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Der Meister der Rache: Ein Fußball-Krimi
Der Meister der Rache: Ein Fußball-Krimi
Der Meister der Rache: Ein Fußball-Krimi
eBook307 Seiten3 Stunden

Der Meister der Rache: Ein Fußball-Krimi

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Über dieses E-Book

19. Mai 2001, 17:20 Uhr.

Fußballdeutschland liegt im Schockzustand. Soeben hat der FC Schalke 04 durch eine höchst umstrittene Schiedsrichter-entscheidung die deutsche Meisterschaft verloren. Millionen von Fans der Königsblauen sind am Boden zerstört und sehen sich um die Früchte einer großartigen Saison betrogen.

Einer jedoch beschließt zu handeln und mit den sogenannten Unparteiischen abzurechnen. Wer ist der »Meister der Rache«, der mit chirurgischer Präzision Deutschlands Pfeifenmänner über den Jordan schickt? Und wer sind die beiden finsteren Drahtzieher im Hintergrund, die ob der dramatischen Ereignisse zunehmend nervöser werden?

Hauptkommissar Günter Matowski, selbst glühender Schalke-Fan, steht vor dem spektakulärsten Fall seiner Karriere.

Vieles, was beim Verfassen dieses Krimis im Jahr Zweitausendnullvier Fiktion war, hat sich zwischenzeitlich auf frappierende Weise in ganz ähnlicher Form bewahrheitet.

In der 04ten überarbeiteten Auflage trägt der Autor in einem aktualisierten Epilog zahlreiche Fakten aus der dunklen Seite des Fußballs zusammen, die sich zu einem bemerkenswerten Gesamtbild verdichten, sodass man sich unweigerlich fragt:

Wie nahe kommt die Handlung des Romans der Realität?
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum4. Mai 2021
ISBN9783753452869
Der Meister der Rache: Ein Fußball-Krimi
Autor

t. student

T. Student (* 1972) ist Schalker von Kindesbeinen an. Mit der in seinem MINT-Studium erworbenen analytischen Schärfe seziert er erbarmungslos Fehlentwicklungen im Fußball, namentlich im Schiedsrichterwesen. Bereits im Verlauf der Saison 2000/01 ärgerte er sich über eine unglaubliche Anzahl an grob falschen Pfiffen gegen die Königsblauen, wofür die satirisch verfremdeten, dem geneigten Fußballfreund jedoch erkennbaren Verantwortlichen nun literarisch büßen müssen. Für zwei Anthologien ("Eine Mords-WM; CR-Consult; 1., Edition (1. Mai 2006) sowie "Mörderischer Fußball"; Romantruhe; 1. Edition (21. Dezember 2007)) steuerte er weitere Fußballkrimis bei, wiederum mit realem Schalke-Bezug. Ein Prequel und ein Sequel zum »Meister der Rache« sind in Arbeit. Mit seinem Pseudonym möchte er an den leider ein wenig in Vergessenheit geratenen Ehrenspielführer Thomas Student erinnern, der auf und neben dem Platz durch sein vielfältiges Engagement die Grundlage für den legendären Schalker Kreisel gelegt hat.

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    Buchvorschau

    Der Meister der Rache - t. student

    Gewidmet all jenen, die am 19. Mai 2001 den Fußballgott zur Hölle gewünscht haben

    Das Fußball-Bundesliga-Finale der Saison 2000/2001 am 19. Mai 2001 war eines der dramatischsten aller Zeiten. Millionen von Schalke-Anhängern in aller Welt hatten allen Grund, mit dem Fußballgott zu hadern – und dies keineswegs nur wegen des letzten Spieltages.

    Der hier vorliegende Roman beleuchtet anhand einer satirischen und rein fiktiven Kriminalhandlung die damaligen fußballerischen Ereignisse. Insbesondere alle Handlungsstränge außerhalb des grünen Rasens entstammen der Feder des Autors und sind frei erfunden.

    Inhaltsverzeichnis

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    Kapitel

    I.

    Freitag, 20. Juli 2001

    Edwin Beinhorn war zufrieden. Mit dem heutigen Freitag begannen immerhin zehn freie Tage am Stück, die er sich zumindest seiner eigenen Einschätzung zufolge mehr als verdient hatte. Zügig radelte er an diesem Vormittag auf der Straße von Berkum nach Züllighoven. Noch eine knappe Stunde, und er wäre wieder zuhause in Sinzig. Gelegentlich überholte ihn ein Auto, und da es keinen Radweg gab, hatte er stets ein leicht mulmiges Gefühl dabei. Im Moment gehörte jedoch die ganze Straße ihm, und aus seiner guten Laune heraus hätte er am liebsten laut gesungen. Da ihm dies seine Erziehung jedoch strikt verbot, begnügte er sich mit dem Pfeifen deutscher Volksweisen.

