— Heidrun Stück, Siegfried Siegesmund, Theresa Platz und Angela Sohnrey
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SCHWIERIGE RUINEN – ZUR ERHALTUNG
DER RUINEN UND FELSMONUMENTE AN
DER UNSTRUT
Wanja Wedekind
Ob Burganlagen, Kirchen oder Tempel – viele
baulichen Relikte vergangener Zeiten präsentieren
sich heute als Ruinen. Als Fragment sind sie stumme Zeugen und Sinnbild der Vergänglichkeit und
monumentales Memento vergangener Macht- und
Bedeutungskonstellationen zugleich. Im Wandel
der Zeit hat sich sowohl die Bedeutung als auch
der Umgang mit dem monumentalen Erbe geändert.1 Dies gilt auch für die Ruinen der beiden
Klosterkirchen von Memleben.2
Aus konservatorischer und restauratorischer Sicht
stellt sich der Schutz und Unterhalt einer Ruine als
ein permanentes Problem dar, denn in ihrem fragmentarischen Zustand entspricht sie weder ihrer
ursprünglichen architektonischen Idee noch ihrer
vorgesehenen Konstruktion.
Wo einst Dachkonstruktionen existierten sind
heute Mauerkronen weitgehend schutzlos der
Witterung ausgesetzt. Einst Orte für von Menschen gelebte Kultur nimmt sich heute die Natur
mit aller Macht ihren Raum zurück.
Der vorliegende Beitrag führt den Leser auf einen
Streifzug durch die Geschichte von Wandel, Zerstörung und anschließender Erhaltung von steinernen Ruinen und Stätten entlang der Unstrut
und stellt mögliche Konservierungskonzepte unter Berücksichtigung geeigneter Konservierungsverfahren und Instandsetzungsmaterialien vor.
Konservierung und Restaurierung
von Ruinen
Die Instandhaltung ruinöser Bauwerksstrukturen
ist ein stetiges Vabanquespiel zwischen Verwilderung, notwendiger Eindämmung und publikumsgerechter Kultivierung. Ziel von Konservierungsmaßnahmen ist, eine jede Anlage zu erhalten,
ohne hierbei jedoch ihre Authentizität und ihren
ganz eigenen Charakter zu zerstören.3
Leitlinien für die Restaurierung von Ruinen wurden von verschiedenen Organisatoren und Autoren postuliert.3 Als eine wichtige internationale Organisation setzt sich der Internationale Rat
für Denkmalplege (International Council on Monuments and Sites/ICOMOS) für den denkmalgerechten Erhalt u. a. von Ruinen ein. Die Organisation steht auch der UNESCO bei Welterbefragen
beratend zur Seite. Das Hauptaugenmerk wird
hierbei auf den andauernden Substanzerhalt gerichtet, wobei es gilt, die Authentizität der Ruine
zu bewahren. In der vor 40 Jahren von ICOMOS
verabschiedeten „Charta von Venedig“ wird explizit auf die Restaurierung von Ruinen eingegangen.
Dort heißt es: „Die Erschließung der Ruinen sowie die Erhaltungs- und dauernden Plegemaßnahmen von Architekturteilen und aufgedeckten
Objekten sind zu gewährleisten.“ Ruinen sind ein
Beispiel typischer Plegearchitektur, der jedoch,
trotz denkmalplegerischer Erklärungen und Petitionen in der aktuellen Erhaltungspraxis nur unzureichend Bedeutung beigemessen wird.
Pori suntian dicita cones eicias molupta tureperiosam la consequ isimodist, simaio que conest ellut omni in essunde ipsum.
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— Wanja Wedekind
1 Die Klosterkirche Memleben und die Reste der Burg auf dem Höhenzug des Kyffhäusers als romantische Ruinen, Holzschnitt aus dem
Jahr 1872 von R. Peittner
Notwendige Voruntersuchungen
Am Anfang der Entwicklung eines Aktionsplanes
zur Konservierung bzw. Restaurierung eines Monumentes steht eine Umfeldanalyse, die Eruierung
der Hauptgefährdungsfaktoren und Schadensursachen und die Bestandsaufnahme. Die Umfeldanalyse besteht aus der Erfassung der geologischen Gegebenheiten, der geograischen Lage und
Topograie und Untersuchung der hydrologischen
Situation. Klimadaten und eine Zustandserfassung
werden in Abhängigkeit der Exposition der Gebäudeteile unter Berücksichtigung der Wind- und
Regenrichtung respektive Verschattung erfasst
und bewertet. Dies kann in Form einer Kartierung geschehen, durch die sich z. B. unterschiedliche Schadensformen quantitativ darstellen und
hinsichtlich der Gebäudeseiten bestimmten Um-
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welteinlüssen zuordnen lassen. Die Häufung und
Intensität bestimmter Schadensformen kann Hinweise zu möglichen Schadensursachen liefern,
wie z. B. eine hohe Dehnung bei Feuchteaufnahme infolge der Durchfeuchtung durch Schlagregen oder eine Volumenänderung durch Wärme
bei Auheizung aufgrund von Sonnenbestrahlung.
Im Rahmen der Bestandsaufnahme gibt die Untersuchung der Materialien Aufschluss zu deren
Provenienz, möglichen Bauphasen und Schichtabfolgen. Weiterführende materialtechnische- und
naturwissenschatliche Untersuchungen klären
ihre bauphysikalischen Eigenschaten und möglichen Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Baumaterialien.
Von zentraler Bedeutung für ein lösungsorientiertes Restaurierungskonzept ist zu verstehen, welche
Faktoren und Prozesse die Verwitterung maßgeb-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
lich bestimmen, um diese abzustellen bzw. abzuschwächen.
Steinernes Album
Das „Steinerne Album“ in Großjena ist zwar keine
Ruine, jedoch eines der beeindruckendsten Felsreliefs in Deutschland. An einer mehrere Hundert Meter langen Felswand unweit des Flussverlaufs der Unstrut sind in zwölf Bildern Szenen
aus dem Alten Testament dargestellt, die Verbindungen zum Weinbau aufweisen. Das 1722 entstandene monumentale Werk gilt als das längste Felsrelief in Deutschland. Dessen Autraggeber,
der Feudalherr Christian von Sachsen-Weißenfels (1602–1736) hat es sich nicht nehmen lassen,
auch sich selber und seine kostspielige Lieblingsbeschätigung, die Jagd, abbilden zu lassen. Das
Felsrelief ist aus stabilen lithologischen Lagen des
anstehenden Mittleren Buntsandsteins der Hardegsen- und Solling-Formation herausgearbeitet. Die Darstellungsart bleibt vergleichbar grob, ja
fast expressionistisch, volkstümlich gehalten, was
ihr kunsthistorisch betrachtet eine gewisse Zweitklassigkeit einbrachte. Diese Klassiizierung ist jedoch nur bedingt haltbar, denn es bleibt sowohl
zu bedenken, dass die Qualität des Gesteinsmaterials nur für eine reduzierte Darstellungsweise
ausreichte als auch, dass mehrere, wahrscheinlich
lokale Bildhauer am Werke gewesen sein müssen,
von denen nur einige über größeres bildhauerisches Können verfügt haben.
Das Gestein ist grobporös und nur in einigen
Schichten und Partien des Felsens überhaupt
steinmetzmäßig zu bearbeiten. Wasseraufnahmetests mit dem Kastenschen Prüfröhrchen ergaben vergleichbar hohe Wasseraufnahmekoeizienten zwischen 17 kg/m2*√h für eine als feine rote
Varietät beschriebene lithologische Schicht und
10 kg/m2*√h für eine grobkörnige gelbe Varietät.4
Die Felsbilder haben insbesondere im letzten Jahrhundert stark unter der Verwitterung gelitten.
Deutlich wird das bei einem Vergleich von histori-
schen Aufnahmen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert mit dem gegenwärtigen Zustand (Abb. 2).
Nach Untersuchungen wurden ungeeignete frühere Restaurierungsmaßnahmen (Zementmörtel) und die Feuchte- und Salzbelastung als Hauptschadensursache angegeben.5 Lösliche Salze sind
Ionenverbindungen, die an der Gesteinsoberläche auskristallisieren und durch den Kristalldruck
zu Aulockerungen und Schäden führen können.
Als Schadsalze treten Calciumsulfat, also Gips,
Natriumsulfat und Magnesiumsulfat auf.6 Nach
eigenen Untersuchungen am Geologischen Zentrum der Universität Göttingen konnten außerdem
Chlorid, Nitrat und Kalium nachgewiesen werden.
Während der Restaurierungsarbeiten in den Jahren 1997 bis 1999, ebenfalls gefördert durch die
Deutsche Bundesstitung Umwelt (DBU), wurden umfangreiche Festigungs- und Restaurierungsarbeiten ausgeführt. Hierbei wurde auch ein
Salzspeichermörtel eingesetzt, eine Salzreduzierung blieb jedoch aus. Bei einer Inspektion 2009
im Rahmen des DBU-Projektes Naturstein Monitoring wurden an fast allen Referenzlächen massive Salzausblühungen und ein Fortschreiten der
Verwitterung konstatiert, der Schadensverlauf ist
demnach aufgrund der Salzbelastung und Exposition äußerst schwer zu verlangsamen.7 Nach eigenen Beobachtungen im Frühjahr 2013 hat
sich diese Situation nicht grundlegend verändert
(Abb. 2 d/f).
In der Regel besitzt ein salzkontaminiertes Gestein
einen verengten Porenraum, was sich ungünstig
auf die Aufnahme von Festigungsmittel auswirkt.8
Eine Gesteinsfestigung kann das Mikrogefüge jedoch auch dahingehend verändern, dass es anfälliger gegenüber Salzkristallisation wird, denn eine
Festigung erzeugt in der Regel eine erhöhte Mikroporosität und ein Ansteigen der Material-Dehnung bei Feuchteaufnahme – wie eigene Untersuchungen gezeigt haben. Aus konservatorischen
Gründen hat deshalb vor einer Gesteinsfestigung
eine Salzreduzierung zu erfolgen. Außerdem sollte durch Testreihen an vergleichbarem Material
eruiert werden, inwieweit sich die petrophysika-
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— Wanja Wedekind
2 Ein Ausschnitt des Steinernen Albums (unten) mit ausgewählten Ausschnitten 1898 und 2013: a) ein Ausschnitt mit Szenen einer Fuchsjagd 1898 und b) 2013. Auf dem Bild von 2013 ist deutlich eine Zunahme des biologischen Bewuchses zu erkennen. c) Selbstbildnis des
Christian von Sachsen Weißenfels in erhabener Pose hoch zu Ross 1898 und d) 2000 in stark verwittertem Zustand mit massiven Salzausblühungen. e) Darstellung der Hochzeit von Kanaa im Jahr 1898 und f) in stark verwitterter Form 2013.
lischen Eigenschaten nach der Festigung verändern.
Dass eine nachhaltige Salzreduzierung auch an
Fels-Monumenten möglich ist konnte im Jordanischen Petra erfolgreich eruiert werden: Die legendäre Felsenstadt ist bekannt durch seine ca. 600 in
den Fels gemeißelten Tempel- und Grabfassaden
und wurde 1985 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt (Abb. 3).
Die markanten Verwitterungen, die an den Felsen und Fassaden autreten, sind wie am Felsrelief in Großjena auf Salze zurückzuführen. Bei den
Schadsalzen handelt es sich in erster Linie um Natriumchlorid, also Steinsalz, aber auch Magnesium
und Gips. Neuere Untersuchungen belegen, dass
das Salzgemisch in erster Linie durch den Regen
eingetragen wird.
Bei der Versalzung von Mauerwerk und Objekten aus mineralischen Materialien kommt in vielen Fällen die Kompressenmethode zum Einsatz.
