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Geschichtliches aus Bern

Geistliche Sicht

inkel w s t h c i Ges m e h c i l t eis Unter g 1 Impressum © Copyright: Werner Ninck Druckjahr: 2013 Bestellungen und Rückfragen Werner Ninck Steinhölzliweg 65 3007 Bern Tel 031 971 05 55 E-Mail: werner_stein65@livenet.ch Titelbild aus «Die Burgergemeinde Bern – Gegenwart und Geschichte», Verlag Stämpfli & Cie AG, Bern, 1993. Es stellt das Bern-Rych-Wappen dar. Die beiden Löwen weisen auf die Zähringer, die Gründer der Stadt hin. Der Reichsadler ist Symbol für Bern als freie Reichsstadt. Die Unabhängigkeit der Stadt wird unterstrichen durch die Krone über den Wappen. 2 Inhaltsverzeichnis Seite Seite Einführung Aus der Geschichte Berns Die Kelten Die Bärengöttin von Muri Stadt und Kanton Bern Die bernischen Gesellschaften und Zünfte Burger der Stadt Bern Wichtige Bauten in Bern Rathaus Münster Heiliggeistkirche Bundeshaus Einige hervorragende Persönlichkeiten Rudolf von Erlach Adrian von Bubenberg Niklaus Manuel Mani Matter Erwägungen Der Bär, das Wappenzeichen von Bern Die Religion in Bern Die Bern-Burger Bern als Verwaltungsstadt Verschiedenes Bern und die Juden Literatur Anhänge Anhang 1: Fragen für den Wächterdienst Anhang 2: Den Weg zu Ende gehen (Fragebogen) Anhang 3: Die Juden in Bern Anhang 4: Zitate aus Feller zur Entstehung von Bern Anhang 5: Einige Stimmen zur Dea Artio Anhang 6: Bärenkarte um 1690 Anhang 7: Kindlifresserbrunnen Anhang 8: Gebetsblatt 3 4 5 5 6 6 11 12 17 17 17 21 22 25 25 25 26 29 30 30 32 33 33 33 34 35 36 36 38 40 42 43 45 46 50 Einführung Bätt für bärn 24x7 setzte im Herbst 2001 eine Arbeitsgruppe ein mit dem Auftrag, die Eigenarten der Stadt Bern in Vergangenheit und Gegenwart ausfindig zu machen und für die Beter/innen darzustellen. „Wozu diese Arbeit?“ Diese Frage bewegte uns immer wieder. Wir kamen auf folgende vorläufige Antworten: Wir suchen zu erfassen, was in Bern und Umgebung auffällt und bemühen uns um geistliche Deutungen. Wir erwarten, dass Licht in die Hintergründe unserer Stadt fällt, sodass unsere Gebete konkreter werden. Wir können deshalb die Probleme im Quartier besser erfassen und sie vor Gott bringen. Wenn wir konkret beten, werden wir auch die Erhörung unserer Gebete beobachten können. Wir erinnern an das Wort in 2. Kor. 5,17: „Gehört jemand zu Christus, dann ist er ein neuer Mensch. Was vorher war, ist vergangen, etwas Neues hat begonnen.“ Im Gebet lassen wir uns das Alte, das vergeht, zeigen, und wir werden offen für das Neue, das am Kommen ist. Mit unsern Angaben geben wir einige Anregungen zum besseren Verständnis der Geschichte unserer Stadt weiter und laden dazu ein, eine Deutung aus geistlichem Gesichtswinkel zu suchen. Wir fordern die Beter dazu auf, selber in ihren Bereichen (z.B. Bildungswesen, Gesundheitswesen, Politik usw.) nach dem Umschau halten, was geistlich bedeutungsvoll sein könnte. Wir haben auf drei Themen in der Stadt Gewicht gelegt und ihnen recht viel Raum gegeben: • Bern ist Verwaltungsstadt (städtische, kantonale und eidgenössische Verwaltungen sind markant vertreten). • Bern wird vom Münster überragt. Das ist ein Hinweis auf religiöse Hintergründe. • Bern wird durch den Bären charakterisiert. Zudem sind wir auf bestimmte Persönlichkeiten eingegangen, welche in der Stadt von besonderer Bedeutung gewesen sind. Durch ihre Geschichte bekommen wir einen Einblick in das geschichtliche Leben der Stadt. Aber sie stehen nur beispielhaft für viele andere. Zudem haben wir die Burgergemeinde recht ausführlich dargestellt, weil uns scheint, hier liege eines der Geheimnisse von Bern verborgen. An den „Geistlichen Gesichtswinkel“ erinnern wir, indem wir immer wieder das Kreuz als Hinweis auf Jesus Christus als Hintergrund einblenden. ER ist es, der durch Leiden in die Herrlichkeit gegangen ist. ER fordert uns zu neuen, von IHM bestimmten Einsichten heraus. Wir haben die Anregungen von verschiedenen international tätigen Betern aufgenommen, die uns inspiriert und angeregt haben u.a. Brian Mills und John Dawson. Wir wünschen, dass die Leser durch diese Broschüre die Geschichte der Stadt besser verstehen und zum Weiterforschen angeregt werden. Sie werden mit wachsameren Augen durch Bern gehen und konkreter dafür beten können, dass Gottes Wille in dieser Stadt geschehe. Bätt für bärn 24x7 4 Aus der Geschichte Berns Die Kelten, Römer und Alemannen in Bern1 Die erste Bevölkerung der Schweiz, die geschichtlich fassbar ist, waren die Kelten. Der keltische Stamm der „Helvetier“ besiedelte einen Teil der Schweiz. Sie wurden um Christi Geburt herum von den Römern besiegt, die nun das Land beherrschten. Interessanterweise beruft sich unser Land auf die Helvetier in der Bezeichnung „Confoederatio helvetica“ = helvetischer Bund. Im 2. und 1. Jh. v.Ch. gab es in Como, Brescia, Bergamo, Mailand, Manching, Bern-Engehalbinsel, Genf, Basel-Münsterhügel erste städtische Zentren der Kelten. Diese hiessen oppidum ( = Marktplatz), militärischer Stützpunkt, und politischer Mittelpunkt mit einer Verteidigungsaufgabe. Die Grundzelle der keltischen Gesellschaft war die Sippe, der Familienclan mit seinen zugeordneten Verwandten, Klienten (Hörigen) und Leibeigenen (ambacti). Die Stellung des Adligen in der Gesellschaftspyramide bemass sich insbesondere nach der Zahl der Hörigen und ambacti. Ein Gau (pagus) umfasste mehrere Sippen und ein Stamm (civitas, populus) seinerseits mehrere Gaue. Die Macht lag in den Händen einer kleinen Zahl begüterter Adliger, die augenscheinlich das erbliche Königtum abgelöst hatten. Die Exekutive wurde durch einen obersten Magistraten ( = Vergobreten) ausgeübt. Er berief die Heeresversammlungen ein, die nach erfolgten Diskussionen Beschlüsse fassten. Diese Beschlüsse wurden durch Gesetze bestätigt. Die Schicht der Druiden verkörperte den zweiten Stand der keltischen Gesellschaft und repräsentierte die priesterliche Funktion. Sie regelten das religiöse Leben, standen den Opferhandlungen vor und übernahmen die Erziehung und Ausbildung der Jugend. Die Ausbildung zukünftiger Druiden, die aus dem Adel stammten, dauerte Jahre und bestand vornehmlich in einer Einführung in die Texte und geheiligten Überlieferungen. Sie verfügten nicht nur über moralisches Ansehen, sondern zudem über richterliche und politische Autorität, indem sie als Schiedsrichter bei Streitigkeiten zwischen Einzelpersonen und sogar zwischen Stämmen amtierten. 1 Geschichte der Schweiz, S.48-58; 112-121 5 Die alten keltischen Gottheiten behielten in der römischen Zeit ihre Anhänger. So ist uns die Artio, eine mit dem Bärenkult verbundene Gottheit, durch eine Statuette bekannt, die die Göttin ihrem Schutztier gegenüberstellt. Die römisch beherrschte Schweiz wurde ab dem 3. Jh. nach Chr. von den Alemannen besiedelt. In den Südwesten zogen die Burgunder ein. Die Bärengöttin von Muri2 Die "Dea Artio" stellt auf alle Fälle ein eindeutiges Produkt gallo-römischer Mischkultur aus der zweiten Hälfte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts dar. Als eine der interessantesten antiken Bronzestatuetten der Schweiz lässt die Figurengruppe der Bärengöttin "Artio" viele Fragen zur keltisch-römischen Religiosität offen. Immerhin steht aber die Kombination von Tier und menschengestaltiger Gottheit nicht vereinzelt da, wie die Pferdegöttin "Epona", der Schweinegott "Moccus" und die Ebergöttin "Arduinna" beweisen. Als weiterer wichtiger Aspekt kommt hinzu, dass die "Dea Artio" zumindest auch im Trierer Land verehrt worden ist und somit nicht als reine Lokalgöttin verstanden werden darf. Die Tatsache, dass die Statuette der Bärengöttin in Muri b.Bern gefunden worden ist, d.h. vor den Toren der Stadt Bern, berechtigt noch lange nicht dazu, das Berner