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punktum. SBAP. Schweizerischer Berufsverband für Angewandte Psychologie Association Professionnelle Suisse de Psychologie Appliquée Associazione Professionale Svizzera della Psicologia Applicata Dezember 2009 Forensik Zwischen Medizin, Psychologie und Justiz Der Fall Daniel H. Begutachtung und Nullfehlerprinzip Endstation Verwahrung? «Therapiert wird der Mensch, nicht sein Delikt» 2 Editorial Wegsperren! Und dann? Liebe Leserin, lieber Leser Am 8. Februar 2004 stimmte das Schweizervolk der Verwahrungsinitiative zu. Sie sah vor, nicht therapierbare extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter lebenslang zu verwahren. Die Gegner hatten mit schlagkräftigen Argumenten aufgewartet, etwa dass die Initiative nicht mit den Menschenrechten vereinbar sei. Trotzdem liess sich die Mehrheit der Stimmbürger von der Gefährlichkeitshypothese der Befürworter leiten. Die Emotionalität und die Betroffenheit durch die Thematik waren im Vorfeld der Abstimmung deutlich zu spüren. Ähnliche Diskussionen erfolgen zurzeit über die zunehmende Gewaltbereitschaft Jugendlicher. Dabei werden Stimmen laut, dass das Jungendstrafrecht zu lasch sei und die Behandlungsinstitutionen lediglich Kuscheltherapien anzubieten hätten. Der Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch geht in seinem Beitrag auf diese Diskrepanz ein. Er stellt die Frage, wozu es ein Strafrecht brauche, und meint dazu, dass das schweizerische Strafrecht als modernes Strafrecht vom Grundsatz der Resozialisierung beseelt sei. Ueli Graf, Direktor der Strafanstalt Pöschwies, ist der Ansicht, dass das Risiko einzig den verwahrten Straftätern angelastet werde. Resozialisierung hat zum Ziel, Straftäter wieder Teil der Gesellschaft werden zu lassen. Dass dies durchaus gut gelingen kann, beschreibt die leitende Ärztin des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes des Zürcher Justizvollzugs, Carole Kherfouche, anhand eines eindrücklichen Fallbeispiels. Dem schwerkranken Mann gelang es mit Hilfe der Therapie, wieder in ein befriedigendes Leben zu finden. Edith Burri ist Psychotherapeutin und arbeitet in der Forensischen Klink des Psychiatriezentrums Rheinau ZH (PZR). In ihrem Artikel befasst sie sich eindrücklich mit ihrer Tätigkeit mit psychisch kranken Straftätern. Sie schildert das Erleben psychotischer Menschen, indem sie uns Leser fragt, wie es uns wohl ginge, angenommen, wir erwachten aus einem Albtraum, in dem wir verfolgt worden wären, und stellten fest, dass wir unseren Verfolger tatsächlich umgebracht hätten. Mit Abgrenzungsfragen zwischen seelsorgerischer Tätigkeit und Psychotherapie setzt sich Samuel Buser, Pfarrer in verschiedenen Strafanstalten, auseinander. Die Überprüfung der Therapierbarkeit und der Rückfallgefahr delegiert die Gesellschaft an Gutachter, die bei «Versagen» der Prognose sehr schnell desavouiert und der Inkompetenz bezichtigt werden. Die Schwierigkeiten der Prognostik und die Verantwortung eines psychiatrischen Gutachters beschreibt Otto Horber, Chefarzt der Forensischen Klinik am PZR, in seinem Artikel. Er schreibt vom Versuch, den betroffenen Straftäter möglichst objektiv zu erfassen, und zwar im Spannungsfeld zwischen ärztlich-medizinischen Grundsätzen und variablen gesellschaftspolitischen Vorstellungen. Über die Erwartungen der juristischen Seite an Gutachter zieht der Staatsanwalt Markus Oertle in seinem Beitrag das Fazit: «Gutachter werden wegen ihres besonderen Fachwissens, das dem Gericht und auch der Untersuchungsbehörde fehlt, beigezogen.» Nicht erstaunlich ist die zunehmende Professionalisierung der forensischen Psychiatrie. Von Gutachtern und Behandlern wird auch von fachlichen Kreisen immer mehr Fachwissen gefordert, das von verschiedenen Institutionen überprüft wird. Die forensische Psychiatrie ist ein Spezialgebiet mit Wachstumspotenzial. Die Schweizerische Gesellschaft für Forensische Psychiatrie (SGFP), gegründet 2006, erteilt seit zwei Jahren Fachärzten ein Zertifikat in forensischer Psychiatrie. Dieses bezeugt das wissenschaftliche Fachwissen und die praktische Fachkompetenz der Inhaber und dient somit der Qualitätssicherung. Damit kommt die SGFP dem berechtigten Bedürfnis der Gesellschaft nach zunehmender Professionalisierung entgegen. Ein Pendant für Psychologieberufe gibt es zurzeit noch nicht. Der SBAP. zieht jedoch die Schaffung eines Fachtitels in forensischer Psychologie in Erwägung. Im Psychiatriezentrum Rheinau wurde in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Bern ein Studiengang in Forensischer Pflege auf Stufe Certificate of Advanced Studies (CAS) erarbeitet. Ian Needham und Fritz Frauenfelder beschreiben in ihrem Artikel diesen CAS-Studiengang. Sie erklären, dass das Pflegepersonal oft Projektionsfläche für Unsicherheiten, Ängste und Frustrationen der Patienten sei. Natürlich ist es erschütternd zu lesen, dass ein Gefängnisinsasse während seines Hafturlaubs scheinbar grundlos einen Taxifahrer umbringt oder ein Streit um einen Parkplatz mit dem Tod eines der Kontrahenten endet. Daher sind auch das Bedürfnis und die Ängste, die der Verwahrungsinitiative zugrunde lagen, durchaus zu verstehen. Am Ende bleibt jedoch die Frage offen, wie viel Verantwortung die Gesellschaft selbst für eine Risikominimierung zu übernehmen hat und wie viel dieser Verantwortung an Fachleute delegiert werden kann. Heinz Marty Heinz Marty ist Fachpsychologe SBAP. in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Er arbeitet als Leitender Psychologe in der Forensischen Klinik des Psychiatriezentrums Rheinau und als Psychotherapeut in eigener Praxis. Für die Lesetreue im vergangenen Jahr bedanken wir uns bei unseren Mitgliedern und LeserInnen ganz herzlich und wünschen frohe Weihnachten und ein zufriedenes neues Jahr! Vorstand SBAP.: Heidi Aeschlimann, Präsidentin Uwe Lehmann, Kl. Psychologie Peter Gugger, Laufbahn- und Rehabilitationspsychologie Ernst Schieler, Ki/Ju-Psychologie SBAP. Geschäftsstelle: Stefan Schild, A+O-Psychologie Heloisa Martino, Manuela Lisibach 2010 Thema Strafrecht – wozu? Der Fall Daniel H. Am 4. März 2009 soll Daniel H. das 16-jährige Au-pair Lucie aus Freiburg ohne Grund und auf brutale Art umgebracht haben. Auf solch schreckliche Taten antwortet die Gesellschaft mit dem Strafrecht. Dieses wird in jüngster Zeit als zu lasch kritisiert, weshalb sich die Frage stellt, was das aktuelle Strafrecht bringt. Wenn Daniel H. – es gilt bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung – die Tat verübt hat, dann hat er gegen das vom Strafrecht geschützte Rechtsgut des Lebens einer anderen Person verstossen. Das Strafrecht qualifiziert eine solche Tat als Tötungsdelikt und bestraft sie mit einer langjährigen Freiheitsstrafe; im schlimmsten Fall, wenn die Tat als Mord qualifiziert wird, maximal mit lebenslänglichem Freiheitsentzug. Da der mutmassliche Täter, der im Jahr 2003 zum ersten Mal ein Gewaltdelikt verübt hat, seit Jahren in therapeutischer Behandlung ist, wird sich die Frage der Zurechnungsfähigkeit stellen. Je nach Ergebnis kann der Täter milder oder, bei voller Zurechnungsunfähigkeit, gar nicht bestraft werden. Indes greift ergänzend zur Strafe oder an deren Stelle das Massnahmenrecht. Der Täter kann stationär und zeitlich unbegrenzt in eine entsprechende Institution eingewiesen werden. Im Fall hoher Rückfallgefahr kann der Täter unabhängig von seinem psychischen Zustand zeitlich unbeschränkt verwahrt werden. Was bringt Strafrecht? Das Strafrecht, als härteste Reaktion der Gesellschaft gegenüber einem Rechtsgüterverstoss, hat verschiedene Funktionen. Zunächst hat die Strafe ganz profan ausgleichenden Charakter: Wer gegen die Rechtsgüter anderer verstossen hat, soll bestraft werden, damit die Gerechtigkeit wiederhergestellt ist. Das Strafrecht soll ausserdem gefährliche Täter isolieren und sie dadurch mindestens während der Dauer des Freiheitsentzugs davon abhalten, straffällig zu werden. Das Strafrecht respektive der Strafvollzug soll zudem auf den Täter positiv einwirken, dies mit dem Ziel, dass der Tä- ter zukünftig nicht mehr gegen das Recht verstösst. Die Strafe soll daneben auch eine Wirkung auf die Gesellschaft zeitigen. Einerseits soll sie potenzielle Straftäter davon abhalten, ebenfalls straffällig zu werden, andererseits soll sie die Gesellschaft darin bestärken, die Gesetze einzuhalten, indem das Strafrecht demonstriert, dass Verstösse Konsequenzen haben. So weit die Theorie; die Praxis sieht zuweilen anders aus. Das Strafrecht vermag die dargestellten Ziele nur teilweise zu erreichen. Sei es, dass verurteilte Täter sich nicht resozialisieren lassen und nach einer Entlassung rückfällig werden. Sei es, dass das Strafrecht seine generalpräventive Wirkung auf die Gesellschaft nicht immer voll entfalten kann. Hierbei zeigt sich der Interessenkonflikt, in dem sich das moderne Strafrecht bewegt. Zweite Chance … Das schweizerische Strafrecht wird als modernes Strafrecht vom Grundsatz der Resozialisierung beseelt. Das bedeutet, dass sowohl die Strafen als auch die Massnahmen darauf ausgerichtet sind, den Täter auf den sogenannten «rechten Weg» zurückzubringen. Das gilt zunächst für die endlichen Strafen, im Besonderen aber auch für die Massnahmen. Selbst eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wird nach 15 Jahren überprüft, und eine Entlassung ist möglich, wenn bezüglich des Täters eine günstige Prognose vorliegt. Selbst verwahrte Täter erhalten regelmässig die Chance einer Überprüfung; dies gilt in eingeschränkter Form sogar für die lebenslängliche Verwahrung. Ob dies gelungen ist, lässt sich letztlich nicht mit Sicherheit feststellen. Forensische Psychiater sind zwar in der Lage, Gefährlichkeits- und Rückfallprognosen zu stellen, es handelt sich dabei indes immer nur um Prognosen, denen es an der absoluten Sicherheit fehlt. Das bringt zwangsläufig mit sich, dass ein Täter nicht mit der absoluten Sicherheit entlassen werden kann, dass er nicht rückfällig wird. Vielmehr besteht bezüglich seiner zukünftigen Gefährlichkeit nur eine mehr oder weniger günstige Progno- Daniel Jositsch, Prof. Dr. iur., geboren 1965, ist seit 2004 Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht sowie strafrechtliche Hilfswissenschaften an der Universität Zürich. Zuvor war er selbständiger Rechtsanwalt mit ausschliesslicher Tätigkeit im Bereich des Strafrechts. Seit 2007 ist er für die SP Mitglied des Nationalrats. se. Es ist, zynisch gesagt, mithin eine reine Frage der Wahrscheinlichkeit, ob ein entlassener Straftäter erneut delinquiert oder nicht. Im Fall von Daniel H. wurde die Gefährlichkeit des Täters bereits im Jahr 2003 erkannt. Der damals 19-Jährige lockte eine Arbeitskollegin in eine Waldhütte und fiel mit einem Schlagring über sie her und versuchte, sie zu erdrosseln. Nur durch Glück überlebte die Frau die Tat. Spätestens von diesem Moment an war den Behörden bekannt, dass es sich bei Daniel H. um einen hochgefährlichen Gewalt- und Sexualstraftäter handelte. Das Gericht entschied entsprechend, dass Daniel H. in eine Massnahmeanstalt eingewiesen werden soll. Daniel H. wurde nach vier Jahren aus der Massnahme entlassen. In diesem Moment wurde entsprechend der Beurteilung des Täters die Entscheidung gefällt, dass eine Entlassung zu verantworten sei. In diesem Fall erwies sich die Prognose der Fachleute als unzutreffend – ein Umstand mit fatalen Folgen. 3 4 Thema Strafrecht – wozu? … versus totale Sicherheit Rückfalltaten liessen sich fast vollständig verhindern, wenn verurteilte Gewalt- und Sexualstraftäter erst entlassen würden, wenn vollständige Sicherheit besteht, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Da diese hundertprozentige Prognose grundsätzlich nie gestellt werden kann, würden gefährliche Täter grundsätzlich nie eine zweite Chance erhalten. Daniel H. wäre entsprechend nach der Ersttat im Jahr 2003 in eine Anstalt verbracht und nicht wieder entlassen worden. Dieses Konzept hätte einerseits zur Folge, dass einmal verurteilte Gewaltund Sexualstraftäter keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellen würden, was freilich durchaus positiv wäre. Daniel H. hätte die zweite Tat entsprechend nicht verüben können, und das Opfer Lucie wäre noch am Leben. Gleichzeitig wäre die Konsequenz aber, dass einmal Verurteilte im Strafvollzug verbleiben würden, obwohl von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht. Heikler Balanceakt Letztlich gibt es in einer modernen Gesellschaft weder ein unbegrenztes Recht auf die nächste Chance, noch gibt es die totale Sicherheit. Es geht entsprechend darum, die Balance zwischen beiden (berechtigten) Ansprüchen zu finden. Wie lässt sich dies erreichen? Hierbei geht es um den Anspruch, dass das Recht nach einer verübten Straftat Gerechtigkeit herstellen soll. Das ist der Anspruch, den die Gesellschaft an das Recht hat. Das bedeutet, dass das Recht sowohl gegenüber dem verurteilten Täter als auch gegenüber den Opfern (den aktuellen und den potenziellen) als auch gegenüber der Gesellschaft gerecht ist. Bis zur ersten Tat respektive bis zur ersten Verurteilung gehen die Interessen des (zukünftigen) Täters den Sicherheitsansprüchen der Gesellschaft vor. Wenn in einem Fall wie demjenigen von Daniel H. bereits vor der ersten Tat Anzeichen erkennbar sind, dass ein erhebliches Gewalt- und Gefährdungspotenzial besteht, können höchstens zivilrechtliche Massnahmen ergriffen werden; strafrechtliche Folgen sind dagegen nicht möglich. Dies ist unbestritten und wird von der Öffentlichkeit weitestgehend anerkannt. Wird der Täter verurteilt, wird die günstige Prognose des Nichtvorbestraften abgelöst von einer neuen individuellen Beurteilung des Täters, bei der es um die Einschätzung der Tätergefährlichkeit geht. Von diesem Moment an besteht seitens der Gesellschaft teilweise wenig Verständnis, wenn es zu Rückfalltaten kommt. Es besteht zwar nach wie vor die Einsicht, dass der Resozialisierungsgedanke des Strafrechts gewisse Risiken mit sich bringt, die Gesellschaft ist aber nur sehr bedingt bereit, diese zu tragen. Verurteilte Täter sollen mithin entlassen werden können, aber eben nur, wenn die Rückfallwahrscheinlichkeit gänzlich ausgeschlossen werden kann. Vom psychiatrischen Fachpersonal wird mithin Unmögliches verlangt. Dass so die Erwartungen der Öffentlichkeit regelmässig enttäuscht werden, ist die zwingende Folge. Dies wiederum führt dazu, dass der Druck auf den Gesetzgeber und die Strafverfolgungsbehörden steigt und die Forderungen nach härteren Strafen und konsequenterem Strafvollzug immer drängender werden. Dass in dieser Situation die Politik reagiert und die Bedenken der Bevölkerung aufnimmt, ist ebenfalls folgerichtig. Entsprechend hat der Nationalrat am 3. Juni 2009 im Rahmen einer grossen Strafrechtsdebatte zahlreiche parlamentarische Vorstösse überwiesen, die eine Verschärfung des Strafrechts vorsehen. Die Balance zwischen Resozialisierung und Sicherheitsbedürfnis geht so allmählich verloren. Doch was ist zu tun? Neue Balance Es ist aus Sicht der Opfer und der Gesellschaft verständlich und richtig, dass von der Justiz erwartet wird, dass sie in angemessener Weise Schutz vor identifizierten Gewalt- und Sexualstraftätern gewährt. Hundertprozentige Sicherheit kann dabei weder erwartet werden, noch ist sie zu erreichen. Die Risiken aber müssen entlang der Parabel zwischen Ausmass der erwarteten Verletzung und Rück- fallwahrscheinlichkeit verteilt werden. Je grösser das Ausmass der erwarteten Verletzung ist, umso grösser muss die Wahrscheinlichkeit sein, dass der Täter nicht rückfällig wird, damit eine Entlassung aus dem Sanktionenvollzug ins Auge gefasst werden kann. Umgekehrt kann bei einer relativ geringfügigen befürchteten Rechtsgüterverletzung ein relativ hohes Rückfallrisiko in Kauf genommen werden. Bei einem Täter wie Daniel H., der im Jahr 2003 sein Opfer fast umgebracht und damit eine hohe Gefährlichkeit manifestiert hat, kann eine Entlassung erst erwogen werden, wenn ein ausserordentlich günstiger Verlauf vorliegt, der sich im Lauf der langfristigen Entwicklung des Täters konsolidiert hat. Damit diesem Anspruch entsprochen werden kann, müssen entsprechende Prognosen gemacht werden, und zwar in qualitativ ausreichendem Mass. Das bedeutet, dass sämtliche Gewalt- und Sexualstraftäter obligatorisch auf ihre Gefährlichkeit hin beurteilt werden müssen, und dies von geübtem Personal. Die entsprechenden Informationen, die im Strafvollzug gesammelt werden, müssen zusammenfliessen und an einem runden Tisch regelmässig beurteilt werden. Für einen Täter sollte eine einzige Person hauptverantwortlich sein, bei der die entsprechenden Berichte zusammenfliessen. Freilich besteht die Möglichkeit, das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Sicherheit als übertrieben abzutun. Die Gesellschaft indes reagiert, wenn ihre Bedürfnisse nicht ernst genommen werden. Verschiedene Volksinitiativen in diesem Bereich – Verwahrungsinitiative, Verjährungsinitiative – bringen die diesbezügliche Befindlichkeit der Bevölkerung zum Ausdruck. Entsprechend empfiehlt es sich, auf die diesbezüglichen Bedürfnisse einzugehen, und zwar bevor in der aufgeheizten Stimmung eines aktuellen Falls populistische PolitikerInnen diejenige Strafe wieder einführen wollen, bei der es definitiv keine zweite Chance gibt. Daniel Jositsch Fachwissen Forensisch psychiatrische Pflege und Betreuung Ein Studiengang entsteht Bisher fehlt eine Weiterbildung in forensisch psychiatrischer Pflege und Betreuung. Ein neuer Studiengang auf Stufe Certificate of Advanced Studies (CAS) wird diese Lücke ab 2010 schliessen. Er ist eine Kooperation von Berner Fachhochschule und der Klinik für Forensische Psychiatrie Rheinau und richtet sich an in der forensischen Psychiatrie tätige Pflegefachleute sowie Fachpersonen in vergleichbaren Vollzugseinrichtungen wie etwa SozialpädagogInnen oder FachtherapeutInnen. Der zweite Advent ist schon vorüber, und selbst auf der forensischen Station stellt sich allmählich eine leichte vorweihnächtliche Stimmung unter den PatientInnen ein. An der Stationsversammlung diskutieren PatientInnen und Pflegende, wie man wohl der hochfunktionalen und auf Sicherheit ausgerichteten Station einen Hauch von Weihnachten verpassen könnte. Ein Patient wünscht sich Kerzen, was wegen der Brandgefahr ausgeschlagen wird. «Ein Festessen zusammen kochen», schlägt ein anderer Patient vor. Dies müsse, so die Stationsleiterin, sorgfältig abgeklärt werden, nur schon wegen der vielen scharfen Gegenstände in der Küche. Ein nachdenklicher Patient berichtet betroffen, dass er mit Weihnachten nichts mehr am Hut habe, denn Weihnachten bedeutet seit seiner schweren Straftat die Verlassenheit pur und eine Zeit des Trauerns. «Ich feiere Weihnachten am 6. Januar für mich alleine», meldet ein Patient gelassen. Ein anderer macht, offenbar verärgert durch die vielen Wenn und Aber, geltend, «dass man schönere Weihnachten im Knast verbringen kann als hier in der Forensik, wo doch das Pflegepersonal einem das Leben schwer machen will». Vielfältiges Aufgabengebiet Die Aussagen der PatientInnen in der Stationsversammlung lassen vermuten, welche Anforderungen forensische Arbeit an Pflegefachleute stellt. Eine wichtige Aufgabe forensisch psychiatrisch Pflegender ist die Begleitung und Betreuung der PatientInnen im Alltagsleben auf der Station. Das Fallbeispiel zeigt ferner, wie schwierig es sein kann, Geselligkeit und Sicherheit in Einklang zu bringen. Nicht selten verspüren forensische Patienten Gefühle der Verlassenheit und Trauer oder ringen mit Fragen von Schuld und Sühne. Solche durchaus verständliche und im Grunde gesunde Regungen melden sich häufig abends, jenseits der Therapiesprechstunde, und werden dann gegenüber Pflegenden geäussert. Manchmal dient das Pflegepersonal auch als Projektionsfläche für Unsicherheiten, Ängsten und Frustration. Psychisch krank zu sein und gleichzeitig Verantwortung für eine Straftat zu tragen, ist ein schweres Los, das forensische PatientInnen bisweilen dazu verleiten kann, sich der realen Welt zu entziehen und sich in die Welt der Krankheit und der Schutzmechanismen zu flüchten. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade therapeutische Interventionen, die solchen Tendenzen entgegenwirken sollen, oft zu ausgeprägten Verunsicherungen führen können. Zur Hauptaufgabe forensischer Pflegender gehört deshalb die Begleitung und Betreuung der PatientInnen in deren alltäglicher Lebensbewältigung. Die Rollen der Pflegenden auf den Stationen sind vielfältig. So nehmen sie die Rolle des Gegenübers ein, an dem erste Erfahrungen beim Einüben neuer Verhaltensweisen erprobt werden können. Die Pflege und Betreuung forensischer PatientInnen ist also geprägt von verschiedenen Spannungsfeldern: zwischen den Anforderungen der Behandlung einerseits und jenen der Justiz andererseits, zwischen Care und Custody, in der reflektierten Unterscheidung zwischen gesunden und krankhaften Anteilen der PatientInnen. Genau hier setzt der CAS-Studiengang an und ist bestrebt, die Teilnehmenden zu befähigen, komplexe Situationen in der forensischen Betreuung zu analysieren, situationsgerechte Interventionen zu planen und durchzuführen. Grundlage dazu sind eine vertiefte Auseinandersetzung mit Inhalten aus Pflege, Kriminologie, Psychologie und Psychopathologie Ian Needham, PhD, MNSc, ist Psychiatriepflegefachmann und Pflegewissenschafter. Sein Hauptstudium schloss er 1999 ab und promovierte 2004 an der Universität Maastricht in Holland. Seit 2008 arbeitet er als Pflegeexperte in der Abteilung für Bildung, Beratung und Entwicklung am Psychiatriezentrum Rheinau. Er ist Co-Leiter des CAS-Studiengangs. und die Aneignung entsprechender Kompetenzen. Aufbau und Inhalt des Studiengangs Der Studiengang setzt sich zusammen aus 210 Stunden angeleitetem Selbststudium (Lektüre, Praxisaufgaben, schriftliche Aufgaben) sowie 210 Stunden Kontaktstudium, verteilt auf 25 Kurstage. Im Kontaktstudium erfolgen Rückfragen zum Stoff, und es finden Vertiefung, Synthese und Nachbearbeitung statt. Der Studiengang schliesst mit einer schriftlichen Arbeit ab. Erfolgreiche AbsolventInnen erhalten das Certificate of Advanced Studies der Berner Fachhochschule in forensisch psychiatrischer Pflege und Betreuung im Umfang von 15 ECTS-Punkten. Die Inhalte des Studiengangs, die in Hearings mit Fachleuten der forensischen Pflege und Betreuung erarbeitet wurden, sind in der Tabelle zusammengefasst (siehe nächste Seite). 5 Fachwissen Forensisch psychiatrische Pflege und Betreuung Themen des Studienganges mit entsprechenden Kompetenzen Alltag vorhandenen zwischenmenschlichen Nähe entstehen Fragen nach dem Verständnis: Müssen professionelle BetreuerInnen PatientInnen verstehen? Was heisst überhaupt Verstehen? Was erschwert mir, forensische PatientInnen zu verstehen? Welche Grenzen des Verstehens gibt es für mich? Wie unterscheidet sich mein Umgang mit PatientInnen, die ich verstehe, und solchen, die ich nicht verstehe? Die Beantwortung solcher Fragen soll den Teilnehmenden dazu verhelfen, ihr eigenes Verständnis von Verstehen zu entwickeln. Dass der Studiengang die PatientInnen nicht von ihren Spannungen, Widrigkeiten und Kämpfen um Normalität und Reintegration befreien kann, versteht sich von selbst. Doch die im CAS erworbenen Kompetenzen sollen Pflegende und Betreuende befähigen, PatientInnen fundiert beizustehen, sie zu begleiten und betreuen. Und dies selbstverständlich nicht nur zur Weihnachtszeit. Ian Needham und Fritz Frauenfelder Weitere Infos zum Studiengang: www.gesundheit.bfh.ch Thema Zu erwerbende Kompetenzen Milieugestaltung • Die Milieus auf Stationen/Gruppen/Einheiten sinnvoll und gesundheitsfördernd gestalten. Rechtliche Grundlagen • Häufig vorkommende juristische Grundlagen verstehen, mögliche Spielräume erkennen und im Betreuungsalltag nutzen. Psychologie, Psychopathologie, Therapieformen • In der forensischen Psychiatrie häufig vorkommende psychische Störungen erkennen und beschreiben, ebenso die Indikationen und den Nutzen entsprechender Therapieformen. • Psychologische Theorien in der forensischen Arbeit zum Erklären von Verhaltensweisen betroffener Patienten nutzen. Berechenbarkeit/ Unberechenbarkeit • Allgemeine Prinzipien der Vorhersage verstehen und einzelne Instrumente zur Einschätzung von Aggression/Gewalt und Sexualdelikten verstehen beziehungsweise anwenden. • Möglichkeiten und Grenzen wie auch ethische Aspekte der Gewährleistung von Sicherheit diskutieren und in den Arbeitsalltag integrieren. Ausgewählte Konzepte • In Absprache mit den StudienteilnehmerInnen werden wichtige pflegerische Konzepte (etwa Schuld und Sühne, Privatheit, Zeiterleben forensischer PatientInnen, Vertrauen und Misstrauen) für den praktischen Einsatz erarbeitet. Wissenschaftliches Arbeiten • Erarbeitung der Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens (Recherchieren, Textbeschaffung, wissenschaftliches Schreiben) als Vorbereitung auf die Abschlussarbeit. Angehörige, Familie, Umfeld • Belastete Familiensysteme erkennen und allen beteiligten Personen eine angemessene systemische Unterstützung anbieten. • Prinzipien und Praxis der Angehörigenarbeit. Interkulturelle Pflege und Betreuung • Strategien entwickeln, um mit kulturellen Unterschieden sinnvoll umgehen zu können. V E R S T E H E N Fritz Frauenfelder, MNSc, ist Pflegeexperte und Pflegewissenschafter. Sein Hauptstudium schloss er 2005 ebenfalls in Maastricht ab. Er arbeitet seit 2004 in der Abteilung für Bildung, Beratung und Entwicklung am Psychiatriezentrum Rheinau. Parallel zu den acht Sequenzen des Studienganges werden während je acht Halbtagen des Kontaktunterrichts die zwei «Längsschnittthemen» Intervision und Verstehen angeboten: Intervision: Kollegiale Unterstützung in Form von Intervision ist eine der günstigsten und am schnellsten verfügbaren Beratungsformen im Beruf. Die Vermittlung verschiedener Formen der Gruppenmoderation ermöglichen den Studierenden eine vertiefte Auseinandersetzung mit der eigenen beruflichen Situation und den entsprechenden Rollen. Dies soll zur Sicherstellung und Steigerung der Professionalität beitragen, aber auch der eigenen Psychohygiene der in der forensischen psychiatrischen Pflege und Betreuung tätigen Personen dienen. Verstehen: In der forensischen psychiatrischen Pflege begegnen wir PatientInnen, deren Taten weder nachvollziehbar noch verständlich sind. Trotzdem entstehen im Verlaufe einer Massnahme Beziehungen und Verbindungen zu den Tätern. Im Spannungsfeld zwischen dem Unverständnis gegenüber den Tätern und der im I N T E R V I S I O N 6 Fachwissen Psychisch kranke Menschen in Haft Als Ärztin Teil der Justiz Die Mitarbeitenden des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes (PPD) der Justizdirektion des Kantons Zürich betreuen jährlich ungefähr 1300 KlientInnen mit psychischen Problemen. Das psychiatrische Team, zwei Ärztinnen und fünf Ärzte, ist für die Betreuung in allen kantonalen Gefängnissen verantwortlich. – Ein Bericht aus dem Strafvollzug. Die meisten Menschen, die erst seit kurzem verhaftet sind, befinden sich in einer Ausnahmesituation. Meist sind sie zutiefst verunsichert und orientierungslos. Oft befinden sie sich in einer akuten psychischen Krise. Mit unserer Tätigkeit in der psychiatrischen Versorgung versuchen wir, diesen Menschen Orientierung und Kontrolle zurückzugeben. Dies gelingt nicht immer. Ich möchte deshalb einen Klienten, den ich zusammen mit einem Kollegen in Untersuchungshaft begleitet habe, zu Wort kommen lassen. Der Patient machte damals eine psychotische Phase durch, litt also wie alle psychisch kranken Menschen besonders stark unter Inhaftierung und Kontrollverlust. Heute kann er kritisch auf die Zeit seiner Haft zurückblicken: «Meine persönlichen Erfahrungen mit der psychiatrischen Versorgung im Justizvollzug habe ich während einer halbjährigen Untersuchungshaft im Kanton Zürich gemacht. Ich wurde verhaftet und inhaftiert, weil ich ein Delikt im Zustand einer akut floriden paranoiden Schizophrenie im Verwandtenkreis beging. Meine Erlebnisse der psychiatrischen Versorgung während der Verhaftung, der anschliessenden Polizeihaft sowie anfänglich während der Untersuchungshaft waren völlig von meinen Wahnvorstellungen geprägt. Die erste Begegnung mit einer psychiatrischen Fachperson hatte ich noch am Abend meiner Verhaftung, als ich auf dem Polizeiposten einem Notarzt zugeführt wurde. Da ich früher bereits einmal einen fürsorgerischen Freiheitsentzug (FFE) wegen Selbstgefährdung, der in einer dreimonatigen Hospitalisisierung mündete, erlebt hatte, wollte ich eine erneute Hospitalisierung vermeiden. Ich nahm fälschlicherweise an, dass eine Inhaftierung wohl lediglich eine Frage von Tagen oder Wochen sei und ich zudem nicht – wie bei meinem ersten Aufenthalt in der Psychiatrie – stark medikamentös behandelt würde. Also landete ich in Polizeihaft, wo ich nach einem Tag nochmals einem Notfallpsychiater zugeführt wurde. Die Polizeihaft – auch wenn Sie nur kurz dauert – im Rahmen einer akuten Schizophrenie zu erleben, ist in der Tat nichts Angenehmes. So fand das Gespräch mit dem Psychiater denn auch umringt von drei Polizisten statt. Er bejahte meine Hafterstehungsfähigkeit. Ich kam in Untersuchungshaft, bis das psychiatrische Gutachten fertig gestellt war. Dessen Erstellung sollte schliesslich ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Während der Untersuchungshaft wurde ich vom PPD psychiatrisch betreut. Daneben hatte ich noch Sitzungen mit dem psychiatrischen Gutachter. Anfänglich war die Betreuung durch den PPD relativ intensiv (das heisst, es kam zu fünf kurzen Gesprächen im ersten Monat der Inhaftierung), danach erschöpfte er sich – weil ich die Möglichkeit einer häufigeren psychiatrischen Konsultation nicht ausdrücklich wünschte – auf ein Gespräch von 15 Minuten ungefähr alle drei Wochen.» Als Grundversorger versuchen wir, alles daranzusetzen, unsere Klienten möglichst rasch psychisch zu stabilisieren. Wir wollen ihnen ein Krankheitskonzept vermitteln und ihnen mögliche Vorgehensweisen – zum Beispiel eine psychopharmakologische Therapie – aufzeigen. Auf diese Weise sollen sie möglichst bald wieder ein Gefühl von Kontrolle über die eigene Befindlichkeit gewinnen. Im Fall meines Klienten ist es gelungen, ihn von der Notwendigkeit einer geeigneten medikamentösen Behandlung zu überzeugen. Zunächst war es uns auch möglich, eine tragfähige therapeutische Beziehung zu ihm herzustellen, obwohl der Patient nach wie vor wahnhaft und vorsichtig war. Im Verlauf der Betreuung kam es zu Carole Kherfouche, Dr. med., ist stellvertretende Chefärztin des Psychologisch-Psychiatrischen Dienstes (PPD) der Justizdirektion des Kantons Zürich. Sie ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Studiengangleiterin Gutachten/Prognostik im Masterlehrgang Forensic Science an der Universität Zürich. einem Missverständnis, das den Klienten sehr verunsicherte und misstrauisch machte. Da der Patient offensichtlich noch immer psychotisch war, ergaben lange Kontakte wenig Sinn. Zu gross ist in diesem Zustand die Gefahr, dass ein Patient jegliche Informationen – auch jene während eines Arzt-Patienten-Gesprächs – wahnhaft verarbeitet und dadurch auch eine Zusammenarbeit zu einem späteren Zeitpunkt belastet wird. Wir versuchen in solchen Situationen daher primär, dem Klienten zu vermitteln, dass wir jederzeit für ihn da sind. Zudem arbeiten wir eng mit den Betreuenden und den Pflegepersonen vor Ort zusammen, die von den Klienten häufig als weniger bedrohlich erlebt werden. «Ich muss zugeben, schlussendlich hatte ich Glück: Die Inhaftierung und eine drohende stationäre Massnahme lösten in mir einen Reflexionsprozess aus. Ich begann, meine Wahnvorstellungen minutiös und in ihrer chronologischen Entstehung schriftlich fest- 7 8 Fachwissen Psychisch kranke Menschen in Haft zuhalten. Dies führte schliesslich dazu, dass nach etwa drei Monaten Untersuchungshaft erste Anzeichen einer Remission feststellbar waren. Nun hatte es doch einen Vorteil, dass die Erstellung des psychiatrischen Gutachtens so lange dauerte: Der Gutachter konnte, falls der anschliessende Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik zwecks Beobachtung eine Stabilisierung bestätigen würde, eine ambulante Massnahme empfehlen. Dies war glücklicherweise der Fall, und nach einem dreimonatigen Aufenthalt in einer geschlossenen forensischen Klinik konnte ich die ambulante Massnahme vorzeitig antreten. Aus medizinischer Sicht ist festzuhalten, dass sich eine Remission erstaunlicherweise a) ohne massive medikamentöse Behandlung («bloss» 15 mg Zyprexa täglich), b) ohne intensive psychiatrisch-therapeutische Begleitung, c) durch äusseren Zwang, nämlich die drohende stationäre Massnahme, einstellte.» Wir versuchen stets, unseren Patienten möglichst viel Selbstverantwortung zu übergeben und führen innerhalb des Justizvollzugs auch keine Zwangsmedikationen durch. Wir weisen unsere Patienten nur dann in eine akutpsychiatrische Einrichtung ein, wenn sie trotz unserer Betreuung psychisch instabil bleiben oder gar selbstgefährdet sind. Unser ambulanter Ansatz erspart den ohnehin schon massiv verunsicherten Klienten einen erneuten Einschnitt in ihrer Lebenssituation. Die ambulante psychiatrische Behandlung innerhalb des Strafvollzugs verlangt von den Mitarbeitenden des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes, dass sie im Einzelfall massgeschneidert vorgehen und dank ihrer vernetzten Arbeitsweise und ihrer Erfahrung in der Lage sind, Risiken korrekt einzuschätzen. In den letzten Jahren gelang es uns durch eine regelmässige Präsenz und intensive Vernetzung, die Zahl der notfallmässigen Kriseninterventionen um zwei Drittel zu reduzieren. Die Einweisungen in die Akutpsychiatrie konnten wir halbieren. «Zusammenfassend kann ich sagen, dass sich im Setting der Untersuchungshaft die psychiatrische Arbeit äusserst schwierig gestaltet – Vertrauen und Offenheit, wohl die Grundvoraussetzung für eine psychiatrische Behandlung, sind kaum möglich. Sie wären wohl nur durch eine von den Justizorganen unabhängige Person herzustellen. Aber deren Handlungsmöglichkeiten wären eingeschränkt, da die Entscheidungsgewalt über die existenziellen Lebensumstände bei der Justiz liegt. Somit befindet sich der Gefängnispsychiater in einem originären Konflikt: Einerseits ist er Arzt, andererseits Teil der Justiz. Die Funktion einer unabhängigen Vertrauensund Ansprechperson hatte schlussendlich mein Anwalt. Es war mir eine grosse Hilfe, dass er mich jede Woche eine Stunde besuchen kam.» Die Geschichte unseres Klienten widerspiegelt die traurige Realität, dass Menschen mit einer Störung aus dem schizophrenen Formenkreis in Gefängniseinrichtungen zehnfach überrepräsentiert sind: Der PPD betreut in der psychiatrischen Grundversorgung ungefähr 1300 KlientInnen mit psychischen Schwierigkeiten – von diesen leiden etwa 150 Menschen an einer Störung aus dem schizophrenen Formenkreis. Der Grund für diese Übervertretung liegt darin, dass ein Patient mit einer wahnhaften Störung, in der er sich akut bedroht fühlt, ein erhöhtes Risiko in sich trägt, ein Gewaltdelikt zu begehen. Als Vertreter des psychiatrischen Dienstes innerhalb des Justizvollzugs erachten wir es als ganz zentral, unseren Patienten eine möglichst optimale psychiatrische Versorgung nach allgemein anerkannten Qualitätsstandards zu bieten. Gleichzeitig richten wir unser Augenmerk immer auch darauf, das Rückfallrisiko unserer Klienten zu senken. Gerade das Beispiel unseres Klienten zeigt, dass diese beiden Ziele sich nicht widersprechen müssen. Natürlich lässt sich ein Gefängnis nicht mit einer Akutabteilung in einer psychiatrischen Klinik vergleichen. Dennoch konnten wir mit unserem ambulanten Ansatz zeigen, dass wir viele kranke Patienten, die in der Akutpsychiatrie durch alle Maschen gefallen sind und schliesslich wegen ihrer ungenügend behandelten psychischen Erkrankung nach einem Delikt in den Justizvollzug kommen, gut erreichen können. Gerade weil der Vollzugsrahmen stark strukturiert ist und die Aufenthaltsdauer oft länger ist als in der Akutpsychiatrie, können wir die Behandlung unserer Patienten in vielerlei Hinsicht sanfter und geduldiger gestalten. Insbesondere die Psychopharmakotherapie können wir häufig schonender angehen, was die Akzeptanz durch unsere Klienten und deren Compliance erhöht. Am Beispiel meines Klienten, der sich – durchaus nachvollziehbar – kritisch äussert, möchte ich noch einmal festhalten, dass eine Inhaftierung für alle Betroffenen ein Ausnahmezustand ist, insbesondere aber für psychisch kranke Menschen. Es gilt daher bereits im Rahmen der Primärprävention alles daranzusetzen, dass psychiatrische PatientInnen gar nicht erst straffällig werden. Unsere Forschungsresultate belegen, dass 45 bis 50 Prozent der Gewaltstraftäter vor ihrer Tat in ärztlicher Behandlung standen. Kommt es zu einer Gewaltstraftat, ist es sehr wichtig, den Klienten sowohl medizinisch wie auch bezüglich seines Rückfallrisikos gründlich abzuklären. Dies braucht Zeit. Im Falle unseres Klienten waren wir, nachdem er uns von der Schweigepflicht entbunden hatte, auch mit dem Gutachter im Kontakt. Diesem konnten wir zeitnah über die Behandlungsfortschritte berichten. Der Gutachter empfahl schliesslich – gestützt auf seine eigenen Beobachtungen und den Behandlungsverlauf – eine Behandlung in einer psychiatrischen Klinik. Nach einem kurzen stationären Aufenthalt konnte der Klient in die Freiheit entlassen werden. Er befindet sich heute bei mir in ambulanter Behandlung, hat ein Studium an einer Hochschule begonnen und meistert dieses mit grossem Erfolg. Carole Kherfouche Fachwissen Begutachtung psychisch kranker Straftäter Wenn die ärztliche Schweigepflicht entfällt Strafrechtlichen Gutachten kommt in Justiz und Strafvollzug eine hohe Bedeutung zu. Fachliche