Über dieses E-Book
Dieser Titel erweist sich als äußerst zutreffend, denn mit ihren Geschichten entführen die beiden Autoren die Leser in andere Welten!
Das können ferne Planeten und fremde Galaxien sein.
Aber auch die Welt der Fantasy, des Steampunk, der Mystery, des Horrors oder die Abgründe der menschlichen Psyche.
Veröffentlicht wurden die Beiträge in verschiedenen Anthologien der FRX, aber auch in Büchern anderer Verlage.
Hier sind sie nun erstmals zusammengefasst.
W. Berner
W. Berner ist ein Autor der in der Käthchen- und Universitätsstadt lebt und arbeitet. Seit 1979 schreibt er Kurzgeschichten und Roman mit dem Schwerpunkt auf Science Fiction. Einige Zeit trat er als Co-Autor der SF-Heftromanserie STAR GATE - das Original in Erscheinung. Zur Zeit konzentriert er sich aber auf seine Romanserien TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz. NEBELMOND ...unter fernen Sonnen und den in Entwicklung befindlichen Reihen MIND TRAVEL AGENCY, ART PARKER - Rebellion gegen Terra, sowie der Jugendserie HENNER HEX.
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Buchvorschau
Anderwelt - W. Berner
In liebevollem Andenken an
Roselinde Dombach.
Das Titelbild dieses Taschenbuchs
war ihre letzte Arbeit für die Freie Redaktion XUN.
Es erreichte uns kurz vor ihrem plötzlichen
und völlig unerwarteten Tod.
Roselinde, wir haben dich nicht vergessen!
Du fehlst!
Vorwort des Herausgebers
‚Anderwelt‘ ist der Titel diese Bandes voller Kurzgeschichten der XUN-Autoren W. Berner und A. T. Legrand.
Dieser Titel erweist sich als äußerst zutreffend, denn mit ihren Geschichten entführen die beiden Autoren die Leser in andere Welten!
Das können ferne Planeten und fremde Galaxien sein.
Aber auch die Welt der Fantasy, des Steampunk, der Mystery, des Horrors oder die Abgründe der menschlichen Psyche.
Veröffentlicht wurden die Beiträge in verschiedenen Anthologien der FRX, aber auch in Büchern anderer Verlage.
Hier sind sie nun erstmals zusammengefasst.
Viel Spaß bei der Lektüre!
Ihr
Bernd Walter
Herausgeber, Freie Redaktion XUN
Inhalt:
W. Berner
Ætherraunen
Exodus
Sein letzter Fall
Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein
Hinter dem Horizont
Mind Traveling
Sternenflüstern
Humaner Strafvollzug
Es brausen die Winde
Rosa Elfen
In einem Augenblick
Zeiten, Gezeiten
A. T. Legrand
Im Bann des Vollmonds
Alexandra
Der Unfall
Kreaturen der Dunkelheit
Was im Dunkeln geschieht
Anderwelt
Willkommen zurück!
Monster
Bis der Mensch zerbricht
Haltet den Dieb!
Alles Liebe zum Jubiläum!
W. Berner
Ætherraunen
„Hamish John August Belmor … wann arbeitest du endlich was Sinnvolles?"
Jonathan Belmor, der II., stand mit hochrotem Gesicht, und die Fäuste in die äußerst umfangreichen Hüften gestemmt, wie ein zorniger Rachegott auf der Türschwelle zwischen Salon und Vestibül des Herrensitzes Belmor Hall. Er schien aus seinen vor Ärger weit aufgerissenen Augen feurige Blitze auf seinen Sohn abschießen zu wollen, dem Objekt seines aufgestauten Ärgers, der prompt eingeschüchtert das Genick einzog, während er eilig in seinen Gehrock schlüpfte und nach dem schwarzen Samtzylinder griff.
„Meine Arbeit ist sinnvoll, Vater!", wagte er dennoch einen Widerspruch, wozu er seinen Zylinder mit einem halbwegs energischen Klapps auf seinem Kopf zurechtrückte.
