Gerhard Leo
Gerhard Leo (* 8. Juni 1923 in Berlin; † 14. September 2009 ebenda) war ein deutsch-jüdischer Journalist, Autor und Kämpfer der französischen Résistance.
Leben
BearbeitenLeo stammt aus einer Familie, die 1933 nach Paris floh. Sein Vater Wilhelm Leo stammte aus einer assimilierten jüdischen Familie, war Sozialdemokrat und in der Weimarer Republik Rechtsanwalt. In Paris war Wilhelm Leo Mitbegründer des Nationalkomitee Freies Deutschland für den Westen (CALPO).
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht führte Gerhard Leos Weg in den zunächst unbesetzten Süden Frankreichs, dem Vichy-Regime, wo er sich 1942 dem französischen Widerstand anschloss und eine französische Identität annahm. Im Februar 1944 wurde er von den Deutschen verhaftet. Bei seinem Transport nach Paris, wo er verurteilt werden sollte, wurde er von Partisanen in der Kleinstadt Allassac aus dem Zug befreit. Bis zum Ende des Krieges in Frankreich kämpfte er in den Reihen der Forces françaises de l’intérieur im Rang eines Leutnants und nahm u. a. an der Befreiung von Tulle teil. Weiterhin war er Frontbevollmächtigter der CALPO in der Bewegung Freies Deutschland und wurde Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs.
Nach dem Krieg kehrte Leo nach Deutschland zurück, zuerst ins Ruhrgebiet. 1952 übersiedelte er in die DDR. Er war seitdem als Autor und Journalist tätig. Zeitweilig war er als Sonderkorrespondent des Neuen Deutschland in Frankreich tätig. Leo wurde 1961 beim Eichmann-Prozess in Israel akkreditiert.[1]
In der DDR wurde ihm 1970 der Vaterländische Verdienstorden in Silber und 1983 in Gold verliehen.[2][3]
In Anerkennung seiner Verdienste wurde Gerhard Leo am 17. Februar 2004 durch Dekret des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.
Gerhard Leo engagierte sich im Verband Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Anti-Hitler-Koalition und der Bewegung „Freies Deutschland“ (DRAFD), in dem er auch veröffentlichte.[4] Bis zu seinem Tod war er weiter in verschiedenen antirassistischen Vereinigungen tätig. Er leitete Gedenkreisen, hielt Vorträge für die VVN–BdA und engagierte sich für von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge in Berlin-Köpenick. Am 8. Oktober wurde er beigesetzt.
Er ist der Vater der Historikerin Annette Leo und der Großvater des Journalisten und Autors Maxim Leo. Er ist der Neffe des Arztes und Widerstandskämpfers Fritz Lettow (Fritz Leo) und hat ein Nachwort zu seinem Buch geschrieben.[5]
Gedenken
BearbeitenAm 13. Oktober 2020 wurde in Rheinsberg in der Dr.-Martin-Henning-Straße ein Stolperstein für ihn verlegt.
Schriften (Auswahl)
Bearbeiten- Frühzug nach Toulouse. Ein Deutscher in der französischen Résistance 1942–1944. Nation, Berlin 1988, ISBN 3-373-00239-7. Neuauflage: BS, Rostock 2006, ISBN 3-89954-172-3.
- Un Allemand dans la Résistance. Le train pour Toulouse. Übersetzt von Pierre Durand. Tirésias, Paris 1997, ISBN 2-908527-55-3.
- Aufruhr einer Paria. Das abenteuerliche Leben der Flora Tristan. Dietz, Berlin 1990, ISBN 3-320-01568-0.
- Geheimakte 51. Eine dokumentarische Montage. Edition q, Berlin 1994, ISBN 3-86124-197-8.
- Das Tagebuch der Denise Bardet. Gewidmet dem 60. Jahrestag der Zerstörung der französischen Gemeinde Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944. Trafo, Berlin 2004, ISBN 3-89626-265-3.
Literatur
Bearbeiten- Achim Engelberg: Wer verloren hat, kämpfe. Dietz, Berlin 2007, ISBN 978-3-320-02110-8.
- Dora Schaul: Résistance. Erinnerungen deutscher Antifaschisten. Dietz-Verlag: Berlin 1973, 2. Aufl. ebd. & Röderberg, Frankfurt 1975 (auch über Otto Niebergall, Roman Rubinstein, Walter Beling, Werner Schwarze, Luise Kraushaar u. a.) 3. Aufl. Berlin, 1985
- Maxim Leo: Haltet euer Herz bereit: Eine ostdeutsche Familiengeschichte. Blessing, München 2009, ISBN 978-3-89667-401-2.
- Leo, Gerhard, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München: Saur 1980, S. 432
Film
Bearbeiten- Kurt Hälker und Hans Heisel – Deutsche Widerstandskämpfer in der Résistance. Dokumentarfilm von Bodo Kaiser (Deutschland 2003, 55 min).
- Frankreichs fremde Patrioten – Deutsche in der Résistance. Regie: Wolfgang Schoen, Frank Gutermuth (Deutschland 2006, 53 min). (Frankreichs fremde Patrioten – Deutsche in der Résistance bei IMDb)
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Gerhard Leo im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gerhard Leo in der DRAFD-Information 08/1999: Deutsche im französischen Widerstand – ein Weg nach Europa
- Gerhard ist tot, Nachruf bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten 11. November 2009.
- Nachruf im Tagesspiegel von Gregor Eisenhauer
- Gerhard Leo im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
- Peter Rau: Für die Partisanen war er „Le Rescapé“. ( vom 28. Dezember 2016 im Internet Archive)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Mario Keßler; Die SED und die Juden - zwischen Repression und Toleranz. Berlin : Akademie, 1995, ISBN 3-05-003007-0, S. 130
- ↑ Berliner Zeitung, 6. Mai 1970, S. 6
- ↑ Neues Deutschland, 30. April/1. Mai 1983, S. 3
- ↑ Gerhard Leo: Deutsche im französischen Widerstand – ein Weg nach Europa in der DRAFD-Information 08/1999
- ↑ Fritz Lettow: Arzt in den Höllen - Erinnerungen an vier Konzentrationslager, Nachwort Gerhard Leo, edition ost, Berlin 1997, S. 210–220
Personendaten | |
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NAME | Leo, Gerhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist, Mitglied der Résistance |
GEBURTSDATUM | 8. Juni 1923 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 14. September 2009 |
STERBEORT | Berlin |