medizinische Grundsätze sind dabei wesentlich, immer einflussreicher werden aber auch gesellschaftspolitische Strömungen. Die forensische Psychiatrie hat sich in den letzten Jahren zu einer eigenständigen Sparte der Psychiatrie entwickelt. – Der Autor, Otto Horber, ist Chefarzt an der Klinik für Forensische Psychiatrie im Psychiatriezentrum Rheinau. Der Begutachter bewegt sich bei seinem Versuch, den Exploranden insbesondere bezüglich seiner Schuldfähigkeit und seiner Rückfallgefahr objektiv zu beurteilen, immer im Spannungsfeld zwischen ärztlich-medizinischen Grundsätzen und variablen gesellschaftspolitischen Vorstellungen. Medienträchtige Delikte von Rückfalltätern haben in der Gesellschaft die Forderung nach einem Nullrisiko bei der Einschätzung und Resozialisierung von Straftätern laut werden lassen. Zwar existieren Grundlagen, die eine Aussage erlauben, ob im Einzelfall eine zuverlässige Prognose möglich ist. Eine zu 100 Prozent zutreffende Einschätzung zukünftigen menschlichen Verhaltens gibt es jedoch nicht. Da lange Zeit ein erheblicher Mangel an erfahrenen Gutachtern bestand, hat man in den letzten Jahren mit der Bildung von Fachkommissionen und der Einführung der Zertifizierung in forensischer Psychiatrie begonnen, diesem Missstand Abhilfe zu verschaffen. Nach wie vor besteht jedoch auch heute die dringende Notwendigkeit, zukünftig mehr forensische Psychiater auszubilden. Die Berechtigung zur Gutachtertätigkeit im Kanton Zürich wird gemäss der Verordnung über psychiatrische Gutachten im Strafverfahren, die 1999 vom Regierungsrat des Kantons Zürich verabschiedet wurde, geregelt. Zur Erfüllung der Kernpunkte der Verordnung wurde eine Fachkommission für psychiatrische Begutachtung im Strafverfahren geschaffen. Sie besteht aus zehn Mitgliedern, Juristen und Psychiatern, und wird vom Kantonsarzt präsidiert. Diese Fachkommission ist primär vorbereitendes und beratendes Organ im Bereich von Zulassung und Aufsicht über die Gutachter. Die Gutachtertätigkeit in Rheinau Die Forensik des Psychiatriezentrums Rheinau erstellt im Jahr 20 bis 25 komplexe strafrechtliche Gutachten. Es werden fast ausschliesslich Gewaltund Sexualstraftäter begutachtet. Dabei handelt es sich um Erst- und Zweitgutachten und in Einzelfällen auch um Obergutachten, in deren Rahmen frühere Gutachten analysiert und einer forensisch-psychiatrischen Wertung unterzogen werden. Dies stellt eine besonders delikate Aufgabe dar, die grosse Erfahrung in der Gutachterpraxis voraussetzt. Die Begutachtungen werden zum Teil auf der Sicherheitsabteilung der Klinik durchgeführt, dies vor allem bei schizophrenen Straftätern, die gleichzeitig einer ganzheitlichen stationären psychiatrischen Behandlung bedürfen. Mehrheitlich finden die Begutachtungen jedoch in den Gefängnissen statt, die Exploranden befinden sich dann jeweils in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug. Zu unterscheiden sind einerseits Gutachten, in denen zur Diagnose, zur Schuldfähigkeit, zur Prognose und zum Erfolg einer legalprognostisch ausgerichteten Behandlung der Täter Stellung bezogen werden muss. Einen immer breiteren Rahmen nehmen sogenannte Prognosegutachten ein, die das zukünftige Verhalten gefährlicher Straftaten voraussagen sollen. Gerade diese Prognosegutachten bedingen ein aufwendiges Aktenstudium, da eine minutiöse differenzierte Kenntnis der Legalanamnese und der bisherigen forensischen Therapien die Grundlage für eine Einschätzung bildet. Mögliche, immer unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit zu gewährende Vollzugslockerungen müssen differenziert abgewogen werden. Bei diesen Exploranden bereitet es häufig Schwierigkeiten, sich in der Untersuchung ein objektives Bild zu machen, da ihre Kooperation unterschiedlich ausfällt. Im Gegensatz zu Tätern mit Erstdelikten sind Verwahrte haft- und therapieerfahren. Otto Horber, Dr. med., ist Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie und zertifizierter Forensischer Psychiater SGFP (Schweizerische Gesellschaft für Forensische Psychiatrie). Seit 1996 leitet er als Chefarzt die Klinik für Forensische Psychiatrie im Psychiatriezentrum Rheinau. Neben der ärztlichen Leitung der grössten Klinik für forensische Psychiatrie der Schweiz verfasst er regelmässig umfassende forensisch-psychiatrische Gutachten. Er ist Mitglied der Fachkommission für psychiatrische Begutachtung des Kantons Zürich und der Fachkommission Beurteilung gemeingefährlicher Straftäter des Ostschweizer Konkordates. Die gesamte Gutachtertätigkeit in Rheinau wird vom Chefarzt koordiniert und supervidiert. Er zeichnet für das gesamte Gutachten fachlich verantwortlich. Die Exploranden werden mehrmals untersucht, meist dauern die Explorationen 10 bis 20 Stunden, wobei Aktenstudium und Einholen fremdanamnestischer Angaben weitere 10 bis 20 Stunden in Anspruch nehmen können. Insbesondere bei persönlichkeitsgestörten Straftätern gehören mehrere Explorationstermine zum Standard des Vorgehens, um die gesamte Palette der charakterlichen Auffälligkeiten zu erfassen. Für den Arzt als Sachverständigen, insbesondere wenn er zu Fragen der Schuldfähigkeit Stellung nehmen 9 10 Fachwissen Begutachtung psychisch kranker Straftäter muss, stehen Behandlungsaspekte zunächst nicht im Vordergrund, man ist als gerichtlicher Sachverständiger zu Neutralität und Objektivität verpflichtet. Die Exploranden zeigen häufig zu Beginn der Untersuchung eine misstrauische Grundhaltung gegenüber der Ermittlungs- oder Vollzugsbehörde und eventuell auch gegenüber dem untersuchenden Arzt. Dieser kann man begegnen, indem man dem Exploranden initial den Ablauf, den Sinn und Zweck der Gutachtenerstellung offen darlegt. Unabdingbar ist auch, dass man den Exploranden darauf aufmerksam macht, dass die ärztliche Schweigepflicht nicht besteht und alle seine Angaben ins Gutachten einfliessen, er aber durchaus auch das Recht besitzt, auf Fragen nicht zu antworten. Wenn der Explorand die Entbindung früherer behandelnder Kollegen von der ärztlichen Schweigepflicht verweigert, so stehen ausschliesslich die von der auftraggebenden Behörde zugestellten Akten für das Gutachten zur Verfügung. Viele der zu begutachtenden Straftäter werden zudem durch den psychologischen Dienst abgeklärt unter Anwendung von psychodiagnostischen Methoden. Der gezielte Einsatz von Tests und die auf einem fundierten Fachwissen basierenden Auswertungen liefern wichtige Informationen über die Persönlichkeit und das Störungsbild der Exploranden. Dabei wird darauf geachtet, nur Tests anzuwenden, die normiert und bewährt sind. Alle neuen Verfahren werden von uns eingehend geprüft. Schritte der Begutachtung Die Abfassung der Gutachten erfolgt gemäss einem klaren, durch die Fachkommission erarbeiteten Leitfaden. Die Darstellung der Vorgeschichte ist ein wesentlicher Bestandteil des Gutachtens. Sie soll vor allem das Erlebte des Exploranden – Familienverhältnisse, Schule und Ausbildung, Berufstätigkeit – widerspiegeln sowie eine Darstellung eines möglichen Konsums psychotroper Substanzen, der psychosexuellen Entwicklung und frühe- NEUE TITEL AUS IHREM INTERESSENGEBIET Hesse, D. / H. Duncker: Psychoanalyse und Forensik Festschrift für Martin Schott 2009. kart., ca. CHF 27.50 (Dustri) 978-3-89967-529-0 Mit seiner festen Überzeugung, dass sich auch hinter den grössten Straftaten ein zutiefst menschliches Schicksal auf Seiten der Täter verbirgt, förderte Martin Schott das Verständnis für die Straftäter und die Bereitschaft der therapeutischen Teams, sich für diese einzusetzen. Kornhuber, H. H./ L. Deecke: Wille und Gehirn 2007. 149 S., 7 Abb., kart., ca. CHF 17.40 (Aisthesis) 978-3-89528-628-5 Es ist ein Buch, welches das Problem der Willensfreiheit multidisziplinär angeht und beleuchtet, in dem Philosophie ebenso zu Wort kommt wie Hirnforschung, Neurologie, Neurophysiologie, Verhaltensforschung, und in dem auch Psychologie, Psychiatrie, Forensik und Jurisprudenz nicht zu kurz kommen. Bestellen ist ganz einfach: Rufen Sie uns an: 0848 482 482 (Normaltarif) oder schreiben Sie uns eine E-Mail: contact@huberlang.com rer psychischer Erkrankungen enthalten. Wichtig ist, dass man dabei jeweils die subjektive Wertung des Exploranden mit anführt. Der psychische Befund muss Angaben zu allen psychopathologischen Bereichen enthalten. Alle für die Diagnose relevanten psychopathologischen Auffälligkeiten sind durch Beispiele zu belegen und insbesondere auch für die Tatzeit zu erfragen und darzustellen. Die diagnostische Beurteilung erfolgt unter Zugrundelegung moderner Klassifikationssysteme. Eine psychiatrische Diagnose lässt jedoch keine unmittelbare forensische Aussage zu. Die Symptomatik muss qualitativ und quantitativ bewertet werden. Insbesondere bei Persönlichkeitsgestörten spielen dabei Defizite wie Abwehrverhalten und Verarbeitung innerer Konflikte sowie eine Einengung und Affektlabilisierung im Tatvorverhalten eine wesentliche Rolle. Als Nächstes erfolgt die Beurteilung der Einsichtsfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Es handelt sich um die Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen, es muss dabei aufgezeigt werden, ob durch intellektuelle oder kognitive Beeinträchtigungen oder durch Wahnerleben oder andere Störungen der Realitätsbezug aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt gewesen ist. Bestand zum Tatzeitpunkt eine eindeutige psychotische Störung, eine schwere hirnorganische Funktionsbeeinträchtigung oder eine schwere Intoxikation, so ist die Frage möglicherweise relativ leicht zu beantworten. In der Mehrzahl der zu begutachtenden Fälle handelt es sich jedoch nicht um eine Geisteskrankheit in Form von Psychosen oder schweren hirnorganischen Schädigungen, sondern um mangelhafte geistige Entwicklungen wie Persönlichkeitsstörungen, neurotische Entwicklungen oder Bewusstseinsstörungen unter dem Einfluss psychotroper Substanzen. In allen Fällen bedarf es einer sorgfältigen forensisch-psychiatrischen Analyse des Verhaltens vor, während und nach der Tat. Bei der Beurteilung der Steuerungsfähigkeit geht es um eine vergleichende Fachwissen Begutachtung psychisch kranker Straftäter Beurteilung von Handlungsspielräumen. Im Einzelnen muss nachgewiesen werden, dass die psychische Störung eine deutliche Abweichung von der Norm darstellt. Es muss auch der innere Zusammenhang zwischen Störung und der Tat dargelegt werden. Die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit stellt die schwierigste Aufgabe dar. Dabei wird vom Gutachter eine Differenzierung nach leichter, mittelgradiger oder schwerer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit und schliesslich der Schuldfähigkeit gefordert. Im Art. 19 Abs. 1 StGB wird von Schuldunfähigkeit ausgegangen. Diese Voraussetzungen erfüllen in der Regel schizophrene Straftäter, die das zu beurteilende Delikt aus eindeutig psychotischer Motivation (Wahn oder Halluzination) begangen haben, oder Täter, die im Rahmen einer schweren Bewusstseinsstörung gehandelt haben. Nicht jede Normabweichung genügt für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit gemäss Art. 19 Abs. 2 StGB. Aussagen über die Prognose Einen breiten Raum in der Begutachtung nimmt auch die Prognosestellung, das heisst die Einschätzung der Rückfallgefahr des Täters, ein. Heute existieren wissenschaftlich fundierte Prognoseinstrumente, auf Grundlage deren in einem aufwendigen Verfahren individuelle Prognosen erstellt werden können. Diese Checklisten dienen jedoch lediglich als «aide-mémoire». Viel wichtiger ist letztlich eine umfassende individuelle Einschätzung der Prognose in Kenntnis aller relevanten Fakten. Bei der Beurteilung der Massnahmenindikation muss diskutiert werden, ob aufgrund einer Behandlung der psychischen Störung eine Verbesserung der Legalprognose zu erwarten ist, das heisst eine Verminderung der Rückfallgefahr. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis des Gutachters über die verschiedenen Institutionen und deren Konzepte. Eine Massnahmenempfehlung muss immer legalprognostisch begründet werden, was bedeutet, dass das Ziel einer Massnah- me die deliktische Rückfallsfreiheit ist und nicht primär die Heilung der diagnostizierten psychischen Störung. Die Massnahmenempfehlung impliziert einerseits, dass neuerliche Straftaten zu erwarten sind, aber gleichzeitig auch, dass der Rückfallgefahr durch eine Therapie adäquat begegnet werden kann. Es müssen in jedem Fall erreichbare und nicht erreichbare Behandlungsziele benannt werden. Der Gutachter hat sich auch unter dem Aspekt einer vom Exploranden ausgehenden mutmasslichen Gefährlichkeit zu überlegen, durch welche Behandlungsformen das Massnahmenziel am besten erreichbar ist. Die Gutachtertätigkeit stellt eine grosse Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, aber auch gegenüber dem betroffenen Straftäter dar. Liegt eine psychische Erkrankung dem Delikt zugrunde, ist eine adäquate Behandlung unabdingbar. Ein erfolgreich resozialisierter Straftäter kann dadurch wieder Mitglied der Gesellschaft werden. Otto Horber IBP-Institut für Integrative Körperpsychotherapie: Fortbildungsangebote Sexualtherapie und Sexualberatung NEU! Integrative Traumatherapie IBP Zielgruppe: PsychotherapeutInnen und BeraterInnen, die mit den Themen Sexualität und sexuelle Beziehungsfähigkeit arbeiten möchten. Inhalt: Konzepte aus Sexual Grounding Therapy®, IBP und anderen Methoden der Sexualtherapie. Leitung: Dr. med. Robert Fischer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Surabhi N. Fischer, Körperspsychotherapeutin mit Schwerpunkt Sexualund Paartherapie Datum: Februar 2010 bis Mai 2011, 6 Module Infoabend: 4. Dezember 2009 in Winterthur Vortrag: 27. Januar 2010 in Bern Zielgruppe: PsychotherapeutInnen und FachärztInnen für Psychiatrie und Psychotherapie Inhalt: Theoretische Grundlagen der Traumatherapie sowie deren Anwendung in der Praxis. Leitung: Dr. med. Markus Fischer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH Datum: Mai 2010 bis September 2011, 5 Module Infoabend: 10. Dezember 2009 und 27. Januar 2010 in Winterthur Mehr Informationen unter www.ibp-institut.ch oder: IBP-Institut, Wartstrasse 3, CH-8400 Winterthur, Tel. +41 (0)52 212 34 30, e-Mail info@ibp-institut.ch 11 12 Fachwissen Psychotherapie vs. Seelsorge im Strafvollzug Der, welcher nicht nichts tut In den letzten 15 Jahren geschah im Strafvollzug eine markante Professionalisierung. Aufgaben, die früher der Seelsorge zufielen, weil die Eingewiesenen in den Gefängnissen viel weniger betreut, psychiatrisch und psychotherapeutisch behandelt wurden, werden heute von dafür speziell ausgebildetem Personal übernommen. Welcher Aufgabenbereich bleibt der Seelsorge? In der Untersuchungs- und Ausschaffungshaft, wo die Eingewiesenen noch nicht psychotherapeutisch, sondern erst notfallpsychiatrisch behandelt werden, entstehen kaum Überschneidungen zwischen Psychotherapie und Seelsorge. Im Straf- und Massnahmenvollzug dann, wo heute immer mehr Eingewiesene psychotherapeutisch begleitet werden, kommt es vor, dass die Eingewiesenen neben der Psychotherapie auch die Seelsorge zu besuchen wünschen. Da ist es besonders wichtig, dass sich die Seelsorgenden auf ihr Proprium, auf ihre spezifische Aufgabe, berufen. Die Methoden der Seelsorge können psychotherapeutisch, der Inhalt der Gespräche muss seelsorgerlich sein. Spezifisch seelsorgerliche Arbeit Seelsorge ist einer der wenigen Bereiche im Strafvollzug, der freiwillig ist. Es gibt keine obligatorischen Themen in der Seelsorge, wie es sie in der forensischen Psychotherapie gibt. Forensische Psychotherapien werden vom Gericht angeordnet und sind daher unfreiwillig. Die seelsorgerliche Schweigepflicht reicht weiter als die psychotherapeutische. Das ist häufig ein Grund, weshalb Eingewiesene in der Seelsorge ihr Herz ausschütten kommen. Morgenthaler (2008, 334 f.) spricht im Zusammenhang der Spitalseelsorge von der Instrumentenlosigkeit – keine Skalpelle, Spritzen usw. – der Seelsorgenden im Vergleich zu den ÄrztInnen und dem Pflegepersonal. Für den Strafvollzug gilt das Gleiche. Die PsychiaterInnen und die PsychologInnen haben sogenannte Instrumente zur Verfügung: Diagnostik (ICD-10 und DSM IV), Therapieberichte, Testverfahren, Therapieprogramme, Gutachten, Gerichtsurteile, Einvernahmeprotokolle, Klinik- und Arztberichte, Medikamente usw. Spoerri (2004, 57) definiert den Seelsorger als: Der, welcher Zeit hat. Der, welcher nichts tut. Der mit den leeren Händen. Als forensischer Psychotherapeut wie als Seelsorger verstehe ich den Menschen als Leib-Seele-Geist-Einheit. In der Seelsorge wird implizit, nicht missionierend der Schwerpunkt auf das Geistige des Menschen gelegt. Dies geschieht häufig über Alltagsthemen (Sorgen und Nöte im Strafvollzug). Seelsorge ist vor allem Zuhören und Begleiten. Häufig ist es der Pastorand, der selbst den Bezug zum Religiösen herstellt. In der Psychotherapie kann über die Wirkung des Religiösen auf den Patienten gesprochen werden und darüber, wie er mit dem Religiösen im Alltag umgeht. Wie aber Gott wirken könnte und wie die Eingewiesenen mit ihm in Beziehung treten können – zum Beispiel mit Beten –, ist vor allem Thema der Seelsorge. Der Vollzug des Religiösen ist Gegenstand der Seelsorge und geschieht im Gespräch, durch das Lesen von biblischen Texten, in Gottesdiensten und in gemeinsamem Beten. Nachdenken über das Religiöse kann in der Psychotherapie und in der Seelsorge erfolgen (Buser 2007, 107). Auch bei wenig religiös sozialisierten Menschen stossen biblische Geschichten auf Interesse. Die Weihnachtszeit ist im Gefängnis eine besonders emotionale Zeit. In den Weihnachtsgottesdiensten darf die Lesung der Weihnachtsgeschichte Lk 2 nicht fehlen. Psalmen (etwa Ps 23; 139) trösten auch moderne Menschen; Klagepsalmen (Ps 69; 142) zeigen den Eingewiesenen, wie Klagen in der Seelsorge zu Einsicht, Annahme, Trost, Gottesbezug und Hoffnung führen kann. Manche Pastoranden wünschen, dass ich am Ende des Seelsorgegesprächs bete. Im Gebet fasse ich den Inhalt des Gesprächs zusammen und bitte vor allem für Kraft und Mut, die Realität angehen zu können, oder für Samuel Buser, geboren 1959, Pfarrer, Psychotherapeut SPV, Gestalttherapeut IGW, DAS in Forensic Science, ist seit 17 Jahren als Gefängnisseelsorger in den Anstalten Witzwil und seit 6 Jahren als Psychotherapeut im Strafvollzug (Anstalten Thorberg, geschlossener Männerstrafvollzug, und bis 2008 Anstalten Hindelbank, Frauenstrafvollzug) tätig. Vor seiner psychotherapeutischen Tätigkeit war er Gemeindepfarrer in Oberthal BE. In Spiez arbeitet er als delegierter Psychotherapeut. Menschen (nicht aber gegen Menschen). Konkrete Wünsche, wie den Wunsch, eine kurze Strafe, einen Freispruch, Hafterleichterungen usw. zu bekommen, nehme ich nicht in meine Gebete auf. Im heutigen deliktorientierten Strafvollzug kann die Gefahr bestehen, dass der Patient auf seine Deliktgeschichte reduziert wird. Der politische Druck, der vom Strafvollzug