Witwenhaus (Oettingen)

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Witwenhaus (Oettingen)
Zweck Witwenhaus
Baujahr 1712
Erbauer Maria Barbara von Neuhaus
Baumeister ungewiss[Anm. 1]
Baustil Barock
Denkmal D-7-79-197-13
Heutige Nutzung Sozialwohnung
Land Deutschland
Region Bayern
Bezirk Schwaben (Bayern)
Landkreis Donau-Ries
Ort Oettingen in Bayern
Anschrift Entengraben 30
Standort 48° 57′ 6,9″ N, 10° 36′ 26″ O

Das Witwenhaus der Oberhofmeisterin Freifrau Maria Barbara von Neuhaus befindet sich im Entengraben 30 in Oettingen in Bayern, einer Stadt im schwäbischen Landkreis Donau-Ries von Bayern. Das Bauwerk ist beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in der Liste der Baudenkmäler in Oettingen in Bayern als Baudenkmal unter der Nr. D-7-79-197-13 eingetragen.

Allgemeines über Witwenhäuser

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Witwenhäuser oder Witwenstifte waren spezielle Wohnhäuser oder Einrichtungen, in denen Witwen von Geistlichen, Adeligen oder Mitgliedern städtischer Zünfte Unterkunft und Versorgung fanden. Finanziert wurden sie häufig von Kirchen oder wohlhabenden Stiftern. Sie dienten vor allem Adeligen Witwen oder Witwen von Pfarrern (Pfarrwitwenhäuser) oder Beamten, die keine eigene Versorgung hatten. Die Häuser dienten der sozialen Absicherung, da Witwen häufig keine eigenen Einkünfte hatten. Für Bauernwitwen im 17. und 18. Jahrhundert hingegen gab es in der Regel keine institutionalisierten Einrichtungen wie Witwenhäuser oder Stifte, wie sie in städtischen oder adeligen Kreisen verbreitet waren. Stattdessen spielte die Familie und die Dorfgemeinschaft eine zentrale Rolle bei der Versorgung und Unterstützung von Witwen.

Im Jahr 1712 wurde in Oettingen im Entengraben 30 das damals erste Witwenhaus fertiggestellt. Das Anwesen umfasste 7 Kleinstwohnungen von denen jede über eine eigene Stube und eine eigene Kammer sowie einen Gartenanteil verfügte. Aufgrund von Feuchtigkeitsproblemen konnten die Wohnungen jedoch erst 1713 bezogen werden. Das Vorhaben wurde von Maria Barbara von Neuhaus vollständig alleine finanziert. Dazu stattete sie die Stiftung mit einem Grundkapital von 2000 Rheinischen Gulden aus.[1][2] Auch für die Versorgung der darin beherbergten Witwen sorgte sich die Stifterin durch Lehenseinkünfte, die sie zur Verfügung stellte. Den Grund auf dem das Witwenhaus errichtet wurde übergab der damalige Fürst Albrecht Ernst II. (Oettingen-Oettingen) am 10. Juni 1712 zur „Facilitirung (Erleichterung) dieses christlöblichen Vorhabens den jederzeit frey gewesenen Platz von unserm Hanfgarten vor dem mittlern Thor ohnfern der Aurach (Querstraße zum Entengraben) für ganz frey ledig und eigen“. Diesen Befreiungsbrief erneuerte er am 21. Juni 1724 und verfügte darüber hinaus, „dass nehmlich im Fall, so doch Gott in Gnaden verhüten wolle, dieses Witwenhaus durch Brand oder Kriegsgefahr zu Grund gerichtet werden sollte, Sr. Hochfürstl. Durchl. durch allgemeine Collect und Aufsetzung der Schüßlen vor denen Kirchensthüren in dem Land auch sonsten zu dessen Wiedererbauung, hülfliche Hand leisten wollen“.[3]

