Die silberne Stiefelschnalle: Historischer Roman
Von Sandra Dittrich
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Über dieses E-Book
Gleichzeitig wird der, als Bauernfreund, verrufene Adlige Florian Geyer, welcher zwischen den Fronten vermittelt, hinterrücks im Wald ermordet. Offiziell bekennt sich der Burgherr Wilhelm von Grumbach zu der Tat. Dessen Schwester Barbara, welche mit ihren Kindern auf der Burg in Rimpar Schutz sucht, war Florian Geyers Eheweib. Sie bemerkt, dass Bruder Wilhelm jemanden deckt, den wahren Mörder.
Die beiden Frauen verbünden sich auf der Suche nach Lisbeths verschollenem Bruder Jakob und nach dem Mörder des Florian Geyer. Von beiden fehlt jede Spur. Als auch noch Barbaras Tochter entführt wird, spitzt sich die Lage zu. Nicht nur das Kind ist in Lebensgefahr.
Eine gräßlichen Intrige, ein Gespinst aus Lügen, Haß und Eifersucht wird aufgedeckt, das scheinbar tatsächlich aus den Reihen der der Familie von Grumbach kommt. Gefangen werden nur die Handlanger des Mörders. Während diese gerichtet werden, ahnt Barbara nicht, dass sie und ihre Kinder immer noch in höchster Gefahr schweben. Sie läuft dem Anstifter der Mordhändel direkt in die Arme. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod.
Sandra Dittrich
Mit sechs Jahren habe ich mir das Lesen selbst beigebracht. Seit meinem achten Lebensjahr schreibe ich Kurzgeschichten und Gedichte. Ich möchte nie wieder aufhören Geschichten zu erzählen.
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Buchvorschau
Die silberne Stiefelschnalle - Sandra Dittrich
I. Tanz in den Mai
Tief schnitt die Axt in das saftige Holz der jungen Birke. Mit jedem Hieb hallte der dumpfe Klang durch den nächtlichen Wald. Melchior Glock, der in gleichmäßigem Rhythmus gearbeitet hatte, hielt plötzlich inne. Im silbrigen Licht des Mondes tauchte eine Gestalt auf, die mit festen Schritten auf ihn zusteuerte.
Noch bevor Melchior genauer hinsehen konnte, spürte er plötzlich, wie sich zwei grobe Hände von hinten um seinen Arm schlossen. Der Griff war kräftig und unerbittlich, aber er reagierte instinktiv. Mit einem Ruck fuhr er herum, die Axt noch in der Hand, bereit zur Abwehr. Sein Blick traf auf ein vertrautes Gesicht – das bärtige Grinsen von Peter, einem seiner Kollegen. Jetzt tauchte auch Christoph zwischen den Bäumen auf, und er konnte sein Lachen kaum zurückhalten.
„Peter, Christoph, was soll das?", knurrte Melchior, der seine Anspannung noch nicht ganz abschütteln konnte. Seine Stimme war rau, ein Ton, der sonst dafür sorgte, dass die beiden sich mäßigten. Aber nicht dieses Mal. Triumphierend hielten die zwei ihre Beute in die Höhe – kleine Birken, frisch geschlagen.
„Das soll also Arbeit sein, Glock?, spottete Peter mit einem Augenzwinkern, während Christoph lachte. „Da hätten wir den Wald ja längst leergeräumt, wenn wir so langsam wären wie du.
Melchior öffnete den Mund zu einer scharfen Erwiderung, doch ein Geräusch ließ sie alle innehalten. Ein Reh, das im Unterholz geweidet hatte, sprang aufgeschreckt davon. Mit langen, federnden Sprüngen verschwand es zwischen den Bäumen, seine Silhouette schimmerte kurz im Mondlicht auf, ehe es in der Dunkelheit verschwand.
Für einen Moment lauschten sie schweigend dem Rascheln des Unterholzes, das sich mit dem leisen Flüstern der Blätter vermischte. Der Wald schien lebendig zu sein, ein atmendes Wesen voller Geheimnisse. Er nahm ihre Streiche und Streitigkeiten stumm auf, bewahrte sie wie all die anderen Geschichten, die hier geschehen waren.