„Pah! Dass ich nicht lache!", echauffierte sich Hamish‘ Vater weiter. „Du willst doch nicht allen Ernstes behaupten, dieser Scharlatan von einem Doktor, bei dem du dich dauernd rumtreibst, und dem du dein Erbteil in den Rachen wirfst, betriebe ernsthafte Arbeit! Diese … Wissenschaft … ist doch nur Hokus Pokus und Brimborium! Ihr werdet euch beide noch in die Luft jagen!"
„Großvater hat mir das Geld hinterlassen, damit ich meinen Träumen und Interessen folge, Vater, entgegnete Hamish mit Nachdruck. „Er hat sich genauso für Wissenschaft und Technik interessiert wie ich.
„Papperlapapp!, fuhr Jonathan Belmor seinem Sohn unwirsch über dem Mund. „Diese Experimentiererei bringt doch nichts!
„Die bringt sehr wohl was, Vater! Es brachte uns das Radio, den pferdelosen Dampfwagen, die Ætherschiffe, mit denen wir zum Mond fliegen …"
„Überflüssiger Tand!, wischte Belmor II. die Argumente seines Sohns beiseite. „Ich habe nie verstanden, warum wir Maschinen benutzen, wenn Pferde den gleichen Zweck erfüllen. Und was sollen wir auf dem Mond? Soweit ich weiß, gibt es da nichts als Staub zu holen. Und wenn ich Musik hören möchte, werfe ich das Grammophon an. Dazu brauche ich wenigstens keine kleine Dampfmaschine um Elektrizität zu erzeugen. Da reicht eine simple Kurbel!
Hamish' verdrehte die Augen, hielt aber seinen Mund, denn er wusste, dass sein Vater, speziell in diesem Zustand, vorgetragenen Argumenten nicht sonderlich zugänglich war. In Hamish besonderem Fall wäre jede Diskussion sowieso fruchtlos gewesen, denn sein Vater hatte nicht die Absicht, seine gefasste Meinung jemals zu ändern.
„Ich muss jetzt gehen, Vater. Doktor Gelmenstein wartet auf mich", sagte der junge Mann deswegen kurz angebunden, drehte sich um und floh geradezu aus dem Haus, bevor sein Vater zur nächsten Schimpftirade ansetzen konnte.
Draußen atmete er erst einmal tief durch und schüttelte den Kopf. Diese täglichen Dispute mit seinem Vater ermüdeten ihn. Hätte er nicht die Flucht ergriffen, wäre als nächstes die üblichen Lobpreisungen seines älteren Bruders erfolgt. Der wäre schließlich ein erfolgreicher Kaufmann und hätte es schon zu was gebracht. Doch Hamish dagegen … es schmerzte, dass sein Vater ihn als Versager sah. Hätte er wenigstens einmal im Leben richtig zugehört oder sich wirklich mit seinem jüngsten Sohn befasst, wüsste er, dass Hamish sein ererbtes Geld mittlerweile vervierfacht hatte. Als Assistent des Erfinders Dr. Gelmenstein besaß er Anteile an dessen gewinnbringenden Erfindungen: die elektrische Schnell-Schwebebahn, die Dampf-Luftschiffe, die Transkontinental-Æthergondeln – all das brachte jede Menge Geld ein und machte ihn schon jetzt reicher, als es sein Vater jemals gewesen war.
Und nun sollte der nächste Coup folgen: die Bild- und Tonübertragung mittels Ætherwellen!
Seit Wochen arbeiteten Dr. Gelmenstein und Hamish an diesem außergewöhnlichen Projekt, das, wollte es funktionieren, beide reicher machen würde, als sie es sich jemals vorstellen konnten.