    Hätte der Fahrer des roten VW Golf, der sich ihm mit ca. 80 km/h näherte, dies hören können, er wäre vielleicht heftig aufs Gaspedal gestiegen. Aber auch so genügte der Aufprall, um Edwin Beinhorn in hohem Bogen durch die Luft fliegen und wie einen nassen Sack auf den Asphalt klatschen zu lassen. Mit bizarr verdrehten Gliedern lag er auf dem Rücken und blickte in das strahlende Blau des Himmels. Durch den Schock spürte er keinen Schmerz, nur die warme Flüssigkeit in seinem Rachenraum machte ihm das Atmen zur Qual.

    Der VW-Fahrer hatte angehalten. All seine Kraft aufbietend hob Beinhorn hilfeheischend den rechten, halbwegs unversehrten Arm. Doch der Golffahrer machte keine Anstalten auszusteigen und ihm zu helfen, im Gegenteil – er fuhr im Rückwärtsgang auf ihn zu. Das Letzte, was Edwin Beinhorn in seinem Leben sah, war das Bonner Nummernschild des roten Wagens.

    »Hätte ich aussteigen sollen und ihm sagen warum?«, dachte er sich. Nein, es war zwar weit und breit keine Menschenseele zu sehen, doch er durfte kein Risiko eingehen. Seine Mission hatte gerade erst begonnen, und nun, da es kein Zurück mehr gab, würde er sie durchziehen. Vielleicht würde sich später einmal die Möglichkeit bieten, sich mit einem dieser Verbrecher zu unterhalten. Ihn zu fragen, warum er mit entscheidend dazu beigetragen hatte, dieses ungeheuerliche Unrecht zu begehen.

    Aber zunächst musste er den Wagen loswerden. Nach einer Viertelstunde Fahrt bog er von der schmalen Landstraße in einen Waldweg ein. Einige hundert Meter weiter hielt er an und sah sich um. Alles war ruhig, kein potenzieller Störfaktor in Sicht. Nachdem er die Kennzeichen entfernt hatte, öffnete er den Kofferraum und nahm den Benzinkanister heraus. Es war eigentlich alles ganz einfach gewesen. Fast schon zu einfach. Als er den brennenden Wagen hinter sich ließ und in sein eigenes Fahrzeug stieg, verspürte er nicht einmal eine besondere Genugtuung. Aber die würde noch kommen, da war er sich absolut sicher.

    Hauptkommissar Günter Matowski von der Mordkommission Bonn hatte schlechte Laune. In der Schutzgeldgeschichte kamen sie einfach keinen Deut voran. Solange es ihnen nicht gelang, wenigstens einen der erpressten Restaurantbesitzer zum Reden zu bringen, würden sie weiterhin auf der Stelle treten. Auch das frisch im Gedächtnis haftende, hochdramatische Bundesliga-Finale nagte noch an ihm. Matowski war 34 Jahre alt, ledig und – mit Leib und Seele Schalke-Fan. Bereits in der zurückliegenden Winterpause hatte er sich in Erwartung eines packenden letzten Spieltags das Ticket für die Partie gegen Unterhaching gesichert. War sich mit wildfremden Menschen in den Armen gelegen vor Freude, als die Falschmeldung die Runde machte, die Partie in Hamburg wäre bereits zu Ende und die scheinbar übermächtigen Münchner hätten doch verloren …

    »Na, Kopf hoch, du denkst wohl gerade wieder an eure verpasste Meisterschaft«, meinte Kommissar Schwann, als er Matowskis Büro betrat. Schwann war groß gewachsen, etwas vor der Zeit ergraut und – Anhänger des FC Hansa München. Als gebürtigen Ingolstädter hatte ihn eine Urlaubsliebe hierher nach Bonn verschlagen.