Melchior’s Gedanken drifteten ab, getragen von der Erinnerung an die Johannisfeier des letzten Sommers. Damals hatte er Lisbeth, die Tochter des Müllers, plötzlich mit neuen Augen gesehen. Ihre langen, schwarzen Locken, ihr zarter, roter Mund und die blitzenden Augen hatten etwas in ihm entfacht, das ihn seither nicht mehr losließ. Es war, als hätte sie ihn an jenem Tag in den Bann einer Magie gezogen, die ihn immer wieder zur Mühle führte. Viele Burschen buhlten um sie, allen voran Adrian Kraft, der berüchtigte Weiberheld vom Rittergut. Doch Lisbeth hatte sich für ihn entschieden, für Melchior. Ihr gemeinsames Geheimnis war der Wald, den sie beide liebten und in dem sie als Kinder Verstecken gespielt hatten.
„Komm, wir müssen los!", riss Peter ihn aus seinen Gedanken. Melchior schüttelte den Kopf, um die Bilder zu vertreiben, und folgte seinen Gefährten. Die Dürwiese nachts zu verlassen, war den Forstgehilfen strengstens untersagt, doch heute ließ der Forstmeister Gnade walten. Es war die Nacht vor dem ersten Mai, die Nacht des Maienzaubers, und die jungen Männer brachten ihren Liebsten geschmückte Birken als Zeichen ihrer Zuneigung.
In der Burgmühle von Rimpar hingegen schlich Lisbeth rastlos durch ihre Kammer. Sie lauschte dem Plätschern des Krebsbaches, der sie seit ihrer Kindheit in den Schlaf gewogen hatte, doch heute Nacht fand sie keine Ruhe. Ob Melchior wohl kommen würde? Der Duft von Flieder und Veilchen drang durch das offene Fenster und mischte sich mit dem feinen Rauschen des Mühlrades. Ihre Gedanken waren unruhig und sie träumte vom bevorstehenden Maifest. Neugierig schlich sie zur Kammertür und weiter hinunter zur Haustüre, doch kaum hatte sie diese erreicht, da öffnete sie sich mit einem Ruck. Ihr Vater, Bezolt Schefflein, stand vor ihr, sein Gesicht von strenger Entrüstung gezeichnet.
„Was bei allen Heiligen tust du hier?, donnerte er und zog sie am Arm die Treppe hinauf. Trotz ihres Protests verschloss er ihre Kammertüre und murmelte etwas von „können es nicht erwarten
, bevor er wieder hinunterstieg. Zurück in ihrer Kammer griff Lisbeth instinktiv nach dem Lederbändchen um ihren Hals, an dem Melchiors Geschenk hing. Ein kleines aus Nussbaumholz geschnitztes Amulett. Sie seufzte. Ihre Ungeduld hatte sie verraten, und jetzt saß sie eingesperrt, während ihr Herz vor Sehnsucht zerging.
Unterdessen standen Peter, Christoph und Melchior vor dem Dorfeingang und stritten mit dem Wachposten. Adrian Kraft, der die Wache leitete, beharrte auf das Passwort. „Maienzauber!, wiederholte Melchior zum fünften Mal, doch Adrians Gesicht blieb ungerührt. In Melchiors Augen blitzte Zorn auf, und Peter griff beruhigend nach seinem Arm. „Meine Lisbeth kriegt ihren Baum!
, rief Melchior und eilte davon. Adrian grinste selbstzufrieden und ließ die anderen Forstgehilfen passieren – Hauptsache, Melchior wurde aufgehalten. Doch der junge Mann gab nicht so leicht auf.
Melchior schlug einen anderen Weg ein, schlich am Rande des kleinen Steinbruchs entlang und folgte dem Lauf des umgeleiteten Baches. Die Silhouette der Mühle zeichnete sich dunkel gegen den Nachthimmel ab, und Melchior nutzte die Schatten des Burggrabens, um näher heranzukommen. Mit Mühe schleppte er die kleine Birke durch das seichte Wasser, unterhalb der Mühle und platzierte seinen Liebesmaien in Sichtweite von Lisbeths Fenster, damit sie ihn am Morgen sehen würde. Zufrieden trat er den Rückweg an, in der Gewissheit, dass Adrian toben würde.
Am nächsten Tag entdeckte Lisbeth den kleinen Baum und lachte herzlich, als sie dessen etwas mitgenommenen Zustand sah. Ihre Freundin Eva, die an ihrer Seite stand, schüttelte den Kopf. „Etwas schöner könnte er schon sein."