Bärenwappen, den Berner Bärengraben und den Ortsnamen "Bern" auf uralte Kulttraditionen zurückzuführen. Nach der Sage wirkte Beatus, der als „Apostel der Schweiz“ verehrt wurde, bis zu seinem Tode 112 nCh in der Batushöhle am Thunersee. Iroschottische Mönche missionierten in der Schweiz nach 600. Dazu gehörten Gallus, der das Kloster St. Gallen gründete und Columban, der z.B. auch das Berner Mittelland bereiste und verschiedene Kirchen baute. Stadt und Kanton Bern3 Zur Gründung der Stadt. Am Aarehang stand die Reichsburg "Nydeck". Bern entstand 1191 an dieser Stelle auf der strategischen Linie zwischen Burgdorf und Thun und hatte politische, jedoch keine wirtschaftliche Bedeutung. Ihr Gründer war Herzog Berchtold V. von Zähringen. Herkunft des Namens: Es gibt verschiedene Theorien: • Herleitung von Verona in Italien, das auch "Bern" genannt wird. 2 Die Statuette wurde im 19. Jh. in Muri bei Bern gefunden, vgl. Historisches Museum Bern, vgl. Anhang 2 6 • Überlieferter Name, vermutlich keltischen Ursprungs. • Die "Bären-Göttin" von Muri. Davon könnte der Name der Stadt abgeleitet worden sein: die "Stadt der Bärengöttin". • Legende: Berchtold V. sei jagen gegangen, und das erste Tier, das er erlegt habe, sei ein Bär gewesen. Das habe der Stadt den Namen gegeben. Einige wichtige Ereignisse 1218 wurde Bern reichsfrei durch König Friedrich II. (durch eine Handveste, die „aurea bulla“). – Der Schultheiss wurde vom König eingesetzt. Dazu kam das Recht der Gesetzgebung, der selbständigen Wahl der Behörden, Felder und Wälder um die Stadt herum zur Nutzung durch die Burger. 4 1294: die Juden wurden „für immer“ aus der Stadt verbannt, wegen einer Anklage. 5 1341-1346 wurde eine Kirche mit Dachreiter am Platz der alten Burg Nydegg gebaut. 1529-1566 wurde die Nydegg-Kirche als Magazin für Fässer, Holz und Korn verwendet, dann wurde sie bis 1721 Filialkirche des Münsters. Um 1350 verwüsteten zwei Brände die Altstadt. 1353 wird Bern in den Bund der Eidgenossen aufgenommen. 1370 findet man wieder Spuren von Juden in Bern. 1399 wurden 130 Waldenser mit Geld- und Ehrenstrafen belegt. 1407: Bern schloss Bündnisse mit Herren und Städten des Aargaus gegen Österreich. 1415: der Aargau wurde von den Eidgenossen übernommen. Gemeinsame Herrschaften. 1450 ff: Der Aargau wurde gesichert. 1421-1517 wurde das Münster gebaut (eine gewaltige Leistung der 4500 Einwohner zählenden Stadt). Mit dem Ausgang des Schwabenkriegs 1499, der die eidgenössischen Orte faktisch vom Reiche trennte, hörte der letzte Rest der Abhängigkeit Berns von Kaiser und Reich auf. In der zweiten Hälfte des 15. Jh. kam die Waadt unter den Schutz und den Einfluss von Bern. 1509 wurden vier Mönche im Schwellenmätteli verbrannt, weil sie einen unor- 3 4 5 6 Feller, Bd. 1, vgl. auch Anhang 3 Multimediaschau beim Bärengraben. Richard Feller, Geschichte Berns, 1974 (4 Bde) Auf dein Wort, Beiträge zur Geschichte und Theologie der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Bern im 19. Jh, 1982 Rudolf Dellsberger, Die Anfänge des Pietismus in Bern, 1984 Kurt Guggisberg, Bernische Kirchengeschichte, 1958 H. Kurt von Wattenwyl, Die Entwicklung der Burgergemeinde der Stadt Bern seit 1798, Diss. 1926; Die Burgergemeinde Bern. Gegenwart und Geschichte. 1986 H.Kurt von Wattenwyl, Die Entwicklung der Burgergemeinde der Stadt Bern Diss. 1926 Vgl. Anhang 2, Die Juden in Bern. Zeittafel. S.34 vgl..Urs Hostettler, Der Rebell vom Eggiwil. Aufstand der Emmentaler 1653. 7 dentlichen Menschen unterstützt hatten. 1528 Reformation. Die Landobrigkeit setzte sich an die Stelle der Kirche Einverleibung der Waadt. 40 Täufer wurden zwischen 1538 und 1571 durchs Schwert und durch Ertränken hingerichtet. 1648: westfälischer Friede, d.h. Loslösung der Schweizer Stände vom Reich durch völkerrechtlichen Akt. 1653 Bauernaufstand: 21 Todesurteile in Bern.6 1683 einige Hundert Hugenotten kamen nach Bern und wurden da aufgenommen. 1698 – 1730 Pietismus brachte Unruhe. Menschen wurden verfolgt. Gegen Ende August 1699 – die Behandlung des "Pietistengeschäfts" hatte die Räte und die Gemüter der Bevölkerung fast drei Monate lang andauernd beschäftigt – glaubte man in Bern endlich wieder zur Tagesordnung übergehen zu können. Da sorgte alt Landvogt Niklaus von Rodt, Patron und Pate von Pfarrer König und Güldins Freund, für neue Aufregung. Als einziges Mitglied des grossen Rates hatte er den Assoziationseid verweigert und war deswegen aus dem Rat und aus allen Kammern ausgeschlossen worden. Es war Sonntag, den 27. August. In allen Kirchen des Landes wurde das Heilige Abendmahl gefeiert. In der Nähe der Stadt, auf Niklaus von Rodts Landgut im Breitfeld, versammelten sich an die dreihundert Menschen. Sie waren gekommen, um drei deutsche Pietisten zu sehen und zu hören. Man traf sich am helllichten Tag, auf freiem Feld. Einer der Fremden predigte. Er ermahnte seine Zuhörer zur Standhaftigkeit und betete für die Stadt Bern. Tags darauf führte von Rodt seine Gäste, nachdem er ihnen vorher schon die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, die Kirchen, das Zeughaus und die Bibliothek gezeigt hatte, ins Oberland....Als man in Bern von diesen Vorgängen hörte, befürchtete man eine offene Rebellion und entschloss sich zu raschem Handeln. Schliesslich wusste der Rat, wie beliebt von Rodt im Gebiet seiner ehemaligen Landvogtei nach wie vor war. Aber als der Grossweibel mit seinen Soldaten in Unterseen eintraf, um die mutmasslichen Aufrührer gefangen zu nehmen, da hatten die Fremden, von Bern aus vorgewarnt, über den Brünig bereits das Weite gesucht. An ihrer Stelle wurden von Rodt, Güldin und Müller gefangen nach Bern geführt. Im anschliessenden Prozess verwies man von Rodt des Landes. Güldin, Müller und Daniel Knopf, der die Reisegesellschaft in Unterseen durch einen Expressboten hatte avisieren lassen, wurden zu hohen Geldstrafen verurteilt. Ein Manuskript Samuel Güldins über die Apostelgeschichte, das offenbar voller Anspielungen auf den derzeit misslichen Zustand der Berner Kirche war, wurde beschlagnahmt. – Um 1730 herum wurden diese „Rebellen“ in Bern wieder rehabilitiert. Im 18. Jh. gilt der Kt. Bern als vielgepriesener Musterstaat. Die bernische Burgerschaft (s.S.13) wurde im 18. Jh. in ihrem Gefüge stark von der Verfassungsrealität des Staates bestimmt. Sie war in verschiedene Schichten aufgeteilt. Die burgerliche Oberschicht bildeten die regierenden Familien des Patriziats, das nun als geschlossener Stand erschien. Der Gesamtbestand 8 verringerte sich bis 1798 von 88 auf 73 Familien. Sie waren auf Staatsdienst ausgerichtet, leisteten Söldnerdienst als Offiziere, waren Landwirte, Besitzer einer Herrschaft (Landgut), pflegten Beziehungen zum Landvolk. Nach aussen erscheint das Patriziat kompakt, nach innen bildet es keine absolute Einheit. Es gibt eine inoffizielle Rangordnung: I. die Familien Bonstetten, Diessbach, Erlach, Luternau, Mülinen, Wattenwil; II. die „übrigen Edlen; III. die Gruppe der grossen sowie derjenigen Familien, die sich gern mehr als andere glaubten“; IV. die mittleren; V. die kleinen Familien, die nur einen oder wenige Vertreter im Grossen Rat (200) besassen. 1798 Die Franzosen erobern Bern. 4. März Übergabe an die Franzosen. General von Erlach wird von eigenen Leuten ermordet. Die Franzosen übernehmen den Staatsschatz. Die Franzosen geben Bern eine neue Verfassung. Die Waadt und der Aargau werden von Bern getrennt und zu selbständigen Kantonen gemacht. "Machtlos und verstümmelt ging Bern in dem Unding fremder Willkür unter. Ihm wurde die Probe auferlegt, ob es in der Erniedrigung den Geist und das Selbstbesinnen wahren werde, wieder zu erstehen".6 1815 wird der Jura an Bern angegliedert. 1801 – 1831 Erweckung in Bern. Verschiedene Unruhen. 