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3 Um Christi Geburt entstanden im Jordanischen Petra Hunderte
imposante Felsfassaden, wie hier das Palastgrab
Hierbei wird ein Kompressenmörtel aus Zellulose, Sand und Wasser auf die kontaminierten Flächen aufgetragen. Das Wasser des Mörtels dringt
in das Gestein an, löst ein Teil der Schadsalze an
und transportiert diese, wenn alles gut verläut,
durch Trocknung und kapillaren Sog in die Kom-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
presse. Über die Kompresse trocknet das Wasser
ab und in ihr werden die gelösten Salze aukonzentriert. Die abgetrocknete Kompresse wird dann
entfernt und entsorgt. Die Prozedur wird solange
wiederholt, bis die Maßnahme als erfolgreich betrachtet wird.
Für eine erfolgreiche Salzreduzierung gab es in
Petra einen unfreiwilligen Test, denn als Restaurierungsmörtel wurde ein Material eingesetzt, das
nur einen geringen Salzgehalt verträgt. Das Bindemittel des Mörtels war Kieselsol in wässriger Lösung.9 Kieselsol besteht aus amorphem Silicat, das
in der wässrigen Lösung mit Natriumionen stabil
gehalten wird. Falls sich der Gehalt an Natriumionen jedoch verändert, lockt das Kieselsol aus und
der Mörtel kann nicht erhärten. Dies war in Petra auch nach einer Salzreduzierung per Kompressen die traurige Regel. Die Feuchtigkeit der Kieselsoldispersion drang in das kontaminierte Gestein
ein, löste einen Teil des Salzes und gelangte über
die Abtrocknung zurück in den Restaurierungsmörtel, der in diesem Fall wie eine Entsalzungskompresse wirkte. Das Kieselsol lockte aus, konnte nicht aushärten und wurde zerstört.
Im Jahre 2001 wurde die Situation umfangreich
neu eruiert und eine Berieselungsmethode zur
Entsalzung entwickelt und erfolgreich angewendet.10 Die Entwicklung der Methode war die Konsequenz vergleichbarer Beobachtungen, die Erkenntnisse zur Schadensentwicklung an den
Felsmonumenten lieferten: Nach Starkregen in
den Wintermonaten läut das Regenwasser über
immer dieselben Laufrinnen ab (Abb. 4). Während im Bereich der Laufrinnen die Gesteinsoberlächen noch weitgehend intakt sind und sich hier
sogar noch die größten Reste historischer Putze
und Bemalungen erhalten konnten, entwickelten
sich rechts und links der Ablaufahnen intensive
Rückwitterungen. Die Rückwitterungen sind lokal
begrenzt und entwickelten sich wie ein Lochfraß
bis zu 30 Zentimeter in die Gesteinsoberläche hinein (Abb. 4 f). Aufgrund ihrer Größe werden entsprechend kavernenartige Rückwitterungen als
Tafoni bezeichnet. Vergleichende Analysen von
Bohrkernproben innerhalb und außerhalb eines
Tafonis ergaben für den Beprobungsbereich innerhalb des Tafonis eine massive Salzkonzentration bis in eine Materialtiefe von 10 Zentimetern,
was auch erklärt, weshalb die Kompressenmethode nicht erfolgreich sein konnte.11
Erklärt werden kann die Schadensentwicklung
nach folgendem Modell: Das abließende salzkontaminierte Regenwasser dringt kapillar in das
poröse Gestein ein und breitet sich radial aus
(Abb. 4 b). Das im Wasser gelöste Salz gelangt
mit der Abtrocknung an die Gesteinsoberläche
(Abb. 4 c) und wird im Bereich der Laufspuren bei
einem nächsten Starkregen wieder abgewaschen
(Abb. 4 d). Auf den Flächen rechts und links der
Laufspuren, die nicht von abließendem Regenwasser benetzt und abgewaschen werden, konzentriert sich das Schadsalz auf und führt zu den beschriebenen Rückwitterungen (Abb. 4 e). Um die
kontaminierten Bereiche zu entsalzen, wurde sich
ein Beispiel an der Natur genommen und die betrofenen Bereiche wurden gezielt und kontrolliert beregnet bzw. berieselt. Hierzu wurde eine
Apparatur aus einem verzweigenden Schlauchsystem vor jeden kontaminierten Bereich montiert
(Abb. 4 [i]). Der Wasseraustritt am Ende eines jeden Schlauches erfolgte über eine Sprühdüse. Um
das ablaufende Wasser gezielt aufzufangen und abzuleiten, wurde am unteren Rand des jeweiligen
Tafonis eine Ablaufrinne aus Ton modelliert.
Über die Düsen an den Schlauchenden wurde Wasser auf die Steinoberläche gesprüht, das
unmittelbar zu Beginn in die poröse Mauerwerksoberläche eindrang (Abb. 4 [i]). Die Tiefe
des kapillaren Eindringens konnte über die Dauer der Berieselung geregelt werden. Das Wasser,
das Stein und Mörtel nicht in der Lage war aufzunehmen, lief am festgelegten Behandlungsbereich der Fassade ab, wurde Liter für Liter aufgefangen und auf seine elektrische Leitfähigkeit hin
überprüt. Nach einem Berieselungsgang, der in
der Regel nicht länger als zehn Minuten andauerte, wurde die Maßnahme unterbrochen und
die behandelte Fläche konnte langsam abtrock-
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— Wanja Wedekind
4 Verwitterungsmodell am Beispiel der Felsfassade Nr. 826
in Petra/Jordanien: a) nach einem Starkregen entwickeln sich
Laufrinnen über den Monumenten. b) An den Hauptablaufrinnen dringt so viel Wasser in das Gestein ein, dass es sich rechts
und links der Ablauffahne radial ausbreitet. c) Mit dem Abtrocknen reichern sich gelöste Salze an der Gesteinsoberläche an und
d) werden an den Bereichen, an denen das Regenwasser bei einem
nächsten Regenguss abläuft, gelöst und abgespült (d und e). In
den Bereichen, die nicht frei gewaschen werden, aber die durch
Sickerwasser durchfeuchtet werden reichern sich bauschädliche
Salze an, die sich immer stärker Aufkonzentrieren und abhängig von der Porosität und Dichte zu gravierenden Rückwitterungen führen können (f). h) Nach einem Starkregen zeichnen sich
die Ablaufrinnen deutlich als dunkle Bereiche an der Fassade ab.
i) Ein versalzender Tafoni wird behandelt und das abließende
Wasser Liter für Liter aufgefangen und gemessen. (g) Durch
die Berieselung konnten in den beschriebenen Bereichen über
1.000 Gramm Salze extrahiert werden. Bei der Abbildung hinter
den Fotograien h und i handelt es sich um eine historische Lithograie von David Roberts.
nen. Durch das Abtrocknen gelangten nun erneut
leicht lösliche Salze an die Oberläche. Von Berieselungsgang zu Berieselungsgang wurde so immer
eine jeweils geringere Menge an Salz an die Oberläche befördert und so konnte die Kontamination an leicht löslichen Salzen Schritt für Schritt gegen Null reduziert werden. Das Verfahren wurde
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in den Jahren 2001 bis 2003 an verschiedenen Monumenten aus Sandstein in Petra/Jordanien mit
Erfolg erprobt und durchgeführt: Der Kieselsolmörtel konnte aushärten. Das historische Drainagesystem, direkt über dem Grabmal war bereits zu
Bauzeiten ein Entwässerungskanal angelegt worden, wurde freigeräumt, sodass das Regenwasser
heute wieder kontrolliert abgeleitet wird und sich
auf der Felsfassade kein Schadsalz mehr aukonzentrieren kann.
Weitere Erfahrungen und erfolgreiche Ergebnisse mit der Methode konnten an einer Klosteranlage in Zeitz, an der Barockkirche Santa Monica in
Guadalajara/Mexiko,12 im Neuen Museum in Berlin13 und am historischen Rathaus in Potsdam gesammelt werden.
Auch im Fall des Steinernen Albums konzentriert sich das Schadsalz auf bestimmte, eingrenzbare Bereiche. Es kann angenommen werden, dass
sich mit der beschriebenen Methode auch im Fall
des Steinernen Albums eine nachhaltige Salzreduzierung durchführen ließe. Natürlich kann, wie
auch in Petra, der Einwand vorgebracht werden,
einen Berg könne man nicht entsalzen – womit die
Kritiker grundsätzlich auch nicht unrecht haben.
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
Aber um die Entsalzung eines Felsmassivs geht es
auch nicht. Vielmehr ist das Ziel der beschriebenen Maßnahme, gezielt in denjenigen Bereichen
eine nachhaltige Salzreduzierung vorzunehmen,
in denen sich die schädigenden Salze über Jahrhunderte bzw. Jahrtausende aukonzentriert haben. Für das Felsmassiv in Großjena muss außerdem berücksichtigt werden, das es sich bei dem
Hauptschadsalz um eine Allianz zwischen mineralischen Bestandteilen des Felsgesteins (Magnesium) und Sulfat, als ein Reaktionsprodukt aus Bestandteilen der Lutverschmutzung, handelt.14 Die
Schwefelwerte der Lutverschmutzung, auch als
„Saurer Regen“ bekannt, haben jedoch in den letzten 20 Jahren dramatisch abgenommen, weshalb
eine Salzreduzierung auch ohne größere lankierende Maßnahmen, wie z. B. ein gezieltes Ableiten
von Oberlächenwasser, eine nachhaltige Wirkung
verspricht. Bei einer Salzreduzierung ist für das
Hauptschadsalz nicht mit einer zeitnahen Wiederanreicherung zu rechnen. Als Salzspeicher- und
Restaurierungsmörtel bietet sich Kalkmörtel an,
wie sie noch im Folgenden beschrieben werden.
Memleben
Zu seiner Blütezeit muss der erste ottonische Kirchenbau für den Menschen des frühen Mittelalters
einen überwältigenden Eindruck hinterlassen haben. Der ergrabene Grundriss der dreischiigen
Basilika übertraf mit einer Länge von über 80 Metern und einer Breite von knapp 40 Metern, selbst
die St.-Michaels-Kirche in Hildesheim und den der
karolingischen Klosterkirche in Corvey an der Weser (Abb. 5). Die dreischiige Basilika verfügte über
zwei Querhäuser, zwei absidial geschlossene Chöre
und zwei geplante Krypten, mit deren Bau jedoch
lediglich begonnen wurde. Die Monumentalität des
Kirchenbaus wirt die Frage auf, ob es sich hier um
die geplante Grablege des ottonischen Herrschergeschlechts gehandelt haben könnte.
Die Ruinen des Kloster und der Kaiserpfalz Memleben sind malerisch im Untruttal in der Nähe des
Flussverlaufes gelegen. Der Ort markiert den sich
nach Osten anschließenden Eintritt in den von
hoch aufragenden Sandsteinformationen lankierten Talverlauf nach Nebra. Der historische
Straßenverlauf führte weiter nach Freyburg über
Naumburg zur kaiserlichen Pfalz nach Merseburg.
In Memleben hielten sich verschiedene sächsische
Herrscher und Kaiser während ihrer ausgedehnten Inspektionstouren durch ihr Reichsgebiet auf.
Für zwei von ihnen wurde Memleben zur letzten
Station ihrer ausgedehnten Reisetätigkeit. Heinrich I. und sein Sohn Otto I. verstarben auf der
Pfalz in Memleben. Heinrich wurde in der Krypta des Domes zu Quedlinburg, Otto im Dom zu
Magdeburg beigesetzt, doch die Eingeweide des
Letzteren verblieben in Memleben. Das wusste
der Chronist Widukind von Corvey (um 925 oder
933/35–973) laut der ihm zugeschriebenen Aufzeichnungen zu berichten.