    »Sehr witzig«, antwortete Matowski. »Du weißt ganz genau, wie sie uns beschissen haben, die ganze DFB-Mafia! Wie sich dieser Kotzbrocken Müller-Flaschenbier gefreut hat, das sagt doch schon alles!«

    »Komm, hör schon auf, dafür seid ihr immerhin Pokalsieger geworden. Glück und Pech gleichen sich halt doch immer wieder …« Bevor Schwann seine Theorie beenden konnte, stürmte Kriminalobermeister Estermann herein. »Macht euch fertig, wir müssen los – schwerer Verkehrsunfall mit Fahrerflucht, wahrscheinlich ein Toter …«

    Die traurige Realität hatte den eher banalen Fußballstreit schnell verdrängt. »Wo ist die Sache denn passiert?«, wollte Matowski auf dem Weg zum Auto wissen.

    »Auf einer Landstraße mitten in der Pampa, kurz vor der Landesgrenze nach Rheinland-Pfalz«, entgegnete Estermann.

    Als sie am Unfallort eintrafen, bot sich ihnen ein eigenartiges Bild. Einerseits die herrliche Hochsommerlandschaft, die tiefgrünen Weinberge, andererseits jedoch das bizarr verbogene Fahrrad im Straßengraben und der mit einem großen weißen Tuch abgedeckte Körper. Einer der örtlichen Polizisten wandte sich an Schwann.

    »Guten Tag, Polizeimeister Albert Schwarz. Sind Sie der leitende Ermittler?«

    Mit seinen graumelierten Haaren wirkte Schwann stets älter, als er tatsächlich war, und nicht selten meinten Außenstehende, er müsse der Ermittlungsleiter sein. »Nein, meine Wenigkeit. Hauptkommissar Günter Matowski«, meldete sich dieser zu Wort. »Erzählen Sie, was ist genau passiert?«

    »Offenbar ein Autounfall. So, wie der arme Mann aussieht, hatte er wohl keine Chance. Vom Auto oder dessen Fahrer keine Spur.«

    »Auch keine Bremsspur«, bemerkte Schwann. »Obwohl, mit dem ganzen ABS-Schnickschnack …«

    Nun wandte sich der anwesende Notarzt den Polizisten zu: »Ich bin zwar kein Pathologe, aber das sieht mir fast nach Absicht aus. Die Stelle hier ist doch völlig übersichtlich, und den Verletzungen nach zu schließen, ist das Opfer weit mehr als nur vom Rad geschleudert worden.«

    »Steht die Identität des Toten schon fest?«, wollte Estermann wissen.

    »Ja, ein Herr Edwin Beinhorn aus Sinzig. Er hatte seinen Personalausw…«

    »Geben Sie mal her«, unterbrach ihn Matowski. Etwa der Edwin Beinhorn?« Er warf einen Blick auf das Foto im Ausweis. »Ich werd verrückt, der Bundesliga-Schiri.«

    »Tatsächlich.« Auch Schwann kannte das Gesicht des Referees aus vielen Fußballübertragungen.

    »Estermann, ruf unsere Spezialisten zur Spurensicherung«, befahl Matowski. »Hier können wir nicht mehr viel tun. Wir müssen so schnell wie möglich wissen, welcher Wagentyp das war, und dann geht eine Großfahndung raus. Und du hältst hier die Stellung. Sobald es konkrete Ergebnisse gibt, will ich umgehend Bescheid wissen.«

    »Ok.«

    Estermann stammte aus einem Großbauernhof, als Zweitgeborener war jedoch schon früh klar, dass er sich nach einem »bürgerlichen« Beruf würde umsehen müssen. Nach einem abgebrochenen Ingenieursstudium hatte er sich zum Polizeidienst entschlossen. Als Krimifan machte ihm die Arbeit Spaß, und da er sich von seinem Bruder großzügig hatte ausbezahlen lassen, war sein monatliches Polizistengehalt nicht mehr als ein Taschengeld.

    »War schon jemand bei den Angehörigen?«, wandte sich Matowski an Polizeimeister Schwarz.

    »Ja, ein Kollege ist vor einer Viertelstunde losgefahren. Möchten Sie auch mit ihnen sprechen?«

    »Erst warten wir den Bericht des Pathologen ab. Ist schließlich nicht ganz unbedeutend, ob die Sache Absicht oder vielleicht doch ein Unfall war.«

    Auf der Rückfahrt sinnierte Matowski laut vor sich hin. »Soso, der Beinhorn … hat der uns nicht das Spiel auf dem Betzenberg verpfiffen?«

    »Betzenberg?«, wunderte sich Schwann. »Die Meisterschaft wurde doch in Hamburg entschieden, und da hat, meine ich, der Murks die Partie geleitet.«

    »Richtig, dieser miese Zahnklempner. Eine Saison dauert aber über 34 Spieltage, und ohne Herrn Beinhorn hätten wir in Kaiserslautern gewonnen und …«