Der junge Mann passierte ein Häuschen, in dem es ratterte und schnaufte, und aus dessen Ventilationsöffnungen dicke Dampfwolken quollen. Das war einer der Dampfgeneratoren, die die Schwebebahn mit Elektrizität versorgten. Ein kleines Stück dahinter führte eine Treppe nach oben zur Plattform. Hamish sprang beschwingt die Stufen nach oben, und kaum dort angekommen, kam auch schon die Bahn angerattert, ein zigarrenförmiges Ungetüm aus Glas, Messing, Eisen und Kupfer. Quietschend kam es zum Stehen und entließ aus seinem Bauch ein Dutzend Passagiere, bevor es die neue ‚Fracht‘ verschluckte und ruckelnd wieder Fahrt aufnahm.
Nur eine halbe Stunde später kam Hamish ins Labor von Dr. Gelmenstein gestürmt.
„Sind sie da?, rief er seinem Freund und Förderer schon von der Tür aus ein wenig atemlos entgegen. „Die Kristallscheiben – sind sie eingetroffen?
Der Wissenschaftler tauchte hinter einer Ansammlung von Apparaturen auf und sein rundes, gerötetes Gesicht strahlte von einem Ohr zum anderen.
„Ja, mein Junge, die Scheiben sind da, lautete die erhoffte Antwort. „Allerbeste Qualität. Wir können gleich damit beginnen, sie in das Gerät einzubauen!
„Oh, wie schön!", freute sich Hamish, warf seinen Gehrock auf den Kleiderständer, seinen Zylinder hinterher und schlüpfte in den nicht mehr ganz so weißen Laborkittel. Anschließend rannte er in den angrenzenden Raum, in dessen Mitte sich ein mechanisches Ungetüm aus Spulen, Isolatoren, Spannungsreglern, Kristalloszillatoren, armdicken Kabeln, Spannungskugeln und vielen anderen Dingen befand, die den kleinen Raum fast gänzlich ausfüllten. Das Auffälligste waren jedoch zwei kupferne Rahmen von zwei Metern Höhe und eineinhalb Metern Breite. Sie standen nebeneinander in der Mitte eines vier Meter durchmessenden und 20 Zentimeter hohen Podests, welches mit nicht elektrisch leitenden Keramikfliesen ausgelegt worden war.
Die beiden Rahmen sollten die speziell gefertigten Kristallscheiben aufnehmen, die, noch in ihre hölzerne Transportkiste verpackt, an der einzigen freien Wand des Versuchsraums lehnten.
Schon kam Dr. Gelmenstein herbei, ein großes Brecheisen in der rechten Hand schwenkend und rief: „Lass uns die Scheiben gleich auspacken, mein Junge! Aber vorsichtig! Der Spezial-Kristall ist sündhaft teuer!"
„Aber das weiß ich doch!", entgegnete Hamish mit leichter Entrüstung. Als ob er das nicht wüsste – schließlich hatte er die Hälfte der Kosten dafür übernommen.
Er nahm das Brecheisen vom Doktor entgegen und trat mit vor Aufregung glühenden Backen an die große, 2.20 x 2.00 Meter messende Transportkiste heran. Sorgfältig suchte er die Stellen, an denen der Deckel mit dem Rand vernagelt worden war. Dann setzte er an einem dieser Punkte sein Brecheisen an und begann damit, den hölzernen Deckel aufzustemmen.
Holzwolle quoll ihm dabei entgegen, und als er endlich zusammen mit dem Doktor den Deckel beiseite gehoben hatte, zog er diesen Transportschutz mit beiden Händen heraus. Endlich lagen die Kristallscheiben matt im Gaslicht des Versuchsraums schimmernd vor den beiden freudig erregten Männern. Sorgfältig musterten diese die erste Scheibe, überprüften jeden Zentimeter auf Schäden, Eintrübungen oder Risse. Diese Prozedur führten sie auch bei den beiden anderen Scheiben durch. Zu ihrer großen Erleichterung waren alle drei Exemplare absolut perfekt. Die Kristallschleiferei von Blotts & Sons hatte beste Arbeit geleistet.