24. August 1831. Bettags-Botschaft des Grossen Rates: "Pflanzet Gottesfurcht, jeder vorerst in seinem eigenen Herzen, dann in seinem Haus und dadurch unter dem ganzen Volke. Gottesfurcht ist die Grundlage alles Glücks, durch sie bewahrten einst unsere Väter Zucht und Ordnung, durch sie wurden sie arbeitsam, zufrieden, freudig zu jeder Pflicht, durch sie waren sie stark in jeglicher Gefahr und getrost in der Stunde des Todes. Lasst uns ringen nach diesem köstlichen Gute und es wieder einheimisch machen bei uns". Schultheiss und Rath der Stadt und Republik Bern hatten abgedankt. Sie mussten dem Druck des liberalen Bürgertums weichen. Am 3. September 1831 fand in der Wohnung von Goumöens-von Tavel, die "gegenüber dem Rathaus unter der Metzgergasse" lag, die Gründung der Evangelischen Gesellschaft statt. Ende Oktober fanden sich beim "blinden Eisi", in der Ochsenscheuer im Sulgenbach, die "Brüder vom Lande" ein: Sie konnten sich dem neu gegründeten Werk, insbesondere dessen Grundsatz, "in der lieben Landeskirche Gottes Wort treiben [zu] wolle[n]" anschliessen. 7 Bis 1831 war Bern ein (erweiterter) Stadtstaat, danach Republik Bern. Bundesstadt 8 Für die Wahl zur Bundesstadt vom 28.11.1848 blieben letztlich die drei ehemaligen Vororte Zürich, Bern und Luzern als ernsthafte Konkurrenten: Für Luzern sprachen die zentrale Lage und das Argument, dass damit in der Innerschweiz die Einstellung zum neuen Staat verbessert werden könnte. Die ablehnende Haltung der Bevölkerung im ehem. Sonderbundsgebiet schwächte jedoch die Position Luzerns, in dessen Kantonsgebiet keine echte Mehrheit 6 7 Feller, 4. Bd., S.714 Auf dein Wort, S. 185f 9 für die BV von 1848 gestimmt hatte. Zürich wies auf seine gute Infrastruktur hin (Staatsgebäude, Verkehrsverbindungen, insbes. erste Bahnlinie), die Schönheit der Landschaft und die kosmopolitische Mentalität, erhielt aber nicht die erwartete Unterstützung der Ostschweiz. Die allgemeine Zurückhaltung erklärt sich möglicherweise aus der Abneigung, das ohnehin starke Zentrum weiter zu stärken, was dem Prinzip des Föderalismus widersprochen hätte. In Zürich tröstete man sich damit, sowieso die heimliche Hauptstadt zu bleiben. Für Bern sprachen die Nähe zur französischsprachigen Schweiz und militärische Überlegungen. Die Stadt verpflichtete sich zudem, dem Bund unentgeltlich die nötigen Arbeitsräume zur Verfügung zu stellen. Die "Leistungen der Stadt Bern an den Bundessitz" wurden 1875 in einer Übereinkunft zwischen dem Bundesrat und dem Einwohnergemeinderat von Bern festgehalten. Als Amtssitz des Bundesrats, der Departemente und der Bundeskanzlei ist Bern in Art. 58 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes von 1997 festgelegt, während für die Bundesversammlung in deren Geschäftsverkehrsgesetz von 1962 kein Versammlungsort festgehalten ist. Mit dem schlichten Ausdruck «Sitz der Bundesbehörden» haben die Verfassungsschöpfer von 1848 das politisch und staatsrechtlich Richtige getan: Ein Bundesstaat kann nämlich gar keine Hauptstadt oder Kapitale nach dem Vorbild von Einheitsstaaten besitzen, wenn man darunter das politische, kulturelle und in der Regel auch wirtschaftliche Zentrum eines Landes versteht. Die Bezeichnung Berns als Hauptstadt der Schweiz – oder der Eidgenossenschaft – ist mit dessen tatsächlicher Rolle und mit der Bundesverfassung nicht vereinbar. Auch nicht als ganz genau, aber nahe bei Wortlaut, Sinn und Geist der Bundesverfassung liegend kann man die Bezeichnung von Bern als «Bundesstadt» ansehen; es haben zwar nicht alle, jedoch immerhin die politisch wichtigsten Bundesbehörden ihren Sitz in Bern. Der vor 150 Jahren zugunsten Berns getroffene Entscheid hat sich aus der Sicht grosser zeitlicher Distanz als richtig erwiesen. Bern nimmt eine Brückenfunktion zwischen deutsch– und französischsprechenden Eidgenossen wahr, es ist günstig gelegen und verfügt weiterhin über gute Akzeptanz – letzteres vielleicht gerade deshalb, «weil es das geistige Zentrum, nach welchem die Bundeserneuerer von 1832/33 riefen, nie geworden ist» (Peter Stadler). Und schliesslich: Die alte Zähringerstadt vermittelt auch vielen Nichtbernerinnen und Nichtbernern ein heimatliches Gefühl – besonders wenn sie sich, vom verunglückten Bahnhof her kommend, abwärts in Richtung Nydegg bewegen und sich der immer schöner werdenden Strassen- und Fassadenbilder erfreuen können - und erst der Blick von der Bundesterrasse auf die Schneeberge des Kantons Bern! 1978 wird der Jura von Bern getrennt und zu einem eigenen Kanton gemacht. Die Auseinandersetzung geht haarscharf an einem Ausbruch von Gewalt vorbei. 8 P. Stadler, «Die Hauptstadtfrage in der Schweiz 1798-1848», in SZG 21, 1971, 526-582 NZZ, 27.11.1998 10 Die bernischen Gesellschaften und Zünfte 9 Wie in anderen Städten Europas entstanden auch in Bern Zünfte, die hier oft Gesellschaften genannt werden. Ihre Gründungszeit liegt im Dunkeln. Fassbar werden sie erstmals im Spätmittelalter. Im Gegensatz etwa zu Zürich und Basel wurde den Gesellschaften in Bern schon früh eine politische Aktivität untersagt. In der Folge hatten diese den Charakter handwerklichgewerblicher und geselliger Körperschaften. Immerhin hatten die so genannten Vennerzünfte, zu denen die Gesellschaften der Pfister, Schmiede, Metzger und Gerber zählten, eine indirekte Verknüpfung mit dem politischen System: Aus ihnen wurden die vier Venner, hohe Militärund Finanzbeamte, erkoren. Die Inhaber des Venneramtes stiegen in der Folge häufig zum Schultheissen («Präsident» der Republik Bern) auf. Zusammen mit der adeligen Gesellschaft zum Narren und Distelzwang überragten diese die restlichen Zünfte immer mehr an Bedeutung und bildeten die Spitze einer sich seit dem 15. Jahrhundert ausformenden Zunfthierarchie. Seit 1534 ist das Burgerrecht nachweisbar mit dem Gesellschaftsrecht verbunden, was dazu führte, dass die Zünfte zunehmend als unterste Verwaltungseinheiten der Stadt betrachtet und allmählich mit einer Reihe von Verwaltungsaufgaben im militärischen, finanziellen und polizeilichen Bereich betraut wurden. Daneben blieben sie bis zum Ende des alten Bern stets auch noch beaufsichtigende und regelnde Vereinigungen des Handwerks. 1536 wurde ihnen das Vormundschaftswesen übertragen und bis 1676 auch die Armenfürsorge für ihre Angehörigen. Diese beiden Pflichten sollten sich zur wichtigsten Aufgabe der Gesellschaften entwickeln und liessen diese zu Heimatgemeinden werden. Für die Integration der Burger in ihr Gemeinwesen war der gesellige Aspekt, den die Zunft bot, sehr wichtig. Im Zunfthaus, das stets auch Wirtshaus war, fanden neben den geschäftlichen Verhandlungen auch Umtrünke und Festessen statt, an denen es vor allem bis ins 17. Jahrhundert hoch herging. Die Zunft begleitete ihre Stubengenossen durch das ganze Leben, bis hin zur Beerdigung, da das Bahrtuch mit dem Zunftwappen den Sarg bedeckte. Den Fall des alten Bern überlebten die bernischen Zünfte. Doch während sie in der Mediations- und Restaurationszeit, das heisst in den Jahren 1803 –1831, auf städtischer Ebene für kurze Zeit eine politische Rolle spielten, gingen sie gegen Ende der 1820er-Jahre aller Verwaltungsaufgaben verlustig – mit Ausnahme des Fürsorge- und Vormundschaftswesen für ihre Mitglieder. Dieses besitzen sie noch heute, weshalb die bernischen Gesell- 9 H. Kurt von Wattenwyl, Die Entwicklung der Burgergemeinde .. «Die Burgergemeinde Bern .. Bericht des Kleinen Burgerrates über die Verwaltung der Burgergemeinde Bern im Jahre 2000 Berner Burger-Brevier, 1999 11 schaften – im Gegensatz zu allen anderen Zünften unseres Landes – Körperschaften des öffentlichen Rechts geblieben sind. Die Zugehörigkeit zu einer bernischen Gesellschaft, von denen es noch 13 gibt, ist erblich. Neu in das