„Der Wille zählt, verteidigte Lisbeth ihren Liebsten und warf einen abschätzigen Blick in Richtung von Adrians Baum, der lieblos vor dem Tor der Mühle stand. „Er glaubt wohl, mein Vater bringt eine fette Mitgift. Aber ich lasse mich nicht von einem Taugenichts abspeisen, der seine Zeit im Wirtshaus vertrödelt.
„Ach vergiss den Adrian. Weißt du was wirklich schade ist? Das ist für uns zwei der letzte Brunnengang, und du kannst nicht mit. Nächstes Jahr wirst du verheiratet sein", bedauerte Eva.
„Ich komme später, wenn die Burschen den Maibaum aufstellen. Ich muss der Frau von Grumbach das Gewand aufhübschen. Der Ritter Wilhelm wird zurück erwartet. Ich bin gespannt, wer nachher zur Maigräfin ausgerufen wird. Unser Maigraf ist wohl derzeit der begehrteste Mann im Dorf", plauderte Lisbeth drauf los. Eva errötete, und blieb ihrer besten Freundin die Antwort schuldig. Sie mochte Gabriel sehr gerne. Der Stallknecht arbeitete auf dem Rittergut der Grumbacher, dem Niederhof, wo sie sich als Küchenmagd verdingte.
Plötzlich erklang von ferne Gesang: „Selig, selig sei die Freude, selig sei die wonnige Maienzeit ..."
„Selig sei der Vögel singen, selig sei die Aue, selig sei der Wald", fielen die beiden Frauen mit ein. Sie liefen zu dem kleinen Platz unterhalb der Burg, wo sich die Kinder und ledigen Frauen für das gemeinsame Reinigen und Schmücken der Brunnen versammelten. Eva reihte sich in die schnatternde Schar ein, die Richtung Dorfplatz davonzog.
Lisbeth winkte ihr und marschierte zur Burg hinauf, vorbei am Kalterhaus und am Hofhaus, welche der Burg vorgelagert waren. Die Dame Anna von Grumbach bediente sich ihrer Gabe, seit sie herausgefunden hatte, wie schön Elisabeth nähen konnte, obwohl sie eine Müllerstochter war.
Wie mahnende Finger strebten die vier Wehrtürme der Burg in den Himmel. Die Frühlingssonne warf ihr warmes Licht auf die Mauern, deren Schatten kühl und abweisend auf den Boden fielen. Lisbeth ging schnellen Schrittes den staubigen Weg entlang, der am Hauptbach vorbeiführte, bis sie die hölzerne Zugbrücke erreichte. Über den tiefen Burggraben hinweg führte diese auf den Hof hinein. Der Torwächter, ein grobschlächtiger Mann mit spöttischem Grinsen, pfiff Lisbeth hinterher. Doch sie ließ sich nicht beirren. Ihr Blick war starr nach vorne gerichtet. Nur ein rascher Seitenblick galt den herrschaftlichen Gänsen, die ein blonder Knabe durch das Tor hinaus trieb.
Der Burghof lag vor ihr, eine lebendige Bühne aus Lärm und Bewegung. Zwischen den Stallungen und dem Rüsthaus wuselten Menschen und Tiere durcheinander. Hühner pickten unbeeindruckt von der Hektik nach Körnern, während eine Magd eilig an der Pferdetränke vorbei in die Küche huschte. Lisbeth ließ den Burgfried hinter sich und erklomm die Treppe zum Palas. Auf halber Höhe hielt sie inne, ihre Hand leicht auf das grobe Geländer gestützt. Von hier oben konnte sie das bunte Treiben unter sich überblicken. Die Männer auf der Wehrmauer schritten in gemächlicher Routine ihre Posten ab, die Waffen im Sonnenlicht matt glänzend. Ein Stallknecht, der sich wohl zu lange mit einer der Mägde unterhalten hatte, wurde gerade vom Stallmeister mit einer harschen Geste zurück an die Arbeit gescheucht. Lisbeths Blick verweilte einen Moment auf der Szene, ehe sie sich abwandte.
Der kühle Schatten des Palas hüllte sie ein, als sie die Treppe hinter sich ließ. Vor der Kemenate verharrte sie erneut. Ihre Hände glitten unruhig über den Stoff ihres einfachen Kleides und glätteten Falten, die gar nicht da waren. Sie holte tief Luft, ihre staubigen Füße ein stummer Beweis für den Abstecher zur Pleichach, wo sie ihre Hände und Nägel so gut es ging gesäubert hatte. Endlich hob sie die Hand und klopfte an.
