und Bewegungen beitragen. Hier reichen die Meinungen vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu ablehnenden Haltungen gegenüber Migrantinnen und Migranten, die oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders schwachen in europäischen Gesellschaften beruht. Die zusammengetragenen Zahlen und Fakten zeigen, dass Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch für jene der Herkunftsländer birgt.
Dennoch ist Migration bedrohlich und zwar für die Migrierenden selbst, vor allem für Geflüchtete und Menschen ohne gültige Papiere. Dies machen die Beiträge über Tote an den Grenzen und tödliche Grenzkontrollen deutlich. Alltagsrassismus und rassistischer Terror, aber auch Xenophobie in den Institutionen und der Politik erschweren Migrant*innen und Flüchtlingen zudem die Reise, bedrohen ihre Teilhabe oder sogar ihr Leben in den Zielländern – und damit ihr Menschenrecht auf Migration.
Doch Migrierende nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für die Rechte von Einwander*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus sowie für das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, würdige Arbeit, angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden. Sie tragen dazu bei, die Gesellschaft der Vielen Wirklichkeit werden zu lassen.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang mit ihr. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima bedarf es Mut, sich diesem Thema unaufgeregt zuzuwenden und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen Sinne pluralisiert.
Migration is not a social outlier. Every modern society and every state in the world is also a result of human mobility. The migration issue nevertheless sparks heated political debates around the globe, while opinion formation among citizens, politicians, political parties, and movements often occurs along the axes of the migration question and policies of dealing with it. The myths and images that have emerged around the social phenomenon of migration are correspondingly powerful. Among the best-known linguistic and visual representations of migration are those of streams, waves, and floods. They make migration appear threatening and render the actual migrants invisible.
The Atlas of Migration seeks to change perspectives on migration and its actors, initiate a political shift, and contribute to a more objective debate within left-wing European parties and movements. Here opinions range from the open-borders paradigm to negative attitudes towards migrants, often based on the assumption that they compete with the particularly vulnerable in European societies. The figures and facts collected show that, although migration takes place in all parts of the world, it poses no threat to the social fabric of the countries of neither destination nor origin.
Migration is a threat, however, for the migrants themselves—especially for fugitives and undocumented migrants. This is made clear by the chapters on border deaths and deadly border controls. Everyday racism and racist terror, but also institutional and political xenophobia, make travel more difficult for migrants and refugees, threatening their participation or even their lives in the countries of destination—and thus their human right to migration.
Migrants nevertheless take their fate into their own hands. This is demonstrated by the chapters on migration struggles—against racism and for the rights of immigrants and refugees. Together with non-migrants, countless solidarity movements against deportations, xenophobia, and right-wing populism as well as for the right to social participation, decent work, adequate housing, education, and health care have emerged in Europe and the world. They contribute to making the society of the many a reality.
Migration has many realities and facets. This atlas promotes a differentiated approach to migration. In the current social climate, it takes courage to address this issue calmly and to recognize that immigration pluralizes our societies in the democratic sense.
Migration gab es schon immer, sie ist die „Mutter aller
Gesellschaften“. Die Mobilität von Menschen, auch über Landesund
Seegrenzen und sogar über Kontinente hinweg, ist so alt wie die
Menschheit selbst. Wenige Staaten auf der Welt hätten ihre aktuelle Gestalt
ohne jahrhundertlange Ein- und Auswanderung.
Dennoch erhitzt das Thema Migration rund um den Globus politische Debatten. Bürger*innen, Politiker*innen, Parteien und Bewegungen bilden ihre politische Meinung nicht selten entlang der Frage der Migration und der Politiken des Umgangs mit ihr. Entsprechend groß
und wirkmächtig sind die Mythen, Legenden, Geschichten und Bilder, die
rund um das soziale Phänomen der Migration entstanden sind und weiterhin entstehen. Dies zeigt sich in der Art, wie über Migration gesprochen und wie sie dargestellt wird: Die bekanntesten
sprachlichen und visuellen Bilder der Migration sind die der „Ströme“,
„Wellen“ und „Fluten“. Sie haben allesamt die Tendenz, Migration als
etwas Bedrohliches erscheinen zu lassen und die tatsächlich Migrierenden
unsichtbar zu machen.
Wir wollen das Thema Migration von einer anderen Seite
zeigen, um eine politische Veränderung anzustoßen. Durch einen mit vielen Zahlen und Grafiken unterstützten Blick auf Migration wollen wir zu einer Versachlichung der Debatte innerhalb der europäischen linken
Parteien und Bewegungen – aber vor allem auch darüber hinaus – beitragen. In der europäischen Linken reicht das Spektrum des Meinungsdiskurses vom Paradigma der offenen Grenzen bis zu Haltungen, die Migration weitgehend ablehnen und oft auf der Annahme einer Konkurrenz der besonders Schwachen in europäischen
Gesellschaften beruhen. Das positive Bild einer offenen Gesellschaft mit genug Ressourcen in allen Bereichen des Lebens für alle und das negative
Bild von Gesellschaften, in denen von vielen Seiten und untereinander um
diese Ressourcen gekämpft werden muss, stehen sich scheinbar unvereinbar gegenüber. Bei den Europawahlen 2019 konnten rechte, rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte von der
Angst vieler Menschen vor sozialem Abstieg profitieren und sich vor
allem durch nationalistische und migrationskritische Politiken profilieren.
Mit den Positionen vieler Parteien, die bei den Europawahlen Zugewinne
verzeichnen konnten, werden Migrant*innen in Europa soziale Rechte
abgesprochen.
Dieser Atlas will dementsprechend den Blick auf Migration und
ihre Akteur*innen verändern. Die Zahlen und Fakten zeigen, dass
Migration, gleichwohl sie in allen Teilen der Welt stattfindet, weder
ein Bedrohungspotenzial für die Gesellschaften der Zielländer noch
für jene der Herkunftsländer birgt. Stattdessen profitieren Gesellschaften
weltweit nicht nur von kultureller Vielfalt, sondern auch oft ökonomisch
von Migration. Doch Migrierende sind nicht nur
Opfer. Im Gegenteil: Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Dies
zeigen die Beiträge zu Kämpfen der Migration – gegen Rassismus und für
die Rechte von Einwanderer*innen und Geflüchteten. Gemeinsam mit
Nicht-Migrierten sind so in Europa und der Welt ungezählte Bewegungen der Solidarität gegen Abschiebungen, Xenophobie und Rechtspopulismus
sowie für das Recht auf soziale und kulturelle Teilhabe, würdige Arbeit,
angemessenes Wohnen, Bildung und Gesundheit entstanden.
Migration hat viele Realitäten und Facetten. Dieser Atlas wirbt für einen differenzierten Umgang und eine Anerkennung von Fakten. Im derzeitigen gesellschaftlichen Klima ist Mut erforderlich, sich diesem Thema unaufgeregt und informiert zuzuwenden – und anzuerkennen, dass Einwanderung unsere Gesellschaften im demokratischen
Sinne pluralisiert. Denn wir leben in postmigrantischen Gesellschaften,
in denen die Bewegungsfreiheit von Menschen und der Schutz von Geflüchteten als Menschenrechte gelten sollten.