Gesellschaftsrecht kann nur aufgenommen werden, wer vorher das bernische Burgerrecht erworben hat. Dennoch sind die Zünfte nicht der Burgergemeinde Bern unterstellt; sie sind nicht Abteilungen, sondern Teile der Burgergemeinde Bern. Dies zeigt sich auch darin, dass die Zünfte und Gesellschaften wie andere Gemeinden unter der Aufsicht des Regierungsstatthalters stehen. Organisatorisch sind die Gesellschaften den bernischen Gemeinden gleichgestellt, wobei die Versammlung der Stimmberechtigten jedoch «Grosses Bott» heisst. Der Gemeinderat besitzt je nach Gesellschaft den Titel «Gesellschaftsrat», «Waisenkommission», «Zunftrat», «Vorgesetztenbott» oder «Vorgesetztenkollegium», und die Zunftbeamtungen tragen historische Namen (Obmann, Säckelmeister, Almosner etc.). Neben dem Fürsorgewesen befassen sich die Gesellschaften heute vor allem mit der Erteilung des Gesellschaftsrechts sowie mit der Verwaltung des eigenen Vermögens. Dieses besteht jeweils aus einem steuerfreien Fürsorgefonds, dem Armengut, und einem steuerpflichtigen Privatvermögen, Stubengut genannt. Das Stubengut ermöglicht den Gesellschaften den Unterhalt ihrer Zunfthäuser sowie das gesellige Leben. Burger der Stadt Bern Damit sind diejenigen Bewohner der Stadt bezeichnet, die sich dort dauernd niederliessen, zum Schutze der Stadt Kriegsdienste leisteten, Steuern bezahlten und im Stadtbezirk ein Haus besassen (Handfeste). Vorteile: Schutz, Nutzung an Feldern und Wäldern. Alle Burger waren einander in Rechten und Pflichten gleichgestellt und hatten Anteil am Stadtregimente. Persönliche und erbliche Burgerrechte. Nach der Reformation herrschte lange strengste konfessionelle Ausschliesslichkeit. Jeder Burger musste einer Zunft (Gesellschaft) angehören. Die Burgerschaft bildete rechtlich die Stadtgemeinde, die Nichtburger gehörten nicht dazu, waren bloss geduldete Gäste, wobei es ohne Bedeutung war, ob nun ganz wenige solcher Gäste in der Stadt wohnten, oder ob diese in der Überzahl waren. Das Vermögen der Burgergemeinde im weitesten Sinne des Wortes wurde eingeteilt in das Nutzungs- und allgemeine Burgergut und die Stiftungsgüter. Zu ersteren gehörten die burgerlichen Forsten, die Domänen (der Rest der alten Stadtfelder), das Kasino, die Depositokasse, die burgerliche Zentralkasse, Gebäude der Stadtbibliothek, das naturhistorische Museum. Stiftungsgüter; das Burgerspital mit seinem Vermögen, die burgerlichen Waisenhäuser mit ihren Gütern, das allgemeine burgerliche Armengut, dazu kleine unselbständige Stiftungen. 12 Die 14 Gesellschaften (Zünfte, Zunftgesellschaften) der Stadt Bern. (aus: Die Burgergemeinde). Es sind Personalgemeinden öffentlichen Rechts und burgerlicher Herkunft Name Entstehung Ort Die Gesellschaft zum Distelzwang aus „zum Distelzwang“ und „zum Narren“ im 15. Jahrh. entstanden Gerechtigkeitsgase 79/ Junkerngasse 56. Die Gesellschaft zu Pfistern. Von „Pistor“ = Müller, Bäcker 1341 erstmals urkundlich erwähnt Kramgasse 9 Die Zunftgesellschaft zu Schmieden 14. Jahrhundert Zeughausgasse 5/ Marktgasse 10 Die Zunft zu Metzgern 1373 aufgeführt Kramgasse 45 1332 Marktgasse 45/ Amtshausgasse 28 1430/40 Marktgasse 11/ Amtshausgasse 6 Die Zunft zu Webern 1373 Gerechtigkeitsgasse 68 Die Gesellschaft zu Schuhmachern 1373 Marktgasse 13/ Amtshausgasse 8 Zunft zum Mohren (Gesellschaft zum Möhren). Aus Zunft der Schneider und Tuchscherer 1383 Kramgasse 12/ Rathausgasse 9 Ende 14. Jh. Kramgasse 29 Die Gesellschaft zu Zimmerleuten 1314 Kramgasse 2 Die Zunftgesellschaft zum Affen.Steinbrecher, Steinhauer, Steinmetzen u. Maurer (in der Fachsprache wurde ein unbehauener Block „Aff“ genannt) 1321 Kramgasse 5/ Münstergasse 4 Die Gesellschaft zu Schiffleuten. Fischer mit Schiffleuten 1425 Münstergasse 22 1883/85 Kramgasse 14 1477 Gerechtigkeitsgasse 47 Die Gesellschaft zu OberGerwern .Zunft der Gerber u. Lederhändler Die Zunft zu Mittellöwen Zuerst Krämergesellschaft Die Gesellschaft zu Kaufleuten Die Burgergesellschaft. Für Burger, die in keiner andern Gesellschaft sind. Die Reismusketen - Schützengesellschaft, aus Armbrust- und Büchsenschützen vereinigt. 13 Stammkapital 1924 auf allgemeinem Burgergut: und die Stiftungsgüter: Anzahl Burger 1923: Fr 15'162'528.— Fr 13'351'307.--. 9681. Burgergemeinde Bern Die Burgergemeinde Bern ist eine durch die Verfassung des Kantons Bern garantierte öffentlich-rechtliche Körperschaft und untersteht der kantonalen Gemeindegesetzgebung. Sie ist eine so genannte Personengemeinde, im Gegensatz zu den als Territorialgemeinden ausgestalteten Einwohnergemeinden. Die Burgergemeinde Bern setzt sich aus ca. 17 300 Angehörigen der 13 Gesellschaften und Zünfte und den Burgerinnen und Burgern ohne Zunftangehörigkeit zusammen. Zur Burgergemeinde Bern gehört man durch Abstammung, Adoption oder Eheschliessung. Neuen Bewerbern kann das Burgerrecht – auf ein entsprechendes Gesuch hin – von den Stimmberechtigten erteilt werden. Wie jeder Einwohner- oder gemischten Gemeinde steht der Burgergemeinde Bern das Recht auf Burgerrechtserteilungen zu. In der Regel ist eine Einkaufssumme zu entrichten. Das Burgerrecht kann auch schenkungsweise an Personen erteilt werden, die sich in besonderer Weise für Bern oder ganz allgemein für das öffentliche Wohl eingesetzt haben. Die Leistungen der Burgergemeinde für öffentlich gemeinnützige, wissenschaftliche und künstlerische Zwecke sind auch in den letzten Jahren sehr bemerkenswert. Es ist besonders für die Stadt Bern ein unverkennbarer Vorteil, dass neben der für die allgemeine Stadtverwaltung sorgen müssenden, überaus in Anspruch genommenen Einwohnergemeinde noch eine begüterte Burgergemeinde besteht, welche namentlich für intellektuelle und künstlerische Bedürfnisse der Stadt zur Verfügung stehen kann. Von weiterem grossen Vorteil für die heutige Stadt ist es, dass die vielen prächtigen Waldungen rings um die Stadt herum im festen Besitz der Burgerkorporation und damit vor Spekulation und Teilung bewahrt worden sind. Besitz der Burgergemeinde: Gerechtigkeitsgasse 40/Postgasse 31/33 + Nr.42; Wattenwylhaus Herrengasse 3; Kirchbergerhaus (Kramgasse/ Münstergasse); Gerechtigkeitsgasse 61-69/Junkerngasse 44-48; May-Haus (mit Erker Münstergasse); Gelände an der inneren Enge, Kocher-Villa an der Villette; Murifeld; Wankdorf; Gelände in Bümpliz; Gymnasium Neufeld, Tierspital, Lindenhofspital, Stadien im Neufeld und Wankdorf im Baurecht auf burgerlichem Boden. Kulturgüterzentrum. Ca. 3700 ha Wald (Forst, Spiegel-, Bremgarten-, Könizberg-, Gurten-, Kühlewil-, Enge-, Grauholz-, Sädelbachwald, Dählhölzli). – Burgerkanzlei: Bundesgasse 4. Zahlen und Fakten per 31.12.2000 Bestand Burgerschaft: Stimmberechtigte: Mitarbeitende: rund 17 300 rund 10 500 612 14 Domänenverwaltung: Forstbetrieb: DC-Bank: Kultur-Casino: Burgerbibliothek Bern: Naturhistorisches Museum: Burgerliches Jugendwohnheim: Burgerspital: Grundbesitz des Burgerspitals: Burgerheim: Grundbesitz 1029 ha, amtlicher Wert Fr. 453 Mio. Grundbesitz 3630 ha, amtlicher Wert Fr. 25 Mio. produktive Waldfläche 3500 ha einbezahltes Dotationskapital Fr. 10 Mio. jährlich rund 750 Veranstaltungen jährlich rund 1300 Besuche im Lesesaal jährlich rund 100 000 Besucher Neu- und Umbau 1998 rund 50 Plätze für Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre rund 60 Pensionäre und Pensionärinnen und 56 Patienten und Patientinnen 125 ha, amtlicher Wert Fr. 77 Mio. Wald 196 ha, amtlicher Wert Fr. 0,502 Mio. rund 160 Pensionäre und Pensionärinnen (davon 63% Burger) und 20 Patienten und Patientinnen 15 Als barocke Spielerei stellte der Kupferstecher F. L. Boizot in einer um 1690 entstandenen Karte der bernischen Republik das über 9000 km2 umfassende Gebiet des grössten Stadtstaates nördlich der Alpen als „Ursus Nujthonjcus“ dar, als Bär im