möglichst ein Nullrisiko fordert, mag ein bedeutender Grund dafür sein. Im Spital geschieht Ähnliches, wenn PatientInnen auf ihre Krankengeschichte reduziert werden. Die Seelsorge kann die Position des Dazwischens einnehmen. Theologisch ist diese Position vor allem mit dem jesuanischen Verhalten zu begründen, das statt spaltend und ausgrenzend gegensatzverbindend ist (zum Beispiel Fachwissen Psychotherapie vs. Seelsorge im Strafvollzug Verhinderung der Steinigung der Ehebrecherin durch Jesus, Joh 8, 3–11). Es ist wichtig, dass die Seelsorge die Position des Dazwischens behält. Sie darf nicht vollzugsrelevante Aufgaben übernehmen. Ich besuche bewusst keine interdisziplinären Sitzungen, in denen über den Vollzugsverlauf und die Legalprognose der Eingewiesenen diskutiert und befunden wird. Ich nehme nur an denjenigen interdisziplinären Sitzungen teil, an denen vorher mit den Pastoranden und Mitarbeitenden besprochene Themen wie Austrittsvorbereitung, Kontakte zu den Angehörigen usw. besprochen werden und ich eine konkrete Aufgabe im Einverständnis der Pastoranden und des Gefängnisses übernehme. Der Besuch oder Nichtbesuch der Seelsorge sowie ihr Inhalt dürfen nicht positiv oder negativ für die Legalprognose der Pastoranden gewertet werden. Gefängnisseelsorge ist auch Seelsorge für die Mitarbeitenden. Ich arbeite als «Werkpfarrer» in den Anstalten Witzwil – dem grössten Landwirtschaftsbetrieb der Schweiz – an verschiedenen Arbeitsplätzen mit. Zum Beispiel während der Kartoffelernte oder im Winter in der Halle beim Kartoffelsortieren erhalte ich Kontakt zu den Eingewiesenen wie zum Personal. Wenn es dem Personal in dem hochanspruchsvollen und anstrengenden Arbeitsgebiet des Strafvollzugs gutgeht, hat dies eine positive Auswirkung auf die Eingewiesenen. Zwischen der forensischen Psychotherapie und der Gefängnisseelsorge be- steht bezüglich der Wahrheits- und Schuldfrage ein Unterschied. Wahr ist in der Seelsorge, was der Eingewiesene in diesem Raum zu diesem Zeitpunkt sagt. Er hat einen bewussten oder unbewussten Grund, weshalb er im Moment seine persönliche Wahrheit so formuliert, dass sie möglicherweise vom Gerichtsurteil abweicht. Seine Wahrheit hat unter anderem mit seiner psychischen Befindlichkeit und seinem Vertrauen zum Seelsorger zu tun. Ich betrachte die Berichte des Pastoranden phänomenologisch. Dabei sage ich dem Eingewiesenen nicht: «Ich glaube Ihnen, dass Sie kein Vergewaltiger sind», sondern ich höre nur zu und akzeptiere, dass er im Moment sein Delikt von seiner Wahrheitsperspektive aus schildert (Buser 2007, 158). Wichtig ist, dass der Eingewiesene empfindet, dass ich ihn in seiner Person nicht verurteile, sondern achte. Immer wieder erlebe ich, dass aus dem «harmlosen» Delikt später durch Einsicht das schwere Delikt wurde, das es tatsächlich war. In der forensischen Psychotherapie hingegen steht von Beginn an das Delikt anhand von Gutachten, Gerichtsakten usw. fest, was natürlich nicht heisst, dass der Patient von Beginn an geständig und einsichtig ist. Es stellt sich nun die Frage, ob die beschriebene seelsorgerliche Haltung nicht das Verdrängen der juristischen Schuld der Eingewiesenen, das zu Beginn des Strafvollzugs häufig vorkommt und sich in einer Täter-OpferUmkehr (der Täter fühlt sich als Opfer zum Beispiel der Justiz, der Polizei, gar des tatsächlichen Opfers) zeigen kann, zementiert. In der Seelsorge kann der Eingewiesene erleben, dass er trotz seinem schweren Delikt in seiner Person akzeptiert wird. Dies stärkt seinen Selbstwert und kann es ihm ermöglichen, in der Psychotherapie offen und ehrlich über das Delikt zu sprechen. Seelsorge kann so letztlich die Therapiefähigkeit erhöhen. Weiter kommt der Gefängnisseelsorge dort Bedeutung zu, wo vermeintlich «nichts mehr zu machen» ist. Damit meine ich die Seelsorge mit den verwahrten oder momentan nicht therapeutisch erreichbaren Eingewiesenen. Ausblick Die Seelsorgenden können Eingewiesene zum Durchhalten in der Psychotherapie ermuntern, wenn diese über die Therapie klagen, oder ihnen eine freiwillige Therapie empfehlen. Die PsychotherapeutInnen können Patienten mit religiösen Fragen, die über den therapeutischen Inhalt hinaus reichen, an die Seelsorgenden weisen. Deshalb ist es wichtig, dass die Seelsorgenden wie die Psychotherapeuten einander kennen. Samuel Buser Literatur Buser, S.: Psychotherapie und Seelsorge im Strafvollzug. Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Peter Lang, Bern 2007. Morgenthaler, Ch.: Seelsorge, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2009. Spoerri, Th.: Spitalseelsorge als Anachronismus. Ein Bericht. Reinhardt Verlag, Basel 2004. 13 14 Fachwissen Gutachten in Strafuntersuchungen Die gelegentlichen Irritationen des Staatsanwalts Zweck einer Strafuntersuchung ist die Abklärung eines Sachverhalts, eingeschränkt auf die rechtlich relevanten Tatsachen. Im Strafverfahren obliegt diese Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Neben Einvernahmeprotokollen und sachlichen Beweismitteln nehmen dabei Gutachten einen breiten Raum ein, zum Beispiel die psychiatrische Begutachtung der Schuldfähigkeit von Angeklagten. Ist die Praxis zu lasch? Die zulässigen Beweismittel in Strafverfahren sind exakt definiert: Nur die gesetzlich vorgesehenen Beweismittel, die auch in der gesetzlich festgelegten Art und Weise erhoben worden sind, dürfen Verwendung finden und entsprechend dem für die Entscheidung schliesslich zuständigen Gericht zur Wahrheitsfindung unterbreitet werden. Sie können wie folgt kategorisiert werden: – Angaben von Personen über ihre Wahrnehmungen: Angaben des Beschuldigten (Einvernahme des Angeschuldigten); Angaben des Geschädigten (Zeugeneinvernahme des Geschädigten); Angaben von Drittpersonen (Zeugeneinvernahme). – Sachliche Beweismittel: Augenscheinbeweis; Beweisgegenstände; Urkunden. – Sachverständigenbeweis/Gutachten: Sachverständige, auch Experten oder Gutachter genannt, werden wegen ihres besonderen Fachwissens, das dem Gericht und auch der Untersuchungsbehörde fehlt, beigezogen. Dieses Fachwissen geben sie in der Form eines Gutachtens, angepasst auf eine entsprechend unterbreitete individuell konkrete Fragestellung, weiter. Gutachten nehmen in der Strafuntersuchung einen sehr breiten Raum ein. Dabei lassen sich die Gutachten in zwei Hauptkategorien unterteilen, nämlich einerseits in solche «technisch-wissenschaftlicher» (wie Schusswaffengutachten, DNA-Analysen, Obduktionsgutachten usw.) sowie andererseits in solche «psychiatrisch-psychologischer» Art. Hinsichtlich der letztgenannten Art sind in der Praxis das eigentliche gerichtspsychiatrische sowie das Glaubhaftigkeits- oder Glaubwürdigkeitsgutachten von Bedeutung. Dementsprechend beschränken sich die folgenden Ausführungen auch auf in der praktischen Tätigkeit eines Staatsanwalts diesbezüglich hauptsächlich auftretende Probleme und damit in Zusammenhang stehende Überlegungen, wobei angesichts des beschränkten Rahmens des vorliegenden Texts nur eine Auswahl davon besprochen werden kann. Notwendigkeit der Erstellung eines Gutachtens Wie erwähnt sind Sachverständige einzusetzen, um dem Staatsanwalt und letztlich dem Richter dasjenige besondere Fachwissen zu vermitteln, das Letzteren fehlt. Diese im Grundsatz klare Anordnung birgt allerdings erhebliche Schwierigkeiten. So wird es im Allgemeinen entsprechend dem Grundsatz «iura novit curia» etwa als unzulässig bezeichnet, zur Beurteilung einer Rechtsfrage einen Sachverständigen beizuziehen. Auch wird die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage als Aufgabe des Gerichtes qualifiziert, die es selber zu erfüllen hat und nicht an eine aussenstehende Person – ob Experte oder nicht – delegieren darf. Eine allgemeine gesetzliche Regelung fehlt diesbezüglich allerdings, und der Gesetzgeber hat sich auf verschiedene Einzelfälle beschränkt. So legt beispielsweise Art. 56 Abs. 3 StGB fest, dass sich das Gericht beim Entscheid über die Anordnung einer Massnahme auf eine sachverständige Begutachtung zu stützen hat, und Art. 20 StGB verlangt bei ernsthaftem Anlass zu Zweifeln an der Schuldfähigkeit des Täters «die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen». Notwendigkeit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens Konkret stellt sich damit für den in der Praxis tätigen Staatsanwalt die Frage, unter welchen Umständen ein ernsthafter Anlass vorliegt, um an der Markus Oertle, Dr. iur., RA, ist Stellvertretender Leitender Staatsanwalt an der Staatsanwaltschaft für Gewaltdelikte des Kantons Zürich und betreut in dieser Funktion den Fachbereich Kinderschutz der Erwachsenenstrafverfolgung des Kantons Zürich. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Untersuchung von Kapitalverbrechen (vorsätzliche Tötungsdelikte, schwere Körperverletzungen, qualifizierte Raubstraftaten usw.), von qualifizierten, also besonders schweren Fällen von Gewalt gegenüber Kindern sowie qualifizierten Fällen häuslicher Gewalt. Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln. Gemäss geltender Praxis und Rechtsprechung müssen sich derartige Zweifel auf objektive Anhaltspunkte stützen. Sie können sich dabei aus in der Tat liegenden Umständen wie etwa auffällige Begleiterscheinungen zur Tat oder aus vor der Tat bestehenden Umständen ergeben, wie etwa wenn in der bisherigen Lebensführung des Täters besondere Auffälligkeiten, beispielsweise mehrere Selbstmordversuche, vorliegen (BGE 116 IV 274 f.). Dabei genügt nicht jeder mögliche Mangel an der Schuldfähigkeit. So hat das Bundesgericht in diesem Zusammenhang festgehalten, dass mindestens eine qualifizierte Erheblichkeit der Mängel an Schuldfähig- Fachwissen Gutachten in Strafuntersuchungen keit vorliegen muss, deren Abweichung erst bedeutsam wird, wenn sie in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fällt, wenn die Geistesverfassung des Täters «nach Art und Grad stark vom Durchschnitt nicht bloss der Rechts-, sondern auch der Verbrechensgenossen abweicht» und im Ergebnis psychologisch mindestens die Erkenntnisfähigkeit oder/und die Fähigkeit zu einsichtsgemässem Handeln zumindest teilweise aufheben (BGE 102 IV 226). In der Praxis spielt in diesem Zusammenhang auch die Schwere des dem Täter vorgeworfenen Deliktes eine wesentliche Bedeutung. Obwohl im Gesetz so in keiner Weise vorgesehen, wird der Staatsanwalt bei der Untersuchung eines mit einer langjährigen Freiheitsstrafe bedrohten Tötungsdeliktes eher geneigt sein, eine psychiatrische Begutachtung vornehmen zu lassen als bei einem «kleinen» Vermögensdelikt. Das entspricht regelmässig auch den Anträgen des Beschuldigten und seines Verteidigers, da eine psychiatrische Begutachtung einen erheblichen Kostenfaktor innerhalb einer Untersuchung darstellt, der im Rahmen eines Tötungsdeliktes mit Gesamtkosten von 100 000 Franken und mehr nicht übermässig ins Gewicht fällt, hingegen bei dem erwähnten «kleinen» Vermögensdelikt mit Untersuchungskosten von einigen hundert bis tausend Franken nicht mehr zu vertreten wäre. Sobald auch eine längere Freiheitsstrafe in Aussicht steht, ist auch regelmässig mit einem entsprechenden An- trag des Beschuldigten auf Vornahme einer psychiatrischen Begutachtung zu rechnen. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, hängt die Dauer der Strafe direkt und ganz erheblich von der Schuldfähigkeit ab. Da die Wahrscheinlichkeit auf eine Erkenntnis des Sachverständigen, die eine mögliche leichte Einschränkung der Schuldfähigkeit zumindest nicht ausschliesst, erfahrungsgemäss – selbst wenn weit und breit keine konkreten Anzeichen einer psychischen Störung des Beschuldigten vorhanden sind – sehr hoch ist, müsste das Absehen von einem entsprechenden Antrag auf Begutachtung beinahe als anwaltschaftlicher Kunstfehler der Verteidigung bezeichnet werden. Glaubwürdigkeitsgutachten: Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang zwischen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu differenzieren. Allerdings hat sich diese Unterscheidung nie ganz durchgesetzt, und es werden beide Bezeichnungen verwendet, wobei regelmässig die «Beurteilung der Glaubwürdigkeit» umfassend als Beantwortung der Frage nach dem objektiven Wahrheitsgehalt von zu untersuchenden Aussagen verstanden wird. Ob nun ein Gutachten durch eine Fachperson anzufertigen ist, sollte sich grundsätzlich gemäss den auch hier massgebenden aufgezeigten gesetzlichen Grundlagen danach entscheiden, ob dem Richter im Rahmen einer objektiven, nicht auf den einzelnen handelnden Richter beschränkten Betrachtungsweise die da- Workshop-Kongress-Woche in Marokko Grenzen-Systeme-Kulturen für erforderliche Sachkenntnis fehlt. Gemäss den von der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich zuhanden der Staatsanwaltschaften erlassenen «Weisungen für die Untersuchungsführung» ist es wohl zulässig, «einen Psychiater zu beauftragen, sich über die Glaubhaftigkeit von Aussagen eines psychisch auffälligen Zeugen zu äussern», und mitunter sogar erwünscht, auch Aussagen gesunder Kinder durch einen Sachverständigen beurteilen zu lassen, während die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines psychisch gesunden Zeugen dagegen wiederum Sache des Richters ist. Aufträge an psychiatrische Sachverständige, die Aussagen eines Angeschuldigten zu prüfen, sind hingegen zu unterlassen, da es Sache des Staatsanwaltes oder Richters sei, die Glaubhaftigkeit einer Schilderung des Angeschuldigten zu beurteilen. In der Rechtsprechung und Lehre fehlen klare und allgemein anerkannte Kriterien, unter welchen konkreten Umständen schliesslich ein Gutachten erstellt werden soll. In der Praxis werden im Kanton relativ wenige Gutachten zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit von Zeugen in Auftrag gegeben und ausgearbeitet, während dies in Deutschland vergleichsweise sehr viel häufiger erfolgt, ja in Fällen von (sexuellen) Gewaltdelikten gegenüber Kindern beinahe den Regelfall darstellen soll. Man hat sich dementsprechend zu fragen, ob das Fachwissen der Richter im Kanton Zürich und in der Schweiz gegenüber demjenigen ihrer Kollegen aus Marokko Beiträge von Psychotherapie und Psychologie zum individuellen und kulturellen Dialog Programm mit - Prof. h.c. Dr. med. Nossrat Peseschkian, Wiesbaden - Prof. Dr. phil. Nitza Katz-Bernstein, Universität Dortmund - Prof. Dr. phil. Allan Guggenbühl, Zürich - Prof. Dr. phil. habil. Jens B. Asendorpf, Humboldt-Universität Berlin - Adj. Prof. Mag. Stefan Geyerhofer, Webster Universität Wien - Dr. med. Thomas Hess und Dr. med. Claudia Starke, Männedorf - Dr. med. Astrid Vlamynck, Berlin - Dr. phil. Peter Hain, Zürich - Ghita Benaguid, Ausbildnerin Milton Erickson Ges. - Gisela Osterhold , Heidelberg - Peter P. Allemann, Bülach / etc. 20. - 28. Februar 2010 Orientalisches Ambiente und Rahmenprogramm Informieren Sie sich hier / Anmeldung jetzt! www.psyseminare.ch e-mail - info@psyseminare.ch / phone - 081 250 53 78 15 16 Fachwissen Gutachten in Strafuntersuchungen Deutschland derart eklatant höher ist… Die Frage nach der Notwendigkeit der Erstellung eines Gutachtens über den Wahrheitsgehalt von Aussagen lässt sich allerdings nicht allein auf eine solche des Fachwissens reduzieren. Vielmehr geht es dabei auch um Grundfragen im Zusammenhang mit den Gerichten und deren (demokratische) Legitimation ganz allgemein. Dementsprechend muss der herrschenden Lehre und dem Bundesgericht uneingeschränkt zugestimmt werden, wenn ausgeführt wird, dass die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen ureigenste Aufgabe des Gerichts ist, die grundsätzlich nicht weiter delegiert werden darf. Nur einschränkend bei besonderen Umständen soll auf ein durch externe Sachständige angefertigtes Gutachten zurückgegriffen werden dürfen. Ein Weglassen der erforderlichen besonderen Voraussetzungen dafür müsste schliesslich konsequenterweise nach sich ziehen, dass auch die Aussagen des die Tatvorwürfe bestreitenden Angeschuldigten einer Begutachtung unterzogen werden müssten, was am Ende weder sinnvoll und praktikabel wäre. Unter welchen Voraussetzungen nun ausnahmsweise dennoch eine Begutachtung angezeigt und zulässig erscheint, kann nicht generell-abstrakt festgelegt werden. Hilfreich erscheint diesbezüglich die Feststellung hinsichtlich der Aussagen von Kindern, wonach eine Begutachtung umso angezeigter erscheint, je jünger das Kind ist, je komplizierter die angezeigte Tat, je grösser der zeitliche Abstand zwischen Tat und Anzeige und je auffälliger das Aussageverhalten des Kindes ist, vor allem bei einer engen Beziehung zwischen dem Täter und dem Opfer (A. Scheidegger, Minderjährige als Zeugen und Auskunftspersonen, Schulthess 2006, S. 295). Art. 19 StGB Im psychiatrischen Gutachten werden – kurz zusammengefasst – das Vorliegen eines (psychischen) Ausnahmezustandes des Täters, dessen Zusammenhang mit der Tat, dessen Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit des Täters, das Bestehen einer Rückfallgefahr sowie die Behandlungsmöglichkeiten des Täters im Hinblick auf eine Reduktion der Rückfallgefahr abgeklärt. Aus der Sicht des Täters ist die Frage der Schuldfähigkeit von entscheidender Bedeutung, hat das Gericht doch gemäss Art.19 StGB die Strafe zu mildern, falls der Täter zur Zeit der Tat in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt war. Obwohl in dieser Einfachheit und Klarheit von den Gerichten stets vehement von sich gewiesen, kommt es am Ende darauf hinaus, dass – eine leichtgradige Verminderung der Schuldfähigkeit einen «Strafrabatt» von rund einem Viertel bis zu einem Drittel der Strafe, – eine mittelgradige Verminderung der Schuldfähigkeit einen «Strafrabatt» von rund der Hälfte der Strafe und – eine schwergradige Verminderung der Schuldfähigkeit einen «Strafrabatt» von rund zwei Dritteln bis drei Vierteln der Strafe zur Folge hat. Diese hohen Strafreduktionen erscheinen aus Sicht des Praktikers, der im Rahmen der Strafuntersuchung zuweilen in einem recht engen Kontakt mit den Opfern (einschliesslich der Hinterbliebenen von Getöteten) steht, problematisch. Eingestandenermassen beruht das schweizerische Strafrecht auf dem Verschulden des Täters, weshalb eine Einschränkung von dessen Schuldfähigkeit diskussionslos auch eine Reduktion der Strafe bewirken muss. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass das staatliche Strafrecht eine gewisse Sühnefunktion zu übernehmen hat: Der Täter soll für das von ihm verübte Unrecht bestraft werden, es soll ihm vergeltungsweise ein Übel zugeführt werden, nicht durch das Opfer oder dessen Familie, sondern durch den Staat, der diese Aufgaben anstelle der Opfer ausschliesslich übernommen hat. Selbstjustiz durch die Opfer wird nicht toleriert und bestraft – im Gegenzug muss der Staat allerdings auch gegenüber den Opfern zeigen, dass er gewillt ist, diesen Sühnecharakter, der zwar auf keinen Fall im Vordergrund steht, aber doch nicht ganz vernachlässigt und ausgeschlossen werden darf, zumindest teilweise sicherzustellen. Infolge der regelmässig teilweise eingeschränkten Schuldfähigkeit des Täters bei schweren Gewaltdelikten fehlt dieser Sühnecharakter oft, zumindest wird er vom Opfer, dessen Leiden in keiner Weise von der Schuldfähigkeit des Täters abhängt, nicht wahrgenommen. Konkret sieht das wie folgt aus: Ein Täter begeht eine vorsätzliche Tötung. Die Strafe von zwölf Jahren Freiheitsstrafe – das entspricht ungefähr einer «gewöhnlichen» vorsätzlichen Tötung – beläuft sich infolge einer schwergradig verminderten Schuldfähigkeit auf drei Jahre, was zur Folge hat, dass der Täter unmittelbar nach der Gerichtsverhandlung aufgrund der ihm zustehenden bedingten Entlassung nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe bereits wieder in Freiheit sein kann. Ein derartiges Ergebnis wird nicht nur von Opfern und deren Angehörigen nicht verstanden, sondern kann auch beim Staatsanwalt, der jene zuvor mit dem Hinweis auf das staatliche Gewaltmonopol überzeugt hat, allfällige Versuche von Selbstjustiz zu unterlassen, Irritationen hinterlassen. Markus Oertle Fachwissen Psychotherapie mit psychisch kranken Straftätern «Gegenstand der Therapie ist der Mensch, nicht sein Delikt» Auftraggeber der Psychotherapie in der Forensik ist das Amt für Justizvollzug. Wer eine bessernde Massnahme hat, ist bereits begutachtet, verurteilt und wegen einer psychischen Störung als vermindert schuldfähig, behandlungsbedürftig und therapierbar beurteilt worden. Ohne Therapie, die Teil der Massnahme ist, führt kein Weg in die Freiheit. Und es muss eine Entwicklung in genau definierten Bereichen erfolgen. Diese braucht Zeit. Ich will die mir am meisten gestellte Frage gleich zu Beginn beantworten: Nein, ich habe keine Angst, wenn ich mit Straftätern arbeite. Schliesslich fahre ich täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, und dort begegnen mir auf jeder einzelnen Fahrt mehr Aggression und Feindseligkeit als in meiner Arbeit mit psychisch Kranken. Im forensischen Bereich unserer Klinik ereignen sich weniger Zwischenfälle als in der Akutpsychiatrie – und nur ganz selten sind sie gefährlich. Unsere Patienten sind durch Medikamente einigermassen stabilisiert, vor allem aber wissen sie sehr gut, dass jeder Ausrutscher Konsequenzen hat, die sich auf die Dauer der Massnahme auswirken. Am wichtigsten ist jedoch unsere Haltung als Psychotherapeuten den Patienten gegenüber. Wenn wir uns für die Menschen, die uns anvertraut sind, wirklich interessieren, ihr Sein und ihre Bemühungen würdigen und es uns gelingt, eine therapeutische Beziehung aufzubauen und zu erhalten, dann ist die Chance gross, dass der Kontakt gut und konstruktiv wird. Grundsätzlich ist Psychotherapie mit Straftätern nichts anderes als Psychotherapie allgemein. Mit dieser Aussage könnte ich meinen Artikel eigentlich abschliessen. Doch es gibt schon Spezielles an unserer Arbeit. Unsere Patienten sind psychisch krank und haben Straftaten begangen, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Erkrankung stehen. Die Krankheit beinhaltet per se eine Rückfallgefahr. Behandlungsziele ist nicht die Verbesserung der Lebensqualität oder die Verminderung des Leidensdrucks, son- dern die Verbesserung der Legalprognose, das heisst die Rückfallfreiheit und somit der Schutz der Gesellschaft. Man hat vor allem am Beispiel von Vergewaltigungsfällen festgestellt, dass die alleinige Verbesserung des psychischen Zustandsbildes Rückfälle nicht verhinderte. Daraus schloss man, dass die Therapie «deliktorientiert» sein muss, um bezüglich Legalprognose wirksam zu sein. In meinem Verständnis geht es aber darum, den Ursprung des Konflikts nicht aus den Augen zu verlieren, also zu verstehen, wie es zu der Straftat kommen konnte, wie Erkrankung und Delikt in Zusammenhang stehen und was man daraus lernen kann – oder vielmehr lernen muss. Dabei orientiere ich mich weniger am Delikt als am Menschen, der mir gegenübersitzt, mit seiner Geschichte, seinem Erleben, seinen Verhaltensweisen. Die Deliktbearbeitung passiert, indem wir uns immer wieder auf das Geschehen im Delikt beziehen. Der Mensch (der unter anderem ein Straftäter ist) ist Gegenstand der Therapie, nicht das Delikt selbst. Denn es ist der Patient, der sich verändern, entwickeln und Verantwortung übernehmen soll. Das Delikt ist ein wichtiger Themenbereich, weil es sowohl psychisch als auch biographisch einen Kulminationspunkt in der Geschichte des Patienten darstellt. Den Patienten werden zwei Rollen zugemutet: diejenige des psychisch Kranken und diejenige des Straftäters. Beides sind Rollen, die stigmatisiert sind, die abgelehnt und verurteilt werden. Entsprechend stark ist die Abwehr, sich selber als psychisch krank zu erkennen oder beschuldigen zu lassen. Also sehen sich die Patienten oft als Opfer, weil das leichter zu ertragen ist. Wir wissen, dass viele unserer Patienten in ihrem Leben tatsächlich Opfer waren, und sehen in den jeweiligen Biographien oft eine Opfer-TäterUmkehrung. Um die Gedankenakrobatik noch etwas weiter zu betreiben, versuchen Sie sich einmal vorzustellen, dass Sie einen Albtraum haben, in dem sie verfolgt werden und getötet werden sollen. In Notwehr gelingt es Ihnen, Ihren Ver- Edith Burri, dipl. Psychologin FH und SBAP.-Mitglied, geboren 1955, arbeitet seit sechs Jahren im Bereich Forensik des Psychiatriezentrums Rheinau als Psychotherapeutin mit psychisch schwerkranken Straftätern. Sie ist zurzeit in Therapieausbildung zur Personzentrierten Psychotherapeutin PCA nach Carl R. Rogers. folger umzubringen oder sich zu verstecken. Sie sind in Sicherheit. Nun erwachen Sie aus dem Traum und stellen fest, dass sie tatsächlich jemanden umgebracht haben. Wie geht es Ihnen jetzt? Was denken Sie, wie es unseren schizophrenen Patienten geht, wenn sie aus der Psychose erwachen und feststellen müssen, dass sie ein Delikt begangen haben? Schuld und Scham sind so überwältigend, dass viele es vorzögen, wieder in die Psychose zu fliehen, um dieser Schande zu entgehen. Sie werden durch das eigene Delikt ähnlich traumatisiert wie ihre Opfer und fühlen sich teilweise auch zu Recht als Opfer ihrer Tat. Gleichzeitig sollen diese Patienten Reue zeigen, Empathie mit dem Opfer empfinden, ihre Krankheit anerkennen und mit ihrer riesigen Last an Schuldgefühlen umgehen lernen. Auftraggeber der Psychotherapie in der Forensik ist nicht der Patient, sondern das Amt für Justizvollzug. Wer eine bessernde Massnahme hat, wurde bereits begutachtet, verurteilt und aufgrund einer psychischen Störung 17 18 Fachwissen Psychotherapie mit psychisch kranken Straftätern als vermindert schuldfähig, behandlungsbedürftig und massnahmefähig – das heisst therapierbar – beurteilt. Die Therapie ist nicht freiwillig, sondern zwingender Bestandteil der Massnahme. Ohne erfolgreiche Therapie kommt der Patient nicht aus der Klinik, dem Gefängnis und auch nicht aus der Massnahme. Es muss zwingend eine Entwicklung stattfinden, und zwar in genau definierten Bereichen. Diese Entwicklung braucht in der Regel viel Zeit. Die meisten Patienten verbringen vier bis fünf Jahre in der Klinik plus in der Regel weitere Jahre in einem geschützten Wohnbereich und werden ambulant weiterbehandelt. Es liegt auf der Hand, dass die Unfreiwilligkeit und die lange, unbestimmte Aufenthaltsdauer nicht motivierend wirken. Menschen, die von sich aus eine Therapie wünschen, sind motiviert und arbeiten mehr oder weniger aktiv an sich. In der Forensik muss zuerst einmal ein Mindestmass an Eigenmotivation gefördert werden, wenn man als Therapeutin nicht dauernd gegen Widerstand kämpfen will und eine gute therapeutische Beziehung entstehen lassen möchte. Dass man viel Zeit hat, ist einerseits ein Vorteil, kann aber auch lähmend wirken. Fast jeder Patient hat eine oder mehrere Phasen, in denen er vor sich hindümpelt, resigniert, alles von den anderen erwartet und kein Gefühl von Selbstwirksamkeit mehr hat. Auch das Machtgefälle zwischen dem Behandlungsteam als Exekutive der Justiz und dem Patienten wirkt oft demotivierend. Wenn die Autonomie, die Freiwilligkeit und die Intimsphäre eines Menschen derart eingeschränkt werden, kann keine Eigenmotivation mehr erwartet werden. Die Gefühle des Patienten, ausgeliefert zu sein, wecken nicht selten Erinnerungen an frühere negative Erlebnisse und wirken oft lähmend. Im positiven Fall können diese Gefühle genutzt werden, wenn die Patienten die Gelegenheit bekommen und es schaffen, negative Gefühle zuzulassen, wahrzunehmen und neue Bewältigungsstrategien auszuprobieren. Wenn neue Erfahrungen erlebt werden können, wirkt sich das auf die Selbstwirksam- keit und damit auf die Eigenmotivation aus. Das Machtgefälle wirkt, nebenbei gesagt, sowohl auf die Patienten als auch auf das Behandlungsteam. Die Gefahr für das Team besteht meines Erachtens darin, dass in Konflikten machtvoll statt konstruktiv reagiert wird. Dass Patienten die Arbeit an das mächtige Team delegieren. Die Versuchung ist gerade bei anstrengenden Patienten gross, dass aus der therapeutischen Arbeit eine andere Art Strafvollzug gemacht wird, und es bedarf immer wieder neuer Anstrengungen, sich darauf zu besinnen und entsprechend zu handeln, dass wir in einer psychiatrischen Klinik arbeiten und es mit psychisch kranken Menschen zu tun haben. Aufgrund unserer Funktion und unseres Auftrages sind wir als Psychotherapeuten gezwungen, im interdisziplinären Team und gegenüber der Justiz Auskunft zu geben und unsere Patienten zu beurteilen. Gleichzeitig soll die Psychotherapie einen Schutzraum bieten, einen Ort, an dem angstfrei über alles und jedes berichtet werden, alles an- und ausgesprochen werden darf. Von allen Seiten ist grösstmögliche Transparenz gefordert über etwas, das üblicherweise als Intimbereich angesehen wird. Diese gegensätzlichen Vorstellungen gleichen für die Therapeuten nicht selten einer Gratwanderung. Wir wollen eine stabilisierende therapeutische Beziehung und werden gleichzeitig zu Verrätern der therapeutischen Werte, was uns, aber auch unser Verhältnis zu den Patienten stark belasten kann. Speziell ist auch, dass die Patienten im forensischen Bereich in Rheinau fast ausnahmslos sehr schwere psychische Erkrankungen haben – sonst wären sie anderswo untergebracht oder würden ambulant betreut. Wir behandeln keine Sexualstraftäter, es sei denn, die sexuelle Straftat stehe im Zusammenhang mit einer Psychose beziehungsweise einer Schizophrenie. Fast zwei Drittel unserer Patienten leiden an Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, allen voran an paranoider Schizophrenie. Sie oder vielmehr ihre Symptomatik wie Halluzinationen oder Wahnerleben sind oft Auslöser der Deliktvorgeschichte und des Delikts. Die übrigen Patienten leiden mehrheitlich an Persönlichkeitsstörungen, ganz wenige an einer bipolaren Störung. Therapeutisch gesehen ergibt sich also eine etwas einseitige Klientel, die uns stark herausfordert. Schizophrene Patienten scheinen es etwas leichter zu haben, Krankheitseinsicht zu entwickeln, zumal die Krankheit auch als gewisse Entlastung bezüglich des Delikts dient. Ich habe bereits erwähnt, dass offiziell die Verbesserung der Legalprognose das Ziel unserer Bemühungen ist. Für mich als Therapeutin genügt das nicht, denn diese Verbesserung kann vorübergehender Natur sein, wenn der Mensch weiterleidet, keine Lebensziele hat und die Lebensqualität vermindert ist. Es gilt, die protektiven Faktoren, die Resilienz, zu steigern, damit sich Schuldgefühle in Verantwortungsgefühle wandeln können und grösstmögliche Autonomie bei grösstmöglicher Sicherheit für Patienten und Umwelt entstehen kann. Dass es auf diesem Weg eine Krankheits- und Delikteinsicht braucht, dass Patienten sich vorbeugend eine möglichst hohe, vor allem aber eine echte Medikamenten-Compliance erarbeiten, dass man lernt, sich möglichst adäquat in sozialen Situationen zu verhalten, gehört dazu. Am Beispiel der Opferempathie, die auch «verlangt» wird, zeigt es sich aber, dass es mehr braucht. Wie soll ein Täter Opferempathie lernen, wenn er mit sich selber nicht empathisch ist, seine Gefühle und seine Bedürfnisse nicht wahrnehmen und/oder äussern kann und sie, wenn er sie äussert, nicht gehört werden? Sicherheit kann nur jemand geben, der selbst einigermassen sicher ist. In der Therapie mit psychisch kranken Straftätern versuchen wir, die Patienten so viel «Sicherheit» erfahren zu lassen, dass sie es nicht mehr nötig haben, sich durch Straftaten abzusichern – weder im Normalzustand noch in der Psychose. Und wir versuchen ihnen zumindest einen Teil der verlorenen Würde wiederzugeben. Edith Burri Fachwissen Endstation Pöschwies? Verwahrung als Ultima Ratio Während eine Freiheitsstrafe als Quittung für eine Straftat betrachtet werden kann, ist die Verwahrung, also die dauerhafte Wegschliessung, eine präventive Sicherheitsmassnahme. Um potenzielle Opfer zu schützen, werden Verwahrte vorwiegend in einer geschlossenen Strafanstalt zurückbehalten – für etwas also, was sie noch nicht getan haben, aber laut Gefährlichkeitsprognose mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit tun würden, wenn sie Gelegenheit dazu hätten. Bis Ende 2006 war die Verwahrung von StraftäterInnen unter zwei Rechtstiteln möglich: zum einen für geistig Abnorme gemäss Art. 43 des alten Strafgesetzbuchs (aStGB), zum andern für Gewohnheitsverbrecher gemäss Art. 42 aStGB. Laut einer Erhebung des Bundesamtes für Justiz waren gesamtschweizerisch per Ende 2006 exakt 281 Straftäterinnen und Straftäter verwahrt, 21 nach Art. 42 aStGB und 260 nach Art. 43 aStGB. Die Strafanstalt Pöschwies beherbergte 1994 16 Verwahrte, 5 nach Art. 42 aStGB und 11 nach Art. 43 aStGB. 2006 waren es insgesamt 65 Verwahrte, 9 gemäss Art. 42 aStGB und 56 gemäss Art. 43 aStGB. Innerhalb von zwölf Jahren hat sich also die Anzahl verwahrter geistig Abnormer in der Strafanstalt Pöschwies verfünffacht! Warum? Seit der schrecklichen Tötung einer jungen Frau in Zollikerberg vom Oktober 1993 wurde im Kanton Zürich, bis auf eine Ausnahme, kein Verwahrter nach Art. 43 aStGB entlassen. Im Februar 2004 stimmte dann das Schweizervolk der sogenannten Verwahrungsinitiative zu. Über den Abstimmungsgegenstand hinaus brachte die Mehrheit des Stimmvolkes in aller Deutlichkeit zum Ausdruck, dass sie vom Staat verlangt, potenzielle Opfer vor gefährlichen Straftätern zu schützen. Verwahrung und stationäre Massnahme nach neuem Recht Seit 1. Januar 2007 ist der neue allgemeine Teil des Schweizerischen Strafgesetzbuches in Kraft. Neben der Ver- wahrung gemäss Art. 64 StGB, die in erster Linie die Öffentlichkeit vor gefährlichen Sexual- und Gewaltstraftätern schützen soll und somit einem Sicherungszweck dient, kann nun bei psychisch schwer gestörten Tätern eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 StGB angeordnet werden, sofern eine solche Behandlung Erfolg verspricht. Die stationäre Massnahme wird vom Gericht für fünf Jahre angeordnet und kann um jeweils fünf Jahre verlängert werden. Der Gesetzgeber zielt mit dieser Bestimmung darauf ab, nur unbehandelbare und nicht behandlungswillige Straftäter zu verwahren – die Verwahrung soll Ultima Ratio bleiben. Der Schutz der Öffentlichkeit bleibt gewahrt, weil eine stationäre Massnahme, die nicht zu einer deutlichen Senkung des Rückfallrisikos führt, nachträglich in eine Verwahrung umgewandelt werden kann. Die stationäre Massnahme gemäss Art. 59 StGB wird deshalb auch als «kleine Verwahrung» bezeichnet. Die 281 verwahrten Personen per Ende 2006 mussten vom zuständigen Gericht dahingehend überprüft werden, ob die alte Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt oder ob sie in eine stationäre Massnahme umgewandelt werden soll. Bis zum 30. Juni 2009 waren von 281 Verwahrten 248 überprüft. Bei 106 Personen wurde die Verwahrung in eine stationäre Massnahme, bei 6 in eine ambulante Massnahme umgewandelt. Bei 129 Personen wird die Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt. 4 Personen sind unterdessen verstorben, und 3 Fälle wurden anders erledigt. Schweizweit haben also 38 Prozent der Verwahrten die Chance, sich mit einer intensiven persönlichen Auseinandersetzung im Rahmen der stationären Behandlung öffnende Vollzugsschritte, allenfalls bis zur bedingten Entlassung, zu erarbeiten. Es sind zwar immer noch dieselben Menschen, mit denselben schweren Delikten und denselben Persönlichkeitsstörungen, aber sie sind vorerst vom Mal der Verwahrung befreit. Auch in der Strafanstalt Pöschwies hat sich die Anzahl der Verwahrten im Ueli Graf, dipl. Psychologe IAP, geboren 1948, ist seit 1997 Direktor der Strafanstalt Pöschwies in Regensdorf ZH. Er absolvierte das Nachdiplomstudium Forensische Fachqualifikation, IOT, Spezialisierung Prognostik. 1991 bis 1997 war er Mitglied des Grossen Rates des Kantons Luzern. E-Mail: ueli.graf@ji.zh.ch, www.poeschwies.ch. Vergleich mit dem 31. Dezember 2006 scheinbar halbiert. Aktuell befinden sich 26 Verwahrte gemäss Art. 64 StGB im Hause, davon waren 24 schon nach altem Recht verwahrt. 35 Gefangene haben eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 StGB erhalten, davon waren 23 nach altem Recht verwahrt. 