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Hartmann Schedel

deutscher Arzt, Humanist und Historiker (1440–1514)

Hartmann Schedel (* 13. Februar 1440 in Nürnberg; † 28. November 1514 ebenda) war ein deutscher Arzt, Humanist und Historiker. Sein wichtigstes Werk ist die sogenannte Schedelsche Weltchronik aus dem Jahr 1493.

Das Wappen der Schedel

Hartmann Schedel wurde 1440 als Sohn des gleichnamigen wohlhabenden Kaufmannes in der Reichsstadt Nürnberg geboren.[1] Die Schedel gehörten zu den sogenannten Ehrbaren Familien, die in der Ständegliederung den zweiten Stand (nach dem Nürnberger Patriziat) bildeten. Seine Mutter Anna Grabner starb bereits 1445. Im Alter von elf Jahren wurde er 1451 Vollwaise. Er und seine Geschwister wuchsen fortan unter der Vormundschaft ihres Onkels Marcus Schedel auf.[2] Von seinen zwei Brüdern wurde Georg Schedel Kaufmann, während Johannes Schedel in das Dominikanerkloster eintrat.

Hartmann Schedel wurde bereits im Alter von 16 Jahren, am 20. April 1456 an der Universität Leipzig immatrikuliert und wurde 1457 dort Baccalaureus. Er erwarb 1459 den Magister artium (Magister in den Freien Künsten) und besuchte Vorlesungen in den Rechtswissenschaften und im Kanonischen Recht. 1459 begann er eine umfangreiche Sammlung von Liedern anzulegen. 1461 schloss er sich dem humanistischen Kreis um Peter Luder an und fertigte Abschriften von dessen ab 1462 in Leipzig vorgetragenen Unterrichtstexten an. Die niederen Weihen erhielt Hartmann Schedel 1462.

Ende 1463 folgte er Peter Luder nach Padua, wahrscheinlich auch in Absprache mit seinem dreißig Jahre älteren Vetter, dem zu dieser Zeit als Augsburger Stadtarzt tätigen[3] Hermann Schedel (1410–1485), der Hartmann während des Studiums beratend zur Seite stand.[4] An der Universität Padua studierte Hartmann neben Medizin auch Anatomie und Chirurgie und wurde am 7. April 1466 zum Doktor der Medizin promoviert.[5] Parallel zur Medizin hatte er auch Vorlesungen in Physik und Griechisch besucht und damit, als einer der ersten Deutschen überhaupt, Zugang zur griechischen Sprache erhalten.

 
Ansicht und Beschreibung Erfurts in der Weltchronik (1493)

Im Sommer 1466 kehrte er nach Nürnberg zurück, um in den nächsten Jahren viel Zeit mit Reisen sowie dem Sammeln und Kopieren von Büchern zu verbringen. In den Jahren von 1470 bis 1477 war er als Stadtarzt in Nördlingen tätig, trat der Bruderschaft der „Kartäuser im Christgarten“ bei und heiratete 1475 die Nürnbergerin Anna Heugel († 1485). Sein weiterer Berufsweg führte ihn über Amberg, wo er am 15. Oktober 1477 seinen Eid als Stadtarzt leistete. Ende 1481 verließ er die Stadt wegen der Verweigerung einer Gehaltserhöhung wieder.[6] 1482 kehrte er nach Nürnberg zurück, wo er 1487, in zweiter Ehe, Magdalena Haller († 1505) heiratete. Von den zwölf Kindern aus beiden Ehen starben sechs bereits in jungen Jahren.

In Nürnberg zählte Hartmann Schedel zu den wohlhabenden und geachteten Bürgern. Er besaß mehrere Grundstücke und Lehnsgüter und erbte auch das Haus seines Vetters Hermann Schedel in der Burgstraße,[7] wo auch die Haller, Scheurl und Albrecht Dürer wohnten. Er wurde im Register der 92 Ehrbaren Familien der Stadt geführt und 1482 Genannter des Größeren Rates, der sich aus Vertretern des Patriziats sowie Kaufleuten, Gelehrten und Handwerkern zusammensetzte. Der Innere Rat blieb Hartmann Schedel verschlossen, da seine Familie nicht dem Patriziat (den „ratsfähigen“ Familien) angehörte; seine zweite Frau stammte zwar mütterlicherseits vom Patriziergeschlecht der Ebner ab, aber ihr Vater gehörte nicht dem Patriziergeschlecht der Haller an, sondern der aus Bamberg übersiedelten Familie Haller genannt Münzmeister, die nur sehr kurzzeitig von 1418 bis 1423 im Inneren Rat vertreten gewesen war.