Üechtland.10 10 vgl. Anhang 5 16 Wichtige Bauten in Bern Rathaus Das älteste Rathaus der Stadt befand sich zu unterst am Nydeggstalden. Es wird der Burger Hus und domus dicta die helle genannt. Von 1402 bis zum Brand von 1405 befand es sich in Privatbesitz. Standort: Vermutlich Mattenenge 2 Das zweite Rathaus wurde 1355 oben an der Mattentreppe, dem Münsterchor gegenüber, bezogen, 1414 verlassen, als Schulhaus bis 1468 verwendet, dann für den Münsterneubau abgebrochen. Bis ins späte 14. Jh. ist der Name des Rathauses oft Richthaus oder Gericht. Standort: Westlich des Hauses Münstergasse 1 Rathausplatz 2. An Stelle der drei Burgistein-Sässhäuser wird in den Jahren 1406-1415 unter H. von Gengenbach und H. Hetzel das von 1414 an benützte dritte Rathaus gebaut. In der Helvetik Gemeindehaus genannt, wird das Rathaus zu Beginn der Regenerationszeit teilweise umgebaut. In den Jahren 1865/68 erfolgt der neogotische Umbau unter Friedrich Salvisberg. Nach Plänen von M. Risch werden mit dem Umbau von 1940/42 Fassade und Halle im ursprünglichen Zustand wiederhergestellt. Das Berner Münster 11 Einleitung Das Berner Münster ist die grösste und wichtigste spätmittelalterliche Kirche der Schweiz. Als bauliche Dominante der 1983 in das UNESCOVerzeichnis der Weltkulturgüter aufgenommenen Berner Altstadt hat das Münster hohe städtebauliche Bedeutung. Der Bau erfüllt als Pfarrkirche, weiter als Aufführungsort geistlicher Musik und anderer Veranstaltungen sowie als gern besuchtes Reiseziel eine wichtige Funktion im heutigen städtischen Kulturleben. Münsterbau, Politik und Wirtschaft Die Geschichte des Berner Münsters spiegelt die politischen Entwicklungen und wirtschaftlichen Verhältnisse Berns. Die Stadt war 1191 gegründet 11 Christoph Schläppi, Das Berner Münster, 1993 17 worden und seit der Verleihung der Handfeste 1218 freie Reichsstadt. Im wechselhaften 14. Jahrhundert begann Bern sich zum Territorialstaat zu entwickeln. Mit der Eroberung des Aargaus 1415 und der Verleihung königlicher Privilegien durch Sigismund von Luxemburg-Böhmen. Im selben Jahr konnte die Stadt ihre Unabhängigkeit ausbauen und verfügte unmittelbar vor dem Münsterbau über ein ausgedehntes, im Osten von den eidgenössischen Bündnispartnern gesichertes Territorium. Kulturell und wirtschaftlich orientierte sich Bern damals hauptsächlich nach dem süddeutschen Raum. So stammten beispielsweise der erste Werkmeister Matthäus Ensinger und der Künstler des Passionsfensters, Meister Hans, aus Ulm. Bern machte schon früh in der Kirchenpolitik mit. Es nahm eine Rom-feindliche Haltung ein. Das frühe 15. Jahrhundert war für Bern somit eine Zeit der Konsolidierung und der politischen Neuorientierung. Die Stadt liess 1415-1431 von ihrem ersten amtlichen GeschichtsschreiDer Engel Michael (Hauptportal des Berner ber Konrad Justinger in der «Berner Chronik» ihre Vergangenheit darstellen. Münsters) Die Wiederherstellungsarbeiten nach dem vernichtenden Stadtbrand von 1405 hatten einen Aufschwung des Bauwesens zur Folge und brachten zahlreiche auch ausländische Bauleute in die Aarestadt. Mit dem Wiederaufbau regte sich wohl auch der Wunsch nach einem neuen, der Stadt würdigen Gotteshaus. Nicht die Kirche, sondern der Staat Bern war Bauherr und wichtigster Geldgeber des Münsters. So schlugen sich politische und wirtschaftliche Veränderungen jeweils direkt im Baugeschehen nieder: 1421 wurde der Grundstein gelegt. Nach einer ersten, schnell voranschreitenden Etappe kamen die Arbeiten im Pestjahr 1439 und während des alten Zürichkrieges in den 1440er Jahren fast zum Stillstand. Von der Möglichkeit, durch private Stiftungen Seitenkapellen zu erwerben, machten von Anbeginn verschiedene wohlhabende Familien Gebrauch. Besonders ab den 1440er Jahren mehrten sich solche Spenden, von denen zahlreiche Gewölbeschlusssteine und Glasmalereien zeugen. Nach der Jahrhundertmitte half zunehmend das gemeine Volk, den Bau voranzutreiben; das ab 1448 geführte St.-Vinzenzen-Schuldbuch gibt hierüber Auskunft. 18 1476, während der Burgunderkriege, liessen sich die Berner in Rom die Befugnis zur Ausstellung von Ablassbriefen erteilen (d.h. Bern konnte, wie der Papst,gegen Geld, von schwerer Sündenlast befreien). Die kirchengeschichtliche Sonderstellung Berns Die Stadt Bern lag ursprünglich im Lehensgebiet der wohl bereits im 10. Jahrhundert gegründeten Kirche Köniz. Dort hatte sich um 1150 ein Augustinerstift niedergelassen. Die erste Stadtkirche war ursprünglich eine Filialkapelle der Könizer Augustiner. Sie war - wie später das Münster - dem hl. Vinzenz geweiht. Kaiser Friedrich II. überschrieb Köniz 1226 den Deutschordensrittern, die somit auch die Kirchenrechte in der Stadt übernahmen. 1276 wurde die schnell wachsende Stadt als eigenständige Pfarrei von Köniz abgetrennt, was Anlass zum Bau einer neuen, grösseren Leutkirche gab. Unterdessen hatten bereits die Franziskaner und Dominikaner in Bern Klöster gegründet. Bis ins späte 15. Jahrhundert, also bis in die Bauzeit des Münsters, bedienten die Deutschordensritter die Berner Pfarrei. An der Westseite der Münsterplattform unterhielten sie ein eigenes Ordenshaus. 1484 kaufte ihnen der Staat die Kirchenrechte ab und gründete das Chorherrenstift St. Vinzenz, ein Kollegiatskapitel von 24 der Ratsaufsicht unterstellten Weltgeistlichen. Bern entzog sich dem Einfluss der Bistümer Lausanne und Konstanz, deren Grenze die Aare bildete, und sicherte sich die direkte Mitsprache in kirchlichen Geschäften. Die Reformation, beschlossen an der Berner Disputation von 1528, hatte für das Münster grosse Konsequenzen. Nicht nur wurden die Altäre und Heiligenbilder aus der Kirche entfernt und Nebenbauten abgetragen, auch verzögerte sich die Vollendung des Werks um mehrere Jahrzehnte. Topographie - Altstadt, Plattform und Münsterplatz Der Standort des Münsters auf halber Höhe zwischen dem unteren Stadteingang an der Nydegg und dem - wie heute angenommen wird - ersten Befestigungsgürtel auf Höhe des Zeitglockenturmes ist wohl bereits auf die Phase frühester Stadtplanungen im späten 12. Jahrhundert zurückzuführen. Der langgezogene Gassenmarkt der heutigen Kram- und Gerechtigkeitsgasse war als Hauptachse des Burgums, der zähringischen Gründungsstadt, ausgebildet. Die Kirche und somit auch das spätere Münster wurde nicht an den Markt, sondern an die bevorzugte Sonnseite am südlichen Aarehang gesetzt, wo sich zusammen mit dem Stiftsgebäude gewissermassen ein geistliches Zentrum herausbildete. Nach dem Stadtbrand von 1405 entstand am nördlichen Aarehang das neue Rathaus. Dem geistlichen Zentrum stand somit ein weltliches gegenüber. An der Kreuzung der die beiden Bauten verbindenden Kreuzgasse mit der Hauptgasse lag die Richtstätte. Schon kurz nach 1310 wurden Stützmauern und Aufschüttung der dem Münster südseitig vorgelagerten Plattform in Angriff genommen. Die gewaltige Terrasse, die erst im 16. Jahrhundert ihre heutige Dimension erreichte, diente bis 1531 als Friedhof, danach als Promenade. Der Münsterplatz wurde an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert als erste geschlossene Platzanlage der mittelalterlichen Stadt geschaffen. Während der kirchenseitige Teil auf ehemaliges Friedhofgelände zu liegen kam, muss19 ten für die westliche Platzhälfte etliche Privathäuser abgebrochen werden. Von der späteren Platzbebauung des 16. Jahrhunderts ist allein das Haus Münstergasse 30 erhalten. Sonst wird heute der Platz von barocken Prachtbauten geprägt, deren Hauptstück an der Südseite das neue Stiftsgebäude aus den Jahren 1745-1748 ist. Das Münster war nun zu grossen Teilen fertiggestellt und zudem vollständig eingedeckt, noch fehlten aber die Gewölbe im Mittelschiff und im oberen Turmviereck. Mehrmals wurde im 16. Jahrhundert im Berner Rat die Wiederaufnahme des Baus erwogen, doch erst 1571 war das Werk reif zur Vollendung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lebte die alte Idee, auf dem Turm das bislang nur acht Meter hohe Oktogon zu vollenden und diesem einen Helm aufzusetzen, erneut auf. Zu diesem Zweck wurde 1881 der Münsterbauverein gegründet. 