„Herein!" Die Stimme von Anna von Grumbach klang klar und gebieterisch, wie ein Schwertschlag. Lisbeth öffnete die schwere Holztür und trat ein. Die Burgherrin saß am Fenster auf einem mit Brokat bezogenen Stuhl. Ihr Haar, von einem satten Rotbraun, fiel in glänzenden Wellen über ihre Schultern. Sie hatte sich ein Seidengewand umgelegt, dessen Saum verschwenderisch mit Goldstickereien verziert war. Ihre scharfen Augen musterten Lisbeth von Kopf bis Fuß und verharrten einen Augenblick auf ihrer Gestalt.
„Zeig mir deine Hände, befahl Anna ohne Umschweife. Lisbeth streckte die Arme aus, und die Burgherrin packte sie ohne Zögern. Sie drehte die Hände der Müllerstochter prüfend hin und her, bevor sie mit einem knappen Nicken ihre Zufriedenheit kundtat. „Na gut. Aber beim nächsten Mal wünsche ich, dass du pünktlich bist.
Während Lisbeth die goldbestickten Ärmel des grünen Gewandes sorgfältig anpasste, musterte sie die Burgherrin verstohlen. Anna von Grumbach wirkte abwesend, fast melancholisch, als ihr Blick hinaus in die Ferne schweifte. Man munkelte, dass ihre Ehe mit Wilhelm von Grumbach mehr eine Bündnispolitik als eine Verbindung aus Liebe war. Der Herr der Burg, ein viel beschäftigter Mann, verbrachte mehr Zeit auf seinen Reisen als bei seiner Frau.
Als die Arbeit vollbracht war, erhob sich Anna mit einem eleganten Schwung. Sie trat ans Fenster und ließ den Stoff ihres Gewandes in der Sonne schimmern. „Sage Pfarrer Ziegler, ich wünsche ihn zu sprechen", ordnete sie an, ohne sich zu Lisbeth umzuwenden. Mit einer knappen Handbewegung wies sie die Müllerstochter hinaus.
Auf dem schmalen Gang verzog Lisbeth das Gesicht zu einer Grimasse. Mit einem leisen Seufzen begann sie den Abstieg in den Burghof. Ihr Blick wanderte in die Ferne. Bald würde sie mit Melchior auf die Dürrwiese ziehen, weit weg von all dem Staub und den launischen Befehlen der Herrschaften. Der Gedanke ließ ihre Schritte leichter werden.
Im Hof ging es geschäftig zu. Veit, der Stallbursche, lehnte lässig an einer der Türen zum Pferdestall und plauderte mit einem Wächter. Der Stallmeister, ein grimmiger Mann mit einer Vorliebe für Ordnung, bemerkte dies sofort und fuhr ihn an: „Beweg dich her, Veit, du fauler Kerl!" Der braune Hofhund des Stallmeisters, ein raues Tier mit fletschenden Zähnen, untermauerte die Worte seines Herrn mit einem Knurren. Der scharfe Geruch von Hühnerkot und Pferdemist hing in der Luft.
Lisbeth ließ sich von der Unruhe nicht einschüchtern. Sie schlenderte gemächlich am Brunnen vorbei, ignorierte die Pferdetränke und steuerte auf den Ostflügel zu. Dort, vor der Burgkapelle, war Pfarrer Johann Ziegler gerade dabei, einen Arm voll frischer Blumen entgegenzunehmen. „Herr Pfarrer, sagte Lisbeth mit einem höflichen Nicken, „die Dame von Grumbach wünscht Euch zu sprechen.
Der Pfarrer lächelte mild. „Dank dir, Lisbeth. Jetzt geh und freue dich an der Schöpfung Gottes."
„Gott zum Gruße!", erwiderte sie fröhlich und wollte weitergehen, als plötzlich jemand ihren Arm antippte. Sie drehte sich um und sah Maria, die dralle Burgköchin, die neugierig am Eingang zur Küche lauerte. Marias Augen funkelten vor Belustigung, und Lisbeth wusste, dass sie auf Klatsch aus war.
„Na? Hast du unserer feinen Dame andere Ärmel an ihr kostbares Kleid genäht? Marias Stimme triefte vor Spott. „Drei neue Stoffe hat sie gekauft, während wir kaum genug haben, um über den Winter zu kommen.