14 altrechtlich Verwahrte warten immer noch auf den Überprüfungsentscheid des zuständigen Gerichts. Die öffentliche Meinung Die öffentliche – oder besser die veröffentlichte – Meinung zur Verwahrung ist heute hochemotional und negativ besetzt. Mit einer Geschichte über einen Verwahrten, in welchem Zusammenhang auch immer, kann mit geringstem Aufwand grosse mediale Aufmerksamkeit erzielt werden, vor allem wenn es um Vorschläge geht, die das Verwahrungsrecht ausweiten oder verschärfen wollen. Der Verwahrte gilt als Ausbund allen Übels, als Unmensch. Verwahrte sol- 19 20 Fachwissen Endstation Pöschwies? len für immer weggesperrt werden, obwohl das StGB unter Art. 64a die bedingte Entlassung aus der Verwahrung vorsieht, sobald anzunehmen ist, dass sich der Betroffene in Freiheit bewährt. Verwahrte sollen keinen Urlaub erhalten, obwohl sich Betroffene im Rahmen dieser Vollzugslockerung seit Jahren bewähren. Verwahrte sollen innerhalb des geschlossenen Vollzugs isoliert werden und in Einzelhaft leben müssen, obwohl sich die grosse Mehrheit der Betroffenen im geschützten Rahmen des Vollzugs sozial unauffällig verhält. Die öffentliche Meinung ist meilenweit von dem entfernt, was uns das Strafgesetzbuch und die Richtlinien des Europarats vorgeben. Zudem orientiert sich die Bürgerschaft weniger am geltenden Strafgesetzbuch, sondern mehr an voraufklärerisch anmutenden Strafkonzepten. Nicht der Geist des modernen Strafgesetzes (per Anfang 2007 nach ungenutzter Referendumsfrist in Kraft gesetzt), sondern die aufgebrachte Volksseele bestimmt zunehmend das Handeln des Justizvollzugs, was aus rechtsstaatlicher Sicht zu denken geben muss. Nullfehlerprinzip Um die Befindlichkeit der Entscheidungsträger im Justizvollzug nachempfinden zu können, ist folgende Frage zu beantworten: Wievielmal darf die Hebamme den Säugling fallen lassen? Ich habe noch niemanden gefunden, welcher der Hebamme auch nur ein einmaliges Fallenlassen eingeräumt hätte. Das neue Recht sieht wie erwähnt durchaus eine bedingte Entlassung aus der Verwahrung vor, wenn zu erwarten ist, dass sich der Entlassene in Freiheit bewährt. Es geht also darum, dass dem Verwahrten eine gute Prognose gestellt werden kann. Praktisch heisst das, dass die am Vollzug Beteiligten (Strafanstalt, Psychiatrisch-Psychologischer Dienst, einweisende Behörde, Fachkommission, Gutachter) dem Inhaftierten ein geringes Rückfallrisiko attestieren. Beziffern wir nun ein geringes Risiko für eine schwere Straftat (Gewaltoder Sexualstraftat) mit einer Rück- fallwahrscheinlichkeit von zehn Prozent, und stellen wir uns eine Testgruppe von zehn Verwahrten mit demselben Rückfallrisiko vor. Die Rechnung ist einfach: Statistisch wird einer dieser zehn Verwahrten rückfällig werden, neun nicht. Weil wir nicht wissen, welcher rückfällig werden wird, verlangt das geforderte Nullfehlerprinzip, dass wir niemanden entlassen. Das Risiko eines Fehlentscheides soll nicht von der Öffentlichkeit, sondern vom Täter getragen werden. Wir nehmen mit dieser Haltung in Kauf, dass ein Verwahrter länger als notwendig ohne Lockerungen im geschlossenen Vollzug bleiben muss oder über eine gewisse Lockerungsstufe nicht hinauskommt. Der Auftrag zur Resozialisierung wird durch den Sicherungsauftrag zurückgedrängt. Diese Politik wird von einer grossen Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen. Die Hürden vor einer Entlassung werden für Verwahrte also hoch bleiben. Der Weg in die Freiheit wird ausnahmsweise über eine Umwandlung in eine stationäre Massnahme, über eine schwere Erkrankung oder die Invalidität führen. Geforderter Justizvollzug Der Justizvollzug ist doppelt gefordert: Zum einen sind die für die Durchführung der stationären Behandlung notwendigen Plätze schweizweit bereitzustellen. Die Strafanstalt Pöschwies führt seit 1. September 2009 eine Forensisch-Psychiatrische Abteilung mit zwei Behandlungsgruppen à zwölf Plätzen für die Durchführung von stationären Massnahmen. Neben der bisherigen deliktorientierten Einzel- und Gruppenthe- rapie wird in dieser Abteilung neu die milieutherapeutische Behandlung angeboten. Dieser für die stationäre Massnahme entscheidende Behandlungspfeiler entspricht in seiner Wirkung der Zuschaltung des Allradantriebs in schwierigem Gelände. Zum andern dürfen die Verwahrten nicht in Vergessenheit geraten. Nur wenige unter ihnen werden auf dem Umweg über die stationäre Massnahme eine Perspektive in Richtung Freiheit erhalten. Die grosse Mehrheit wird lebenslang in gesicherter oder beaufsichtigter Umgebung bleiben müssen. In den nächsten Jahren werden spezielle Einrichtungen zu schaffen sein, die geeignet sind, Verwahrte, auch ältere und pflegebedürftige, langfristig menschenwürdig unterzubringen, ohne dass sie vereinsamen und stumpfsinnig werden. Ueli Graf Neue Mitglieder Christine Baumgartner, Basel Gabriela Felber Piso, Egerkingen Anna Moser, Langnau Neue Studentenmitglieder Barbara Rehder, Niederhasli Hanna Zihlmann, Horw Ruth Aeppli, Steckborn Mirjam Meier, Zürich Nicole Mohyla, Bern Yvonne Cavicchia, Gordola Danielle Zollinger, Zürich Nicole Burgermeister, Zürich Jovita Faedi, Bern Astrid Sommer, Zug Rahel Müller, Allenwinden Herzlich willkommen! PsychotherapeutInnen SBAP. Senta Reinmann, Kölliken Rosangela Bontempi, Zürich Fachpsychologin SBAP. in Arbeits- und Organisationspsychologie Katrin Rutz, Winterthur Der SBAP. gratuliert! Studie Fakten zur Jugenddelinquenz Tatort Bahnhofplatz, nachts Wo, wann, wie, mit wem und warum üben Jugendliche Gewalt aus? Welche Faktoren stehen im Zusammenhang mit gewalttätigem Verhalten? Inwiefern unterscheiden sich gewalttätige von nicht gewalttätigen Jugendlichen? Dies sind einige der Fragen, die eine im Frühjahr 2008 im Kanton St. Gallen durchgeführte Studie zu beantworten versucht. Jugendliche im neunten Schuljahr (15bis 16-Jährige) füllten in der Schule online einen Fragebogen aus, in dem sie unter anderem zu ihren Täter- und Opfererfahrungen für verschiedene Delikte befragt wurden. Da der Fragebogen übers Internet ausgefüllt wurde und keine externen Personen, sondern die Lehrpersonen selber die Klassen während der Durchführung betreuten, konnten enorme Kosten gespart werden. Anstelle einer Stichprobenziehung konnte so eine Vollerhebung durchgeführt werden. Für die Auswertung standen schliesslich 5200 Fragebogen zur Verfügung. Diese für die Schweiz einzigartig hohe Zahl erlaubte auch Analysen von sehr selten auftretenden Verhaltensweisen wie zum Beispiel der sexuellen Gewalt unter Jugendlichen. In diesem Artikel werden wir den Fokus auf das Freizeitverhalten der Jugendlichen legen. Die gesamte Studie kann auf unserer Homepage www.rwi.uzh.ch/killias kostenlos heruntergeladen werden. Wie viele Jugendliche waren nun im letzten Jahr (vor der Befragung) gewalttätig? Insgesamt gaben 21 Prozent an, in den letzten zwölf Monaten mindestens ein Gewaltdelikt begangen zu haben. Gruppenschlägereien (15 Prozent) und Körperverletzungen (13 Prozent) kommen relativ häufig vor, während Raubüberfälle (3 Prozent) und sexuelle Gewalttaten (1 Prozent) viel seltener begangen werden. Für eine spezifische Präventionsarbeit ist es unerlässlich, die Umstände der Gewaltdelikte zu kennen, also vor allem zeitliche und örtliche Faktoren. Die erhobenen Daten zeigen, dass fast drei Viertel aller Gewalttaten an öffentlichen Orten, also auf der Strasse, auf Plätzen, am Bahnhof, an Partys usw., geschehen. Nur relativ wenige Taten werden hingegen in der Schule oder im privaten Raum – bei jemandem zu Hause – begangen. Dies kann als erster Hinweis auf die Wichtigkeit von Freizeitfaktoren im Hinblick auf gewalttätiges Verhalten angesehen werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die zeitliche Verteilung von Gewaltdelikten. Insgesamt werden über die Hälfte aller Delikte nach 20 Uhr begangen. Bedenkt man, dass die Zeitspanne zwischen dem Aufstehen und 20 Uhr normalerweise viel länger ist als diejenige zwischen 20 Uhr und dem ZuBett-Gehen, so wird klar, dass abends und nachts überproportional häufig Gewalt ausgeübt wird. Auch unterscheiden sich die Tatumstände zwischen Gewalttaten, die tagsüber, und solchen, die abends und nachts begangen werden: Abends und nachts agieren die Jugendlichen häufiger in Gruppen, häufiger als tagsüber sind Alkohol und Drogen im Spiel, und die Tatsache, dass mehr Körperverletzungen mit Waffengewalt ausgeführt werden, deutet darauf hin, dass die Gewalt abends und nachts brutaler ist. Faktoren, die mit Gewalt korrelieren Neben der Frage nach den Tatumständen interessiert natürlich auch die Frage, was das für Jugendliche sind, die Gewalt anwenden, was diese von friedfertigen Jugendlichen unterscheidet – oder mit anderen Worten: welche Faktoren mit Gewalt korrelieren. Es ist wichtig zu beachten, dass die vorliegende Studie nur Korrelationen aufzeigt; dass zum Beispiel der Prozentsatz von gewalttätigen Jugendlichen bei Schulrepetenten grösser ist als bei Jugendlichen, die noch nie eine Klasse wiederholen mussten. In welche Richtung ein allfälliger Kausalzusammenhang geht, kann statistisch jedoch nicht festgelegt werden. Sind die Jugendlichen gewalttätig geworden, weil sie eine Klasse repetieren mussten, oder ist nicht vielleicht die Repetition Folge ihres gewalttätigen Verhaltens? Diese Frage kann höchstens inhaltlich begründet werden. Zudem besteht auch die Möglichkeit einer beiden Faktoren zugrunde liegenden Simone Walser, Master of Science in Psychologie, Psychopathologie des Kindes- und Jugendalters und Kriminologie, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kriminologischen Institut der Universität Zürich unter Prof. Martin Killias. Zuvor war sie Assistentin am Institut de criminologie et de droit pénal an der Universität Lausanne. Drittvariablen: So könnte eine geringe Intelligenz die Ursache sowohl einer Repetition als auch gewalttätigen Verhaltens bilden. Diese Problematik sollte bei den nachfolgenden Resultaten immer im Hinterkopf behalten werden. Inwiefern unterscheidet sich die Freizeitgestaltung von gewalttätigen und nicht gewalttätigen Jugendlichen? Die Zahlen der Studie zeigen, dass gewalttätige Jugendliche häufiger in Discos, an Partys oder an Konzerte gehen, mehr Zeit in Bars oder Beizen verbringen, häufiger in den Jugendtreff gehen, häufiger einfach so an öffentlichen Orten oder bei Freunden zu Hause herumhängen und häufiger Shoppingtouren machen. Zu Hause surfen sie häufiger im Internet oder spielen Computerspiele. Nicht gewalttätige Jugendliche lesen dafür häufiger ein Buch oder spielen ein Musikinstrument. Auch unternehmen sie mehr mit ihren Eltern (zu Hause oder auswärts). Alle diese Unterschiede bleiben auch bestehen, wenn 21 22 Studie Fakten zur Jugenddelinquenz man das Geschlecht statistisch kontrolliert. Vor dem Fernseher sitzen gewalttätige und nicht gewalttätige Jugendliche gleich oft. Der Zusammenhang mit Gewalt ist für ausserhäusliche Aktivitäten stärker als für innerhäusliche – unabhängig davon, ob die jeweilige Aktivität mit mehr oder weniger Gewalt einhergeht. Offensichtlich ist das Freizeitverhalten im öffentlichen Raum enger mit gewalttätigem Verhalten verbunden als Aktivitäten, die zu Hause ausgeübt werden. Auffallend ist, dass der Zusammenhang mit Gewalt für Shopping im Vergleich zu den anderen erhobenen ausserhäuslichen Aktivitäten viel schwächer ist. Dies könnte mit der Tageszeit der Ausübung zu tun haben. Während alle anderen ausserhäuslichen Aktivitäten vorwiegend oder zumindest teilweise abends oder nachts ausgeübt werden, ist Shopping praktisch ausschliesslich tagsüber möglich. Für diese These spricht auch, dass bei allen anderen ausserhäuslichen Aktivitäten ein Zusammenhang mit der Tatzeit der ausgeübten Gewaltdelikte gefunden wurde. Jugendliche, die also beispielsweise häufiger in Discos gehen, begehen proportional mehr Gewaltdelikte abends oder nachts. Ein solcher Zusammenhang zeigt sich beim Shopping nicht. Offensichtlich sind also vor allem das abendliche Ausgehverhalten und das Herumhängen an öffentlichen Orten mit Gewalt verbunden. Die Gewalt nimmt zu, je häufiger die (männlichen oder weiblichen) Jugendlichen abends in den Ausgang gehen. Erwartungsgemäss sind ausserhäusliche Freizeitaktivitäten stark mit dem Konsum von Alkohol und Drogen verbunden. Dabei lässt sich jedoch ein interessanter Aspekt erkennen: Während Alkohol am stärksten mit typischen Ausgangsaktivitäten (Disco-, Party-, Konzert-, Restaurant-, Barund Beizenbesuchen) zusammenhängt, korreliert der Konsum von Cannabis und harten Drogen am stärksten mit dem Herumhängen an öffentlichen Orten. Erfreulich ist, dass der Besuch von Jugendtreffs nur relativ schwach mit dem Konsum von Alkohol und Drogen korreliert, obwohl auch dies eine typische Ausgangsaktivität ist. Dies könnte ein Hinweis dafür sein, dass Jugendliche im Ausgang unter Aufsicht von erwachsenen Personen weniger Substanzen konsumieren. Zusätzlich könnte hier wiederum der Zeitfaktor eine Rolle spielen, da Jugendtreffs ja meist relativ früh schliessen. Der Konsum von Alkohol und Drogen spielt aber im Hinblick auf Gewalt nicht nur bei Jugendlichen mit einem intensiven Ausgehverhalten eine wichtige Rolle. Im Gegenteil: Bei Jugendlichen, die nur selten abends ausgehen, ist der Zusammenhang zwischen Gewalt und Substanzkonsum gar noch stärker. Präventionsarbeit ist essenziell Eine wirkungsvolle Präventionsarbeit in diesem Bereich erscheint folglich essenziell. Dass in diesem Bereich noch viel Potenzial vorhanden ist, zeigt auch die Tatsache, dass über die Hälfte aller Jugendlichen angeben, schon mal Alkohol gekauft zu haben, obwohl sie dafür laut Gesetz noch zu jung gewesen sind. Sport gehört neben den erwähnten Aktivitäten für die meisten Jugendlichen ebenfalls zur Freizeitgestaltung; über 90 Prozent aller Jugendlichen betätigen sich in irgendeiner Form sportlich. Die Studie zeigt jedoch, dass sportliche Aktivität keinen einheitlichen Zusammenhang mit Gewalt aufweist. Es gibt gewisse Sportarten (Reiten, Kunstturnen, Wandern, Schneesport, Badminton, Schwimmen und Radsport), die mit verminderter Gewalt, und solche (Kampfsport, Krafttraining, Basketball, Fussball, Eishockey und Skateboarding), die mit erhöhter Gewalt einhergehen. Diese Resultate bleiben auch für weibliche und männliche Jugendliche sowie für Migranten und Nichtmigranten einzeln bestehen. Da weibliche Jugendliche und Nichtmigranten generell die «sanften» Sportarten bevorzugen, ist bei ihnen sportliche Aktivität mit weniger Gewalt verbunden, während bei Migranten (die «harte» Sportarten bevorzugen) Sport mit mehr Gewalt korreliert. Bei männlichen Jugendlichen, die ebenfalls eher die «harten» Sportarten bevorzugen, lässt sich kein Zusammenhang zwischen Sport und Gewalt feststellen. Neben der Sportart ist auch die Clubzugehörigkeit ein Faktor, der mit gewalttätigem Verhalten zusammenhängen könnte. Hier zeigen die Daten der Studie jedoch keine eindeutigen Resultate. Jugendliche, die in einem Club Sport betreiben, sind nicht weniger gewalttätig – und auch nicht gewalttätiger als Jugendliche, die auf eigene Faust sportlich aktiv sind. Die Resultate zu Sport und Gewalt zeigen, dass Sport nicht per se als protektiver Faktor gegen Gewalt angesehen werden kann. Anscheinend ist vor allem die ausgeübte Sportart – und weniger eine Clubzugehörigkeit – entscheidend. Es gilt jedoch auch hier zu beachten, dass es sich allesamt um Korrelationen handelt und somit statistisch gesehen keine Kausalitätsschlüsse zulässig sind. Da sich die Sportarten im Hinblick auf zahlreiche Faktoren unterscheiden, könnten auch eher die Begleiterscheinungen das gewalttätige Verhalten beeinflussen. So könnte zum Beispiel auch hier wieder der Zeitfaktor eine Rolle spielen; diejenigen Sportarten, die mit verminderter Gewalt einhergehen, werden vorwiegend oder ausschliesslich tagsüber ausgeübt. Detailliertere Analysen der vorliegenden Daten sowie zusätzliche Forschung sind notwendig, um den Zusammenhang zwischen Sport und Gewalt genauer beschreiben zu können. Simone Walser Siehe auch «Jugendgewalt – Ursachen und Prävention» auf Seite 29. punktum.-Redaktion Wir freuen uns, Sabine Richebächer in unserer Redaktion willkommen heissen zu dürfen. Sie ist bekannt als Autorin von «Eine fast grausame Liebe zur Wissenschaft», dem Buch über Sabina Spielrein im Dörlemann Verlag. SBAP. aktuell Vorstandsnews Berufspolitische News Der SBAP., der Verband, der die Interessen der Angewandten Psychologie vertritt Mit der Bologna-Reform verändern sich die Lebensläufe, die CV. Beispiel Berufs- und Laufbahnberatung: Heute können Fachpersonen mit einem Bachelor-Abschluss eines Nichtpsychologie-Studienganges ein MAS-Studium in Berufs- und Laufbahnberatung absolvieren und im Berufsfeld der Angewandten Psychologie Berufs- und Laufbahnberatung anbieten. Es stellt sich die Frage, ob der SBAP. in Zukunft ein Verband für PsychologInnen und NichtpsychologInnen sein wird. Es ist eine Tatsache, dass in gewissen Berufsfeldern, schon längere Zeit und in Zukunft vermehrt, PsychologInnen und qualifizierte NichtpsychologInnen nebeneinander und miteinander im Berufsfeld der Angewandten Psychologie tätig sein werden. Es dürfte deshalb vermehrt von Interesse sein, dass im Berufsfeld der Angewandten Psychologie für NichtpsychologInnen hohe Standards gelten und diese für das Publikum sichtbar gemacht werden. Der Vorstand beschäftigt sich intensiv mit diesen Fragen, die auch unmittelbar mit der Zukunft des Verbandes zu tun haben. Skandal: Universitäten verfügen praktisch Berufsverbot für FH-PsychologInnen In der neusten Ausgabe der Regelung des Praktikum-Moduls im Rahmen des Masterstudiums Psychologie der Universität Zürich steht: «Die Studierenden achten bei der Auswahl einer Praktikumsstelle selbständig darauf, dass die Betreuung durch eine Psychologin / einen Psychologen mit universitärem Studienabschluss gewährleistet ist und dass die geplanten Praktikumstätigkeiten Einblicke und Erfahrungen in einschlägige Tätigkeiten einer / eines universitär ausgebildeten Psychologin / Psychologen vermitteln.» Auch die Universität Bern anerkennt lediglich von universitären PsychologInnen geführte Praktika. Dies führt praktisch dazu, dass FH-PsychologInnen keine leitenden Stellen mehr einnehmen können – denn sie sind ja als PraktikumsleiterInnen von den Universitäten nicht anerkannt. Diese Diskriminierung ist vor dem Hintergrund des so lange ersehnten und nun vom Bundesrat verabschiedeten PsyG besonders störend. Wir werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen. Der SBAP. ist bereits bei der Zürcher Regierungsrätin Regine Aeppli vorstellig geworden. «Fritz und Fränzi» Während vieler Jahre hat Mariann Holti unzählige fachkompetente Antworten auf LeserInnenfragen in «Fritz und Fränzi», dem Familienmagazin mit den Themenschwerpunkten Erziehung, Schule, Gesundheit, Freizeit und interkulturelles Zusammenleben, und in dessen Online-Forum geschrieben. Nun übergibt sie ihre Aufgabe an Simone Gruen. Wir danken Mariann Holti! Betriebsbesichtigung 2009 Die Besichtigung der Firma Phonak stiess bei unseren Mitgliedern auf grosses Interesse. Herzlich danken möchten wir Stefan Heer, Stud. Psych. ZHAW Dep. P, der uns spezielle Einblicke ermöglichte. punktum. 2010 Fürs neue Jahr ist eine punktum.