1889-1893 wurde der Turm in Anlehnung an die Vorbilder Strassburg, Ulm und Freiburg im Breisgau zu Ende gebaut. Am Ostende des Langhauses steht auf dem Podest vor dem Triumphbogen der Abendmahlstisch. Die mächtige Platte aus poliertem schwarzem St.Triphon-Marmor wurde von den Bernern 1561 aus Lausanne herbeigeschafft, wo sie in der Kathedrale als Mensa (Altarplatte) des Hochaltars gedient hatte. Die Wiederverwendung der Platte war ein Machtgestus gegenüber dem 1536 bernisches Hoheitsgebiet gewordenen Waadtland und dem ehemaligen Bischof von Lausanne und somit ein nachdrückliches Bekenntnis zur Reformation. Würdigung Als Matthäus Ensinger 1420 nach Bern kam, brachte er einen auf Pergament gezeichneten Entwurf für den nördlichen Westturm des Strassburger Münsters mit. Die Bauten, unter deren Eindruck Ensinger das Berner Münster entwarf, sind denn auch primär auf der Achse Strassburg-Bern und im Umkreis seiner Familie, einer der wichtigen Baudynastien der Spätgotik, lokalisierbar. Keiner von Ensingers Nachfolgern in Bern griff so tief in das ursprüngliche Münsterprojekt ein, als dass dadurch die Klarheit des Baugedankens eine Einbusse erlitten hätte. Heintz war im späten 16. Jahrhundert einer der letzten Meister, die noch ein Gewölbe im Sinn der Gotik zu bauen vermochten. Heiliggeistkirche Bern 12 Wohl kurz vor 1228 lässt sich der gegen 1198 gestiftete Orden zum Heiligen Geist als erste Kongregation in Bern 250 m vor dem Westtor der Zähringerstadt, dem Zeitglocken, nieder. Durch den vierten und letzten Ringmauergürtel werden um 1345 Spital, Klösterlein und Kirche in den inneren Kreis der Stadt einbezogen. Mit dem südwestlich benachbarten Christoffeltor, der doppelten Ringmauer und dem Eingang der Spitalgasse bildet die Baugruppe 20 fortan den Eingang ins Stadtinnere; 1528 schliesst der Rat das 1327 vom Spital getrennte kleine Ordenshaus und überweist das Klostergut dem «Oberen Spital». Im Jahre 1715 schliesslich wird dieses mit dem «Grossen Spital» im ehemaligen Predigerkloster zusammengelegt und die Anstalt am Obertor aufgehoben; da aber das bereits seit 1692 erwogene Projekt eines grossangelegten Spitalbaus infolge von Standortkämpfen nicht vom Fleck kommt, entschliesst sich der Rat Juli 1725, den Neubau der 1721 zur Pfarrkirche der Oberen Gemeinde erhobenen Spitalkirche vorwegzunehmen. Am 6. November 1729 folgt die Einweihung. Nachdem im Herbst 1726 östlich neben der Kirche bereits die Fundamente zum neuen Spital gelegt worden waren, beschliesst der Rat 1732 auf Vorschlag des Architekten Joseph Abeille dessen Verlegung vor die Stadtmauer; 1734-1742 folgt der Neubau der später Burgerspital genannten grosszügig konzipierten Pflegeanstalt, während am ursprünglich vorgesehenen Spitalstandort 1736-1740 ein Konsortium fünf geräumige Etagenwohnhäuser erstellen lässt (heutige Nrn.3442, davon erhalten Nrn.36 und 38). Die Umgebung der Kirche wird in der Neuzeit völlig denaturiert. Durch die Schleifung der vierten Westbefestigung und der stadtwärts anschliessenden Häuserzeile (1823/1832), den Bau des Kopfbahnhofes (1858), den Abbruch des Christoffelturms (1865) und die Wegnahme des Davidbrunnens auf der Südseite der Kirche (1919) wird das Bauwerk seiner raumbildenden Nachbarn beraubt. Vollends isoliert wird die Kirche durch den Neubau des Bahnhofes und die ausschliesslich von verkehrstechnischen Überlegungen diktierte Neuanlage von Bollwerk und Bubenbergplatz (1957-1974). 12 Schweizer Kunstführer, Bern, die Heiliggeistkirche, 1982 21 Das Bundeshaus in Bern 13 Zuerst wurden die Terrassen erstellt, was sich als sehr schwierig erwies, weil der Hang feucht war. Am 21. September 1852 fand die Grundsteinlegung für das Gebäude statt. Danach gingen die Bauarbeiten zügig voran. Am 5. Juni 1857 erfolgte die offizielle Übernahme des Bundes-Rathauses durch den 1 Holzwerkhof, später Bundesrat haus, heute Bundeshaus West 2 Judentor und Stadtgraben, Parlamentsgebäude u. Bundesplatz 3 Jüdischer Friedhof, 1322 Insel kloster, 1528 Spital, heute Bun deshaus Ost 4 Zytgloggeturm 5 Dominikanerkloster, heute Französische Kirche 5 4 2 3 1 14 Bundesrat. Im Einweihungsprotokoll bestätigte der Bundesrat: «[ ... ] nach Besichtigung des ganzen Gebäudes, dass es allen im Programm für den Bundes-Rathausbau vom 14. Februar 1850 enthaltenen Vorschriften und Erfordernissen entspreche und die Gemeinde ihre daherigen Leistungen zur Zufriedenheit erfüllt habe.» Das Äussere des Bundes-Rathauses 14 Das Bundes-Rathaus ist ein U-förmiger Zweiflügelbau, der einen Ehrenhof umschliesst. Das Gebäude ist im Mittelrisalit vierstöckig, in den zwei Seitenflügeln dreistöckig. Im Mittelbau waren die Büros des Bundesrates und der Bundesverwaltung untergebracht, die damals erst aus total 81 Beamten 13 14 Das Bundeshaus in Bern, S.23. Alte Karte der Altstadt, in der das Parlamentsgebäude einge zeichnet ist. Nr. 3 ist der Judenfriedhof. vgl..Emil Dreifuss, Juden in Bern, S 10, linke Spalte. Monica Bilfinger, Das Bundeshaus in Bern, Schweizerischer Kunstführer GSK, Bern 2002 22 bestand. Im Ostflügel lag der Ständeratssaal, im Westflügel der Nationalratssaal. Das Bundes-Rathaus ist im Stil der Neurenaissance gestaltet: ein Quadersockel aus Sandstein ziert den Bau bis auf die Höhe der Fenstergesimse des ersten Stockwerkes. In den oberen Geschossen ist die Fassade verputzt. Türen und Fenster sind als Rundbogenöffnungen gestaltet. Jene Neurenaissance-Formen beziehen sich ihrerseits auf die RenaissanceArchitektur des 15. und 16. Jahrhunderts in der Stadtrepublik Florenz. Republikanische Gestaltungsformen waren der Stadt Bern als Auftraggeberin für die repräsentative Architektur der jungen Schweizer Republik willkommen. Der Berna-Brunnen Auf der Mittelachse des Ehrenhofes, der vom Bundes-Rathaus eingefasst wird, steht der Berna-Brunnen. Wie es der Tradition der Berner Altstadtbrunnen entspricht, ist auch er ein Figurenbrunnen. Datiert 1858, wurde er vom Architekten des Bundes-Rathauses Friedrich Studer gestaltet: In der Mitte des quadratischen, mit vier halbkreisförmigen Ausbuchtungen versehenen Brunnenbeckens steht eine Brunnensäule. Vier Schwäne im Brunnenbecken verkörpern die vier Flüsse Rhein, Reuss, Rhône und Tessin. Vier gusseiserne Frauenfiguren, Allegorien der vier Jahreszeiten, stehen zu Füssen der Brunnensäule, auf der eine Frauenfigur thront. Diese stellt – wider Erwarten - nicht Helvetia, sondern die Stadt-Schutzgöttin Berna dar. Bekrönt mit einem Lorbeerkranz, hält sie eine Lanze in der Rechten und einen Schild mit dem Bernerwappen in der Linken. Berna, als Verkörperung der Stadt Bern, soll die Eidgenössischen Räte daran erinnern, wer ihr Rathaus finanziert hat. 1902 wurde das Bundes-Rathaus zum Westflügel des Bundespalastes umgestaltet und nach Osten hin mit dem neuen Parlamentsgebäude verbunden. Die Idee des Nationaldenkmals Auers Absicht war es, das Parlamentsgebäude nicht nur als architektonischen Höhepunkt zwischen den beiden Verwaltungsbauten zu gestalten, sondern sinnbildlich die ganze Schweiz an diesem Ort entstehen zu lassen. Das Unternehmen war ambitiös angelegt: Es sollten nach Möglichkeit nur Schweizer Baumaterialien verwendet werden, vorwiegend Schweizer Unternehmen und Handwerker am Bau beteiligt sein und überdies die Schweiz auch künstlerisch dargestellt werden, sowohl in ihrer Vergangenheit wie auch in ihrer aktuellen Form. Auer vermerkte 1885 zu dem von ihm geplanten «Nationaldenkmal»: «Es gilt ein Werk zu schaffen, das dem Lande zu unvergänglichem Ruhme dient, ein Symbol schweizerischer Einheit und Einigkeit, die höchste Bestätigung des nationalen Kunstsinns.» Würdigung Das Bundeshaus prägt mit seiner langen Südfassade und der überragenden Kuppel das Stadtbild Berns. Es entstand in einer Zeit, die immer noch uneinheitlich als «Fin de siècle», «Historismus» oder «Gründerzeit» bezeichnet wird. Für die Eidgenossenschaft war es eine Zeit voller 23 Selbstbehauptungswille und grösster Bautätigkeit. Das Bundeshaus bleibt bis heute ein herausragender Bau, indem es in einmaliger Weise eine Vision der Schweiz aufzuzeigen versucht: Nie zuvor und seither nie mehr ist an einem Bau eine so klare lkonographie der Schweiz entstanden, eine sinnbildliche Darstellung, die vergleichbar der Bildinhalte in einer christlichen Kirche, die Geschichte, Herkunft, und damit die Identität der Schweiz umfassend darstellt. Diese Vision, wie sie am und im Bundeshaus auftaucht, bot um 1900 eine mögliche Antwort auf die Frage: Was ist die Schweiz? Eine Frage, welche die Schweiz immer wieder beschäftigen wird. 24 Einige hervorragende Persönlichkeiten Rudolf von Erlach I 15 Wird „Der treueste Helfer und tapferste Löwe in der Schlacht von Laupen genannt. Er wurde um 1285 geboren. Zunächst war er nidauischer Kastlan in Erlach. In dieser Funktion konnte er wertvolle Kriegserfahrungen im Ausland machen. Er war von Haus aus mässig begütert, verstand es aber, sein Eigentum zu mehren. Er erwarb sich in Reichenbach bei Bern eine Herrschaft. Vom Vater her besass er in Bern ein Burgrecht. Nachdem er sich vom Grafen von Nidau abgewendet hatte, nahm er Wohnrecht in der Stadt Bern, wo er mit Freuden aufgenommen wurde, weil er als gefürchteter Krieger galt, der sechs Feldschlachten bestanden habe. Wahrscheinlich wurde ihm der Oberbefehl über die bernische Armee vor Laupen mit einem Soldvertrag übergeben. Er liess sich unumschränkte Gewalt über die bernischen Truppen geben. Dem gegenüber hielt Johann von Bubenberg, der seit 1319 Schultheiss war, den Überblick über Berns Geschicke. Am 21. Juni 1339 fand die Schlacht bei Laupen gegen die Ritter des Mittellandes, Freiburgs, der Waadt und Oesterreichs statt. Am 14. April 1340 fügte ein bernisches Heer unter Führung von Erlachs Freiburg eine schwere Niederlage zu. Es ging damals folgender Spruch um: „Gott ist Burger in Bern geworden; wer mag wider Gott streiten?“ Am 9. August 1340 wurde ein fünfjähriger Friede zwischen Bern, Freiburg und dem welschen Adel, sowie mit Oesterreich und dessem adligen Anhang geschlossen. Adrian von Bubenberg (evtl. 1433/35 - 1479) 16 Der Name Bubenberg ist erstmals 1255 urkundlich belegt. Die Familie verfügte über viel Besitz. Das Bubenberghaus überragte vermutlich die andern Häuser von Bern durch seinen adligen Glanz und seine Grösse (auf dem Grundstück an der Junkerngasse, heute Erlacherhof). Ihr Geist war „gebieterisch, hochgemut und kühn“. Die Märtyrer-Symbole sind die Marterwerkzeuge Ritterschwert und Amboss. Diese sind für Adrian charakteristisch: Schwert = ritterliche Lebensauffassung. Amboss = ausgeprägte Kraft, Feindseligkeiten und Widerwärtigkeiten mit Geduld und Glaubenszuversicht zu tragen. Ausbildung zum Ritter (Spiez und Junkerngasse), Herrschaftsherrn und Staatsmann. 1451 Wahl in den Grossen Rat. Mit 14 hatte ein Jüngling politische Mündigkeit erreicht. Heirat mit Jocabea, Tochter des Grafen von Neuenburg-Valangin. Wittwer bald nach der Geburt einer Tochter 1455. 1455 Beteiligung an einem burgundischen Kreuzzug gegen Türken auf eigene Kosten. Durch das Fallenlassen des Kreuzzuges infolge Zwist zwischen Frankreich und Burgund, erlitt Bubenberg grosse finanzielle 15 16 Feller a.a.O Wälchli, Karl F. Adrian von Bubenberg. Bern 1979. Rudolf von Tavel, „Ring i der Chötti“ 25 Verluste. Er war der viertreichste Berner. 1457: Neue Vermählung mit Jeanne von La Sarraz, Tochter des Freiherrn von Sarraz. Bis 1461 Landvogt zu Lenzburg. 1464: Sitz im Kleinen Rat. Besitz: u.a. Freiherrschaft Spiez, Faulensee, Hondrich, Wiler, Gesigen, Einigen, Lehensgüter im Diemtigtal und unteren Simmental. Mannenberg - Reichenstein, Raum Lenk, Schadau Thun, Kirche Scherzligen, Wartenfels bei Olten. Häuser in Wohlei, Schliern, Strättligen, Thierachern, Reutigen, Zwieselberg. Güter wurden infolge herrschaftlichem Lebenswandel mit Schulden beladen, verpfändet, verkauft. Familie nahm zwar nicht ökonomisch dafür aber punkto adligem Standesrang die erste Stelle in Bern ein. 1466 Pilgerreise ans Heilige Grab, wo Bubenberg zum Ritter vom Heiligen Grab geschlagen wurde. 1468-77 Schultheiss von Bern. Er wird von Zeitgenossen als „räss“, d.h. scharf und angriffig beschrieben, war beherzt, klopfte notfalls auf den Tisch, kein Leisetreter. Er hatte die Gabe, in Konflikten schiedsgerichtlich zu vermitteln. 1476: Namhafte Rolle während den Kriegen gegen Karl den Kühnen von Burgund. War gegen den Krieg, strebte Vergleiche an. Diese Haltung brachte ihm viele Feinde und einen Ausschlussantrag aus dem Kleinen Rat ein, der jedoch nach seiner ruhmreichen Verteidigung von Murten fallengelassen wurde. Erreichte nach Kriegsende eine Versöhnung Berns mit Burgund. 26.01.1478 Friede mit Burgund. 1479 Tod (evtl. 3.8.) Grab war vermutlich im Chor des Berner Münsters. Bau der Bubenbergkappelle im Berner Münster. Niklaus Manuel 17 Herkunft Nach alter, aber urkundlich nicht verbürgter Familientradition ist Niklaus Manuel in Bern geboren, im gleichen Jahr 1484 wie Zwingli. Er ist der illegitime (?) Sohn des Tuchhändlers und Stadtläufers Emanuel Alleman und der illegitimen Tochter des bernischen Stadtschreibers und Historiographen Thüring Fricker. Die in Bern seit 1460 im Apotheker- und Tuchgewerbe tätige und also kleinbürgerliche Familie Alleman stammt von einer wappenführenden Familie Alamano aus Chieri bei Turin. Später nahm er den Namen „Manuel“ an, den Vornamen seines Vaters. „“Deutsch“ kommt von Alleman. Erziehung und Ausbildung Ev. hat er beim berühmten Heinrich Lupulus die Lateinschule besucht. Ver17 Hans Rudolf Lavater, In: Niklaus Manuel Deutsch, 1980 Rudolf von Tavel, Gueti Gspane. 26 mutlich hat er die Malerei gelernt bei Löwensprung in Bern, Schongauer in Colmar, Holbein in Basel, Fries in Freiburg oder in Bern. Seine Vorbilder vermutlich: Dürer, Altorfer, Cranach, Grünewald, Grien. Er gehörte wohl dem oberrheinischen Humanisten- und Künstlerkreis an. Der „Aufsteiger“ (1506-1522) Er war gewillt, sich in Amt und Ehren hinaufzuheben. Sein Name tritt in der Zunft zu Obergerwern nach 1506 auf, wo auch Berchtold Haller erscheint. 1509 heiratete er eine der hübschesten Bernerinnen, Katharina, die Tochter des angesehenen Ratsherrn und Landvogts von Erlach Hans Frisching des Älteren. Vier Kinder. 1510: Einsitz in den Grossen Rat, dem er bis zu seinem Tod angehören wird (1 Jahr Suspension 1516/17 wegen Teilnahme an einem verbotenen Söldnerzug). 1514 kauft er ein Haus an der Gerechtigkeitsgasse. Er verdient seine Existenz mit kleineren und grösseren Malereien, inkl. der populäre Totentanz. War dieses Werk ein reformatorisches? Der Reisläufer 1516 zog Niklaus Manuel mit dem Fähnlein Albrecht vom Steins als dessen Schreiber nach Oberitalien. Vermutlich wollte er Geld verdienen und ein Abenteuer erleben. Dazu ein weiteres Motiv: der „Ausländer“ wollte sozial aufsteigen. 1522 zieht er erneut in franz. Sold nach Oberitalien. Die Wende 1522 Lied „Der Traum“: „Elender Volk ich nirgends sah/ es mocht ein Stein erbarmen“. – Wer trägt die Schuld an dem Elend? Der Papst, mit samt allen von ihm Verführten; der Eigennutz ist es, die über Leichen gehende Hoffart. Im Zustand der Niedergeschlagenheit und des quälenden Fragens geschieht das Entscheidende: „Vom Evangelion kam mit Macht / ein Schein der ganzen Erden / und als wär’s zuvor gewesen Nacht / und wollte Tag nun werden“. In der Tat: „Manuel hat eine Bekehrung erlebt. In seiner Not ist ihm der Erlöser begegnet. Er hat die befreiende Gnade und den beruhigenden Vorgeschmack ewiger Herrlichkeit erfahren dürfen. Er hat zugleich den Übertritt zum neuen Glauben vollzogen“ (J.