Monostadt

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Mit Monostadt (abgeleitet von russ. Моногород, Aussprache: [ˌmonɐˈgorət], wörtlich: Einstadt) wird eine Stadt oder Gemeinde bezeichnet, die hauptsächlich oder vollständig von einem einzigen Unternehmen oder Industriezweig abhängig ist. Dieser Stadttyp entstand in Ländern des früheren RGW (Rat für gemeinsame Wirtschaftshilfe) durch die Anlage von riesigen Kombinaten primär in metall- oder rohstoffverarbeitenden Bereichen. Als Begründung wurden die Skaleneffekte bei der zentralen Versorgung der gesamten Sowjetunion durch einen zentralen Betrieb angeführt. Durch den Bau von modernen Wohnungen für die Mitarbeiter, durch attraktive Lohngestaltungen oder durch weitere staatliche Fördermaßnahmen zur Ansiedelung in strukturschwachen Gebieten entwickelten sich um die Fabriken herum große Gemeinden.

Besonders auf dem Gebiet des heutigen Russland spielten diese gemeindekonstituierenden Unternehmen (russ. Градообразующее предприятие) eine wesentliche Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung der am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstörten Wirtschaft.

Nach Schätzungen des russischen Instituts für Regionalpolitik[1] (Института региональной политики) waren 2009 etwa 460 Städte in Russland (ca. 40 % der Gesamtzahl der Städte) Monostädte, in denen etwa ein Viertel der städtischen Bevölkerung (25 Millionen) lebt und deren Industriebetriebe über ein Drittel des russischen Bruttoinlandsprodukts erzeugen[2]. Seit der Konversion in Richtung auf marktwirtschaftliche Güterverteilung stellen sich die Monostädte als erhebliche Probleme dar. Zu viele produzieren „die falschen Produkte am falschen Ort“.[3] Die Schließung oder Verlegung der Betriebe hätte aber bedeutende Folgen für die Mitarbeiter, ehemalige Mitarbeiter und deren Angehörige. In Russland ist die Arbeitsmobilität nur sehr gering ausgeprägt, was noch dadurch verstärkt wird, dass soziale Leistungen weitgehend und in den Monostädten nahezu ausschließlich durch die Betriebe angeboten werden.

Beispiele in Russland

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Ein typisches Beispiel für eine russische Monostadt ist die 700.000-Einwohner-Stadt Togliatti, die um eine zentrale Industrie- und später Autoproduktion der früheren Sowjetunion herum über Jahrzehnte hinweg aufgebaut wurde. Infolge der Änderung der Absatzmärkte musste seit dem Jahrtausendwechsel die Produktion immer stärker zurückgefahren werden mit dem Ergebnis, dass ein großer Teil der Einwohner verarmte und inzwischen mit Hilfe des Staates umgesiedelt werden muss.[4] Andere Vertreter dieses Stadttypes sind die russischen Städte Magnitogorsk (410.000 Ew.), Urai (40.000 Ew.), Tynda (35.000 Ew.) und Pikaljowo (21.000 Ew.).

Stadt Einwohnerzahl in Tsd. Industriebetrieb Arbeiter
Toljatti 705 AwtoWAS 68000
Nowokusnezk 564 OMZ / Uralmasch-Ischora: ЗСМК (Westsibirisches Metallkombinat)
Nabereschnyje Tschelny 517 KAMAZ
Magnitogorsk 410 MMK (Магнитка)
Nischni Tagil 361 NTMK, Uralwagonsawod
Tscherepowez 310 Severstal
Sterlitamak 272 Sintes-Kautschuk (Синтез-Каучук), Chloralkali-Elektrolyse Kaustik (Каустик), Soda (Сода)
Prokopjewsk 214 Kusbass: Prokopjewskugol (Прокопьевскуголь)
Sewerodwinsk 190 Schiffswert Sewmasch (Севмаш / Северное Машиностроительное Предприятие)
Norilsk 177 MMC Norilsk Nickel 25561 (2009)
Nachodka 160 Kohlehafen
Salawat 155 Gasprom Neftechim (Газпром нефтехим Салават), früher Salawatnefteorgsintes (СНОС / Салаватнефтеоргсинтез) 12150
Rubzowsk 147 Altaiwagon (Алтайвагон), Rubzowski maschinostroitelny sawod (Рубцовский машиностроительный завод),

Landmaschinenhersteller Almas (Алмаз), Traktorenwerk Altaiselmasch (Алтайсельмаш)

7000 (Altaiw.)
Leninsk-Kusnezki 108 Kusbass: SUSK (СУЭК / Сибирская угольная энергетическая компания)
Liski 100 Hauptsitz der Jugo-Wostotschnaja schelesnaja doroga
Solikamsk 96 Silwinit, Papier- und Zellstofffabrik Solikamskbumprom (Соликамскбумпром)
Michailowka 89 Sebrjakowzement (Себряковцемент) 2200
Asbest (Stadt) 71 Uralasbest
Gukowo 68 Rosugol
Kstowo 67 Raffinerie Lukoil-Nischegorodnefteorgsintes (ЛУКОЙЛ-Нижегороднефтеоргсинтез), früher NORSI
Tschistopol 61 Uhrenwerk Wostok
Pawlowo (Nischni Nowgorod) 61 PAZ (ПАЗ), ehemals Pawlowski Awtobusny Sawod imeni A. A. Schdanowa
Krasnoturjinsk