Dieser spezielle Kristall wurde in tiefen Bergwerken gebrochen, sodann zusammen mit einer von Dr. Gelmenstein entwickelten Rezeptur aus verschiedenen Mineralien-Beimengungen zermahlen, eingeschmolzen und in Scheibenform gegossen. Diese mussten dann langsam und kontrolliert abkühlen. Es durften keine Lufteinschlüsse und Risse entstehen. Auch der Einschluss von Fremdkörpern, seien sie auch noch so klein, würde eine Scheibe unbrauchbar machen. Deshalb musste beim Herstellungsprozess höchste Sorgfalt walten.
Vom so erzeugten Spezialkristall erhofften sich Hamish und Dr. Gelmenstein besondere Eigenschaften. Unter gezielter Anregung durch elektrische Ladungen sollte die besondere Kristallstruktur derart zu Schwingungen angeregt werden, dass man über den Ætherraum statische- und bewegte Bilder auf den Kristallscheiben übertragen konnte. Sollte es den beiden Forschern gelingen, wäre dies eine Weltsensation. Und es sollte nicht wundern, würden sie von der Queen daraufhin zu Rittern geschlagen, wäre doch eine solche Erfindung ein Beleg für die Vormachtstellung des Empire in der Welt!
Sorgfältig säuberten die beiden Männer die erste Scheibe mit in Alkohol getränkten Tüchern, wobei sie Baumwollhandschuhe trugen, um nicht erneut Fingerabdrücke auf dem Kristall zu hinterlassen.
Nach dieser Prozedur hoben sie die erste Scheibe vorsichtig an, trugen sie zu einem der beiden Kupferrahmen auf dem Podest und schoben sie dann seitlich in das auf einer Seite offene Rahmengestell. Als die große Scheibe richtig saß, montierten sie das fehlende Seitenteil des Rahmens. Danach zogen sie die insgesamt 12 Spannschrauben vorsichtig an, sodass die Kristallscheibe einerseits nicht wackelte, aber andererseits nicht zu fest eingespannt war, um nicht zu zerbrechen. Wichtig war ein gleichmäßiger, guter Kontakt mit dem umgebenden Kupferrahmen.
Auch mit der zweiten Scheibe verfuhren sie auf die gleiche Art und Weise. Das dritte Exemplar diente als Reserve, für den Fall, dass an einer Scheibe Mängel vorhanden gewesen oder eine der Scheiben bei der Montage zu Bruch gegangen wäre. Da nichts dergleichen geschehen war, standen Hamish und Dr. Gelmenstein nach etwa zwei Stunden Arbeit vor der Plattform und betrachteten zufrieden das Ergebnis ihrer Arbeit.
„Sieht perfekt aus!", freute sich Hamish, und sein Förderer und Arbeitgeber nickte zustimmend dazu.
„In der Tat – man möchte gleich mit dem Experiment beginnen, sagte er und rieb sich in Vorfreude die Hände. „Aber gemach, gemach – erst müssen sich die Scheiben vollständig dem Raumklima angepasst haben. Daher werden wir das erste Experiment erst am morgigen Tag durchführen.
„Ob ich es so lange aushalte? Ich bin schon ganz hibbelig!"
„Die Ungeduld der Jugend!, lachte Dr. Gelmenstein und klopfte dem angehenden Wissenschaftler väterlich auf die Schulter. „Aber wir gewinnen nichts, wenn wir die Sache überstürzen!
Natürlich hatte der Doktor recht. Trotzdem würde es Hamish schwerfallen, bis zum nächsten Tag abzuwarten. Doch was tat man nicht alles im Namen der Wissenschaft.
Am nächsten Tag wachte Hamish bereits vor dem Morgengrauen auf und verließ eiligst und in aller Frühe das elterliche Heim. Er konnte es nicht erwarten, mit dem Experiment zu beginnen, und so schien es ihm, als würde die elektrische Schwebebahn viel zu langsam dahinschleichen. Was natürlich Unsinn war, da sie sich mit demselben Tempo fortbewegte, wie an allen anderen Tagen zuvor.
