Veit Wyler
Veit Wyler (geboren 28. August 1908 in Baden AG; gestorben 18. Oktober 2002 in Zürich) war Schweizer Rechtsanwalt und zionistischer Politiker in der Schweiz.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wyler wurde als Sohn eines Kaufmanns geboren. Er wuchs zum Teil bei seinem Grossvater Leo Liepmann Kahn auf, einem Wiesbadener Rabbiner, der 60 Jahre lang «Lehrer dreier Generationen, Führergestalt des gesetzestreuen Judentums» gewesen sei.[1] Er studierte 1926–1930 Jus an den Universitäten Zürich, Wien, Hamburg und Leipzig, wo er 1930 promoviert wurde. 1935 eröffnete er in Zürich eine Kanzlei. In diesem Jahr vertrat er den Kommunisten Heinz Neumann, der von den Nazis ausgebürgert worden war und sich illegal in der Schweiz aufhielt. 1936 übernahm er gemeinsam mit Eugen Curti den spektakulären Fall der Verteidigung von David Frankfurter. Wyler nahm von Deutschen keine Mandate an, «um nicht unwissentlich in die Lage zu kommen, einen Nazi zu vertreten».
Als «Linkszionist»[2] engagierte er sich im öffentlichen jüdischen und zionistischen Leben der Schweiz und war von 1941 bis 1951 Präsident des «Schweizerischen Zionistenverbandes». Wyler war seit 1944 mit der Schauspielerin und Übersetzerin Anna Katharina Salten (verw. Rehmann) (1904–1977) verheiratet. 1939 war ihr Vater Felix Salten, dessen Werke seit 1935 auf nationalsozialistischen Listen schädlichen und unerwünschten Schrifttums standen, mit seiner Frau aus Wien zu ihr nach Zürich geflüchtet. Wyler trat nach 1977 in das Erbe Saltens ein und führte Prozesse um das Copyright von Bambi.
Wyler leistete auf verschiedene Arten Hilfe bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz sowie bei deren Ausreise nach Palästina oder nach Südamerika. Er war auch an Freikaufaktionen für niederländische Juden beteiligt.[3]
Nach 1950 war Wyler beim Jüdischen Weltkongress aktiv, 1960–1970 Präsident des Schweizer Keren Hajessod (Fonds zur Förderung der Entwicklung Israels), 1969 war er Mitglied der Kommission für Strukturänderung der zionistischen Weltorganisation und Mitglied des Executive Council und des Board of Governors of the Weizmann Institute of Science, zu dessen Ehrendoktor er ernannt wurde.
Gemeinsam mit seiner Tochter Lea und dem tibetischen Arzt Akong Tulku Rinpoche gründete Wyler 1980 das Hilfswerk Rokpa International.
Wyler war mit dem zweiten jüdischen Mitglied des schweizerischen Nationalrats, David Farbstein, und mit Friedrich Dürrenmatt befreundet.[4] Er war von 1948 bis 1986 Herausgeber der Zeitschrift Das neue Israel und VR-Präsident der Uto Bank in Zürich.
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Im Lauf der Jahre. Leitartikel von Dr. Veit Wyler aus «Das neue Israel». Veröffentlicht von Privatverlag, 1968
- Zulassungszwang, Kontrahierungszwang, Stromsperre. Erfurt 1931, Zugl.: Leipzig, Jur. Diss. http://d-nb.info/363125477
- Louis Wyler, 19. Oktober 1872 – 3. März 1960. Von Veit Wyler, Josef Wyler, Berthold Wyler. Veröffentlicht von Die Herausgeber, 1972
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Patrick Kury: Veit Wyler in: Heiko Haumann, Peter Haber, Patrick Kury u. a. (Hrsg.): Der Erste Zionistenkongress von 1897 – Ursachen, Bedeutung, Aktualität. Karger, Basel u. a. 1997, ISBN 978-3-8055-6491-5, S. 211–212.
- Lea Wyler: Mein Grossvater (Felix Salten). In: Felix Salten. Schriftsteller – Journalist – Exilant. Herausgegeben anlässlich der gleichnamigen Ausstellung für das Jüdische Museum der Stadt Wien von Siegfried Mattl und Werner Michael Schwarz. Holzhausen, Wien 2006, ISBN 978-3-85493-128-7.
- Ludwig Gantner: Beiträge zur Geschichte des Zionismus in der Schweiz. Unter besonderer Berücksichtigung der Zeit von 1948–1956. Lizentiatsarbeit Universität Basel 1999.
- Bettina Zeugin, Thomas Sandkühler: Die Schweiz und die deutschen Lösegelderpressungen in den besetzten Niederlanden: Vermögensentziehung, Freikauf, Austausch 1940–1945: Beitrag zur Forschung. Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg. Chronos, Zürich 2001, ISBN 3-0340-0624-1.
- Stefan Mächler: Hilfe und Ohnmacht: Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und die nationalsozialistische Verfolgung 1933–1945. Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0727-2.
- Michèle Fleury, Blaise Kropf, Valérie Boillat: Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg, Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus. Chronos, Zürich 2001, ISBN 3-0340-0617-9.
- Jacques Picard: Die Schweiz und die Juden 1933–1945: Schweizerischer Antisemitismus, jüdische Abwehr und internationale Migrations- und Flüchtlingspolitik. Hochschulschrift. Chronos, Zürich 1994, ISBN 978-3-905311-22-8.
- Daniel Kampa: Diogenes. Eine illustrierte Verlagschronik 1952–2002. Mit Bibliographie. Diogenes, Zürich 2003, ISBN 978-3-257-05600-6.
- Sabina Bossert: David Frankfurter (1909–1982). Das Selbstbild des Gustloff-Attentäters. Böhlau, Wien, 2019, ISBN 978-3-412-51260-6. Dissertation Basel 2017; dort: Exkurs Veit Wyler, S. 203–205.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Veit Wyler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachlässe und Einzelbestände / S–Z / Wyler, Veit. (PDF; 173 kB) In: Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich.
- Reinhard Müller: Felix Salten. In: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich an der Universität Graz. September 2012 .
- Die Gründer von ROKPA: Dr. Veit Wyler. In: rokpa.org.
- Das neue Israel. digitalisiert auf der Seite des Archivs für Zeitgeschichte der ETH Zürich
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jüdische Gemeinde feiert ein Doppeljubiläum. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. November 2006
- ↑ Mächler, S. 29
- ↑ Zeugin, S. 92
- ↑ Kampa, S. 352
Personendaten | |
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NAME | Wyler, Veit |
ALTERNATIVNAMEN | Wyler-Salten, Veit |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Rechtsanwalt und zionistischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 28. August 1908 |
GEBURTSORT | Baden AG |
STERBEDATUM | 18. Oktober 2002 |
STERBEORT | Zürich |