Die unbestrittene Bedeutung, die Memleben also
vor etwa 1.000 Jahren besaß, führt heute im Volksmund dazu, den reizvollen Ort als erste deutsche
Hauptstadt zu bezeichnen. Sicher nicht ganz ernst
gemeint war 1991 die Bewerbung Memlebens als
Sitz der neuen Bundeshauptstadt. Sie bescherte
dem Örtchen einen kurzen Medienrummel, der
sicher mit dazu beitrug, dass der Verein des Klosters und der Kaiserpfalz Memleben die Anlage
heute so vorbildlich unterhalten kann.
Zwischen Zerstörung und dem Willen
zur Erhaltung
Memleben erlebte eine wechselvolle Geschichte,
die besonders zu Beginn der Neuzeit auch Revolte,
Zerstörung und Krieg über den Ort brachten: Wie
an zahlreichen anderen Orten erstürmten 1525 die
Bauern der Umgebung das Kloster und unternahmen den Versuch, sich von dessen Herrschat zu
befreien. Während des Dreißigjährigen Krieges
(1618–1648) musste das Dorf zwischen 1632 und
1642 sechs Überfälle und Brandschatzungen über
sich ergehen lassen. Spätestens seit dem 18. Jahr-
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— Wanja Wedekind
5 Grundriss und Lageplan der Klosterkirchen in Memleben (a und b) in Bezug zu den Grundrissen der frühmittelalterlichen Kirchen in
Hildesheim und Corvey (c)
hundert präsentierten sich die Kirchen als Ruinen.
Auf Grundlage der umfassend aufgearbeitete Geschichte15, 16 und ausgiebig dokumentierten Erhaltungsgeschichte17 durch Schmitt kann man bei
kritischer Durchsicht der Fakten zu dem Schluss
gelangen, die Klosteranlage sei nicht wegen, sondern trotz der Interventionen staatlicher Stellen
heute noch in einem verhältnismäßig guten Zustand. Zu konstatieren bleibt, dass die verschiedenen Rückbaumaßnahmen im 18. und 19. Jahrhundert auf Empfehlung und Geheiß zuständiger
Stellen erfolgten. Besonders gravierend wirkten
sich diese im Bereich des Chores und der Apsis
des zweiten Kirchenbaues aus. Hier waren vor den
zahlreichen Interventionen noch hoch aufragende
Mauerreste erhalten, die die einstige Mächtigkeit
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des Bauwerkes erahnen ließen. Konstatiert werden
muss, dass nicht die Natur diesen Situationen den
Todesstoß versetzt hat, sondern die Freigabe zum
Abriss.
Hinsichtlich methodischer Vorstellungen lässt sich
insbesondere durch die überlieferten Architekturzeichnungen ablesen, dass ofenbar ein gewisser Begradigungswillen der ruinösen Strukturen
ganz den Zielvorstellungen anvisierter Restaurierungsmaßnahmen entsprach. Eine weitere historische Lithograie, wahrscheinlich aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, zeigt den unregelmäßigen
Mauerwerksverlauf und die bis zum Abriss bestehenden hoch aufragenden Mauerwerksreste des
einstigen Westwerks. Der Stich zeigt auch das Eingangstor in die Domäne, um das sich ein lebhater
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
Streit entfachte und das schließlich ebenfalls abgerissen wurde.18
Die Krypta
Die Krypta der spätromanischen Klosterkirche ist
das Herzstück der mittelalterlichen Anlage, deren herausragende Bedeutung nicht zuletzt aufgrund der Legende, die Eingeweide Otto I. hätten in Memleben ihre letzte Ruhestätte gefunden,
schon im späten 18. Jahrhundert zunehmend an
Bedeutung gewann. Die Entnahme der Eingeweide war nicht nur ein zeremonieller Akt, sie war in
gewisser Weise auch konservatorisch notwendig,
um den Leichnam bis zur Beisetzung besser erhalten zu können. Eine entsprechende Beisetzung
war ein langwieriger zeremonieller Akt, der sich
über Wochen hinzog, um einer möglichst großen
Anzahl Getreuer und Untergebener eine Beteiligung zu ermöglichen und so die noch junge kaiserliche Feudalordnung auch für die Zukunt zu
legitimieren.
Die Klosteranlage war fortan einer gewissen nationalen Verklärung ausgesetzt und wurde bereits
1794 als eines der „heimischen Nationalaltertümer“ bezeichnet.19 Nicht zuletzt dieser ihr zugeschriebenen nationalen Bedeutung hat die Ruine
ihre denkmalplegerischen Interventionen zu verdanken.
Doch ganz gleich, ob sich tatsächlich in der Klosteranlage die sterblichen Überreste eines sächsischen Herrschers und Kaisers beinden, der
Sakralraum unter den Resten des zweiten Kirchenbaues strahlt ein Höchstmaß an gestalterischer Harmonie aus, was sich auch in der symmetrischen Ausgewogenheit des Grundrisses ablesen
lässt (Abb. 5). Die vier eingestellten schlanken
Säulen verleihen ihm trotz seiner Lage, seiner
überschaubaren Größe und der dem Innenraum
innewohnenden Dunkelheit eine große Erhabenheit und architektonische Leichtigkeit. Doch der
eintretende Betrachter wird nicht nur von diesem harmonischen Eindruck eingenommen, son-
dern auch vom Innenklima des Raumes. Hier ist
es feucht und kühl und für einen längeren Aufenthalt lässt es sich hier alles andere als gastlich
einrichten. Gerade aus diesem Grund wurden die
sakralen Hallen bis in die 40er-Jahre des 19. Jahrhunderts bevorzugt als Kartofelkeller genutzt.20
Dieser Beklommenheit ist es ofenbar geschuldet,
dass sich die gesamte Riege der Denkmalpleger
ausgehend vom 19. Jahrhundert bis zum heutigen
Tage, wie Schmitt 2009 eindrücklich beschreibt,
für eine Trockenlegung des Raumes einsetzt. Der
Feuchtigkeit wird das Hauptschadenspotenzial zugesprochen und einige Verantwortlichen wähnten
sogar die Gewölbe als akut einsturzgefährdet. Tatsächlich ist es richtig, dass die mechanischen Werte von durchfeuchteten mineralischen Materialien wie Sandstein um bis zu 40 Prozent und mehr
absinken können,21 doch das Gewölbe hielt stand.
Für wassergesättigte historische Hochbrandgipsmörtel, mit dem beide Kirchengebäude errichtet
wurden, ist eine Reduzierung der Druckfestigkeit
mit 25 Prozent im Vergleich zu trockenen Proben
vergleichsweise gering,22 weshalb hier Entwarnung
gegeben werden kann. Das Gewölbe, in Verschalbauweise aus Hochbrandgipsmörtel mehr gegossen als gebaut, hielt stand.
Wie Schmitt 2009 berichtet wurde mehrfach der
Vorschlag unterbreitet, ein „Deutsches Dach“ über
dem ruinösen Hochchor der Kirche zu errichten
und den Innenraum regelmäßig zu lüten. Ein besonders entschlossener Vertreter der Zunt schlug
sogar vor, Entlütungsschächte einzubauen, wurde
jedoch glücklicherweise zurückgepifen. Aus ästhetischen und inanziellen Gründen einigte man
sich schließlich auf einen Plattenbelag auf dem
Hochchor, der bis ins 21. Jahrhundert mehrfach
erneuert und in den 1930-Jahren durch die Montage einer Betonplatte über der Krypta komplettiert wurde.23
Festzuhalten bleibt, dass die Krypta die Jahrhunderte in ihrem feuchten, eher ungastlichen Zustand verhältnismäßig gut überstanden hat. Wahrscheinlich herrschte bereits mit Errichtung des
Bauwerkes eine gewisse Grundfeuchtigkeit vor.
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Ofenbar haben sich jedoch bereits zu einem sehr
frühen Zeitpunkt dichte Gipskrusten über die fein
und reich dekorierten Kapitelle aus Sandstein ausgebreitet, was hier zu erheblichen Schäden geführt
hat (Abb. 6 b). Entsprechende Schäden beschreibt
schon Puttrich im Jahre 1837, was er jedoch einseitig der Feuchtigkeit zuschreibt,24 nur die halbe
Wahrheit, denn der Gips fand damals keine Erwähnung. Unklar bleibt bei allen Überlegungen
darüber hinaus, ob eine Verdachung die Mauerfeuchtigkeit nachhaltig reduziert hätte, denn das
Fußbodenniveau der Krypta liegt mehr als einen
Meter unter dem Erdreich. Messungen konnten
bestätigen, dass die Mauerwerksfeuchte mit dem
in das Terrain eingebrachten Niederschlagswasser
in Zusammenhang steht, wobei der seitliche Eintrag im Vergleich zur aufsteigenden Feuchte aus
dem Baugrund überwiegt, wie die Interpretation von Feuchte-Messungen im Tiefenproil nahe
legt.25
Aus diesem Grund wurden bereits im Jahr 1997
eine Vertikalsperre durch eine umlaufende Lehmpackung an das Außenfundament der Krypta angebracht und das Mauerwerk neu verfugt.26 Außerdem wurde der Fußboden, wahrscheinlich in
nachklösterlicher Zeit, abgedichtet. Ob das die
richtige Entscheidung war, wird die Zukunt zeigen, denn eine mögliche Abtrocknung ist nun
nur noch einseitig nach innen und über die erdberührten Architekturelemente wie die Säulen
und Pfeiler möglich, die ihrerseits eine erhebliche
Feuchtebelastung aufweisen. Zwar wird der Bodenfeuchte nur eine untergeordnete Rolle bei der
Durchfeuchtung eingeräumt, diese konnte jedoch
weder durch die durchgeführten Maßnahmen abgestellt werden noch haben sich die Feuchtewerte in der Krypta merklich verändert, weshalb heute auch über eine Horizontalsperre nachgedacht
wird. Massiv aufgetretene Gipsaulagen wurden
bei den umfangreichen Sanierungsmaßnahmen
der Jahre 1993 bis 2007 wiederholt gedünnt.27
Natürlich stellen die aufreißenden Gipsüberzüge
ein großes konservatorisches Problem da. Womit
die Bauzier in Memleben aber alles andere als iso-
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liert dasteht (Abb. 6). Tatsächlich ist die Gipsbelastung für Sandsteine als eines der Hauptprobleme der Steinkonservierung generell anzusprechen,
für das bis heute noch kein befriedigendes konservatorisches Verfahren entwickelt werden konnte.
Gips
Der Gips kommt in Memleben, anders als z. B. in
industriellen Lebensräumen nicht aufgrund einer Reaktion des sauren Regens mit dem Kalk aus
dem Mauermörtel zustande, sondern der Mauermörtel besteht wie bereits erwähnt aus Gips, ist
also ein immanenter Bestandteil des Bauwerkes.