Endlich im Labor angekommen, fand er Doktor Gelmenstein in aller Ruhe am Schreibtisch seines Büros sitzend und eine Tasse Tee genießend vor.
„Dass Sie so ruhig eine Tasse Tee trinken können?, meinte Hamish kopfschüttelnd. „Ich habe vor Aufregung die halbe Nacht kein Auge zugetan!
„Ich denke, das ist der Ungestümheit der Jugend zuzuschreiben, erwiderte sein Mentor nachsichtig schmunzelnd. „In der Ruhe liegt die Kraft. Aber jetzt, wo ich meinen Tee ausgetrunken habe, können wir mit dem Experiment beginnen. Dann leg mal ordentlich Kohlen auf, mein Junge, und heize den Dampfkessel kräftig an, damit die Spulen des Generators auf Hochtouren laufen. Wir werden jedes Quäntchen elektrischen Strom brauchen, welches wir kriegen können!
Das ließ sich Hamish natürlich nicht zweimal sagen. Nicht lange danach loderte das Kohlenfeuer unter dem großen und stabilen Dampfkessel im Kesselraum des Labors, dass es eine Pracht war. Die Nadel im Druckanzeiger stieg unaufhörlich nach oben, und kurz vor dem Erreichen des Höchststandes legte der Jungwissenschaftler einen Hebel um. Dampf strömte durch die Leitung und setzte die Schaufelräder des Generatorantriebs in Bewegung. Schneller und schneller drehte sich die kupferne Spule in ihrem Gehäuse, und die Leistungsanzeige für den so produzierten elektrischen Strom sprang fast aus dem Stand in den grünen Bereich.
Nun beeilte sich Hamish, in den Raum mit der experimentellen Anordnung zu kommen. Dort hantierte der Doktor bereits am Schaltpult herum, welches die Stromzufuhr zu den beiden Kristallscheiben regelte.
„Wir werden nun versuchen, ein Bild von einer Scheibe zur anderen zu übertragen", sagte Doktor Gelmenstein zu seinem Gehilfen.
„Gut, ich baue auf, was wir vorbereitet haben!"
Hamish holte einen kleinen, hölzernen Schemel aus einem Wandregal. Den stellte er vor die linke der beiden Kristallscheiben. Auf dem Schemel platzierte er eine mit bunten Blumen gemusterte Vase. Darum herum drapierte er noch ein paar Birnen und Äpfel, einen Zinnbecher und ein kleines Porzellanfigürchen eines aufsteigenden Pferdes. Dann leuchtete er das Arrangement so aus, dass es sich gut im glänzenden Kristall widerspiegelte.
„Fertig!", rief er dem Doktor zu, nachdem er sein Werk sorgfältig begutachtet hatte.
„Wunderbar!" Dr. Gelmenstein rieb sich die Hände.
„Dann werde ich jetzt mal Spannung auf die Scheiben geben, um die Oszillation der Kristalle anzuregen. So langsam bin ich auch aufgeregt, das muss ich zugeben!"
Der Gelehrte legte einen großen Schalthebel an der Steuerkonsole um. Die Kupferrahmen begannen laut zu summen, und die Zeiger der Anzeigen auf der Konsole sprangen in die Höhe oder zuckten hin und her.
„Sieht man schon was, Hamish?", erkundigte sich Dr. Gelmenstein bei seinem Assistenten.
„Es hat sich ein leichter Schleier über die Scheibe gelegt, aber sonst ist noch nichts zu sehen", antwortete der, ohne dabei seinen Blick von der Kristallscheibe zu nehmen.
„Dann werde ich die Einstellungen verändern. Vielleicht tut sich dann etwas!"
„Gut, Doktor. Ich behalte die Scheibe im Auge!"
Dr. Gelmenstein drehte an Knöpfen und legte verschiedene Schalter um. Das elektrische Summen veränderte sich, wurde höher und ein wenig lauter. Die beiden Kristallscheiben begannen aufzuleuchten. Mehr tat sich im Moment nicht, und für die beiden Männer wurde die Spannung schier unerträglich.
