Ewald Harndt
Ewald Harndt (* 22. Januar 1901 in Berlin; † 11. Oktober 1996 in Bad Pyrmont) war ein deutscher Zahnmediziner, Mediziner, Hochschullehrer und Rektor der Freien Universität Berlin.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Harndt studierte von 1920 bis 1926 in Berlin Medizin und Zahnmedizin. Sein zahnärztliches Staatsexamen bestand er 1924 und wurde ein Jahr später zum Dr. med. dent. promoviert. In den beiden folgenden Jahren setzte er die Reihe der sehr gut bestandenen Examina durch ein medizinisches Staatsexamen (1926) und die Promotion zum Dr. med. (1927) fort. Anschließend war er am Zahnärztlichen Institut der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität als Assistent von Wilhelm Dieck tätig. Dort wurde er 1935 unter Diecks Nachfolger Eugen Wannenmacher zum Oberarzt ernannt und erhielt im folgenden Jahr seine Habilitation in der medizinischen Fakultät. 1938 wurde er Dozent für das Fach Zahnheilkunde und 1944 außerplanmäßiger Professor.
„Gemäß einer Studie lässt sich nachweisen, dass Harndt insbesondere im Entnazifizierungsverfahren eine Reihe unstimmiger, falscher oder beschönigender Angaben machte. Die Quellenanalyse führt zu der Schlussfolgerung, dass Harndt nicht als Opfer, sondern als politischer Mitläufer einzuordnen ist. Er war zweifellos kein ‚glühender‘ Nationalsozialist, doch er diente sich dem Regime an – durch Mitgliedschaften in NS-Organisationen und die Einbindung in die NS-Netzwerke, aber auch durch die Unterstützung der Ideen der NS-‚Gesundheitspolitik‘ und den Gebrauch der NS-Terminologie – so etwa in den Bereichen Eugenik (‚vererbt geistig minderwertige Kinder‘, ‚Unfruchtbarmachung‘, ‚Blutsverwandtschaft‘) und Religion (‚deutschreligiös‘).“ Er war 1937 der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) beigetreten (Mitgliedsnummer 4,360,633).[1] Zudem war er seit 1935 Mitglied im NSKK, im NS-Ärztebund, im NS-Dozentenbund und im Luftschutzbund.[2]
1948 planmäßiger Extraordinarius und kommissarischer Direktor. Im Juli 1949 übernahm er den Vorsitz der Berliner zahnärztlichen Gesellschaft, die von seinem Vorgänger Georg Axhausen, dessen Oberarzt Hans Joachim Schmidt (* 1912) und Walter Drum gegründet worden war. Im Mai 1950 wurde er zum Professor und Direktor der Klinik der – inzwischen umbenannten – Humboldt-Universität ernannt, verließ diese aber wenig später aus politischen Gründen (Ost-/West-Konflikt) und wechselte an die im Westteil Berlins gelegene Freie Universität Berlin (FU Berlin). Dort erhielt er im Oktober 1956 eine Professur für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und übernahm zugleich die Leitung der Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. 1961 stand er der medizinischen Fakultät als Dekan vor.
Als Vorsitzender des am 1. April 1964 gegründeten Instituts für Kariesforschung e. V. erinnerte Harndt daran, dass mit dieser Einrichtung eine alte Berliner Tradition fortgesetzt wurde: 1936 war in Berlin unter Vorsitz von Hermann Schröder die Arbeitsgemeinschaft für Kariesforschung und Kariesbekämpfung gegründet worden, aus dem dann das Institut für Kariesforschung hervorging, das kurze Zeit von Schröder und nach Schröders Tod (1942) von Hermann Euler geleitet worden war.
Harndt war Ehrenmitglied zahlreicher zahnärztlicher Gesellschaften. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde wählte ihn zu ihrem Präsidenten von 1957 bis 1965. Er erhielt auch international viele Auszeichnungen, darunter den Elmer S. Best Award der Pierre Fauchard Academy. Von 1967 bis 1969 – auf dem Höhepunkt der Studentenbewegung – amtierte Harndt als Rektor der FU Berlin.
Über die Fachgrenzen hinaus bekannt wurde Harndt durch seine 1977 erstmals erschienene Publikation Französisch im Berliner Jargon über den Einfluss der seit dem 17. Jahrhundert eingewanderten Hugenotten auf die Umgangssprache seiner Heimatstadt.
Er war verheiratet mit Frieda Harndt, geborene Köpnik. Aus der Ehe ging 1930 der Mediziner und Zahnmediziner Raimund Harndt hervor, der als Professor für Zahnerhaltungskunde 1969 Lehrstuhlinhaber an der FU Berlin wurde.[3]
Ewald-Harndt-Medaille
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Andenken an Harndt verlieh die Zahnärztekammer Berlin seit 2001 die Ewald-Harndt-Medaille. 2019 hat die Zahnärztekammer Berlin auf Grund seiner NSDAP-Vergangenheit den Preis in Philipp-Pfaff-Preis umbenannt.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- August Ludwig Degener, Walter Habel: Wer ist wer? Das deutsche Who's Who. Bd. 16, Arani, Berlin 1970, ISBN 3-7605-2007-3, S. 440.
- Werner Schuder (Hrsg.): Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. Band 1. 13. Ausgabe, De Gruyter, Berlin/New York 1980, ISBN 3-11-007434-6, S. 1349, 1350.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Ewald Harndt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kleine Chronik der FU Berlin
- Informationen der Zahnärztekammer Berlin zur Ewald-Harndt-Medaille
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Dominik Groß: Ein komplexer Fall: Ewald Harndt (1901–1996) und sein Verhältnis zum Nationalsozialismus. Dtsch Zahnärztl Z 2020; 75, S. 58. doi:10.3238/dzz.2020.00
- ↑ Dominik Groß: Lexikon der Zahnärzte und Kieferchirurgen im 'Dritten Reich' und im Nachkriegsdeutschland. Band 1. Hochschullehrer und Forscher (A–L). Hentrich & Hentrich, Berlin Leipzig 2022, S. 445
- ↑ Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 457.
- ↑ Der Walkhoff-Preis wird umbenannt, Zahnärztliche Mitteilungen, Heft 18/2020, 15. September 2020, S. 30–31. Abgerufen am 18. September 2020.
Personendaten | |
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NAME | Harndt, Ewald |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Zahnmediziner, Rektor der Freien Universität Berlin |
GEBURTSDATUM | 22. Januar 1901 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 11. Oktober 1996 |
STERBEORT | Bad Pyrmont |