Lisbeth schüttelte den Kopf. „Maria, was jammerst du? Freu dich lieber, dass die Sonne scheint. Wir sehen uns später, wenn das Maifeuer brennt."
„Ach, du hast’s gut, konterte Maria. „Weißt du, was die Burschen gestern Nacht angestellt haben? Sie haben den alten Bastlein betrunken zu den Schafen gelegt. Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht gesehen, als ihn die Tiere anstelle seines Weibes geweckt haben!
Die Köchin lachte laut und scheuchte ein Huhn zur Seite, das sich zu nah an ihre Röcke wagte. „Pass auf, sonst landest du in meinem Kochtopf!"
Noch ehe Lisbeth antworten konnte, tauchte der Gefängnismeister auf. Mit seiner lauten Stimme drängte er Maria zur Seite: „Weg da, wir müssen den Hof sauber machen. Der Herr kommt bald nach Hause!"
Maria ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Jawohl, du Hofnarr", schoss sie zurück und marschierte gemütlich in die Küche. Lisbeth konnte nicht anders, als leise zu kichern. Dann eilte sie zurück zur Mühle. Heute war ein besonderer Tag – sie würde Melchior wiedersehen.
Auch die Bewohner der Dürrwieser Höfe sammelten sich langsam, um sich zur Maifeier ins Dorf aufzumachen. Auf dem Dorfplatz von Rimpar war bereits reges Treiben. Der Maibaum, geschmückt mit bunten Bändern und Kränzen, ragte stolz in den Himmel. Lisbeth spürte die aufgeregte Atmosphäre, die den Platz erfüllte, während sie nach Melchior Ausschau hielt.
„Stell dir vor! Evas Stimme drang zu ihr durch. Lisbeth wandte sich um und sah ihre Freundin, die über das ganze Gesicht strahlte. „Gabriel hat mich zur Maigräfin erwählt!
„Wirklich? Jetzt kannst du sicher sein, dass er dich gern hat." Lisbeth lächelte, doch ihr Blick wanderte unruhig umher. Wo war Melchior?
Plötzlich spürte sie zwei Hände, die ihre Augen bedeckten. Ein leises Lachen verriet den Übeltäter. Melchior drehte sie spielerisch um und hielt ihr einen kleinen Strauß Veilchen hin. „Da bist du ja!", rief Lisbeth erfreut und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
Die Musikanten begannen ihre Instrumente zu stimmen, und der Bürgersprecher eröffnete den Tanz. Hand in Hand mit Melchior trat Lisbeth in die Menge, bereit, den Abend zu genießen und für eine Weile all ihre Sorgen zu vergessen.
Bald hallten Gelächter und Gesang von der Maifeier bis hinauf zur Burg, wo Anna von Grumbach ungeduldig auf die Rückkehr ihres Gemahls wartete. Eine tiefe Zornesfalte zierte ihre Stirn. Seit Stunden stand sie am Fenster ihrer Kemenate, die Finger fest umeinander geschlossen. Pfarrer Ziegler versuchte sie mit einem leisen Gespräch abzulenken.
„Selbst die billigsten Bauerndirnen sitzen heute nicht allein in ihren schäbigen Hütten, zischte Anna mit einer Stimme, die vor Bitterkeit triefte. „Vielleicht bedient sich Wilhelm wieder einmal an einer solchen Kreatur!
„Geduld, verehrte Frau von Grumbach, entgegnete der Geistliche mit sanfter Stimme. „Vergesst nicht, es ist besser, wenn unsere Bauern um den Maibaum tanzen, als dass sie mit Mistgabeln die Burg stürmen. Die Welt ist in Aufruhr, und wer weiß, ob die Saat des Aufstands auch in Rimpar aufgeht. Denkt an die Belagerer um Würzburg. Betet lieber, dass der Herr von Grumbach unversehrt zurückkehrt.
Anna schwieg. Ihr Blick wanderte aus dem Fenster über den Burghof, hinüber zur Spitze des bunt geschmückten Maibaumes. Der Gedanke, dass Wilhelm unten im Dorf sein könnte und es nicht für nötig hielt, zu ihr zu kommen, schürte ihren Zorn.
Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Als sie den Besucher erkannte, sank sie enttäuscht auf die Bank im Erker. „Seid gegrüßt, Schwiegervater", sprach sie mit gepresster Stimme. Conrad von Grumbach nickte ihr zu und bedeutete dem erschöpften Pfarrer, die Kemenate zu verlassen.