Die Bewohnerinen hatten einer Hausordnung zu folgen die ein tägliches gemeinsames Gebet sowie Gesang vorsah. Auch war aus ausgesuchten Schriften, die teilweise von der Stifterin selbst verfasst wurden, zu lesen. Um in das Witwenhaus aufgenommen zu werden mussten die Bewohnerinen beim Eintritt 5 und nach weiteren fünf bis sechs Jahren 5 weitere Rheinische Gulden hinterlegen. Die Witwen waren von größeren Arbeiten und Ausgaben befreit, mussten jedoch kleinere Reparaturen in ihrer Wohnung selbst übernehmen. Auch das Kehren der Gasse gehörte zu ihren aufgaben. Für die Reparaturen und Verbesserungen des Hauses wurden jährlich zehn Gulden aus dem Zinsertrag des Kapitals aufgewandt. Ein Oettinger Ratsmitglied sollte das Haus alle vier Wochen besuchen, um den Zustand zu prüfen und eventuelle Mängel zu beheben. In der Hausordnung wurde auch die Zusammensetzung der Witwen bestimmt, so „sollen sieben Witwen, darunter allezeit 2 geistliche und 2 fremde Witwen, auch eine ledige Person, sich befinden, in dem Hause wohnen auch darinnen bis an ihr Ende bleiben (es sey dann, daß eine sich ärgerlich und unchristlich aufführte, als in welchen Fall sie das Haus raumen muß) ein jegliche der sieben Witwen eine Stube und Kammer für sich eigen haben, und alleine bewohnen, im Fall aber der Krankheit ein Kind oder sonst jemand zur Pflege und Wart bey sich halten.

Die Errichtung und Stiftung des Witwenhauses in Oettingen dienten gewissermaßen als Blaupause für das Witwenhaus in Ansbach, welches Maria Barbara von Neuhaus einige Jahre später im Jahr 1227 gemeinsam mit Freifrau Sophie Magdalena von Crailsheim ebenfalls realisierte.[4] Nach einer Bilanz waren von der Eröffnung im Frühjahr 1713 bis 1760 bereits 29 Witwen aufgenommen worden, die bis auf eine Ausnahme von 5 Witwen im Witwenhaus, in der Gemeinschaft das zeitliche segneten.[5]

Das im Barockstil erbaute Gebäude ist ein zweigeschossiger Walmdachbau mit Aufzugsgiebel in Fachwerkbauweise. Es hat fünf zu zwei Fensterachsen und einen quer durch das Haus geführten Flez. Dort befindet sich gleich links vom Haupteingang ein Gedenkstein der Erbauerin. Auf aufwendigen Fassaden- oder Portalschmuck wurde weitestgehend verzichtet. Das Haus ist in stark sanierungsbedürftigem Zustand.

Das Öttinger Witwenhaus, gegründet im Jahr 1712 von der Stifterin Maria Barbara von Neuhaus, nimmt eine bemerkenswerte Rolle in der Sozialgeschichte des 18. Jahrhunderts ein. Es ist nicht nur als Wohltätigkeitsprojekt einer wohlhabenden Adligen zu verstehen, sondern auch als ein frühes Beispiel für systematische soziale Fürsorge in Süddeutschland. Die Stiftung dieses Witwenhauses war ein Ausdruck des damaligen sozialen Wandels und der zunehmenden Bedeutung von Wohltätigkeit als gesellschaftliche Aufgabe.

In der Verwaltungsstruktur, den Regeln, der Unterbringungsform in kleinen aber privaten Kleinstwohnungen und den Aufgaben des Hauses spiegeln sich sowohl religiöse Werte als auch die fortschreitende Professionalisierung der Sozialfürsorge und der Bewahrung einer gewissen Eigenständigkeit. Die Witwen, die im Witwenhaus lebten, erhielten nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch eine jährliche Zuwendung aus den Zinsen des gestifteten Kapitals. Damit geht das Öttinger Witwenhaus über rein private Stiftungsformen hinaus und legt den Grundstein für spätere öffentlich zugängliche Sozialeinrichtungen. Diese Maßnahmen sind beispielhaft für eine Art von Pflege, die bis dahin in vielen Gegenden Süddeutschlands noch nicht institutionell etabliert war.