Dabei handelt es sich nicht um normalen Gips,
wie er auch im Baumarkt erhältlich ist, sondern
um Hochbrandgips. Hochbrand- oder Estrichgips wird in ähnlicher Weise hergestellt wie Baukalk und kann als der Schnellbaustof der vorindustriellen Zeit bezeichnet werden. Der Vorteil
gegenüber Kalkmörtel besteht in seiner Frühfestigkeit und hohen Endfestigkeit, die durchaus mit
zementhaltigen Baustofen vergleichbar ist. Historische Gipsmörtel weisen hinsichtlich ihrer Porenraumeigenschaten und physikalischen Kennwerten erhebliche Streubreiten auf. Für entsprechende
Mörtel aus der Harzregion und dem südlichen
Niedersachsen konnten Porositäten zwischen 12–
25 Prozent, Druckfestigkeiten zwischen 11–33 N/
mm2 und ein dynamischer E-Modul zwischen
3,6–37,3 N/mm2 nachgewiesen werden.28 Nach
umfangreichen Untersuchungen an historischen
Gips-Kalk-Mörteln können Festigkeiten von im
Mittel 20 N/mm2 angegeben werden.29 Besonders
hohe Druckfestigkeiten ielen hierbei auf Mörtel,
die während des Verarbeitungsprozesses noch zusätzlich stark verdichtet wurden. So wurden an
Proben eines Estrichgipsbodens der Schlosskapelle in Sondershausen im benachbarten hüringen
Druckfestigkeiten von 30,9 N/mm2 und Biegezugfestigkeiten von 7,76 N/mm2 festgestellt.30
Gipsmörtel stellen trotz ihrer Härte für die Erhaltung von Ruinenarchitektur jedoch auch eine Viel-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
6 a) Schäden durch Gipskrusten an Zierelementen aus Sandstein der Ruinen des Wendelsteins, b) eines Kapitells der Krypta von Memleben
und c) eines Balkons von Schloss Mansfeld, die jeweils mit Hochbrandgipsmörteln errichtet wurden
zahl von Problemen dar. Denn Gipsmörtel weisen ein deutlich höheres Kriechmaß auf als andere
Mörtel, was zu sekundären Bindemittelausfällungen und einer Stabilisierung, aber auch zu teilweise dramatischen Verformungen des Mauerwerkes
führen kann.31 Entsprechende Verformungen sind
an zahlreichen Mauerwerksbereichen der Burg
und Burgruine Wendelstein, nur 3 Kilometer von
Memleben entfernt, zu begutachten.
Der „Schnellbaustof “ Hochbrandgipsmörtel wurde häuig für die Errichtung von Wehrbauten eingesetzt, die den politischen Bedingungen zufolge,
otmals zügig errichtet werden mussten. Seit dem
Spätmittelalter ist nach Recherchen des Gipsmuseums in Walkenried sogar bereits ein reger Baustohandel mit dem begehrten Material belegt.
So wurden große Teile der aus Kalkstein errichteten Burg Plesse bei Göttingen mit Hochbrandgips
aus dem 62 Kilometer entfernt liegenden Walkenried errichtet. Aus denselben Materialien bestehen
auch die Burganlagen der Zwei Gleichen, ebenfalls
bei Göttingen (Abb. 9 c).
Chemisch betrachtet ist Gips ein Salz, wenn
auch ein schwer lösliches. In einem Liter Wasser
mit Zimmertemperatur (20° C) lösen sich etwa
2 Gramm Gips nach Lucas 2003 sogar 2,6 Gramm
allerdings in demineralisiertem Wasser.32 Wenn
mit Gips belastetes Wasser, kapillar durch poröse
Materialien wie Sandstein transportiert wird und
an der Oberläche abtrocknet, fallen die gelösten
Stofe aus und es bilden sich otmals die beschrie-
benen dichten Gipskrusten. Diese Krusten überziehen die Oberläche und können bevorzugt an
den Ecken aubrechen, wie man es u. a. an den Kapitellen der Krypta in Memleben beobachten kann
(Abb. 6 b).
Die Mobilität des Bindemittesl, seine Löslichkeit,
sein Kriechen und sein Wieder-Ausfällen haben
jedoch auch einen positiven Nebenefekt, denn das
beschriebene Verhalten kann auch dazu führen,
dass Risse und Frakturen wieder ausgefüllt werden können und so Gebäudeteile, die hofnungslos verloren wären, hätte man sie mit Kalkmörtel
errichtet, heute nach wie vor Bestand haben. Es
wundert deshalb nicht, dass einige Wissenschatler im Lösungsverhalten sogar eine Voraussetzung
für die Dauerhatigkeit von Gipsmörteln sehen.33
Wendelstein
Nur wenige Kilometer von Memleben entfernt, im
Westen gelegen, kann ein solches Wunderwerk für
die Beständigkeit von Gipsbaustofen begutachtet
werden. Eine Turmruine der Burg Wendelstein, im
Volksmund Nonnenturm genannt, der heute aussieht wie der aufgebrochene Lauf einer Piratenpistole, war tatsächlich im Dreißigjährigen Krieg gesprengt worden und verharrt seitdem, weitgehend
unverändert in dieser dramatisch anmutenden Position (Abb. 7 a). Im Vergleich zu Fotoaufnahmen
aus dem Jahr 1990 und heute lassen sich fotogra-
299
— Wanja Wedekind
7 a) Der Nonnenturm des Wendelsteins heute und b) auf einer Fotograie von 1990. Nur wenige Steine zwischen zwei Rissen sind herausgebrochen. c) Reste der Emporenarkatur der ehemaligen Schlosskapelle von Burg Wendelstein.
isch nur partiell wahrnehmbare Veränderungen
am Bauwerk ausmachen (Abb. 7 b).
In diesem Fall kann man regelrecht dankbar dafür sein, dass auf Wendelstein keine Überreste eines als deutsch postuliertem Herrschers vermutet
wurden und die institutionalisierte Denkmalplege in der Vergangenheit keinen Willen zur Intervention hat erkennen lassen. Der Turm wäre
wahrscheinlich wegen Baufälligkeit abgerissen
worden. Zu vermuten ist deshalb auch, dass die als
absturzgefährdet eingestuten hoch aufragenden
Ruinenfragmente der zweiten Kirche von Memleben, die wie beschrieben durch hoheitlichen Erlass
abgerissen wurden, gar nicht so absturzgefährdet
waren wie behauptet. Wie kompakt die ruinösen Bauwerke aus Hochbrandgips sind und waren wird auch daran deutlich, dass nach Freigabe
zur Nutzung als Steinbruch, sehr schnell von ihrer
Verwendung abgesehen wurde. Der Abbruch war
ofenbar zu mühsam und nach Schmitt 2009 „zu
teuer“ und das Herausbrechen der Steine aus dem
steinharten Mörtel aufwendiger, als sich aus dem
nur wenige Kilometer entfernt liegenden Steinbrüchen vor Wangen mit Baumaterial zu bedienen.
Trotzdem besteht am Wendelstein an unterschiedlichen Gebäudetrakten akuter Handlungsbedarf,
nur sollte hierbei auf den Einsatz geeigneter Materialien geachtet werden. In einem kritischen Zustand beindet sich z. B. die Ruine der ehemaligen
Schlosskapelle, in der sich noch stattliche Reste
300
der ehemaligen Bauzier erhalten haben (Abb. 7 c).
Hierzu gehören gedrehte Sandsteinsäulen, zwei
Kreuzgradgewölbe der Emporenarkatur und ein
eingewölbter Nebenraum, bei dem es sich wahrscheinlich um die ehemalige Sakristei handelt.
Im 19. Jahrhundert waren die bedeutenden Relikte der Kapelle, die Emporenarkatur und die Sakristei, noch mit Schutzdächern versehen. Diese waren noch bis in die 1940er-Jahre weitgehend intakt
und konnten die Bauzier in präventiver Weise optimal schützen. Auf Fotoaufnahmen des Landesamts für Archäologie und Denkmalplege Sachsen-Anhalt ist der zunehmende Verfall, mit einem
zunehmenden Verfall der Schutzdächer, die offenbar nicht gewartet wurden, nachzuvollziehen.
Nach dem endgültigen Einsturz und der Beräumung der Schutzdächer in den 1950er-Jahren setzte die Verwitterung ungebremst ein. Zierelemente (zwei igürliche Medaillons und ein Schritfeld)
waren bis 1973 demontiert oder gestohlen und in
den 1990er-Jahren Teile des linken Arkaturbogens
abgestürzt.
Sanierungsmaßnahmen in den 1990er-Jahren
konzentrierten sich auf eine Stabilisierung unter Verwendung ungeeigneter Materialien, wie
neuzeitliche Ziegelsteinen und Zementmörteln
(Abb. 7 c). Das hintere Gewölbe der Sakristei ist
heute akut einsturzgefährdet. Teile der Fensterumrahmung waren ofenbar herausgebrochen
worden, was bereits einen Teilabsturz der Decke
nach sich zog.
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
Natürlich wäre es wünschenswert, wenn das Innenklima der Krypta von Memleben zu einer längeren Verweildauer einladen würde, doch wäre ein
für den menschlichen Betrachter angenehmes Klima der Denkmalsubstanz zuträglich? Messungen
der Lutfeuchtigkeit in den Jahren 1994 und 1997
zeigten Werte zwischen 75 Prozent und 99,9 Prozent mit einem Mittel von über 80 Prozent. Nach
intensiven Sanierungsmaßnahmen haben sich
diese Werte in den Jahren 2006 und 2007 mit jeweils im Mittel 87 Prozent nicht wesentlich verändert (Kalisch 2007). Bei Feuchtemessungen an der
Nord- und Südwand der Krypta konnten ein tendenzieller Anstieg und eine weitere Ausbreitung
der extremen Feuchtewerte (zwischen 18–25 V %)
konstatiert werden:34 Extreme Werte wurden 1994
an der Südseite bis zu einer Höhe von ca. 3,5 Metern und an der Nordseite bis zu einer Höhe von
2,5 Metern festgestellt. Ein Feuchteanstieg zeigte sich drei Jahre später bei Nachmessungen an
der Nordwand, wo die Extremwerte die Drei-Meter-Marke erreichten.
Salze
Was für die Krypta zu erwarten wäre, wenn die
Wände, Säulen und Kapitelle einer Zwangstrocknung ausgesetzt wären, kann an zahlreichen Bereichen der Kirchenruinen abgelesen werden. Insbesondere die Mauerwerksbereiche, die nach einer
zwangsläuigen Durchfeuchtung durch den Regen abtrocknen und nach Süden ausgerichtet sind,
zeigen extreme Rückwitterungen (Abb. 8 a und
b). Was die Änderung der Klimas an destruktiven Potenzialen im Innenraum entwickeln kann,
beschreibt Laue 2013 für die Krypta St. Maria im
Kapitol in Köln, wo es nach einer Zwangstrockenlegung durch eine Heizung 1969 zu erheblichen
Schäden durch die Kristallisation bauschädlicher
Salze kam.35 Ein Szenario, das auch der Krypta in
Memleben drohen könnte, würde der Innenraum
ohne eine Reduzierung der leicht löslichen Salze
zwangsgetrocknet.
Denn für eine potenzielle Schadensprognose spielt
nicht nur der Gips eine Rolle. Der schwer lösliche Gips ist für die extremen Verwitterungsschäden an der Klosteranlage nur im begrenzten Maße
verantwortlich. Auch andere Ionenverbindungen konnten sowohl bei aktuellen Untersuchungen von Salzausblühungen an Außenmauern des
Geologischen Instituts der Universität Göttingen
als auch in Proben, die innerhalb der Krypta entnommen wurden, nachgewiesen werden.36 Hierzu
gehört Kalium, dem im Verbund mit Sulfat aufgrund seiner geringeren Löslichkeit ein geringes
Schadenspotenzial zugesprochen wird37 und Natrium, das mit Sulfat über eine große Zerstörungskrat verfügt, jedoch nur in geringen Mengen vorkommt. Im Außenbereich konnten zusätzlich
Nitrate nachgewiesen werden, was nicht verwundert, schließlich handelt es sich bei der Anlage um
ein landwirtschatlich genutztes Terrain.
Ein anderer materialbedingter Mitspieler erzeugt
jedoch ein besonders aggressives Schadenspotenzial: Magnesium, das in zwei der drei untersuchten
Proben aus der Krypta nach dem Gips (Calcium
und Sulfat), zwar in vergleichbar geringer Konzentration, jedoch als häuigstes Element nachgewiesen werden konnte.38 Dass Gips dominiert,
liegt auf der Hand, schließlich wurde das Gebäude
mit einem Gipsmörtel errichtet. Als Quelle für das
Magnesium kommt das Bindemittel aus Teilen der
verbauten Sandsteine infrage.