„Anna, was grämt Euch so? Ihr wisst, wie gefährlich die Zeiten sind", begann Conrad mit väterlichem Ton.
„Ja, im Notfall bin ich allein – mit einem Greis und einem Pfarrer, der vor Angst zitternd in seinem Oratorium sitzt", schoss Anna gehässig zurück.
„Seid nicht ungerecht, mahnte Conrad. „Wilhelm erfüllt Euch jeden Wunsch und ist vernarrt in Eure Tochter Ursula, auch wenn ein Sohn als Erbe wünschenswerter gewesen wäre. Und der Trehninger und seine Männer bewachen die Burg zuverlässig. Selbst mir Greis ist es eine Ehre, meine kleine Feste zu verteidigen!
„Ihr redet wie der Pfarrer", erwiderte Anna schnippisch und wandte sich ab. Conrad seufzte und verließ die Kemenate. Diese Frau war undankbar. Seit ihrer Ankunft auf der Burg hatte alles nach ihrem Willen geschehen müssen. Die von Hutten hatten sie wie eine Porzellanpuppe behandelt, und selbst das Führen des Haushalts bereitete ihr anfangs Probleme.
Auf dem Dorfplatz erreichte das Frühlingsfest seinen Höhepunkt. Die Sonne versank orangerot hinter den Hügeln, und das Maifeuer wurde feierlich entzündet. Der unsichere Schein der Flammen tauchte die tanzenden Paare in ein mystisches Licht. Adrian Kraft, bereits schwer betrunken, stolperte suchend durch die Menge. Sein Blick blieb auf Lisbeth hängen, die mit Eva Picht und der Burgköchin am Brunnen stand.
„Ein Tänzchen schuldest du mir, Lisbeth!, lallte Adrian und griff nach ihrem Arm. „Denkst du, Melchior ist gut genug für dich? Niemals!
„Lass mich, Adrian! Geh und schlaf deinen Rausch aus!" Lisbeth wich zurück, ihre Stimme scharf vor Abscheu. Der Geruch von Wein und Schweiß, der Adrian umgab, war unerträglich.
In diesem Moment stürzte Melchior herbei. „Lass sie in Ruhe!", rief er und versetzte Adrian einen Faustschlag auf die Nase.
„Schlägerei!, rief der alte Bastlein von der Dorflinde aus, während die Männer sich prügelten. Adrian blutete, traf jedoch Melchior mit einem Schlag ans Auge. Weitere Dorfbewohner eilten herbei und es gab ein großes Gerangel. Da ließ eine donnernde Stimme alle verstummen. „Ihr Taugenichtse! Zeigt Respekt, euer Herr ist zurück!
Wilhelm von Grumbach, in voller Rüstung, saß majestätisch auf seinem schwarzen Hengst. Die Menge wich zurück, die Streithähne stoben auseinander.
Wilhelm ließ seinen Blick durch die Menge schweifen, während der Bürgersprecher ihm unterwürfig einen Becher Wein reichte. Wilhelm leerte ihn durstig in einem Zug. Plötzlich starrte er Eva Picht an, die neben Gabriel stand. „Saubere Maigräfin hat er sich auserkoren", sprach er den Stallknecht seines Rittergutes an, und schaute lüstern auf Evas volle Brüste. Dann befahl er seinem Tross, mit einem Wink, den Aufbruch. Wilhelm warf den geleerten Becher in die Arme des Schankwirtes und ritt los. Bevor die Dunkelheit den Ritter umschloss, blickte er Eva Picht direkt an. Der Magd lief es eiskalt über den Rücken.
Eva war von Wilhelms aufdringlichem Verhalten noch immer verunsichert, als Gabriel sie aufforderte, über das Maifeuer zu springen. „Ein Sprung über das Feuer soll unser Eheversprechen sein", sagte er leise. Gemeinsam landeten sie sicher auf der anderen Seite, während Eva vor Glück kaum atmen konnte.
Eva war schwindlig vor Freude. Tausend Gedanken jagten durch ihren Kopf und ein Kribbeln erfüllte ihren ganzen Körper. Lisbeth zwinkerte ihrer Freundin zu. „Wartest du vorne an der Linde auf mich, flüsterte Gabriel ihr unterdessen ins Ohr, „ich möchte gern mit dir alleine sein.
Eva kicherte nervös. Sie war bereits lange heimlich in Gabriel verliebt. Gedankenverloren ging sie