(Bauxit aus Sewerouralsk)

69 Aluminiumwerk Bogoslowski aljuminijewy sawod (БАЗ)

UGMK-Eisenerzbergwerk Богословское рудоуправление

Kirischi 53 Raffinerie Kinef (Kirischinefteorgsintes)
Budjonnowsk 52 Ethylenanlage, HDPE- und Vinylacetat-Werk Stawrolen (Ставролен), ehemals Stawropolpolimer 2000
Tschussowoi 49 Blattfederwerk TschMS (ЧМЗ / Чусовской металлургический завод)
Dalnegorsk 48 ГХК Bor, Dalpolimetall
Satka 46 Magnesit
Montschegorsk 45 Seweronikel (Североникель)
Rtischtschewo 42 Lokomotivwerk, heute RŽD-Filiale (Ртищевское отделение Юго-Восточной железной дороги)
Nowodwinsk 42 Papier- und Zellstofffabrik АЦБК (Archangelski zelljulosno-bumaschny kombinat)
Tutajew 41 Dieselmotorenwerk ТМЗ, ehemals Тутаевский завод дизельных агрегатов (ТЗДА) 1900
Sajansk 41 PVC: Sajanskchimprom, heute Sajanskchimplast (Саянскхимпром / Саянскхимпласт)
Urai 40 Uraineftegas
Tynda 35 Baikal-Amur-Magistrale
Wjatskije Poljany 34 Maschinenfabrik Вятско-Полянский машиностроительный завод „Молот“ (ВПМЗ), Hersteller der Vyatka
Kondopoga 34 Zeitungspapierfabrik Kondopoga (Кондопога)†
Segescha 32 Papier- und Zellstofffabrik Segeschki ЦБК 2500
Sewerouralsk 31 Nord-Ural Bauxit-Mine Северо-Уральский Бокситовый Рудник (СУБР)
Kostomukscha 29 Eisenerzbergwerk Karelski Okatysch (Карельский окатыш)
Semiluki 26 Feuerfestmaterialien Semiluki Семилукский огнеупорный завод (СОЗ)
Olenegorsk 22 nördlichstes Eisenerzbergwerk Olkon (Олкон / Оленегорский Оленегорский ГОК)
Pikaljowo 21 Zementwerk BaselCement (БазэлЦемент)[5], früher auch Tonerdehersteller Glinosjom (глинозём)
Kowdor 18 Eisen- & Zirkon-Apatit-Bergwerk Kowdorski (Ковдорский ГОК)
Kamskije Poljany 16 unvollendetes Kernkraftwerk Tatarien, jetzt Industriepark
Sapoljarny 16 Petschenganikel (Печенганикель)
Baikalsk 14 Papier- und Zellstofffabrik Baikalski ЦБК†[6] 1500
Karabasch 12 Kupferbergwerk Karabaschmjed (Карабашмедь)
Pitkjaranta 11 Zellstofffabrik Питкяранта†
Nadwoizy 8 Aluminiumwerk Надвоицкий
Rewda 8 Niob-Tantal-Bergbau Lowoserski
Wjartsilja 3 Mechel (Вяртсильский метизный завод)

Beispiele in Deutschland

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Monostädte in kleineren Dimensionen finden sich weltweit überall meist außerhalb größerer, historisch über lange Zeiträume gewachsener Städte insbesondere im ländlichen Bereich, sofern sie durch die Gründung spezifischer Unternehmenszweige entstanden sind, z. B. in Deutschland das frühere Mitteldeutsche Chemiedreieck mit der Buna-Werke GmbH in Schkopau, Städte der Montanindustrie im Ruhrgebiet oder sog. Autostädte (z. B. Rüsselsheim am Main oder Wolfsburg). Mit dem Niedergang des jeweiligen regionstypischen Industriezweiges ist häufig auch langfristig ein deutlicher Rückgang der Arbeitsplätze, der Steuereinnahmen der Stadt und schließlich der Einwohnerzahl verbunden.

Einzelnachweise

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  1. Ausführliche Informationen zur regionalen Wirtschaft unter regionalistica.ru
  2. Angaben bei infox.ru Моногород (Memento des Originals vom 14. Februar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/infox.ru v. 6. Februar 2009, abgerufen am 11. Februar 2010
  3. Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: Länderportrait Russland, Seite 20. Beilage zu Internationale Politik, Jahrgang 69, Ausgabe 4 (Juli/August 2014)
  4. aktuelle Informationen bei Der Standard und Die Presse, abgerufen am 11. Februar 2010
  5. Finanzkrise russisch – das Wunder von Pikaljewo
  6. Aus für Zellstoffwerk Baikalsk beschlossen