Die Stiftung war auch Ausdruck des pietistischen Engagements, das zu dieser Zeit in vielen Teilen des Heiligen Römischen Reiches, insbesondere in Fürstentümern wie Oettingen, zunehmend an Einfluss gewann und dem sich Maria Barbara von Neuhaus verschrieb. Ihre Stiftungen wie das Öttinger Witwenhaus verbanden die Unterstützung von Bedürftigen mit religiösem und moralischem Auftrag und waren ein Weg, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Diese Einrichtungen wurden oft als moralische und spirituelle Projekte verstanden, bei denen die Witwen nicht nur materielle Unterstützung erhielten, sondern auch in ihren religiösen Pflichten gestärkt wurden.

Insgesamt kann das Öttinger Witwenhaus als ein frühes Beispiel für sozialstaatliche Verantwortung betrachtet werden, das über individuelle Almosen hinausgeht und die Grundlagen für systematische Wohltätigkeitsorganisationen im 18. Jahrhundert legte. Es stellt auch eine wichtige Quelle für das Verständnis der sozialen Strukturen der Zeit dar und zeigt, wie Wohltätigkeit und soziale Verantwortung in einer zunehmend urbanisierten und strukturierten Gesellschaft organisiert wurden.

Das Gebäude steht mit der Akten-Nummer D-7-79-197-13 unter Baudenkmalschutz.

Die Stifterin Maria Barbara von Neuhaus

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Wappen derer von Hundt

Maria Barbara von Neuhaus war eine geborene Freifrau von Hundt, einem fränkischen Uradelsgeschlecht. Sie wurde als Tochter des Johann Christoph Hundt von Thumsenreuth und der Maria Elisabeth von Sauerzapf am 25. Mai 1661 auf Schloss Pillmersried geboren. Noch bevor Maria Barbara ein Jahr alt war verstarb ihr Vater. Aufgrund von Steuerstreitigkeiten war ihre kränkelnde Mutter gezwungen mit ihrem Kind Maria Barbara den von ihren Eltern als Mitgift übergebenen Besitz in Pillmersried zu verlassen. Im Alter von 19 Jahren heiratete Maria Barbara 1680 den Freiherren Franz Carl von Neuhaus auf Höfen. Gemeinsam hatte das Paar vier Kinder die jedoch sämtlich noch im Kindesalter verstarben. Auch ihr Ehemann verstarb 1684 im jungen Alter von lediglich 33 Jahren noch bevor ihr viertes Kind geboren war. Ab 1696 (1697)[Anm. 2] war Maria Barbara als Oberhofmeisterin am Hof des Fürstenpaares Georg August Samuel von Naussau-Idstein und seiner Geamahlin Prinzessin Henriette Dorothea von Oettingen-Oettingen tätig. Bereits zur Zeit ihrer Tätigkeit am Nassau-Idsteinischen Hof trat Maria Barbara als Stifterin für Bedürftige hervor.

Wohl auf Wunsch oder Empfehlung von Henriette Dorothea von Oettingen-Oettingen wechselte Maria Barbara 1702 (1701)[Anm. 3] in gleicher Tätigkeit an den Hof von Oettingen, wo sie 10 Jahre dem Hause Oettingen-Oettingen treue Dienste leistete. Ihre Fürsorge galt dort nicht alleine der Fürstenfamilie, sie kümmerte sich, wie bereits zuvor in Idstein, ebenfalls um Bedürftige zu denen sie auch Witwen zählte. Sie unterstützte das Ansbacher Waisenhaus, welches 1711 fertiggestellt wurde, mit beträchtlichen Spenden. Darüber hinaus finanzierte sie den Bau des ersten Witwenhauses welches 1712 fertiggestellt wurde. Während ihrer Zeit in Oettingen baute sie Beziehungen zum Hallenser Pietismus auf, die sie während ihre Folgetätigkeit im Markgräflichen Haus in Ansbach weiter vertiefte.

Wie bereits zuvor in den Fürstenhäuser von Nassau-Idstein und Oettingen-Oettingen, übte Maria Barbara am Hof in Ansbach für den Markgrafen Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach und dessen Ehefrau Christiane Charlotte von Württemberg-Winnental das Amt der Oberhofmeisterin aus. Dort war sie unter anderem für die Erziehung der Kinder des Markgrafenpaares, im Besonderen des 1712 geborenen Karl Wilhelm Friedrich, des späteren sogenannten „Wilden Markgrafen“ zuständig. 1722 verabschiedete sich Maria Barbara aus ihren Diensten als Oberhofmeisterin in den Ruhestand. 1727 gründete sie auch in Ansbach, gemeinsam mit Freifrau Sophie Magdalena von Crailsheim, ein weiteres Witwenhaus nach Oettingischem Vorbild und verstarb 1733 im Alter von 72 Jahren.