    »Ach komm, jetzt übertreib nicht. Glück und Pech gleichen sich im Lauf einer langen Saison immer aus.«

    »Jetzt hör mir bloß mit dieser Scheißredensart auf, die stimmt hinten und vorne nicht!«

    Nach zwei Minuten eisigen Schweigens begann Schwann: »Kannst du dir wirklich vorstellen, dass jemand wegen eines Fußballspiels jemanden umbringt? Die meisten Morde sind doch Beziehungstaten, und hier wissen wir noch nicht einmal, ob es nicht vielleicht doch ein Unglücksfall mit Fahrerflucht war.«

    »Ausschließen«, entgegnete Matowski, »würde ich heutzutage gar nichts mehr. Millionen Deutsche sind Fußballfans, und manch einer hat zu den von ihm vergötterten Kickern eine engere Beziehung als zu seiner Frau.«

    »Kann es sein«, meinte Schwann, »dass du schon zu lange keine Beziehung mehr zu einer Frau hattest?«

    »Sehr witzig. Aber warten wir mal ab, wer oder was hinter dieser Sache steckt.«

    Was sollte er tun? Erst einmal abwarten, was die polizeilichen Ermittlungen ergeben würden? Oder sofort wieder zuschlagen, noch bevor jemand auf die Idee käme, dass dies nur der Anfang war? In seinem Versteck gab es noch drei weitere gestohlene Wagen mit gefälschten Nummernschildern von gleichartigen Autos, welche in keinem Polizeicomputer verzeichnet waren. Er könnte, wenn er wollte, sofort wieder zuschlagen. Zumal der nächste auf seiner Liste keine 100 Kilometer weiter die Erde mit seiner Existenz verpestete. Richtig, sobald man erkannt haben würde, dass hier systematisch eine Reihe skrupelloser Verschwörer beseitigt wurde, würde jede weitere Tat nur umso schwieriger. Jawohl, warum sollte er eigentlich nicht gleich weitermachen?

    Hauptkommissar Matowski ergriff den Telefonhörer bereits nach dem ersten Läuten. Auf dem ISDN-Display hatte er die Handynummer von Kriminalobermeister Estermann erkannt. »Hier Matowski. Was gibt’s Neues?«

    »Die Kollegen von der Spurensicherung haben rote Lacksplitter am Fahrrad und an der Leiche sichergestellt«, meldete sich Estermann. »Keinerlei Bremsspuren und eine völlig übersichtliche Straßensituation. Es sieht ferner ganz danach aus, als sei das Opfer nach seinem Sturz auf die Straße noch mehrfach überfahren worden. Der Notarzt lag also wohl richtig mit seiner Einschätzung.«

    »Schaut in der Tat verdammt nach Absicht aus. Für die nähere Bestimmung der Automarke müssen wir wohl auf die Jungs vom Labor warten.«

    »Genau.«

    Matowski entschied spontan. »Hör zu, warte am Tatort auf mich, ich fahre gleich los. Auch wenn es pietätlos erscheint, wir müssen uns schleunigst mit den Angehörigen unterhalten.«

    Matowski stand auf und ging in Schwanns Büro. »Estermann hat gerade angerufen, es spricht alles für Mord. Das Unfallopfer wurde noch mehrfach überrollt.«

    Schwann hatte einen Berg Zeitschriften auf seinem Schreibtisch liegen und las gerade interessiert in einem Exemplar des kicker. »Also was die letzten Bundesliga-Spieltage angeht, kann man dem Herrn Beinhorn keinen Vorwurf machen«, meinte er.

    »Dann betrachte doch mal das Hinrundenspiel Kaiserslautern gegen Schalke. Auch wenn ich ein Fall fürs Phrasenschwein bin, eine Saison hat 34 Spieltage«, entgegnete Matowski. »Ich werde mich zusammen mit Estermann mit seinen Angehörigen unterhalten. Vielleicht kommen wir an der Stelle einen Schritt weiter. Mach du in der Zwischenzeit unseren Kollegen vom Labor etwas Dampf, wir brauchen schnellstmöglich die Automarke.«

    »Hier wird man fürs kicker-Lesen bezahlt«, dachte Schwann, »eigentlich kein schlechter Job. Nur schade, dass es keine aktuelleren Ausgaben sind.«

    Während der Fahrt zurück zum Tatort stellte Matowski zufrieden fest, dass auch der fußballerisch eher emotionslose Hansa-Anhänger Schwann sich Gedanken machte, ob das Motiv für den Mord an Beinhorn vielleicht nicht doch auf dem grünen Rasen zu suchen wäre. Tja, ein anderer Unparteiischer damals in Kaiserslautern, und Schalke wäre der mehr als verdiente Meister geworden. Und es gab ja noch manch anderes Spiel, bei dem es aus königsblauer Warte allen Grund gegeben hatte, mit den Pfeifenmännern zu hadern. Sollte hier wirklich irgendein durchgeknallter Fanatiker Vergeltung üben? Waren dann auch noch andere Schiris in Gefahr?