Nur wenige Kilometer östlich von Memleben sind
die historischen Steinbrüche bis heute aufgeschlossen. Rechter Hand vor dem Dorf Wangen kann ein
großes Spektrum der Abfolge der Bernburg-Formation bestaunt werden. Der Abschnitt, der bei
Wangen aufgeschlossen ist, erreicht eine Höhe von
ca. 16,5 Metern, von denen die unteren 8,8 Meter als „Dolomitische Sandsteine“ zu bezeichnen
sind.39 Die Beschreibungen der Steine in Farbe und
Struktur, die in der geologischen Fachliteratur zu
inden sind,40 gleichen den Mauersteinen der Klosteranlagen von Memleben. In den obersten Schichten der Formation des südöstlichen Harzvorlandes
sind „Dolomitische Sandsteine“ ausgebildet,41 d. h.
301
— Wanja Wedekind
das Bindemittel dieser Kalksandsteinschicht ist
Magnesiumcarbonat (MgCo3).
Als die Bauwerke in Memleben noch schützende Dächer aufwiesen, konnten die beiden „Spielgefährten“ noch nicht zusammenkommen. Seit
einigen Jahrhunderten ist die mittelalterliche Bausubstanz jedoch weitgehend schutzlos dem Regenwasser ausgesetzt. Das Magnesium aus dem Stein
und der Sulfat aus dem Gips lösen sich in Wasser
und gehen eine ausgesprochen aggressive Verbindung ein, wobei das bauschädliche Salz Magnesiumsulfat entsteht.
Die schädigende Wirkung von Magnesiumsulfat-Salzen liegt in seinen möglichen unterschiedlichen Hydratzuständen begründet. Das bedeutet,
das Salz ist in der Lage, in Abhängigkeit von der
relativen Lutfeuchte, pro Molekül eine Vielzahl
an Wassermolekülen aufzunehmen. Dies führt zur
Ausbildung unterschiedliche Salzphasen:
MgSO4·H2O (Kieserit) MgSO4·6H2O (Hexahydrit) MgSO4·7H2O (Epsomit)
Der Einbau der Wassermoleküle ist mit einer Gewichtszunahme und einer erheblichen Volumenvergrößerung verbunden. Die Umwandlung ist
abhängig von der relativen Feuchte und Temperatur und erreicht nach Goudie und Vieles 1977, angefangen von der wasserfreien Form bis Epsomit,
eine Volumenvergrößerung von 223,2 Prozent.42
Diese läut schrittweise ab: Von der Umwandlung
von Kieserit zu Hexahydrit wird eine große Volumenzunahme von ca. 140 Prozent angegeben.43
Die Umbildung von Hexahydrit zu Epsomit ist mit
einer Volumenzunahme von rund 10 Prozent verbunden. Die Volumenvergrößerungen erzeugen
einen Druck von erheblicher Sprengkrat, den Hydratationsdruck. Dieser kann bei Hexahydrit zu
Epsomit bei einer Temperatur von 0–20°C und einer relativen Feuchte von ca. 70 Prozent mit Werten zwischen 6,8–9,7 N/mm2 angegeben werden.44
Die Phasenumwandlung ist mit Lösungs- und Rekristallisationsvorgängen verbunden. Der dabei
theoretisch berechenbare Kristallisationsdruck
302
liegt bei Epsomit zwischen 10,5–12,5 N/mm2 und
bei Hexahydrit zwischen 11,8–14,1 N/mm2.45
Im Falle der Kirchenruinen kommt es im Laufe des Jahres zu einer permanenten Anreicherung
von Magnesiumsulfatsalzen und anderen Sulfatverbindungen und bei angenommenen Klimaverhältnissen mit einer Temperatur von –10° C und
40° C und einer Lutfeuchtigkeit von 30 bis 90 Prozent zu einem ständigen Wechsel zwischen den
Salzphasen Kieserit, Hexahydrit und Epsomit. Salzausblühungen und Zerstörungen sind insbesondere an Mauerwerkslächen abzulesen, die nach
Süden ausgerichtet sind und somit den Wechselbedingungen von Befeuchtung und Abtrocknung
im besonderen Maße ausgesetzt sind. Insbesondere in Bereichen, die nicht regelmäßig von Regenwasser abgewaschen wurden, und an denen sich
die bauschädlichen Salze, wie Gips und Magnesiumsulfat, stark angereichert haben, führten diese zu substanziellen Schäden. Hierbei handelt es
sich in erster Linie um Fassadenbereiche, die nach
Süden ausgerichtet sind. Diese werden relativ selten von Schlagregen abgewaschen und trocknen
durch direkte Sonnenbestrahlung stärker aus als
nach Norden oder Westen ausgerichtete Mauern.
Der Trocknungsgradient ist einseitig nach Süden
ausgerichtet. Wird der Baukörper durchnässt, treten eine gerichtete Abtrocknung und ein gewisser Trocknungssog nach Süden ein, was die beschriebene Aukonzentration zusätzlich verstärkt.
Durch aktive Verwitterung wird Gesteinsmaterial, werden aber auch bauschädliche Salze in kristalliner Form durch ein Absanden und Ausrieseln
abgetragen, sie fallen zu Boden und Letztere geraten mit der Bodenfeuchte erneut in Lösung. Ein
Teil dieser Salze wird dann erneut durch kapillare
Prozesse in die Sockelzone eingetragen. Auf diese Art und Weise stellt sich ein gewisser Kreislauf
ein, der die Salzverwitterung insbesondere in der
Sockelzone zusätzlich verstärkt. Der Prozess kann
besonders anschaulich an der Langhauswand des
zweiten, aber auch des ersten Kirchenbaus aus dem
10. Jahrhundert nachvollzogen werden. Im Sockelbereich der Südseite des beschriebenen Bauab-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
8 a) die Nordseite der Langhausmauer des ersten Kirchenbaus zeigt Verwitterungen lediglich im rückwertig, erdberührten unteren Mauerbereich, b) die Südseite der Mauer ist stark verwittert und zeigt partiell Salzausblühungen, c) Salzauswaschungen und Umlagerungen führen zu Ausblühungen entlang von Fugen und der Ausbildung von Krusten
schnitts hat sich eine Rückwitterung von 20 Zentimetern und mehr ergeben, die inzwischen für die
äußere Mauerwerksschale ein statisches Problem
darstellt (Abb. 8 a und b). Salzumlagerungen führen jedoch auch zu Krustenentwicklungen, auch an
silikatisch gebundenen Sandsteinen wie dem Nebra-Sandstein, der für die Spitzbogenarchitektur des
zweiten Kirchenbaus verwendet wurde (Abb. 8 c).
Es kann also zusammengefasst werden: Das Gefährdungspotenzial resultiert aus den verbauten
Gesteinen und dem verbindenden Mörtel, ist also
bauwerksimmanent und wird bei Feuchteeinwirkung zu einer hausgemachten Herausforderung,
die bislang in über 100 Jahren denkmalplegerischer Debatten über die richtige Erhaltungsstrate-
gie noch keine ausreichende Berücksichtigung gefunden hat.
Was man nun tun kann und wie eine richtige,
zielführende und nachhaltig angelegte Konservierungsstrategie für die Klosteranlage aussehen
könnte, soll im Folgenden beschrieben werden.
Reduzierung der aukonzentrierten
Salzdepots
Aufgrund der Quellenlage kann davon ausgegangen werden, dass der erste Kirchenbau mindestens
seit 500 Jahren, wenn nicht sogar seit bereits rund
1.000 Jahren als Ruine existiert. Der zweite jünge-
303
— Wanja Wedekind
9 a) Intensive Alveolarverwitterung an der Klosterkirche in Zeitz, b) Schadens- und Materialkartierung der nach Süden ausgerichteten
Kreuzgangfassade, c) die Ergebnisse der Salzreduzierung. d) Abweichend zu der Behandlung in Petra wurde in Zeitz ein rasterförmiges System aus Schläuchen und Zerstäuberdüsen verwendet.
re Kirchenbau war nach den Aufzeichnungen von
Schmelius 1729 ebenfalls bereits im 18. Jahrhundert eine Ruine, sein Chor war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch weitgehend erhalten.46 Seit dieser Zeit war der überwiegende Teil des Bauwerkes
der freien Bewitterung und somit auch den beschriebenen Verwitterungsmechanismen ausgesetzt. Um die Aukonzentration insbesondere der
leicht löslichen Schadsalze zu minimieren, wäre es
konservatorisch richtig, Entsalzungsmaßnahmen
durchzuführen. Für die Salzreduzierung von mit
Magnesiumsulfat belastetem Mauerwerk hat sich
das in Petra entwickelte Berieselungsverfahren bewährt.47 Im sachsen-anhaltischen Zeitz konnte so
die gesamte nach Süden ausgerichtete Kreuzgangfassade der Klosterkirche entsalzt werden, an der
sich eine ausgeprägte Alveolarverwitterung ausgebildet hatte (Abb. 9 a). Auch in diesem Fall handelte es sich um ein Bauwerk, das überwiegend
aus dolomitisch gebundenen Sandsteinen besteht.
In Zeitz wurden diese zwar nicht mit einem Gipsmörtel vermauert, aber die Lutschadstofe – Zeitz
304
war über rund einhundert Jahre ein Zentrum der
Brikettindustrie – führten zu einem Eintrag an
mit Schwefel belastetem Regenwasser und zu einer Umwandlung des Kalkes zu Gips. Der Gips reagierte dann mit dem Magnesiumgehalt des Gesteins zu Magnesiumsulfat.
Für die außenexponierten Ruinenmauern, insbesondere für diejenigen, die nach Süden ausgerichtet sind, könnte das Berieselungsverfahren eine
gangbare Möglichkeit darstellen, um die aukonzentrierten leicht löslichen Salze, wie z. B. Magnesiumsulfat oder Natriumsulfat, nachhaltig zu reduzieren. Anders verhält es sich mit der Situation
in der Krypta, auf die am Ende des Textes noch
einmal gesondert eingegangen werden soll.
Auswahl eines geeigneten
Restaurierungs- und Salzspeichermörtels
Teile der Ruine des Kirchenbaus des 10. Jahrhunderts beinden sich in einer prekären Situa-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
10 Mittelalterliche Mörtel und seine Charakteristika: a) ottonische Hochbrandgipsmörtel der ältesten Gebäudeteile des Schlossberges von
Quedlinburg, b) mittelalterlicher Hochbrandgipsmörtel der Burganlage Gleichen in Thüringen, c) spätmittelalterlicher Hochbrandgipsmörtel der Burgruine Gleichen bei Göttingen und d) mittelalterlicher Kalksandmörtel der Klosterkirche in Zeitz
tion. Dies wurde deutlich, als 2009 ein pfeilerartiger Mauerwerksrumpf des Westwerkes, der im
Volksmund auch „Mauerklotz“ genannt wird, einzustürzen drohte. Umfangreiche Sicherungsmaßnahmen waren notwendig. Eine Mauerecke wurde in grob behauenen Quadersteinen neu errichtet
und die Mauerkrone des Baukörpers mit Mörtel
gesichert (Abb. 12 a). Die Reparaturen fallen auf,
denn sie sind in einem rötlichen Mörtel ausgeführt. Hierbei handelt es sich um einen nach historischem Vorbild nachgestellten Hochbrandgipsmörtel, der tatsächlich otmals auch in rötlicher
Färbung aufzuinden ist. Im Gegensatz zum neuen
Reparaturmaterial hat der originale Befundmörtel
eine graue Farbe. Ähnliche Hochbrandgipsmörtel
wurden auch an den ältesten Gebäudeteilen des
Quedlinburger Burgberges verbaut (Abb. 10 a).