-Sondernummer zum Thema Schriftpsychologie geplant. PsyG Der Bundesrat hat das Psychologieberufegesetz (PsyG) ans Parlament zur Beratung überwiesen. Hier das Wichtigste in Kürze: Das Gesetz bezweckt den Gesundheitsschutz und den Schutz vor Täuschung und Irreführung von Personen, die Leistungen auf dem Gebiet der Psychologie in Anspruch nehmen. Der Schutz für den Titel PsychologIn gilt für diejenigen, die einen Master-, einen Lizentiats- oder einen Diplomabschluss in Psychologie haben gemäss Universitätsförderungs- oder Fachhochschulgesetz. Im Gesetz wird unmissverständlich klar, dass Psychotherapie eine Behandlung von psychischen Leiden mit psychologischen Verfahren auf Grundlage psychologischer Erkenntnisse ist. Deshalb verlangt das Gesetz für die Weiterbildung zur Erlangung eines eidgenössischen Weiterbildungstitels ein Psychologiestudium. Explizit steht, dass, «wer einen akkreditierten Weiterbildungsgang in Psychotherapie absolvieren will, während der Ausbildung eine genügende Studienleistung in klinischer Psychologie und Psychopathologie erbracht haben» muss. Die Weiterbildungsgänge müssen akkreditiert werden. Sie müssen «unter der fachlichen Verantwortung einer gesamtschweizerischen Fachorganisation, einer Hochschule oder einer anderen geeigneten Organisation» stehen und bauen auf der Hochschulausbildung in Psychologie auf. Die Akkreditierung gilt für höchstens sieben Jahre. Das Akkreditierungsverfahren ist mit Kosten verbunden. Damit dürfte klar sein, dass kleinere Weiterbildungsinstitutionen werden fusionieren oder nicht mehr in dieser Sparte werden tätig sein können. Für die privatwirtschaftliche Berufsausübung als PsychotherapeutIn wird weiterhin eine kantonale Bewilligung notwendig sein. Zu den obligatorischen Berufspflichten gehört eine Berufshaftpflichtversicherung oder das Erbringen einer vergleichbaren finanziellen Sicherheit. Das Wahren des Berufsgeheimnisses und die kontinuierliche Fortbildung sind ebenfalls Bestandteil der Berufspflichten. Weitere eidgenössische Weiterbildungstitel sind: – Kinder- und Jugendpsychologie, – Klinische Psychologie, – Neuropsychologie. Der Bundesrat kann nach Anhörung der Psychologieberufekommission für andere unmittelbar gesundheitsrelevante Fachgebiete der Psychologie eidgenössische Weiterbildungstitel vorsehen. Der Psychologieberufekommission, die auch eine Geschäftsstelle unterhält, kommt eine wesentliche Bedeutung zu in Bezug auf Anerkennung von Aus- und Weiterbildung. Die Vertreter sollen «angemessen» aus Wissenschaft, Hochschulen, Kantonen und «der betroffenen Berufskreise» vertreten sein. 23 24 SBAP. aktuell Berufspolitische News Zu den Übergangsbestimmungen: Das PsyG enthält in der vom Bundesrat verabschiedeten Fassung einige Übergangsbestimmungen, deren Verständnis nicht einfach ist. Es gilt, drei Fragen zu unterscheiden: – Erstens: Wer darf sich nach dem Inkrafttreten PsychologIn nennen? Nur Absolventen eines dem PsyG entsprechenden Grundstudiums sind berechtigt, sich als PsychologIn zu bezeichnen (Art. 4 und Art. 2 PsyG). Eine Übergangsbestimmung ist hier nicht vorgesehen, was zur Folge hat, dass als Psychologen tätige Personen, die kein gesetzeskonformes Grundstudium absolviert haben, keinen Titelschutz geniessen. Allerdings ist zurzeit noch nicht entschieden, ob dies auch für Personen gilt, die über eine eidgenössisch anerkannte Weiterbildung (insbesondere in Psychotherapie) verfügen, und ob sie den entsprechenden vom Bundesrat noch festzulegenden Titel (Art. 10 PsyG) führen dürfen. – Zweitens: Welche AbsolventInnen von Weiterbildungen sind dazu berechtigt, den vom Bundesrat erst noch festzulegenden Weiterbildungstitel zu führen? Das PsyG enthält dazu ausführliche Übergangsbestimmungen. Diese sehen vor, dass PsychotherapeutInnen, die ihre Ausbildung an einer vom Bundesrat anerkannten Weiterbildungsinstitution absolviert haben, über einen eidgenössischen Abschluss verfügen. Sie sind demnach auch berechtigt, den vom Bundesrat festzulegenden Titel zu führen. – Drittens: Kann eine Bewilligungsinhaberin bzw. ein Bewilligungsinhaber die Tätigkeit überall in der Schweiz ausüben? Das PsyG lässt die Zuständigkeit der Kantone zur Ausstellung von Berufsausübungsbewilligungen unberührt. Wer im Erstkanton über eine Berufsausübungsbewilligung verfügt, kann seine Tätigkeit nicht in einem Zweitkanton ausüben, ohne die dortige Bewilligung zu erlangen. Verfügt die betreffende Person jedoch über eine eidgenössisch anerkannte Weiterbildung, so wird ihr der Zweitkanton die Berufsausübungsbewilligung unter fachlichen Aspekten ohne weiteres erteilen müssen. Vorbehalten bleibt einzig die Erfüllung bestimmter ergänzender Anforderungen des kantonalen Rechts (Beispiel: § 4 GesG-ZH). FH-Profil Der Vorstand von FH SCHWEIZ beschloss an seiner letztjährigen Retraite, ein FH-Profil zu erstellen. Dies einerseits, um der Debatte ums Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im Hochschulbereich (HFKG) gewachsen zu sein, und andererseits, um den Behauptungen, dass die Fachhochschulen sich mehr und mehr den Universitäten anglichen, nachzugehen. Zahlreiche Recherchen und Befragungen wurden durchgeführt. Erste Resultate und Konsequenzen dieses Prozesses liegen nun vor. 1. Es entstanden 13 Forderungen, die das Ziel verfolgen, das eigenständige Profil der Fachhochschulen zu sichern. Diese sollen Inhalt einer Zusammenarbeitsvereinbarung mit den Fachhochschulen bilden. 2. Ein Beirat, der sowohl aus Vertretern der Politik als auch der Wirtschaft besteht, wurde ins Leben gerufen. Ziel: gegenseitiger Interessens- und Wissensaustausch – und eben auch entsprechende Vertretung der FH-Interessen. Die politischen Vertreter des Beirates haben in der Vergangenheit bereits SBAP.-Interessen vertreten. Es sind dies: NR Mario Fehr, SR Ivo Bischofberger, NR Christian Wasserfallen und die Präsidentin des Beirates, NR Brigitte Häberli. 3. Es braucht vermehrt FH-AbsolventInnen in den einschlägigen Gremien, die FH-Interessen vertreten und beispielsweise Expertenstatus innehaben. 4. Die FH SCHWEIZ muss als Organisation in der Öffentlichkeit sichtbarer sein und ergreift entsprechende Massnahmen, welche die Kommunikation verbessern. Die 13 Forderungen sind auf www.fhschweiz.ch/content-n104-sD.html publiziert. Einige, die besonders für den Studiengang Psychologie von Interesse sind, möchte ich hier herausgreifen: – Die Einbindung von Dozierenden aus der Praxis Die Praxistätigkeit der Dozierenden der Fachhochschulen ist ein zentrales Element, um das FH-Profil aufrechtzuerhalten. Nur so können die Dozierenden den Studierenden auch anwendungsorientiertes Wissen vermitteln. Deshalb muss der Nachwuchs aus FH-Kreisen massiv gestärkt werden. Zudem müssen FHDozierende in der Praxis tätig oder mit der Praxis verbunden sein. Unter anderem sind seitens Fachhochschule – anstelle eines PhD – diese Besonderheiten auch für die Professorentitelvergabe zur berücksichtigen. – FH-Absolventen in Gremien und Führungsstufen Gegenwärtig sind viele Stellungen in Gremien bei Bund und Kantonen sowie auf Führungsstufen der Fachhochschulen ausschliesslich von Personen mit universitärem Ausbildungshintergrund besetzt. In Zukunft müssen vermehrt Personen mit FH-Hintergrund berücksichtigt werden. – Promotion Gegenwärtig kann im FH-Bereich der Schweiz die Promotion nicht erlangt werden. Dies stellt gegenüber den universitären Hochschulen eine Ungleichbehandlung dar. Deshalb muss diese Möglichkeit auch an Fachhochschulen etabliert werden. Der 2. Hochschultag der ZHAW mit SBAP.-Preisträger Peter Schneider Peter Schneider hielt ein brillantes Keynote-Referat zum Thema «Finanzkrise und Bildungsblase». Sie finden es auf: www.sbap.ch/service/news.php. Worum ging es Peter Schneider? «Es geht mir nicht darum, zu zeigen, wie eine verfehlte Bildungspolitik Mitschuld an der Krise trägt, und Vorschläge für eine bessere Bildungspolitik zu machen, welche in der Lage ist, unsere Wirtschaft krisentüchtiger zu machen. Sondern darum, zu zeigen, wie eine überkandidelte Business- SBAP. aktuell Berufspolitische News Rhetorik und -Ideologie ein vernünftiges Nachdenken über Bildung ersetzt und ein Phänomen hervorgebracht hat, das man ohne viel Übertreibung analog zu den ökonomischen Bubbles als ‹Bildungsblase› bezeichnen kann. Es scheint mir höchste Zeit zu sein, heisse Luft aus unseren Bildungsinstitutionen abzulassen, statt munter weiter zu blasen, bis die Blase platzt.» Die Podiumsdiskussion wurde dem Niveau Peter Schneiders in keiner Weise gerecht, die Chance einer spannenden Auseinandersetzung wurde verpasst. Schade! Hoffen wir, dass beim nächsten Hochschultag der Auswahl der Podiumsteilnehmer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird – zur Wertschätzung des Referenten und zum Wohle der Zuhörer. Cure und Care Die Auseinandersetzungen im und ums Burghölzli fanden im August ihren Niederschlag in der Tagespresse und im «Beobachter». Den Leserbrief des SBAP. möchten wir Ihnen nicht vorenthalten: «Die Auseinandersetzungen in und um die Klinik Burghölzli lassen die PatientInnen nicht kalt. Sie lösen Sorgen und Ängste aus, wie es mit ihren Behandlungen und ihrem Leben weitergehen soll. Noch werden die Theaterstücke von Arthur Schnitzler gespielt, und deren Inhalt ist uns gegenwärtig. Es geht die Angst um, dass – wie damals – die ganz auf Rationalität und Fortschritt orientierte Gesellschaft vergisst, dass im Unbewussten des Menschen Kräfte wohnen, die sich der Kontrolle des Verstandes entziehen. Studien haben beispielsweise gezeigt, dass die Hälfte aller chronisch erkrankten Patienten die ihnen verordneten Medikamente nicht einnehmen. Bei vielen neuropsychiatrischen Erkrankungen ist die Noncompliance-Rate sogar noch höher. Die Hälfte aller stationären Behandlungskosten bei schizophrenen und depressiven Patienten wird durch Noncompliance verursacht. Es gibt sie, und es wird sie weiterhin geben, die Chronischkranken. Deshalb stelle ich dem von Herrn Seifritz propagierten ‹Cure statt Care› das bescheidenere, aber realistischere Cure und Care entgegen! Die Leib-Seele-Diskussion ist jahrhundertealt. Es steht dem Burghölzli wohl an, auf das Menschenbild, das hinter den propagierten Therapiemethoden steht, zu achten. Vergessen wir nicht, dass niemand gegen stigmatisierende Einstellungen gegenüber psychisch Kranken gefeit ist. Eine menschenwürdige, zeitgemässe Psychiatrie orientiert sich an neurobiologischen (pharmakotherapeutischen), sozialpsychiatrischen und psychotherapeutischen Erkenntnissen. Bilder des Gehirns können somatische Korrelate für psychische Phänomene sichtbar machen und der Verlaufskontrolle einer Behandlung dienen. Sie können jedoch weder Aussagen über die Ursachen einer psychischen Erkrankung machen, noch liefern sie eine Theorie für das Verständnis komplexer psychischer Prozesse. Die Wirksamkeit von Psychotherapie an und für sich und die Nachhaltigkeit der tiefenpsychologischen Verfahren sind in zahlreichen wissenschaftlichen Studien (Küchenhoff, Kächele, Gerlach) belegt. Die psychiatrischen Kliniken sind auch Ausbildungsstätten. Wir wünschen uns psychiatrische Fachleute, die Medikamente verschreiben, von denen sie die neurobiologischen Parameter kennen. Wir wünschen uns aber auch PsychotherapeutInnen, die im klinischen Bereich Erfahrungen sammeln konnten. Konkret heisst dies: Assistenzärzte, PsychologInnen, Pflegepersonal benötigen ausreichend Zeit, um ihren PatientInnen wirksam zu helfen und Verläufe beobachten zu können.» Und noch dies Der SPV schmückt sich mit falschen Federn. Im gemeinsamen Schreiben von FSP und SPV bezüglich PsyG an ihre Mitglieder gibt sich der SPV unkorrekterweise als ältester PsychotherapeuteInnenverband aus! Korrekt ist, dass der SBAP. 1952 gegründet wurde und von jeher mehrheitlich klinisch und psychotherapeutisch tätige Mitglieder in seinen Reihen zählte. Die Gründung des SPV folgte 1979 und diejenige der FSP 1987. Der SBAP. wurde von der FSP im Vorfeld über diesen Brief informiert. Er sollte die Mitglieder der beiden Verbände dahingehend beruhigen, dass sich FSP und SPV im Rahmen des PsyG nicht bekämpfen werden. Es bestand also keinerlei Notwendigkeit seitens des SBAP., bei diesem Brief mitzutun. Der SBAP. steht hinter dem PsyG – ohne Wenn und Aber! Heidi Aeschlimann Präventionsgesetz: Bundesrat verabschiedet Vorlage Der 30. September 2009 kann nicht nur wegen der Verabschiedung der PsyG-Vorlage als eine Art Meilenstein für die psychische Gesundheit in der Schweiz angesehen werden: An diesem Tag wurde auch der Entwurf zum Bundesgesetz für Prävention und Gesundheitsgesetz (Präventionsgesetz) verabschiedet. Damit will der Gesetzgeber die Steuerung von Präventions-, Gesundheitsförderungs- und Früherkennungsmassnahmen in der Schweiz verbessern – und somit seinen in der Bundesverfassung (Art. 118) verankerten Gesetzgebungsauftrag erfüllen, Regelungen zur Bekämpfung stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten zu erlassen. Dass im Präventionsgesetz Krankheit definiert wird als «die Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Gesundheit, die nicht die Folge eines Unfalls darstellt», zeigt, dass der Gesetzgeber psychische Erkrankungen den somatischen gleichstellt. Die psychische Gesundheit wird somit als gesellschaftlich bedeutsam erkannt: eine dringend nötige Erkenntnis, denn rund die Hälfte der Bevölkerung leidet mindestens einmal im Leben unter einer psychischen Störung, und etwa ein Viertel erkrankt jedes Jahr neu daran (vgl. «Nationaler Gesundheitsbericht 2008» des Obsan). Der Gesetzesentwurf enthält keine spezifischen Präventionsmassnahmen, sondern regelt unter anderem neue Steuerungs- und Koordinationsinstrumente (zum Beispiel von Bund und Kantonen gemeinsam definierte 25 26 SBAP. aktuell Berufspolitische News nationale Ziele) und die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, also organisatorische Massnahmen, die auch Finanzierungsfragen betreffen (beispielsweise Verwendung des KVG-Prämienzuschlags und der Tabakpräventionsabgabe). Im Gesetz vorgesehen ist auch ein Schweizerisches Institut für Prävention und Gesundheitsförderung als neues Kompetenzzentrum auf Bundesebene: Dieses dient der Verbesserung von Synergien und zur Effizienzsteigerung der heute von verschiedenen national tätigen Akteuren (Gesundheitsförderung Schweiz, Teilen des BAG usw.) wahrgenommenen Tätigkeiten. PolitikerInnen und Fachleute aus allen Lagern begrüssen die Vorlage sehr; ihre Gegner stammen vornehmlich aus Wirtschaftskreisen, und diese befürchten Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit: Der Gewerbeverband beispielsweise hat bereits mit dem Referendum gedroht. Eine unverständliche Haltung, denn Prävention und Gesundheitsförderung, gerade im Bereich chronischer und psychischer Krankheiten, senken nicht nur die Gesundheitskosten nachweislich, sondern stärken auch die Volkswirtschaft durch die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Wahrung der Arbeitsfähigkeit. Infos: www.bag.admin.ch > Themen > Gesundheitspolitik (Gesetzesvorlage) oder heloisa.martino@sbap.ch Jugendförderungsgesetz: Vernehmlassung eröffnet Ein weiteres aktuelles Gesetzgebungsprojekt ist die Totalrevision des Jugendförderungsgesetzes (JFG). Ziele des neuen Gesetzes sind: die Förderung offener und innovativer Formen der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die Unterstützung der Kantone beim Aufbau und bei der Weiterentwicklung ihrer Kinder- und Jugendpolitik sowie die Stärkung des Informations- und Erfahrungsaustausches und der Zusammenarbeit mit den kinder- und jugendpolitischen Akteuren. Grund für die Totalrevision ist gemäss Gesetzgeber, dass das bisherige Gesetz nicht mehr zeitgemäss sei: Das JFG wurde vor etwa 20 Jahren erlassen, und seitdem habe sich das Umfeld für die ausserschulische Kinderund Jugendarbeit stark gewandelt, etwa durch veränderte familiäre Strukturen, Migration, neue Technologien. Das neue Bundesgesetz bezweckt ein stärkeres Engagement des Bundes im Bereich Kinder- und Jugendförderung, und dies unter anderem mittels gesetzlicher Verankerung und des Ausbaus der Förderung offener und innovativer Formen der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und der Erweiterung der Zielgruppe auf Kinder im Kindergartenalter. Eine weitere Massnahme sieht auch die zeitlich befristete Anschubfinanzierung vor zugunsten der Kantone für deren Aufbau und die konzeptuelle Weiterentwicklung von kinder- und jugendpolitischen Massnahmen. Infos: unter: www.bsv.admin.ch > Dokumentation > Vernehmlassungen (Vernehmlassungsunterlagen) oder heloisa.martino@sbap.ch Aktionsbündnis Psychische Gesundheit Schweiz (ABPG) Am 18. September 2009 hat die zweite Mitgliederversammlung (MV) des ABPG in diesem Jahr stattgefunden. Heloisa Martino wurde einstimmig in den Vorstand gewählt. Im Zusammenhang mit den geplanten Projekten des ABPG hat das Plenum über eine vom Vorstand vorgeschlagene Initiative diskutiert: Diese soll als eine erste öffentliche Aktion des ABPG sowie als Test für die erstrebte Referendumsstärke des Bündnisses lanciert werden. Die Initiative fordert, dass sich Bund und Kantone aktiv um Information der Bevölkerung für die Bedeutung psychischer Gesundheit bzw. um Sensibilisierung für die Schwierigkeiten und Anliegen von Menschen mit psychischen Krankheiten kümmern und dass psychische Krankheiten in der Gesundheitsversorgung den somatischen Krankheiten gleichgestellt werden. Diesem Projekt wurde einstimmig zugestimmt. Die Lancierung der Initiative ist für Frühjahr 2010 vorgesehen. Ebenfalls 2010 wird die Website des ABPG lanciert − Heloisa Martino ist aktiv daran beteiligt. Ein weiteres und wichtiges Ziel für das neue Jahr ist das Gewinnen zusätzlicher, engagierter Mitglieder für das ABPG. Infos: heloisa.martino@sbap.ch Interessengemeinschaft Psychologische Arbeit mit chronisch körperlich Kranken Chronische körperliche Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Aids stellen nicht nur die Betroffenen und ihr Umfeld vor eine grosse Herausforderung, sondern auch die Gesellschaft: Gemäss Schätzungen der Gesundheitsligen sind in der Schweiz 1,5 Millionen Menschen davon betroffen. Die psychologische Arbeit mit Betroffenen umfasst neben der konkreten Auseinandersetzung mit der Krankheit auch die psychische Gesundheit an sich, wie Coping, Ressourcenaktivierung sowie Unterstützung von gesundheitsförderlichem Verhalten. Obwohl erste erfolgversprechende Ansätze dieser Arbeit durchaus vorangetrieben werden, wird sie im heutigen Gesundheitssystem nach wie vor nur schwach einbezogen. Zum Vorteil der Betroffenen, aber auch des Berufsstandes sei es dringend notwendig, dass PsychologInnen ihre Fachkompetenzen in diesen Bereich einbringen. So lautet die Forderung des Psychologen Alfred Künzler (Präsident FSP) und der Psychologin Reginne Strittmacher (Rheumaliga Schweiz), beide InitiantInnen der Interessengemeinschaft Psychologische Arbeit mit chronisch körperlich Kranken. Dafür seien die Schaffung und der Ausbau von Strukturen und Angeboten zentral − was zunächst die Etablierung des Themas in Berufs- und Bildungspolitik voraussetzt. Am 1. Juli 2009 haben sie diverse ExpertInnen zu einem Initialtreffen eingeladen. Dieser Einladung gefolgt sind neben Heidi Aeschlimann auch VertreterInnen von Fach- und Berufsverbänden (unter anderem Public Health Schweiz) sowie von Hochschulen und Gesundheitsligen (unter anderem Krebsliga Schweiz). Ziele waren eine Bestandesaufnahme der aktuellen SBAP. aktuell Berufspolitische News psychosozialen Versorgung von Betroffenen sowie eine Situationsanalyse der psychologischen Arbeit in diesem Bereich. Im Rahmen dieses Treffens wurde festgehalten, dass der Aufbau psychologischer Arbeit in der Psychoonkologie und in der Schmerztherapie bereits fortgeschritten sei; die auf diesen Gebieten erarbeiteten Grundlagen sollten genutzt werden. Auch Rehabilitationskliniken bauen ihre psychologischen Angebote stetig aus, denn diese gehören schon heute zu den Forderungen von Leistungsträgern (Kantonen und Versicherern) und des Qualitätsmanagements. Dieser Trend ist aufzugreifen. Als wichtig erachteten die Teilnehmenden, dass die Möglichkeiten in den bestehenden Kranken- und Invalidenversicherungsgesetzen im Hinblick auf Leistungserweiterung, Abrechnungsoptionen oder Leistungsverträge zu eruieren und entsprechend auszuschöpfen seien. Alle Anwesenden begrüssten die weitere Bearbeitung dieses Themas und einigten sich auf folgendes Vorgehen: Eine interdisziplinäre Plattform wird geschaffen