Bis zu seinem Tod führte Hartmann Schedel eine gutgehende Arztpraxis. Seine Aufzeichnungen samt den erhaltenen Rezepturen zeigen, wie pflichtbewusst er seinen ärztlichen Aufgaben nachkam.[8] Mit seinen Berufskollegen bildete er einen einflussreichen medizinisch und humanistisch ambitionierten Gelehrtenkreis. Sein heutiger Ruf wurde durch sein literarisches Hauptwerk begründet, die „Weltchronik“.

Die wertvolle Handschriften und Inkunabeln enthaltende Bibliothek Schedels[9] ging 1552 in den Besitz von Johann Jakob Fugger über und fiel 1571 dem Herzog Albrecht V. von Bayern zu.[10] Seine Inkunabelsammlung befindet sich heute in der Staatsbibliothek in München.

 
Deckblatt der Schedelschen Weltchronik: Register Des buchs der Croniken und geschichten – mit figuren und pildnüssen von anbeginn der welt bis auf dise unnsere Zeit

Zwischen 1460 und 1467 veröffentlichte Schedel seine Sammlung von Liedern als Liederbuch, das heute unter dem Namen Schedels Liederbuch[11] bekannt ist. Fast zwei Drittel der darin enthaltenen Liedtexte in deutscher, lateinischer und französischer Sprache sind nur aus dieser Handschrift bekannt.[12]

1467 entstand sein medizinisches „Rezeptbuch“, dessen chirurgischer Teil unter anderem Wundtränke (potiones vulneratorum, meist wässrige Absude)[13] eines Meisters Oswald[14] und des in der Mitte des 15. Jahrhunderts tätigen ostfränkischen Wundarztes Niklas von Morchingen[15] enthält. Mit 1496/97 ist eine von Schedel angelegte Sammlung ärztlicher Verordnungen gegen Syphilis datiert, worin unter anderem der Augsburger Patrizier Hans Pfister (1497) die Herstellung einer Quecksilbersalbe beschreibt.[16]

Schedels Hauptwerk, eine illustrierte Darstellung der Weltgeschichte, erschien erstmals 1493 in Nürnberg in einer lateinischen und einer deutschen Fassung. Sie ist die bedeutendste illustrierte Inkunabel und wird nach ihrem Verfasser als Schedelsche Weltchronik oder nach ihrem Erscheinungsort als Nürnberger Chronik bezeichnet. Die 650 Holzschnitt-Illustrationen stammen von Michael Wolgemut, dem Lehrer Albrecht Dürers, welcher selbst möglicherweise nicht unbeteiligt an der Entstehung der Illustrationen war.