„Jetzt geschieht etwas, Doktor!", schrie Hamish plötzlich auf und deutete aufgeregt auf die Scheibe, vor der er stand.
Tatsächlich hatte die Kristallscheibe zu flimmern begonnen. Außerdem begann sie, zu summen und zu rauschen. Es hörte sich wie ein Ætherraunen an. Ein schwarzer Punkt war auf der flimmernden Fläche erschienen, zunächst unscharf und wabernd, doch er wuchs heran, und das Bild stabilisierte sich immer mehr. Schließlich erschien klar und scharf gezeichnet …
„… der Schemel, Doktor! Ich sehe den Schemel, und zwar mit allem, was wir darauf arrangiert haben!"
„Das will ich sehen!" Dr. Gelmenstein verließ sein Kontrollpult und kam zu Hamish. Gemeinsam bestaunten sie das Abbild des Schemels mit den verschiedenen Gegenständen darauf. Begeistert beglückwünschten sie sich gegenseitig zu ihrem Erfolg, bis Hamish plötzlich etwas auffiel.
„Doktor …, sagte er gedehnt, und zeigte auf die Scheibe mit der Bildwiedergabe. „ … das ist zwar unser Stuhl – aber er scheint nicht in unserem Labor zu stehen. Seltsam … wie kann das sein?
„Was sagst du da?" Der Doktor klang überrascht, rückte seine Brille zurecht und starrte das Bild auf der Scheibe an.
In der Tat sah auf den ersten Blick alles normal aus: Schemel, Äpfel, Zinnbecher und Porzellanfigürchen. Doch sah man genauer hin, so stand der Schemel nicht im Labor der beiden Männer, sondern in einem Raum, welcher mehr einer Bibliothek ähnelte.
„Merkwürdig, merkwürdig …", murmelte Gelmenstein, nahm die Brille ab, reinigte sie mit einem Tuch aus seiner Kitteltasche und setzte sie wieder auf.
„Wie kann so was sein?, wollte Hamish verwirrt von dem Gelehrten wissen. „Ob das ein Fehler in den Kristallscheiben ist?
„Ehrlich gesagt – ich bin ratlos, gestand der Doktor ein. „Was wir da sehen, ist eigentlich unmöglich. Und doch …
Gelmenstein gab sich einen Ruck und stürmte an sein Kontrollpult zurück.
„Ich werde die Einstellungen verändern. Mal sehen, was sich dann tut!"
Hektisch begann er damit, an Hebeln, Drehschaltern und Knöpfen zu hantieren. Das Summen der elektrischen Wandlerspulen änderte sich, ein lautes Knistern ertönte, und plötzlich …
„Er ist weg!", schrie Hamish überrascht auf und zeigte mit fuchtelndem Arm auf die zweite Kristallscheibe.
„Wer ist weg?", wollte der Doktor wissen und kam sogleich angerannt.
„Der Stuhl ist verschwunden, erklärte der junge Mann neben ihm aufgeregt. Man sieht nur noch diese seltsame Bibliothek. Und die dafür gestochen scharf!
„Hmm…" Gelmenstein kratzte sich ratlos am Kopf, dann setzte er seine Brille ab, um sie mit einer Ecke seines weißen Kittels zu reinigen.
„Also, ich habe nicht die geringste Ahnung, woran das liegen könnte …, gestand er ein, nachdem er sich seine Brille wieder auf die Nase gesetzt hatte. „Und noch weniger, woher dieses Bild dort im Kristall stammen könnte.
Der Wissenschaftler ließ einen tiefen Seufzer folgen, hieß das doch, dass sie ihre gesamte Arbeit von vorne bis hinten nochmals bis aufs Kleinste überprüfen mussten.