    »Ach was«, wischte Matowski den Gedanken beiseite, »so was gibt’s nur im Film. Bestimmt stoßen wir gleich auf ein handfestes Motiv im Privatleben, und dann ist Schwanns Schreibtisch mit den ganzen Fußballzeitungen ein Fall für den Altpapiercontainer.«

    Als Matowski wieder am Tatort ankam, war es schon nach 18 Uhr, doch es war immer noch hochsommerlich warm. »Hallo, die Herren«, begrüßte er die ins Gespräch vertieften Estermann und Schwarz, »wie ist der aktuelle Stand der Dinge?«

    »Ein paar vermutliche Spuren des Wagens werden gerade ins Labor gebracht. Und Frau Beinhorn hat sehr gefasst auf die schlimme Nachricht reagiert« antwortete Estermann.

    »Das stimmt«, ergänzte Schwarz, »ich glaube, Sie können sie gleich aufsuchen. Es gibt übrigens keine weiteren näheren Angehörigen.«

    »Gut«, entgegnete Matowski, »bringen wir’s hinter uns. Estermann, du kennst den Weg?«

    »Heiße ich Estermann oder heiße ich Schwann?«

    »Estermann, und genau deshalb frage ich.«

    Petra Beinhorn wirkte in der Tat sehr gefasst. Sie war ca. dreißig Jahre alt, schlank, und Matowski ertappte sich dabei, wie er sie spontan in die Frauenschublade mit der Aufschrift »Die könnte in Frage kommen« einordnete.

    »Der Edwin und ich, wir hatten uns einfach auseinandergelebt. Es mag wie ein dummes Wortspiel klingen, aber er war es auch zuhause gewohnt, dass alles nach seiner Pfeife tanzt.«

    »Ich muss diese Frage leider stellen«, begann Matowski, »können Sie sich irgendjemand vorstellen, der einen Grund haben könnte, ihm das anzutun?«

    »Sie meinen, es war vielleicht kein Unfall?«

    »Es sieht ganz danach aus. Um ganz konkret zu fragen: hatte er Feinde?«

    »Wahrscheinlich ein paar Millionen«, antwortete Petra Beinhorn lakonisch. »Aber das bringt der Schiedsrichterjob wohl mit sich. Früher gab es oft wüste telefonische Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen, aber seit wir uns vor fünf Jahren eine Geheimnummer zugelegt haben, ist eigentlich Ruhe.«

    »Und außerhalb des Fußballs? Welchen »Zivilberuf« – wenn ich das mal so sagen darf – hat er ausgeübt?« Matowski wunderte sich selbst ein wenig über diese Frage, doch die Bundesligaschiris gingen dieser Tätigkeit ja nur ca. zwanzig Mal im Jahr nach, meist an einem Samstag.

    »Er war Maschinenbautechniker bei einem Autozulieferer in Remagen. Ich kann ihnen gerne die Adresse heraussuchen.«

    »Nachtwächter«, dachte Matowski, »würde zu seiner Leistung auf dem Rasen besser passen …«

    »Aber jemand Konkretes, der ihm Übel wollte, fällt Ihnen nicht ein?«, setzte Estermann nach. Petra Beinhorn schüttelte den Kopf.

    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht – wir würden uns gerne einmal seine persönlichen Unterlagen ansehen«, ergänzte Matowski.

    »Wenn Sie unsere finanzielle Situation meinen …«, begann Petra Beinhorn.

    »Am besten alles, was Ihnen einfällt. Wir müssen erstmal in alle Richtungen ermitteln.«

    Chopins Klavierkonzert Nummer eins erfüllte die Luft hinter der großzügigen Villa am Ortsrand von Kyllburg. Hinter dem Steinway-Flügel inmitten des riesigen Wohnzimmers griff der Konzertpianist Norbert Windel gekonnt in die Tasten. Sein Besuch hatte sich vor zehn Minuten von ihm verabschiedet, und er genoss es, bei geöffneter Terrassentüre sich an diesem herrlichen Hochsommerabend seiner Musik hinzugeben. Nachbarn, welche sich etwas weniger aus Chopin machen könnten als er, gab es auf dieser Seite des Hauses keine.