  • Wolf Ernst Hundt von Thumsenreuth (durch eine Heirat 1649 namentlich belegt)
  • Johann Christoph von Hundt auf Thumsenreuth († 1662) ⚭(1656) Maria Elisabeth von Sauerzapf (* 25. März 1629 in Regensburg, † 26. Februar 1702 in Pappenheim)
  • Maria Barbara (* 25. Mai 1661 auf Schloss Pillmersried, † 1733) ⚭(Jan. 1680) Freiherr Franz Carl von Neuhaus auf Höfen (* 1651, † 18. August 1684).
  • Vier Kinder (alle im Kindesalter noch vor 1687 verstorben).[6]

Werke als Dichterin

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  • Geistlichen Lieder über die sieben Blutvergiessungen Christi Jesu, der ganzen Welt Heyland“ (teilweise angezweifelt)
  • Gebet in dem zu Oettingen gestifteten Witwenhaus täglich zu sprechen“, Ansbach 1716.
  • Gebet in dem Witwenhaus zu Anspach täglich zu sprechen“, Ansbach 1727.
  • Andächtige Gebete und Litaneyen auf alle Tage in der Wochen eingerichtet“, Ansbach 1728.
  • Siegmund Heinrich Hoffmann: NOVA АСТА HISTORICO - ECCLESIASTICA. Oder Sammlung zu den neuesten Kirchengeschichten, 28. Teil, Weimar 1763, S. 478ff Digitalisat
  • Thomas Freller: Maria Barbara von Neuhaus aus Pillmersried, Wohltäterin, Oberhofmeisterin und Dichterin – Eine Miszelle zum Pietismus und zur weiblichen Amtsmobilität im Ancien Régime, 2022, Heimatforschung-Regensburg. Digitalisat
  • Johann August: Geburts- und Todten-Almanach Ansbachischer Gelehrten, Schriftsteller, und Künstler: oder: Anzeige jeden Jahrs, Monats und Tags, an welchem jeder derselben geboren wurde, und starb, nebst ihrer kurz zusammengedrängten Lebens-Geschichte und dem Verzeichnis ihrer Schriften und Kunstwerke, Band 1, Augsburg, Jan. 1796, S. 370ff Digitalisat
Commons: Entengraben 30 (Oettingen in Bayern) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. StAN, Ansbacher Archivalien 15071
  2. Register ueber diejenige milde Stiftungen, welche die Frey-Reichs-Hochwohlgeb. Frau, Maria Barbara, verwittibte Frau von Neuhauß, geb. von Hund, an dreyen Hochfürstl. Höfen gewesene Obrist-Hofmeisterin, an unterschiedlichen Orten gemacht, Ansbach 1729, S. 8 f, 14 f.
  3. Nova acta historico-ecclesiastica, Bd. 4, Teil 28, S. 486
  4. Deutsches Literatur-Lexikon, Nachtragsband 3: N – Z. De Gruyter, Berlin 2022, ISBN 978-3-11-072691-6
  5. Nova acta historico-ecclesiastica, Bd. 4, Teil 28, S. 492
  6. Thomas Freller: Maria Barbara von Neuhaus aus Pillmersried, Wohltäterin, Oberhofmeisterin und Dichterin – Eine Miszelle zum Pietismus und zur weiblichen Amtsmobilität im Ancien Régime in: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 162/2022 Regensburg 2022.
  1. Möglicherweise stand Barbara von Neuhaus Maximilian von Welsch bei der Planung zur Seite. Er baute sowohl für Fürst Albrecht Ernst II. zu Oettingen-Oettingen das Schloss Tiergarten als auch für Georg August Samuel von Nassau-Idstein das Schloss Idstein aus. Für beide Fürsten war auch Maria Barbara tätig.
  2. Hoffmann spricht von 1697
  3. Hoffmann spricht von 1701

Koordinaten: 48° 57′ 6,9″ N, 10° 36′ 26″ O