Dabei handelt es sich ebenfalls um ein in der ottonische Epoche errichtetes Gebäude. Der grau gefärbte Hochbrandgips war wahrscheinlich in einem Meilerbrand hergestellt worden, denn Kohle
und Aschepartikel verleihen ihm seine charakteristische Farbe (Abb. 10 a). Doch bei den färbenden Bestandteilen könnte es sich auch um eine
bewusst zugeführte Beimengung gehandelt haben, denn Asche und Holzkohle könnten auch die
Funktion eines Speichermediums für Feuchtig-
keit gehabt haben, weshalb der Mörtel eine längere Topfzeit aufweist und beim Mauern langsamer
austrocknet, was Rissentwicklungen entgegenwirken kann. Diese Funktion können auch die zerstoßenen Ziegelfragmente gehabt haben, die sowohl
in ottonischen Hochbrandgipsmörteln als auch
späteren Hochbrandgipsmörteln zu inden sind
(Abb. 10 a und b). Auch die jüngere zweite Kirche
wurde aus Hochbrandgipsmörtel errichtet.
Der Einsatz eines dem Bestand gegenüber kongruenten Restaurierungsmaterials ist eine Grundregel für eine denkmalgerechte Restaurierung. Diesem Prinzip wurde Genüge getan, doch war das
auch die richtige Entscheidung im Fall Memleben? Der Gipsmörtel ist ein Teil des Bauwerkes,
aber aus konservatorischer Sicht aufgrund der unglücklichen Allianz, die der Gips mit dem dolomitischen Bindemittel des Gesteins eingeht, auch
ein Teil des Problems. Für einen Restaurierungsmörtel, der für diesen speziischen Fall Teil einer
Lösung sein will, müssen deshalb unterschiedliche
Voraussetzungen gelten: Das Material darf keine
Bestandteile beinhalten, die Reaktionen mit den
anderen Baumaterialien eingehen, die zu Schäden führen. Das Material sollte in der Lage sein,
möglichst viel Salz zu speichern, um so als Puffer zwischen dem Gestein und dem Mörtel zu die-
305
— Wanja Wedekind
nen. Außerdem sollte der Mörtel eine möglichst
hohe Festigkeit und Dauerhatigkeit besitzen, die
jedoch nicht die der verbauten originalen Materialien, also die des Sandsteins und des Gipsmörtels, übersteigt. Im Zweifelsfall sollte der Restaurierungsmörtel verwittern und nicht das originale
historische Material. Und zu guter Letzt sollte der
Mörtel sich auch ästhetisch dem Bestand anpassen und den ruinenhaten Charakter des Bruchsteinmauerwerkes nicht als Fremdkörper negativ
beeinlussen.
Als Restaurierungsmörtel sind Gips- und zementhaltige Mörtel auszuschließen. Gips erzeugt mit
dem Bindemittel des dolomitischen Sandsteins ein
schädliches Salz und die Zementphasen bestimmter Calcium-Aluminium-Verbindungen könnten
mit dem Sulfat des Gipses zu dem ebenfalls äußerst aggressiven Treibmineral Ettringit reagieren.
Jedes Molekül dieses Doppelsalzes ist in der Lage
mit 32 Molekülen Wasser zu kristallisieren. Infolgedessen vergrößert sich das Salz um das Sechsbis Achtfache seines Ausgangsvolumens, was den
Verband des Mörtels völlig zerstört und das Mauerwerk auseinanderdrückt.48 Diese gefährliche
Reaktion wurde zuerst 1892 durch Wilhelm Michaelis (1840–1911), einem der Väter der Zementforschung, beschrieben. Die Folgen einer derartigen Behandlung können im nur 6 Kilometer
östlich von Memleben gelegenen Nebra nachvollzogen werden.
Nebra
„Von den Bau- und Geschichtsdenkmälern, die
das Unstruttal von der Sachsenburg bis Naumburg in reicher Fülle schmücken, ist die Burgruine zu Nebra, die im Schatten des Schlossparks
ein Dornröschendasein führt, vielleicht am wenigsten gekannt und beachtet.“49 Der Dornröschenschlaf währte noch an bis in das Jahr 1953.
Dann setzte mit einem „kontrollierten Abbruch“
von besonders gefährdeten Mauerwerksbereichen
eine erste Interventionen der staatlichen Denk-
306
malplege ein.50 Einhundert Jahre zuvor war sich
in ganz ähnlicher Weise an die Ruine in Memleben angenähert worden. Doch auch fortschrittliche Vorschläge wurden unterbreitet, so schlägt ein
gewisser Herr Schuster vor, die „oberste Mauerwerkskrone durch eine Grasnarbe“ zu schützen.51
In einem „Vorschlag zur Sicherung, Instandhaltung und Nutzung“ der Ruine aus dem Jahr 1969
wird auf die verbauten Materialien mit keinem
Wort eingegangen und wiederum die „Abtragung
des losen Mauerwerks, bzw. ein Abstoßen der lockeren Teile der Mauerkrone“ empfohlen.52
In drei Bauabschnitten 1993, 1997 und 1998 sollte
die historische Burgruine schließlich mit Injektionen von Zementsuspensionen stabilisiert werden.
Die Ruine ist aus dem örtlichen Nebra-Sandstein errichtet und mit Hochbrandgips aufgemauert worden. Die Zementsuspension reagierte mit
dem Gips und die Reaktionsprodukte Ettringit
und haumasit führten zu dramatischen, vertikal
verlaufenden Rissbildungen. Heute werden ganze Gebäudeteile mit aufwendigen Stahlgerüsten
gesichert und die Öfentlichkeit muss mit einem
Zaun von dem historischen Bauwerk auf Distanz
gehalten werden (Abb. 10 b). Die historische Anlage ist nun ein Sorgenkind und die verantwortliche Bauirma längst pleite – dramatisch, doch beileibe kein Einzelfall. Auch gen Westen muss man
nur ein paar Minuten fahren. Im von Memleben
7 Kilometer entfernt gelegenen Wiehe kam es
nach unsachgemäß durchgeführten Sanierungsmaßnahmen am Schloss des Ortes ebenfalls zu
gravierenden Rissbildungen durch Ettringit- und
haumasitbildung. Hier mussten umfangreiche
restauratorische Sanierungen durchgeführt werden, um der Situation Herr zu werden.53
Obwohl die unglückliche Allianz zwischen zementhaltigen Baustofen und Gips bereits seit dem
Ende des 19. Jahrhunderts bekannt ist, wurden besonders in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts viele mit Gipsmörtel errichtete Baudenkmäler in bester Absicht, aber entgegen besseren
Wissensstandes mit Zementinjektionen „saniert“.
Betrofen waren z. B. die Kirche in Ellrich54 und
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
11 Schäden durch Ettringit/Thaumasitbildung: a) Risse und Rissmarken an der Kirche in Zorge, b) Stützgerüste an der Burgruine von
Nebra und c) ihre beeindruckende Silhouette
Zorge im Harz (Abb. 11 a), die Blasiikirche in
Nordhausen und der Dom zum heiligen Kreuz,
die Marienkirche in Wolfenbüttel, die Johanniskirche in Lüneburg, die Runneburg bei Weißensee
und andere Bauwerke vor allem in Norddeutschland, wo bis weit ins 19. Jahrhundert viel mit Gipsmörtel gemauert wurde.
Als eines der jüngeren Beispiele gilt der Fall der
evangelische Kirche Koblenz-Pfafenhofen. Hier
kam es nach Hochdruckinjektion in den Baugrund im Jahr 2001 zu einer sekundären Ettringitbildung, die das gipshaltige Grundgestein unter
der Kirche aufquellen ließ und zu dramatischen
Rissbildungen führte.
Eine eventuelle Möglichkeit, entsprechend belastetes Mauerwerk in situ zu behandeln, besteht in
einer Methode, die derzeit im Rahmen eines Forschungsprojektes, unterstützt durch die Deutsche
Forschungsgesellschat, an der Bauhaus-Universität in Weimar untersucht wird: Dem geschädigtem Material wird Kieselsäureester zugeführt. Die
Materialwissenschatler erwarten, dass das reaktionsfähige Silizium der Kieselsäure mit Teilen der
schädigenden Reaktionsprodukte im Mörtel sekundäre, stabile Phasen bildet. Dies festigt das
Gefüge und senkt den Gehalt schädigender Reaktionsprodukte des hydraulischen Materials. Infolgedessen ist ein erhöhter Sulfatwiderstand zu
erwarten. Vorversuche der Wissenschatler haben
gezeigt, dass es auf dieser Basis möglich ist, im be-
reits geschädigten Material eine weitere Volumenexpansion zu unterdrücken.
Kalk
Wenn also keine Gips- und auch keine Zementmörtel infrage kommen, dann stellen nur Kalkmörtel eine Alternative da, doch deren Festigkeit
gilt gemeinhin als begrenzt. Nach der Normierung der Industrie fallen die wenigen geprüten
Kalkmörtelarten, zumeist Lutkalkmörtel, in die
Mörtelgruppe 1 und schneiden mit Druckfestigkeitswerten zwischen 2 N/mm2 und 2,5 kN/mm2
gegenüber Mörteln mit Zementanteilen (zwischen
5 N/mm2–20 N/mm2) äußerst schwach ab.
Die geringen Druckfestigkeiten haben zur Konsequenz, dass Kalk, dem wohl ältesten wasserresistenten Baustof der Menschheitsgeschichte, laut
DIN-Norm nur begrenzte Einsatzmöglichkeiten
zugesprochen wird, obwohl unzählige historische
Bauwerke ihre Haltbarkeit seit Jahrhunderten,
manche sogar seit Jahrtausenden qua Existenz unter Beweis stellen. Doch die Ingenieure und Werkstofprüfer der Deutschen Industrie machen es sich
bei ihrer Klassiizierung zu einfach – ein Schelm,
wer Böses dabei denkt –, denn aus gebranntem
Kalk lassen sich nicht nur die geprüten Werktrockenmörtel herstellen (die sich so praktisch in Säcke packen und im Baumarkt verkaufen lassen),
307
— Wanja Wedekind
sondern auch andere Kalkmörtelarten, die ihren
zementhaltigen Verwandten in nichts nachstehen. Hierbei handelt es sich um trocken gelöschte
Sandkalkmörtel oder Heißkalkmörtel. Unter Zugabe von amorphen Silizium, wie zerschlagenem
Flintstein oder Diatomeen oder mit gebrannten
Erden wie Metakaolin können hydraulische, also
wasserfeste Mörtel, hergestellt werden. Diese erzielen eine wesentlich höhere Druckfestigkeit als
herkömmlich bekannte Kalkmörtel und sind hinsichtlich ihrer physikalischen Festigkeitswerte mit
zementhaltigen Baustofen durchaus vergleichbar. Darüber hinaus verfügen sie über wesentlich
günstigere Porenraumeigenschaten und ein geringes E-Modul, also Eigenschaten, die sie für die
Restaurierung besonders geeignet machen.55 Als
latent hydraulische Komponenten können schon
puzzolanisch wirkende Feinbestandteile ungewaschener Sande, aus denen historische Kalkmörtel hergestellt waren, wirken.56 Welche Kalkmörtel
stehen also für eine denkmalgerechte Ruinensicherung in Memleben zur Verfügung?
Kalkspatzenmörtel
Über 4.000 Jahre alt ist Baugeschichte unter Verwendung von Kalkmörteln. Hierbei können über
den Globus immer wieder auch trocken gelöschter Mörtel, auch Kalkspatzenmörtel genannt, aufgefunden werden, die sich bis heute an unzähligen
Beispielen in erstaunlich gutem Zustand erhalten
haben. Charakteristisch für sein Erscheinungsbild
sind weiße Einschlüsse, die bei näherer Betrachtung als Einsprenglinge, sogenannte „Spatzen“, ins
Auge fallen (Abb. 10 d). Hierbei handelt es sich um
Kalk, der sich aufgrund des Herstellungsprozesses
des Mörtels in Form von Bindemittel-Agglomarationen erhalten hat.