sowie eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich dem Verfassen eines Positionspapiers widmen wird; dieses soll von der Gesamtgruppe verabschiedet werden. In der Arbeitsgruppe sind, neben den InitiantInnen, Roberto Brioschi (Geschäftsleitung RehaClinic, Bad Zurzach), Gion Duno Simeon (Kantonsspital Chur) und Heloisa Martino (SBAP.) aktiv. Infos: heloisa.martino@sbap.ch Projekt «Psychologie TV» Im August erreichte uns eine Anfrage der Firma Zapperbusch GmbH: Diese «Agentur für Bewegtbildkommunikation» aus Bern realisiert in den nächsten Monaten das Projekt «Psychologie TV», einen Internet-/Web-TVSpartensender. Der Projektleiter wird das Projekt im Herbst (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) vorstellen, das interessante Möglichkeiten der virtuellen Kommunikation eröffnet, beispielsweise das Einrichten von interaktiven Sitzungen im Rahmen von Online-Psychotherapie. Berufsbegleitende Weiterbildungslehrgänge MAS Systemische Psychotherapie mit kognitiv-behavioralem Schwerpunkt In Kooperation mit dem ZSB, Bern Die empirisch abgesicherte, störungsbezogene Psychotherapie-Weiterbildung, in der die praktische Umsetzung im Zentrum steht. Abschluss: Master of Advanced Studies ZFH, Anerkennungen: Fachtitel Psychotherapie FSP, SBAP., FMH empfohlen. Infoveranstaltungen: 11. Januar 2010, 18.00 Uhr, IAP, Merkurstrasse 43, Zürich 22. März 2010, 18.00 Uhr, ZSB, Vilettemattstrasse 15, Bern MAS Systemische Beratung In Kooperation mit dem ZSB, Bern Der MAS vermittelt Kenntnisse in systemischer, ressourcen- und lösungsorientierter Beratung und deren Umsetzung in die Beratungspraxis. Abschluss: Master of Advanced Studies ZFH. CAS Positive Peer Culture Der CAS führt in die Grundlagen und Praxis von Positive Peer Culture (PPC) ein. Er vermittelt die Kompetenz, Gruppentreffen mit Jugendlichen zu moderieren. Die Absolventinnen und Absolventen sind zudem in der Lage, andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Co-Trainer auszubilden bzw. anzuleiten. Infoveranstaltung: 8. März 2010, 18.15 Uhr, IAP, Merkurstrasse 43, Zürich MAS Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Der MAS vermittelt fundiertes, auf den internationalen Forschungsstand ausgerichtetes Wissen und befähigt, eine Tätigkeit als Berufs-, Studien- und Laufbahnberater/in auszuüben. Abschluss: Master of Advanced Studies ZFH, Berufs-, Studien- und Laufbahnberater/in BBT. Infoveranstaltung: 29. März 2010, 18.15 Uhr, IAP, Merkurstrasse 43, Zürich Info und Anmeldung: Tel. +41 58 934 83 33, info.iap@zhaw.ch www.iap.zhaw.ch > Weiterbildung > Psychologen/-innen 27 28 SBAP. aktuell Berufspolitische News Aktuelles aus der Geschäftsstelle Dritte überregionale Plattform Psychoonkologie Am 6. November 2009 fand die dritte Plattform Psychoonkologie statt. Einer der Schwerpunkte war der Informationsaustausch zwischen den diversen regionalen Plattformen: Was wurde in diesen Gruppen besprochen, welche Erfahrungen gesammelt? Wie geht es mit den Regionalgruppen weiter? Der zweite Teil der Plattform stellte das Thema der Achtsamkeit in der Psychoonkologie ins Zentrum. Das Konstrukt der Achtsamkeit, dessen Einbettung in die Psychoonkologie und die bisherige Wirksamkeitsforschung dazu wurden zunächst theoretisch erläutert. Danach sollte dieses den Teilnehmenden anhand eines Fallbeispiels aus der praktischen Arbeit nicht nur näher gebracht, sondern auch konkret erfahrbar gemacht werden: Die Anwesenden wurden in verschiedene kurze Achtsamkeitsübungen angeleitet, die sie ausprobieren konnten. Heloisa Martino Neue Dienstleistungen für Mitglieder Rechtzeitig auf den Winter konnten wir für Sie mit der Firma Adam Touring verschiedene grosszügige Rabatte für alles rund ums Auto (Reifen, Felgen, Autoservice, Tuning usw.) vereinbaren. Angaben wie Filialnetz und anderes entnehmen Sie unserer Website unter «Vergünstigungen» (www.sbap.ch/ dienstleistungen/mitglieder.php). Es lohnt sich! Bitte denken Sie daran, vor einem Kauf den SBAP.-Code bei uns zu erfragen. Mit WebStamp, der Online-Frankierlösung der Post, hat der SBAP. seine eigene Briefmarke. Diese Marke kann in allen gängigen Frankaturvarianten bei der Geschäftsstelle bestellt werden. Als SBAP.-Mitglied erhalten Sie 20 Prozent Rabatt auf die Abo-Gebühr für den Datenbankeintrag auf dem Marktplatz des Beratungspools (www.beratungspool.ch). Seit 1999 erleichtert dieser Pool mit seiner Online-Plattform die Orientierung im Schweizer Beratungsmarkt. Auftraggeber und Anbieter von Beratung und Personalentwicklung können sich dort treffen, ihre Projekte kostenlos ausschreiben, ihr Profil veröffentlichen oder selber nach einer Fachperson suchen. In Form von Fachbeiträgen, Buchtipps, Praxishilfen, Verzeichnissen usw. steht eine breite Informationspalette zur Verfügung (siehe auch beiliegenden Flyer). Surfen Sie doch wieder mal auf unsere Website – sie wird ständig aktualisiert. Ihre SBAP. -Geschäftsstelle Freitag, 26. – Sonntag, 28. März 2010 Verhaltenstherapietage 2010 Fortbildungsveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem IFT-Gesundheitsförderung, München, und der Schweizerischen Gesellschaft für Verhaltens- und Kognitive Therapie. Eröffnungsveranstaltung am Freitag zum Thema «Neue Entwicklungen in der Psychotherapie» mit • Prof. Dr. Ulrike Ehlert, Psychologisches Institut, Universität Zürch • Andrew T. Gloster, Ph. D., Klinische Psychologie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden Kurse Samstag / Sonntag Ein- und zweitägige Kurse, geleitet von Referenten aus der Schweiz und Deutschland, zu folgenden Inhalten: Burnout, Depression, posttraumatische Belastungsstörung, geringer Selbstwert, Angststörungen, Suizidalität, Supervision, Gruppentherapie, körperdysmorphe Störung, Beziehungsgestaltung und Trauer. Weitere Informationen zur Veranstaltung und den Themen finden Sie unter www.privatklinik-meiringen.ch Privatklinik Meiringen AG Willigen CH-3860 Meiringen Telefon +41 33 972 81 11 www.privatklinik-meiringen.ch Ein Unternehmen der Michel Gruppe Ärztliche Leitung: Prof. Dr. med. M. Soyka Gelesen Jugendgewalt – Ursachen und Prävention Klaus Wahl, Katja Hees: Täter oder Opfer? Klaus Wahl, Sozialwissenschaftler und Leiter der wissenschaftlichen Stabsabteilung des Deutschen Jugendinstituts, und die Journalistin Katja Hees unternehmen den anspruchsvollen Versuch, Ausmass, Formen, Entstehung und Prävention von Jugendgewalt darzustellen. Im ersten Teil werden Zahlen und Daten zur Jugendgewalt diskutiert. Ein Abschnitt widmet sich dem wichtigen Thema der Mehrfach- und Intensivtäter. Bei der Besprechung statistischer Untersuchungen zur Jugendgewalt kommen die Autoren zu keinem eindeutigen Ergebnis bezüglich der Frage, ob diese zugenommen hat. Zur qualitativen Veränderung gewalttätigen Handelns Jugendlicher wird aufgezeigt, dass in allen deutschsprachigen Ländern die schweren Delikte wie Körperverletzung und Raub seit mehreren Jahren deutlich zunehmen. Im zweiten Teil wird Jugendgewalt in verschiedenen Kontexten besprochen und anschaulich dargestellt: Tatort Schule: Vandalismus, Bullying, Amokläufe; Hooligans; rechte Gewaltszene: Skinheads und Neonazis; linke Gewaltszene: Punks, Autonome und Antifa, interethnische Gruppengewalt; islamistische Gewalttäter; gewalttätige Mädchen. Die Ursachen von Jugendgewalt sind Thema des dritten Teils. Das Zusammenspiel von Erbanlagen und Umwelteinflüssen, Erfahrungen, welche die Aggressionsentwicklung prägen, psychische Dynamik und Struktur, der Einfluss sozialer Isolation und Medien sowie die Interaktion von Ideologie und Aggression werden besprochen. Im letzten Teil werden neue Erkenntnisse und Formen der Prävention diskutiert und für Prävention bereits im frühen Lebensalter plädiert. Schliess- ab 16.08.2010 SBAP, FSP, VEF und SGS anerkannt Systemisch-Lösungsorientierte Therapie & Beratung für Einzelne, Paare und Familien Leitung: Dr. med. D. Mentha & Th. Estermann (lic. phil. Fachpsychologe für Psychotherapie FSP) Investition: Total Fr. 21'990.-für 86 Seminartage & 16 Gruppensupervisionstage Titel: Fachpsychologe/-in für Psychotherapie FSP Inhalt: Prämissen und Techniken: - Systemischer Beratungskonzepte (Ludewig, von Schlippe, Schweitzer, u.v.m.) - Lösungsfokussierter Therapiekonzepte (St. de Shazer, Insoo K. Berg, u.v.m.) - Hypnosystemischer Überlegungen (G. Schmidt) Dozenten: namhafte DozentInnen wie Dr. Gunther Schmidt, Prof. Dr. Arist von Schlippe, Jürgen Hargens, Dr. Luc Isebaert, Uli Clement, Michael Dahm w i l o b AG, Hendschikerstrasse 5, CH-5600 Lenzburg Tel.: 062 892 90 79, Fax: 062 892 90 78 wilob@solnet.ch, www.wilob.ch Klaus Wahl, Katja Hees: Täter oder Opfer? Jugendgewalt – Ursachen und Prävention. Ernst Reinhardt Verlag, München 2008, 174 Seiten, Fr. 34.50, ISBN 3-497-02037-0. lich werden verschiedene in Deutschland eingesetzte Präventionsprogramme vorgestellt. Es ist den Autoren gelungen, das Thema Jugendgewalt auf engem Raum von unterschiedlichsten Seiten her zu beleuchten – dies jedoch auf Kosten der Tiefe. In den Fallbesprechungen und den entwicklungspsychologischen Erläuterungen werden die Erkenntnisse der Bindungs- und Kleinkindforschung der letzten Jahre zu wenig berücksichtigt. Die Stärke des Buches liegt in der breiten Übersicht zum Thema und in der Darstellung verschiedener Kontexte der Gewaltausübung sowie den dazugehörigen Fallbesprechungen. Auch kommen Jugendliche immer wieder selbst zu Wort und schildern ihre persönlichen Geschichten und Sichtweisen. Das Buch richtet sich nicht primär an Psychologen, sondern an Fachleute verschiedener Disziplinen und aufgrund der leicht verständlichen Sprache auch an weitere interessierte Kreise. Richard Winzeler 29 30 Gelesen Psychoanalyse und Körper Peter Geissler: Analytische Körperpsychotherapie Der Wiener Arzt und Psychotherapeut Peter Geissler ist profilierter Autor von zahlreichen Büchern zum Thema analytische Körperpsychotherapie. Er setzt sich verdienstvoll und effizient für die Verknüpfung der beiden Therapierichtungen Psychoanalyse und Körperpsychotherapie ein. Als Begründer und Organisator des Wiener Symposiums Psychoanalyse und Körper, das dieses Jahr zum siebten Mal stattfand, weiss er vielseitige, interdisziplinär befruchtende Programme zusammenzustellen. 2007 hat Geissler zusammen mit Günter Heisterkamp ein umfangreiches und sehr lesenswertes Lehrbuch über die psychoanalytisch orientierte Körperpsychotherapie unter dem Titel «Psychoanalyse der Lebensbewegungen» vorgelegt. Nun vermittelt sein neuer Band, «Analytische Körperpsychotherapie», einen Überblick über die Entwicklung seit den neunziger Jahren. Nach jahrelangem Ringen um ein gegenseitiges theoretisches und praktisches Verständnis entfaltete sich die Körperpsychotherapie unter dem Namen analytische Körperpsychotherapie als eigenständiges psychotherapeutisches Verfahren innerhalb der Psychoanalyse. Dass dies zustande kam, ist weitestgehend Geisslers Verdienst. Es ist lehrreich, die Entstehungsgeschichte einer Methode zu betrachten, sich zu vergegenwärtigen, in welcher Zeit, in welchem Umfeld und vor welchem theoretischen Hintergrund eine neue Therapieform auftaucht, sich entwickelt, ausbreitet, andere Methoden beeinflusst und sich schliesslich etabliert. Anhand von Geisslers eindrücklicher Ausbildungsbiographie, die mit der Psychoanalyse und vor allem der bioenergetischen Analyse begann, zeigt sich, wie aktuell viele Fragestellungen nach wie vor sind und wodurch sich andere inzwischen verändert oder erübrigt haben. Das Buch vereint eine Sammlung von Aufsätzen, in denen Geisslers profundes Wissen und seine reiche Erfahrung als Körperpsychotherapeut zum Ausdruck kommen. Kapitelüberschriften lauten beispielsweise «Auf den Spuren von Ferenczi, Balint und Winnicott: Liebe und Hass in einem für körperund handlungsbezogene Interventionen offenen Setting» (2002), «Der Körper in der analytischen Körperpsychotherapie» (2006), «Überlegungen zur theoretischen Konzeptualisierung des Körpers in der analytischen Körperpsychotherapie» (2007), «Die Körperpsychotherapie im Spiegel der Säuglingsforschung» (2007) oder «Analytische Körperpsychotherapie als eigenständige psychotherapeutische Methode» (2008). Auch finden sich Zusammenfassungen aus seinen früheren Büchern, etwa aus «Mythos Regression» (2001) oder aus «Selbstregulation» (2004). Neben der enormen Vielfalt eines solchen Sammelbands sei ein Hauptaspekt besonders hervorgehoben: In der analytischen Körperpsychotherapie steht die Interaktion zwischen Klient und Therapeut in ihrer körperlichen Manifestation im Mittelpunkt. Geissler schlägt den Begriff «interaktioneller Körper» vor. Gemeint ist der Körper, wie er in der Körperpsychotherapie unmittelbar in der Interaktion zwischen Klient und Therapeut in Erscheinung tritt. Das hat für das Rollenverständnis des Therapeuten weit reichende Konsequenzen, verlangt es doch möglichst ständige Authentizität in der Begegnung mit dem Klienten. Um sich als Körperpsychoherapeut als Teil dieser Zwei-PersonenPsychologie adäquat in das Behandlungsgeschehen einzubringen, wird unter anderem der Rolle der Emotionen als Repertoire des «emotionalen Signalisierens» in der Interaktion eine grosse Bedeutung zugeschrieben. Wie Geissler dies aufzeigt, mit Fallbeispielen bebildert und immer wieder auch in den Bezugsrahmen der Säuglingsforschung und Videointerventionstherapie stellt, ist für Körperpsychotherapeuten, die das relationale Verstehen in ihrer Praxis ernst nehmen und umsetzen wollen, sehr wertvoll. Die Kapitel «Auge und Affekt» und «Die Welt ist Klang» können als Anregung zur Vertiefung der eigenen Wahrnehmungs- und Resonanzfähigkeit verstanden werden – im Sinne des deutschen Naturphilosophen Lorenz Oken: «Das Auge führt den Men- Peter Geissler: Analytische Körperpsychotherapie – Eine Bestandsaufnahme. Edition Psychosozial, Giessen 2009, 383 Seiten, Fr. 64.90, ISBN 3-89806-879-X. schen in die Welt, das Ohr führt die Welt in den Menschen.» Ein ausführliches Literaturverzeichnis, ein Personen- und Stichwortregister sowie ein hilfreiches Glossar vervollständigen den Band, der allen an der Verbindung von Psychoanalyse und Körperpsychotherapie Interessierten zur Lektüre sehr zu empfehlen ist. Maria Steiner Fahrni, Psychotherapeutin SPV und SBAP. Inserat S Systemische ystem ystem mische is h Struk truk ktur tu aufstell ufstellun ungen® ngen® Strukturaufstellungen® mit m it Dr. D r. iur. iu r. M Marco a r co R Ronzani onzani u und nd FFranziska ra n z i s ka v von on B Blarer l a re r Die Praxis Systemischer D ie P ra x i s S yst e misc her Strukturaufstellungen St ruk tura ufs tel lun gen verändert ve rä n d e r t und erweitert Coaching, u nd e r we i t e r t C oa c hin g , Beratung, Berat ung , Mediation M e d iati o n und un d Führung. Fü h r u n g . Oh-la-la Liebesgeflüster Ein Spiel für Paare: Über Sex reden – (k)ein leichtes Spiel Der SBAP. gratuliert Henri Guttmann, Psychotherapeut SBAP. für Paare und Familien zum soeben erschienen Spiel. Termine Termin e ermine min ne e 04./05 04./05.02.2010 0 .0 022.22010 0>S Systemische ysttem miscche Strukturaufstellungen Strruktturau aufsstelllun ngen in der K on nfliktlösung und Media tion Konfliktlösung Mediation Punktum-LeserInnen beziehen dieses Spiel zum Spezialpreis von CHF 22.95 direkt unter www.liebesgefluester.ch Henri Guttmann schreibt, dass ihm immer wieder aufgefallen ist, dass auch in guten, langjährigen Liebesbeziehungen kaum mehr über sexuelle Wünsche gesprochen wird. In sämtlichen Ratgeberbüchern steht: Redet über Eure Wünsche! In Wirklichkeit wird jedoch geschwiegen. Das Spiel Liebesgeflüster schliesst eine Lücke, indem Paare auf heitere, aber auch ernsthafte Weise – ohne viel Worte zu verlieren – miteinander bisher verheimlichte Wünsche austauschen können. Das Spiel wird auf www.liebesgefluester.ch beschrieben. Der bekannte deutsche Autor und Sexualtherapeut Prof. Dr. Ulrich Clement aus Heidelberg schrieb: Das Spiel Liebesgeflüster ist in eine witzige Form gebracht, die einladend ist und die das Potential hat, eingeschlafene Partnersexualität wieder aufzuwecken. 0 3.03.2010 > Informationsabend Informationsabend zur zur Praxis Praxis der der 03.03.2010 S ystem s misscche en Stru S uktu uraufstell st lung gen n Systemischen Strukturaufstellungen 15 ./16 6.04.20 . 010 > Einführung Eiinfü ührung rung in n die Praxis Prraxiis d er 15./16.04.2010 der S ystemiscchen Struktur aufstellungen Systemischen Strukturaufstellungen www.perspectiva.ch w ww.perspectiva.ch Au A Auberg berg g9 | 4 4051 051 B Basel asel | 0 061 61 6 641 41 6 64 48 855 Schweizerische Gesellschaft für den Personzentrierten Ansatz Weiterbildung. Psychotherapie. Beratung. Postgraduale Weiterbildung 2009 – Personzentrierte Psychotherapie nach Carl Rogers Vierjährige berufsbegleitende Weiterbildung für PsychologInnen und ÄrztInnen. Anerkannt durch alle namhaften Fachverbänden, insbesondere durch FSP, SBAP und FMH. Beginn: Ort: Leitung: Dezember 2009 Dauer Phase I: 2 Jahre Die Seminare finden extern mit Übernachtung statt, die Supervision in den Praxen der AusbilderInnen. Rainer Bürki, Simone Grawe, Dora Iseli Schudel (Gruppenselbsterfahrung) Information: Geschäftsstelle pca.acp | Josefstrasse 79 | 8005 Zürich | T 044 271 71 70 | www.pca-acp.ch 31 32 SBAP.-Agenda 16.03.2010 59. Mitgliederversammlung im Restaurant Zunfthaus zur Waag, Münsterhof 8, 8001 Zürich. Ab 18 Uhr Apéro, 19.30 Uhr Mitgliederversammlung 19.05.2010 Alumni-Veranstaltung an der ZHAW Dep. AP, Zürich. Thema: Demenz, Referentin: Frau lic. phil. Jutta Stahl, ZHAW. Film: Zeichensprachen, Signale des emotionalen Ausdrucks von Menschen mit Demenz. Beginn: 18 Uhr, Apéro ab 19.30 Uhr 25.06.2010 Betriebsbesichtigung Schweizer Fernsehen SF in Zürich Beginn: 16.45 Uhr. Kosten Billag 10 Fr.! 14.09.2010 Forum 13: Restaurant Linde Oberstrass, Universitätsstr. 91, 8006 Zürich. Thema: Neue Medien in der Berufspraxis aus psychologischer Sicht. Referentin: Frau lic. phil. Annette Kielholz, Psychologin. Ab 18 Uhr Apéro, 19 Uhr Referat. Gäste willkommen 05.10.2010 5. SBAP.-Preisverleihung im Kunsthaus-Saal in Zürich 28.10.2010 Jubiläum Schweizerische Graphologische Gesellschaft (SGG). Redaktionskommission: Heidi Aeschlimann Barbara Fehlbaum Manuela Lisibach Heloisa Martino Claudio Moro Sabine Richebächer Koordination / Inserate und Beilagen: SBAP. Geschäftsstelle Auflage: 1600 Exemplare Redaktionsschluss Nr. 1/2010: 11. Januar 2010 MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Heidi Aeschlimann Edith Burri Samuel Buser Fritz Frauenfelder Ueli Graf Otto Horber Daniel Jositsch Carole Kherfouche Manuela Lisibach Heloisa Martino Heinz Marty Claudio Moro Jan Needham Markus Oertle Maria Steiner Fahrni Simone Walser Richard Winzeler Layout, Druck und Ausrüsten: Druckerei Peter & Co., Zürich Lektorat: Thomas Basler, Winterthur Konzept und Gestaltung: greutmann bolzern zürich Adresse: SBAP. Geschäftsstelle Merkurstrasse 36 8032 Zürich Tel. 043 268 04 05 Fax 043 268 04 06 info@sbap.ch www.sbap.ch ISSN 1662-1778