„Was immer das ist – man sieht das komische Zimmer so klar, als bräuchte man bloß durch die Scheibe treten und wäre da!", meinte Hamish fasziniert und ging auf die Scheiben zu, um sich die Sache näher anzuschauen.
Gerade, als er das 20 Zentimeter hohe Podest mit den Kristallrahmen darauf erklimmen wollte, geschah es! Er rutschte mit dem Schuh von der Kante ab, geriet dadurch ins Straucheln und stürzte mit einem leisen Aufschrei haltlos auf die Kristallscheibe vor ihm zu – und hindurch!
Hamish wurde davon derart überrascht, dass er einige Momente lang stocksteif auf dem Boden liegen blieb, unfähig sich zu rühren, während sein Herz wie wild pochte, und das Blut in seinen Ohren rauschte.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit wich die Schockstarre von dem jungen Mann, und er stieß mit einem lauten Ächzen die angehaltene Luft aus seinen Lungen aus. Was nun folgte, das war grenzenlose Verwirrung, weil gerade etwas geschehen war, das eigentlich überhaupt nicht geschehen konnte. Ging er tatsächlich gerade durch die Kristallscheibe, wie Alice durch den Spiegel ins Wunderland?
Hamish bemühte sich, das wirre Gedankenkarussell in seinem Kopf in den Griff zu bekommen und rappelte sich mit zittrigen Gliedern auf, um sich dann in seiner Umgebung umzusehen.
Er stand in einem nur spärlich durch trübe, orangefarbene Lampen an der Decke erhellten, großen Raum. Boden, Decke, Wände und die einzige Tür des Zimmers bestanden aus dunkelrotem, stark gemaserten Holz, wie auch die lückenlos bestückten Buchregale, welche die Seitenwände fast vollständig ausfüllten. Aber so vertraut die Umgebung auf den ersten Blick scheinen mochte, etwas war anders.
Erst konnte Hamish nicht verstehen, was ihn an dem Bild störte. Doch dann merkte er es: Die Proportionen stimmten nicht!
Regalbreite- und Höhe, der Raum selbst, die Tür, ja selbst die Bücher – all das wirkte falsch, verzerrt und fremdartig.
Langsam drehte er sich um seine Achse, bis sein Bild auf das aufrecht stehende Rechteck der Kristallscheibe fiel. Es wirkte wie eine Tür im Raum, die weder Rahmen noch räumliche Tiefe besaß. Und in dieser Tür hüpfte ein aufgeregter Doktor Gelmenstein auf und ab, raufte sich den verbliebenen Haarkranz und redete mit hochrotem Kopf auf Hamish ein. Der allerdings verstand kein Wort. Überhaupt drang kein Geräusch von der anderen Seite, die ihr Labor zeigte, zu dem jungen Mann in die seltsame Bibliothek.
Der Forscher rang mit sich, was er als nächstes tun sollte. Vernünftig wäre es wohl gewesen, gleich ins Labor zurückzukehren. Doch bei jungen Männern ist es eben mit der Vernunft oft nicht so weit her.
Also hob er beschwichtigend die Hände und rief in Richtung des Doktors: „Ich möchte nur noch schnell etwas nachschauen".
Dann huschte er zur Tür hinüber, der runde Knauf befand sich etwa auf seiner Stirnhöhe. Da dieser doppelt so breit wie seine Hand war, benötigte er beide Hände. Außerdem noch eine gehörige Portion Kraft. Aber Hamish schaffte es, die Tür zu öffnen.
Zuerst drückte er sie nur einen Spaltbreit auf und spähte hinaus. Er erblickte einen breiten, hohen und leeren Gang. Doch nicht nur das!
„Ein Fenster!", flüsterte er erfreut.
Schnell drückte er die Tür weiter auf, schlüpfte auf den Gang hinaus und huschte zu dem Fenster hinüber, um hinausschauen zu können. Was er sah, verschlug ihm den Atem!
Ein blassgrüner Himmel war nur das eine – der riesige Ringplanet dagegen etwas ganz anderes! Außerdem erkannte er noch mindestens