Bei der Mörtelherstellung wurden der ortsübliche
Sand und gebrannter Stückkalk wie ein Sandwich
geschichtet, zu einem Haufen aufgetürmt und mit
Wasser übergossen. Unter exothermischer Reak-
308
tion, bei der Temperaturen von 70° C und bis zu
300° C entstehen können, wird der Kalk im isolierten Sandbett abgelöscht, wobei der Kalk zu einer
pastösen Masse aufquillt. Der Mörtelhaufen musste sodann mindestens einen Tag und eine Nacht
ruhen, bevor er verarbeitet werden durte.57 Grund
hierfür war ofenbar, dass man sichergehen wollte, dass der gesamte Stückkalk im Mörtelhaufen
abgelöscht war, um Kalktreiber aus ungelöschten
Kalkstücken zu vermeiden. Auf zahlreichen historischen Abbildungen ist dokumentiert, wie das
Kalk-Sandgemisch danach mit einer Mörtelhacke durchgewalkt wurde, was dafür spricht, dass
es sich bei den „Mörtelmachern“, die gesondert
entlohnt wurden,58 um ein eigenes Gewerk unter
den Maurern gehandelt hat. Die Zugabe von zusätzlichem Anmachwasser war nicht notwendig,
der eingesumpte Kalk wirkte wie ein Wasserreservoir. Der Mörtel wurde dann in Mörtelwannen
abgefüllt, in vergleichbar steifer Konsistenz an den
Maurer weitergereicht und verarbeitet.59
Die Vorteile einer derartigen Mörtelherstellung
liegen auf der Hand: Der gebrannte Kalk musste
zügig in Sicherheit gebracht werden. Ein stärkerer
Regenschauer hätte die energieaufwendige Arbeit
des Kalkbrenners zunichte gemacht. Der Stückkalk, dem ein Großteil des Kohlendioxids (CO2)
entzogen war, hatte darüber hinaus einen Großteil
seines Gewichtes eingebüßt und war so leichter
und einfacher zu transportieren. Im abgelöschten
Zustand im Sand-Kalk-Haufen war die Baustellenmischung quasi unbegrenzt lagerfähig und überstand auf diese Weise gut isoliert auch höhere
Frosttemperaturen.
Doch der Mörtel hatte auch andere Vorteile: Trocken gelöschte Sandkalkmörtel erreichen weitaus
höhere Festigkeiten als herkömmliche Lutkalkmörtel. So konnten Druckfestigkeit an unterschiedlichen historischen Mörtelproben festgestellt werden, die DIN-Werte für Kalkmörtel
entsprechen mit 4 N/mm2 um das Doppelte übersteigen.60 An Kalkmörteln mittelalterlicher Ziegelbauten im norddeutschen Raum konnten Druck-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
festigkeiten zwischen 4,5–10 N/mm2 ermittelt
werden.61 Kalkspatzenmörtel des Kampischen Hofes in Stralsund erreichten sogar Druckfestigkeitswerte bis zu 16 N/mm2.62 Ein großer Werktrockenmörtelhersteller in der Baudenkmalplege kommt
bei seinem nach historischer Vorgabe nachgestellten Produkt nach einjähriger Lagerung auf Druckfestigkeiten von 5,5 N/mm2 und nach sechs Jahren
sogar auf 8 N/mm2.63
Nicht zu Unrecht kann man deshalb von einer
Reifung auch von einem Selbstheilungspotenzial von Kalkspatzenmörteln sprechen. Risse oder
Frakturen im Mörtelgefüge können sekundär,
also nach dem eigentlichen Abbinden des Mörtels durch Bindemittelverlagerung, ähnlich wie bei
den beschriebenen Hochbrandgipsmörteln, repariert werden. Hierbei wird bei Durchfeuchtung
Kalk bzw. Calciumhydroxid aus den Kalkspatzen
abtransportiert und in den Risssystemen ausgefällt, was auch die Erhöhung der Festigkeit nach
einem längeren Zeitraum beeinlusst und erklärt.
Trocken gelöschte Sandkalkmörtel werden seit einigen Jahren wieder verstärkt und mit Erfolg in der
Baudenkmalplege eingesetzt.64 Ihre Herstellung
ist kein Geheimnis, setzt jedoch nicht nur naturwissenschatliche, sondern auch haptisch-handwerkliche Materialkenntnisse voraus.65
Heißkalkmörtel
Ein anderer vielversprechender Mörteltyp zur
Restaurierung, Verfugung, Verfüllung und Rissverpressung sind die Heißkalkmörtel. Eine verstärkte wissenschatliche Beschätigung mit Heißkalkmörteln setzte erst in den letzten Jahren
ein.66, 67, 68, 69 Praktische Erfahrungen mit Heißkalkmörteln wurden in den letzten Dekaden besonders in England gesammelt, wo Kalkmörtel bevorzugt zur Restaurierung historischer Gebäude und
auch Ruinen eingesetzt wird.70 Bei der Heißkalktechnologie wird Brandkalk mit trockenem Sand
gemischt, Wasser hinzugefügt, zügig vermengt
und unmittelbar verarbeitet. Die exothermische
Reaktion lässt den Mörtel unmittelbar nach der
Verarbeitung erhitzen und verfestigen. Auf der
Suche nach Wasser bedient er sich aus der Materialfeuchte und erzeugt eine optimale Anbindung
zwischen Mörtel und Gestein.
Heißkalkmörtel sind in der Vergangenheit jedoch
in erster Linie dort eingesetzt worden, wo eine
größere Härte und Festigkeit gefordert war, wie
z. B. als Fußbodenestrich.71
Mit der Heißkalktechnologie können trittresistente Estriche hergestellt werden, die auch in Europa
durch die Römer eine große Verbreitung gefunden
haben. Die Technologie ist jedoch anscheinend so
alt wie die Baugeschichte selbst. Auf einer griechischen Insel wurden bei archäologischen Ausgrabungen einer neolithischen Stätte gut erhaltene Reste eines Estriches in der Heißkalktechnik
ausgegraben.72 Heißkalkmörtel verfügen, auch als
Verfüllmörtel, über ideale Anbindeeigenschaten
an das Gesteinsmaterial und während des exothermischen Erhärtungsprozesses über eine geringe
Volumenvergrößerung, die eine optimale Verkrallung und Anbindung an alle Mauerwerkskomponenten begünstigt. Außerdem führt das Ablöschen
bei hohen Temperaturen und einem pH-Wert von
14 auch zu leichten Ätzprozessen an Anteilen des
Aggregats, was die Oberläche vergrößert und damit auch seine Anbindung an das Bindemittel verbessert.73 Schon der Baupraktiker Nicholson hatte
1823 vorgeschlagen, Heißkalkmörtel zur Stabilisierung und Verfüllung von zweischaligem Mauerwerk einzusetzen.74
Die rasche Frühfestigkeit ermöglicht das Aufmörteln großer Schichtstärken und ein zügiges Weiterarbeiten. Die große Endfestigkeit von Heißkalkmörteln wird auch auf die Ausbildung von
verhältnismäßig großen Calcit-Kristallen zurückgeführt.75
Heißkalkmörtel sind auch gezielt in kalten Jahreszeiten eingesetzt worden, so z. B. beim Bau
von ehemaligen Kasernengebäuden des Chris-
309
— Wanja Wedekind
tiania-Komplexes in Kopenhagen Anfang des
20. Jahrhunderts.76
Die Speicherkapazität für bauschädliche Salze hat
sich bei trocken gelöschten Sandkalkmörteln als
sehr gut herausgestellt. Dies gilt auch für historische Gebäude, die aus Hochbrandgipsmörteln aufgemauert sind. Diese wurden bereits bei zahlreichen Restaurierungen erfolgreich eingesetzt, wie
z. B. an der Klosteranlage Michaelstein bei Blankenburg oder am Burgberg von Quedlinburg.
Für die Restaurierung des magnesiumsulfat- und
gipsbelasteten Mauerwerkes der Klosteranlage Memleben könnten sowohl trocken gelöschte Sandkalkmörtel als auch Heißkalkmörtel eine
erfolgsversprechende Lösung bieten. Auch eine
Kombination beider Techniken wäre denkbar.
Auswahl eines geeigneten
Austauschgesteins
Die Bausteine der Ruinen von Memleben bestehen, mit Ausnahme der Werksteinelemente, aus
Kalksandsteinen der Bernburg-Folge, die in mittelbarer Nähe zum Kloster ansteht. Stratigraisch
betrachtet bestehen etwa die Hälte der Bernburg-Folge aus dolomitisch gebundenen Sandsteinen, also mit einem magnesiumhaltigen Bindemittel. Unglücklicherweise verlaufen diese
dolomitschen Schichtabfolgen etwa auf Höhe des
Erdreiches und sind deshalb für die Klosterbauten bevorzugt abgebaut worden. Bei der Auswahl
von Austauschgesteinen sollten Gesteine aus den
unteren Lagen der Bernburgfolge gewählt werden.
Diese enthalten kein Magnesium. Mit einem einfachen Markierungstest unter Verwendung der
Reaktionslüssigkeit Chinalizarin bzw. Magneson
lässt sich Magnesium bei Benetzung anfärben und
ist so eine Unterscheidung der Varietäten möglich.
Bei einem Test wird die frische Bruchstelle des Gesteins mit einer Pipette oder einen Tropläschchen beträufelt. Liegt ein dolomitisch gebundenes
Gestein vor, bilden die Magnesiumionen (Mg2+)
310
mit dem Azofarbstof Magneson (C12H9N3O4) eine
himmelblaue bis tieblaue Färbung.
Umgang mit den Mauerkronen
Die Mauerkronen bilden den anfälligsten und
wichtigsten Teil einer Ruine. Sie übernehmen die
Funktion der verlustig gegangenen Verdachung.
Um die Mauerkrone einer Ruine für eindringendes Regenwasser abzudichten, wurde seit Beginn
der Burgen- und Ruinenrestaurierung im 19. Jahrhundert zumeist ein Zementverstrich ausgeführt.
Das Natursteinmauerwerk und die starre Zementabdeckung vertragen sich bauphysikalisch jedoch
nicht. In der Regel kommt es zur Ausbildung von
Rissen, in die das Regenwasser dann ungehindert
eindringen kann. Die dichte Zementabdeckung
behindert infolge die Abtrocknung der durchfeuchteten Mauer und kann zu Frostabsprengungen führen. In Memleben wurde im Fall der Krypta ein Plattenbelag ausgeführt, was nach Schmitt
2009 im 19. Jahrhundert auch als Variante für die
Mauerkronen vorgeschlagen wurde.
Bei Restaurierungen im Jahr 1973 wurden die
Mauerkronen an der zweiten Kirchenruine von
Memleben schüsselförmig. An den Flanken des
Mauerwerkes wurden größere Steine aufgesetzt.
Hiernach erfolge das Aubringen einer Lehm/
Strohschicht und einer Humusschicht, in die ein
lach wurzelndes Planzgut gesetzt wurde Diese
Vorgehensweise hat sich bei zahlreichen Ruinen
bewährt, bedarf jedoch andauernder Plege, insbesondere was die relativ fragilen Begrenzungen der
schalenförmigen Mauerkrone betrit (Abb. 12 b).