Literatur

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  • Klaus Fischer: Hartmann Schedel in Nördlingen. Das pharmazeutisch-soziale Profil eines spätmittelalterlichen Stadtarztes. Mit Edition von Hartmann Schedels Nördlinger Apotheken-Manual „receptarius“ (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 58). Königshausen & Neumann, Würzburg 1996, ISBN 3-8260-1264-X (Zugleich medizinische Dissertation Universität München [LMU] 1995).
  • Franz FuchsSchedel, Hartmann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 600–602 (Digitalisat).
  • Franz Fuchs: Hartmann Schedel (1440–1514). In: Erich Schneider (Hrsg.): Fränkische Lebensbilder. Band 25 (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe VII A. Fränkische Lebensbilder. Band 25). Würzburg 2018, ISBN 978-3-86652-725-6, S. 17–34.
  • Béatrice Hernad: Die Graphiksammlung des Humanisten Hartmann Schedel (= Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellungskataloge. Band 52). Prestel, München 1990, ISBN 3-7913-1083-6.
  • Béatrice Hernad, Franz Josef Worstbrock: Hartmann Schedel. In: Franz Josef Worstbrock (Hrsg.): Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon. Band 2, Lieferung 3: Rhagius, Johannes (Forts.) – Stamler, Johannes. De Gruyter, Berlin/New York 2012, doi:10.1515/9783110280418, Sp. 819–840.
  • Nicolaus C. HeutgerSchedel, Hartmann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 26–29.
  • Walter Höpfner: Die Nürnberger Ärzte des 15. Jahrhunderts; DDr. Hermann und Hartmann Schedel und zwei Konsilien des letzteren für die Paralyse (= Collection of medical theses from the University of Leipzig). Aus dem Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Leipzig. A. Edelmann, Leipzig [1915], DNB 570381320, OCLC 42576773 (Medizinische Dissertation Universität Leipzig 1915).
  • Martin Kirnbauer: Hartmann Schedel und sein „Liederbuch“. Studien zu einer spätmittelalterlichen Musikhandschrift (Bayerische Staatsbibliothek München, Cgm 810) und ihrem Kontext (= Publikationen der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft. Serie 2, Band 42). Lang, Bern/New York 2001, ISBN 3-906768-05-8 (Dissertation Universität Basel 1998).
  • Wilhelm WattenbachSchedel, Hartmann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 661 f.
  • Peter Zahn: Hartmann Schedels Weltchronik. Bilanz der jüngeren Forschung. In: Bibliotheksforum Bayern. Heft 24. Saur, München 1996, ISSN 0340-000X, S. 230–248.
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Commons: Schedelsche Weltchronik – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Hartmann Schedel – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Hartmann Schedel auf geneal.lemmel.at
  2. Franz Fuchs: Schedel, Hartmann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 600–602.
  3. Bernhard Schnell: Schedel, Hermann. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 8, Sp. 621–625.
  4. Franz Fuchs: Hartmann Schedel und seine Büchersammlung. In: Alois Schmid (Hrsg.): Die Anfänge der Münchener Hofbibliothek unter Herzog Albrecht V. (= Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte. Beiheft 37). München 2009, S. 153.
  5. Xaver Schnieper: Die Schedelsche Weltchronik: eine Einführung und Würdigung. Hrsg.: Schweizerische Bibliophilen-Gesellschaft. Band 7, Nr. 3-4, 1950, S. 88, doi:10.5169/SEALS-387655 (e-periodica.ch [abgerufen am 15. April 2020]).
  6. Johannes Laschinger: Dr. Hartmut Schedel als Stadtarzt in Amberg (1477–1481). In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Band 80, 1993, S. 144.
  7. Der Vetter Hermann Schedel war Arzt und praktizierte zuerst in Nürnberg. Nach einigen Jahren als Leibarzt von Friedrich II., dem Kurfürsten von Brandenburg, kehrte er aus klimatischen Gründen wieder nach Süddeutschland und später nach Nürnberg zurück. Werner Dressendörfer: Hartmann Schedels Angaben zur Aufbewahrung von Arzneimitteln in Apotheken. In: Gundolf Keil (Hrsg.): „gelêrter der arzenîe, ouch apotêker“. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Würzburg 1982, S. 543–550.
  8. Rudolf Neumaier: Schedels Weltbibliothek. In: Süddeutsche Zeitung vom 20. November 2014, S. 22.
  9. Richard Stauber: Die Schedelsche Bibliothek. Freiburg 1908 (= Studien und Darstellungen aus dem Gebiete der Geschichte. VI, 2–3).
  10. Irmgard Bezzel: Die Bibliothek des Gurker Bischofs Johann Jakob von Lamberg (1561–1630). Eine Bibliothek romanischsprachiger Drucke des 16. Jahrhunderts. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Band 89, (5. November) 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2919–2928, hier: S. 2922.
  11. ‚Schedels Liederbuch‘. In: Verfasserlexikon. 2. Aufl., Band 8, Sp. 625 ff.
  12. Hartmann Schedel: Liederbuch (Memento vom 7. Januar 2016 im Internet Archive) Handschrift Cgm 810 der Bayerischen Staatsbibliothek
  13. Gundolf Keil: Wundtrank. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1507 f.
  14. Wolfgang Wegner: Oswald, Meister. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1085.
  15. Gundolf Keil: Niklas von Morchingen. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage, Band 6, Sp. 1014 f.
  16. Werner E. Gerabek: Pfister, Hans. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1135.