    Völlig versunken in seine Welt der Töne, wurde er von dem Unbekannten komplett überrascht, der urplötzlich vor ihm stand und mit ungeheurer Wucht den Tastaturdeckel auf seine filigranen Hände knallte. Der Schock verhinderte zunächst, dass Norbert Windel die Schmerzen seiner zerschmetterten Finger wahrnahm. Er blickte nur ungläubig auf den Fremden, und als er den Baseballschläger auf sein Gesicht zurasen sah, war es zu spät, um zu reagieren. Die Wucht des Holzprügels traf ihn genau über dem linken Auge, und er fiel von seinem Klavierschemel nach hinten. Hart schlug er mit dem Hinterkopf auf dem Parkettboden auf, und es bildete sich eine langsam, aber stetig wachsende Blutlache.

    Ein leises, kaum wahrnehmbares Röcheln kam aus Windels Mund. Der Eindringling holte zu einem erneuten Schlag aus und sagte: »Das ist für den ersten nicht gegebenen Elfmeter.«

    Der Baseballschläger zertrümmerte Windels rechtes Jochbein, sein Kopf verdrehte sich zur Seite und das leise Röcheln verstummte. »Und das ist für den zweiten nicht gegebenen Elfmeter.«

    Der weitere Hieb, der die linke Schläfenpartie zerschmetterte, wäre nicht mehr notwendig gewesen. Für Norbert Windel, im Hauptberuf Konzertpianist und nebenberuflicher DFB-Schiedsrichter, war der letzte Schlussakkord verklungen.

    »Hätte ich ihm Gelegenheit geben sollen, sich zu rechtfertigen?«, fragte er sich. »Nein, ich darf kein Risiko eingehen, er hätte sich vielleicht gewehrt, und ich darf keine noch so kleine Spur hinterlassen. Meine Mission ist schließlich noch nicht beendet.«

    Er verließ das Haus wieder durch die Terrassentür und sah sich kurz um. Aufgrund der hohen Hecken zu beiden Seiten konnte ihn kein neugieriger Nachbar sehen, und nach hinten lagen rund hundert Meter offenes Feld, bevor ein kleines Wäldchen begann. Diese hundert Meter waren der kritische Punkt, doch an diesem schönen Sommerabend bemerkte niemand den Mann mit dem Baseballschläger, der über das rückwärtige Gartentor kletterte und in Richtung der Schonung spurtete, wo er schließlich nach nicht einmal zwanzig Sekunden verschwand.

    Eine halbe Stunde später brannte erneut ein Feuer, doch diesmal war es kein Tatwagen, welcher mit Benzin übergossen worden war. Kleidung, Schuhe und nicht zuletzt der Baseballschläger wurden eine Beute der Flammen. Den Wagen wollte er noch behalten, schließlich war es sehr aufwändig, PKW-Dubletten nach Art der RAF-Terroristen in den siebziger Jahren zu beschaffen.

    Jetzt, nach diesem erfolgreichen Doppelschlag, würde er erst einmal untertauchen. Zwei Bundesliga-Schiedsrichter, die am selben Tag ermordet werden, da herrscht in der gesamten Branche Alarmstufe rot. Die nächste Tat würde weniger einfach werden, vor allem dann, wenn er weiter chronologisch vorginge …

    Matowski und Estermann hatten sich mittlerweile durch zahlreiche Unterlagen gearbeitet, doch fanden sich in Edwin Beinhorns Papieren keine Auffälligkeiten. Seine Witwe war ihnen glaubwürdig erschienen, trotzdem mussten sie das persönliche Umfeld des Ermordeten genau unter die Lupe nehmen. Seinen Arbeitsplatz würden sie erst wieder am Montag näher beleuchten können, aber sie konnten sich zumindest einmal bei den Nachbarn und seiner Verwandtschaft etwas umhören.

    Matowski beschloss, für heute erst einmal Feierabend zu machen. Er wählte Schwanns Büronummer, und nach dem dritten Klingelzeichen hob dieser den Hörer ab. »Mordkommission Kripo Bonn, mein Name ist Schwann.«

    »Matowski hier. Das persönliche Umfeld von Beinhorn scheint nicht besonders ergiebig zu sein. Wir

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