1998 folgten der Chor und das Westwerk und im
Jahr 2000 die Ruinen der ottonischen Kirche. In
Memleben ist bei den jüngsten Restaurierungsarbeiten auch eine innovative Abdeckungsform am
„Mauerklotz“ realisiert worden:77 Die Mauerkrone wurde mit einem Mörtelverstrich aus Hochbrandgips aufgebracht. Um den Baukörper gegen
Regenwasser abzudichten ist die glatt verstriche-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
12 a) Der restaurierte „Mauerklotz“ der Ruine Memleben mit Kronenbeplanzung und b) eine beplanzte Mauerwerksabdeckung auf
einer Ruinenmauer der Klosteranlage Michaelstein bei Blankenburg
ne Mörtelkappe sodann mit Bleiplatten abgedeckt
worden. Auf diese Abdeckung wurde schließlich
eine Humusschicht aufgebracht und beplanzt
(Abb. 12 a).
Umgang mit der Krypta
Um der Krypta konservatorisch gerecht zu werden, sollte geklärt werden, ob Befürchtungen, wie
z. B. das Bauwerk sei aufgrund des Feuchteeintrages statisch gefährdet, objektiv begründet sind
und deshalb eine Trockenlegung notwendig ist.
Dabei ist es notwendig, um mögliche Handlungsstrategien zu eruieren, sich die Prozesse, die zur
heutigen Situation geführt haben, modellhat zu
erklären. Es kann angenommen werden, dass die
Krypta schon seit ihrer Entstehung eine latente
Materialfeuchte aufwies, die wahrscheinlich bereits
zu einem sehr frühen Zeitpunkt zu einer Bindemittelmobilisierung geführt hat, durch die bereits
Gipsausfällungen und Beläge an den dem Innenraum zugewandten Oberlächen entstanden sind
(Abb. 13 a). Mit der Entwicklung zur Ruine änderte
sich die Situation dramatisch und eine große Menge an Feuchtigkeit gelangte über das Gewölbe in
die Bauwerkssubstanz (Abb. 13 b). Das mit gelöstem Bindemittel angereicherte Sickerwasser trocknete über die Außenmauer ab und führte auf Höhe
des Gewölbes zu gravierenden Rückwitterungen
(Abb. 13 c). Die ersten Sanierungsmaßnahmen im
19. Jahrhundert betrafen die Abdeckung über dem
Gewölbe und den Fußboden der Krypta. Letzterer
bestand bauzeitlich vermutlich lediglich aus einer
gestampten Lehmschicht. Durch den Plattenbelag
über dem Gewölbe konnte der Feuchteeintrag verringert werden, die Abdichtung des Fußbodens der
Krypta kann jedoch dazu beigetragen haben, dass
das drückende Oberlächenwasser bevorzugt über
die erdberührenden Bauteile kapillar aufsteigt,
was eine Dochtwirkung u. a. in den Säulen erzeugen kann (Abb. 13 c). Um die seitlich einwirkende
Oberlächenfeuchte am Eindringen in die poröse
Struktur zu hindern, wurde die erdberührte Sockelzone das erste Mal im Jahr 1997 mit einer umlaufenden Tonpackung abgedichtet (Abb. 13 d).78
Falls in diesem Fall jedoch keine zusätzliche Drainage eingebaut wird, kann Staunässe absacken und
über die Fundamente aufgenommen werden. Dies
war wahrscheinlich eingetreten, denn bei Nachmessungen im Oktober 1997 stellte sich heraus,
dass sich der Feuchtegehalt leicht erhöht hat.79 Als
ungünstiger Nebenefekt wird die Abtrocknung in
den Innenraum verstärkt und es werden vermehrt
lösliche Stofe, also bauschädliche Salze, auf der
historischen Oberläche ausgefällt.
Unstrittig konservatorisch sinnvoll ist, die Wassertransportprozesse, die für eine Aukonzentration bauschädlicher Salze und deren destruktiven
Folgen verantwortlich sind, möglichst nicht in die
originale Substanz, sondern z. B. in ein Speichermedium umzulenken. Um dieses Ziel zu erreichen, könnte die Tonpackung durch einen Opferputz zur Speicherung von Salzen ausgetauscht und
ein Umgang mit Drainage um die Sockelzone angelegt werden (Abb. 13 e). Die aufsteigende Feuchte und die bauschädlichen Salze würden dann bevorzugt in den Speichermörtel geleitet werden,
was durch ein Auheizen mittels einer Heizleitung
311
— Wanja Wedekind
13 Verwitterungs- und Konservierungsmodell: a) Die ursprüngliche hydrologische Situation der Krypta. b) Der Wassereintrag nach dem
Einsturz des Daches führt zu einer verstärkten Verwitterung in Höhe des Gewölbes an den Außenmauern und war wahrscheinlich auch
verantwortlich für die Gipskrusten auf den Sandsteinkapitellen. c) Der Einbau des Plattenbelages über dem Gewölbe verringerte den Wassereintrag durch Regenwasser, der Einbau des Fußbodens hingegen kann dazu beitragen, dass drückendes Wasser bevorzugt in den erdberührten Bauteilen aufsteigt. In dem Maße, in dem sich die Abtrocknung über die Bodenplatten verringert, verstärkt sie sich über die erdberührten Bauteile. d) Die Tonpackung verhindert das seitliche Eindringen und Abtrocknen von Bodenfeuchte. Das Sickerwasser kann jedoch
absinken und erneut über das Fundament in der Bauwerksstruktur aufsteigen. Im Sockelbereich kann die Feuchtigkeit nun nur noch nach
innen abtrocknen. e) Durch den Einbau eines umlaufenden, hinterlüfteten Umgangs wird die Bodenfeuchte auf Abstand gehalten und über
eine unter dem Niveau des Fundaments eingebaute Drainage abgeleitet. Über das Fundament dringt nun weniger Feuchtigkeit in die Bauwerkssubstanz ein. Die Tonpackung wird durch eine Opferputzschicht ersetzt, in die Heizrohre eingelassen werden können. Die Opferputzschicht hat eine hohe Porosität und große Oberläche, über die die Feuchtigkeit abtrocknen kann. Gleichzeitig kann in das Mörtelmaterial
eine große Menge an bauschädlichen Salzen eingelagert werden. Ein gerichteter Abtrocknungsprozess in den Salzspeichermörtel kann über
ein Aufheizen mithilfe der eingesetzten Heizrohre angeregt werden. In ähnlicher Weise könnte die äußere Gewölbezone entfeuchtet und
entsalzt werden.
unterstützt werden könnte. Zu erwarten ist, dass
der aufsteigende Feuchtestrom in das Gewölbe in
diesem Fall abreißt. Die Gewölbedecke könnte in
ähnlicher Weise behandelt werden: Die massiven
Rückwitterungen könnten mit einem Speichermaterial formergänzend aufgefüllt werden und eine
Abtrocknung ebenfalls über Heizleitungen unterstützt werden. Als Salzspeichermörtel haben sich
Heiskalkmörtel in besonderer Weise bewährt.
Eine entsprechende Maßnahme müsste selbstverständlich mit einem Monitoring und Untersuchungen begleitet werden, um zu eruieren, ob sich
eine Reduzierung der Feuchte einstellt und wann
die Speicherkapazität des Mörtels aufgebraucht ist.
Außerdem sollte unter den vier Säulenbasen jeweils eine Horizontalsperre eingefügt werden, um
die Dochtwirkung der Bauteile abzuwenden.
312
Der steinige Weg
im Umgang mit Ruinen
In unser geregelten Welt entspricht die Ruine
nicht dem gewöhnten Bild und Sehgewohnheiten für architektonische Strukturen. Die Ruine hat
ihre Funktion eingebüßt und existiert nunmehr
als Selbstwert. Sie hat sich von der Konstruktion
zur Skulptur gewandelt. Als Fragment ist sie Monument und Bedeutungsträger in einem.
Von Menschenhand geschafen, ist die Ruine mehr
Natur denn Kultur und befeuert so den Wunsch
nach Ursprünglichkeit, Veränderung und Subversion. Nicht umsonst haben Ruinen auf die Künstler
und Poeten des Sturm und Drang und der Romantik eine große Faszination und Anziehungskrat
ausgeübt. Im Industriezeitalter wurden sie zu ei-
Schwierige Ruinen – Zur Erhaltung der Ruinen und Felsmonumente an der Unstrut —
nem Rückzugsort vom Terror der Fabrik und noch
heute ziehen sie den stressgeplagten Menschen der
medialen Neuzeit in ihren Bann und werden zu
Orten der Sehnsucht nach Ruhe und Besinnung.
Denkmalplegerische Interventionen neigen dazu,
die Skulptur zum Torso zu stutzen. Das die Fantasie befeuernde, das Bizarre erfährt Begradigung.
Die könnte auch damit zusammenhängen, dass
der Berufsstand der Architekten, der die Denkmalplege dominiert, nur unzureichend in Fragen
der Restaurierung ausgebildet.
Der Umgang mit Ruinen durch die Jahrhunderte macht deutlich, dass Gefährdungslagen konstatiert werden, ohne eingehend geprüt worden zu
sein und otmals ungeeignete, ja sogar destruktive Maßnahmen vorgeschlagen und durchgeführt
werden. Gerechtfertigt wird ein Abriss von Denkmalen im Allgemeinen mit einer konstruierten
Gefährdungslage. Im Ruf nach Sicherheit drückt
sich jedoch auch die Unsicherheit im Umgang mit
den komplexen Fragen der Materialität und ihrer
Wechselwirkungen mit den Kräten der Natur aus.
Die notwendigen Voruntersuchungen werden otmals nur unzureichend durchgeführt oder berücksichtigt und an bewährten präventiven und meist
auch kostengünstigen Maßnahmen wird im Einzelfall nicht angeknüpt, wie der Fall der Schlosskapelle auf dem Wendelstein zeigt. Dies führte
zu einem Verlust und nicht zu einem Erhalt der
Denkmalsubstanz.
Die vorgestellten Beispiele machen deutlich, dass
bei der Restaurierung von Ruinen eine Vielzahl
von Faktoren zu bedenken sind und dass es nicht
einfach ist, Untersuchungsergebnisse richtig zu interpretieren. Die Frage- und Problemstellungen
am Objekt sind komplex, aber die Variablen relativ überschaubar: Dies gilt für die Baumaterialien,
mögliche Unverträglichkeiten und Wechselwirkungen genauso wie für kunsthistorische, verwaltungstechnische und politische Fragen.
In diesem Sinne geht es um die weitere Professionalisierung der Denkmalplege in den Institutionen, von Forschung und Lehre auf dem Weg zu
einer eigenständigen wissenschatlichen Disziplin,
die geisteswissenschatliche, naturwissenschatliche und auch ganz handfeste handwerkliche,
kunst- und materialtechnische Kompetenzen miteinander verbindet. Denkmalplege sollte in erster Linie als Problemlöser und Erhalter und nicht
als Verwalter tätig sein. Hierzu ist ein Grundverständnis notwendig, um die Veränderungsprozesse am Monument richtig zu verstehen und zu den
richtigen Schlussfolgerungen zu gelangen.
Zu wünschen wäre, nachdem sich das Jubiläum
der Magna Charta der Denkmalplege, die Charta
von Venedig im Veröfentlichungsjahr dieses Buches zum 40. Mal jährt, der Denkmalplege auch
ein Studium zur Seite zu stellen, das ihren Ansprüchen und Anforderungen gerecht wird. Kreativität, Innovation und der Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen, sind notwendige Voraussetzungen
um die ruinösen Relikte der Vergangenheit für
die Zukunt zu bewahren und der Zeitlosigkeit
zu übergeben, damit sich auch die nachfolgenden
Generationen an ihnen erfreuen können.
Anmerkungen
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313
— Wanja Wedekind
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12
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Bildnachweis
W. Wedekind [Autor]: 1, 2 b/d/f/, 3–13
Archiv der Neuenburg: 2a/c/e
www.burgenwelt.de
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