-P. Tardent). Der Erkenntnis des Himmels folgt der konkrete Appell, Gottes Ehre zu mehren: „Hilf, Herr, uns, dass wir nicht allein / im Traum den Himmel sehen / sondern dass wir all insgemein / ewig dein Lob erhöhen“. Dies geschieht nicht dadurch, dass die Welt in den Himmel verwandelt wird, sondern dadurch, dass man auf dieser Welt den Himmel zur Geltung bringt. Die beiden Fasnachtsspiele von 1523 „Vom Papst und seiner Priesterschaft“ und „Von Papsts und Christi Gegensatz“ sind das Resultat seines reformatorischen Wirkens. Ende Juli 1523 wurde Manuel Landvogt von Erlach. Hier erweist sich Manuel als ein umsichtiger Verwalter der Staatsinteressen, aber auch, wie seine Briefe zeigen, als besorgter Anwalt der Bedrängten. 1528 kommt Niklaus Manuel in den kleinen Rat, der nun erstmals eine evangelische Mehrheit aufweist. Er wirkte aktiv an der Disputation mit. 27 Zentralverwaltung und diplomatischer Dienst. 1528 erster Ratsvertreter im neu geschaffenen Chorgericht; Oberaufsicht über die Weinsteuern; Venner der Gerbernzunft; Mitglied des Geheimen Rates (vor allem Aussenpolitik); Amt im Armenwesen; Bannerhauptmann im Aufstand gegen die Gotteshausleute in Interlaken. Diplomatie: Förderung der Reformation in Glarus, Solothurn, Schaffhausen, Strassburg, Rottweil; Festigung des evang. Bündnissystems; gesamte eidgenössische Friedenspolitik nach Westen. Manuels Tod (1530, als „uomo universale“) „Ein Laie du, doch nimmst du dich der Seelen, Der Wahrheit und des Glaubens an: Bekämpfst den Lügengeist, den Aftersinn, den Wahn, Und weißt dem Rath, dem Volk das Bessre zu empfehlen! Nach Schwert und Zepter greift, nach Ahnen und Juwelen Der Mann des Staates sonst; du weisest ihm die Bahn Der wahren Grösse noch auf einem andern Plan, Und lehrst ihn andre Ahnen zählen. Du führst ihn ein in’s Heiligthum Und lehrest ihn für Gott und Evangelium Und Seelenwohl des Geistes Waffen nützen. Du lehrst den Glauben ihn, den reinen, schützen, die Macht der Finsternis, der Schande niederblitzen, und leben, wenn er stirbt, in Dankbarkeit und Ruhm. (Johann Rudolf Wyss, 1829) 28 Mani Matter 18 Er wurde am 4. August 1936 in Bern geboren. Seine Chansons verbanden seinen grenzenlosen Witz mit durchaus politisch und sozial anmutenden Forderungen. Sie werden heute noch oft gesungen resp. von Schweizer Bands gecovert. Hans Peter Matter wuchs in Bern auf, wo er die Schule besuchte und später an der Universität Rechtswissenschaft studierte. Im Alter von siebzehn Jahren begann er erste berndeutsche Chansons zu schreiben und zur Gitarre zu singen. Er trat damit am Radio und in zahlreichen Kleintheatern der Schweiz auf. Hauptberuflich war er Rechtskonsulent des Gemeinderates der Stadt Bern; er gab diesen Beruf auch nicht auf, als er von der Musik alleine wohl hätte leben können. Möglicherweise in einem Anfall von Gedankenlosigkeit, laut seinen Freunden Fritz Widmer und Franz Hohler vielleicht sogar von Depression, ist Mani Matter am 24. November 1972 auf der Heimfahrt von einem Konzert in Rapperswil im Schneetreiben mit einem Lastwagen kollidiert und sofort gestorben. warum syt dir so truurig? warum syt dir so truurig? wohl, me gseht nech's doch a söttet emal öiji gsichter gseh, wenn der sitzet im büro söttet emal öiji gsichter gseh, wenn der fahret im tram warum syt dir so truurig? s'geit doch so wi der's weit frou u chind sy doch zwäg, im pruef geit's geng e chly vorwärts s'längt doch ou hie und da scho für nes chlys drübery 18 warum syt dir so truurig? förchtet der das, wo chönnt cho? aber dir syt doch versicheret gäge die mügleche zuefäll und wenn ds alter de chunnt heit der e rächti pension warum syt dir so truurig? nei, dir wüsset ke grund vilicht, wenn der e grund hättet wäret der weniger truurig mänge, wenn ds läben ihm wehtuet bsinnt sech derdür wider dra http://www.raffiniert.ch/smatter.html 29 Erwägungen Der Bär, das Wappenzeichen von Bern Allgemein: Der Bär sieht gemütlich aus (vgl. die Spielzeugbären für Kinder). Wir nennen ihn liebevoll "Bäremani". Er ist aber gefährlich, wenn man ihm zu nahe kommt (vgl. Unfälle beim Bärengraben). Der Bär frisst vielerlei. Er ist ein sog. Raubtier, aber auch pflanzliche Nahrung verschmäht er nicht. Der Bär hat eine Höhle, in der er seinen Raub in Sicherheit bringt. Die Altstadt von Bern ist durch die "Lauben" gekennzeichnet. Das sieht gemütlich aus, kann aber auch an ein System von Bärenhöhlen erinnern, in denen die Schätze der Reichen verwahrt werden. Wenn wir Dan. 7 studieren, können wir folgende Beobachtungen machen:H In einem Traum hatte Daniel eine Vision. „Ich, Daniel, sah, wie aus allen vier Himmelsrichtungen ein starker Wind kam und das Meer aufwühlte. Vier große Tiere stiegen aus dem Wasser empor; sie waren alle verschieden. Das erste sah aus wie ein Löwe, es hatte jedoch Adlerflügel. Während ich es betrachtete, wurden ihm plötzlich die Flügel abgerissen, es wurde aufgerichtet und wie ein Mensch auf zwei Füße gestellt. Dann bekam es das Herz eines Menschen. Das zweite Tier sah aus wie ein Bär und hatte sich mit einer Seite aufgerichtet. Zwischen den Zähnen hielt es drei Rippenknochen fest. Man rief ihm zu: «Los, steh auf und friss Fleisch, soviel du kannst!» Dann sah ich das nächste Tier erscheinen. Es glich einem Panther, hatte aber vier Vogelflügel auf dem Rücken und vier Köpfe. Ihm wurde große Macht gegeben. Zuletzt sah ich in der Vision ein viertes Tier. Sein Anblick war grauenerregend, und es strotzte vor Kraft. Was es mit seinen gewaltigen Zähnen aus Eisen nicht zermalmte, das zertrat es mit den Füßen. Von den anderen Tieren unterschied es sich völlig. Es hatte zehn Hörner. Als ich die Hörner genau betrachtete, sah ich ein weiteres, kleines Horn zwischen ihnen hervorwachsen. Drei Hörner wurden herausgerissen, um ihm Platz zu machen. Ich bemerkte, dass dieses Horn Menschenaugen besaß und ein Maul, das große Reden schwang. Während ich noch schaute, wurden Thronsessel aufgestellt. Ein hochbetagter Mann setzte sich auf einen von ihnen. Sein Gewand war weiß wie Schnee und sein Haar so hell wie reine Wolle. Sein Thron stand auf Rädern aus Feuer und war von Flammen umgeben, ja, ein ganzer Feuerstrom ging von ihm aus! Unzählige Engel standen vor ihm und dienten ihm. Nun trat ein Gericht zusammen, und Bücher wurden geöffnet. Ich schaute wieder auf das Horn, das so selbstgefällig daherredete. Plötzlich wurde das Tier, zu dem es gehörte, getötet und ins lodernde Feuer geworfen. Die anderen drei Tiere hatten ihre Macht schon eingebüßt, sie durften aber weiterleben bis zu der Zeit, die Gott bestimmen würde. Doch ich sah noch mehr in meiner Vision: Mit den Wolken am Himmel kam einer, der aussah wie ein Mensch. Man führte ihn zu dem alten Mann, der ihm Macht, Ehre und königliche Würde verlieh. Die Menschen aller Länder, Völker und Sprachen dienten ihm. Für immer und 30 ewig wird er herrschen, sein Reich wird niemals zerstört! Was ich in der Vision gesehen hatte, erschreckte und beunruhigte mich. Deshalb ging ich zu einem der Engel, die in der Nähe standen, und bat ihn: «Sag mir, was dies alles zu bedeuten hat.» Er erklärte: «Die vier Tiere sind vier Königreiche, die große Macht erlangen werden. Aber schließlich wird das heilige Volk Gottes, des Allerhöchsten, die Herrschaft empfangen und sie für alle Zeiten behalten.» “ 19 Uns interessiert hier das Tier, das wie ein Bär aussieht. Es steht für ein Königreich zur Zeit Daniels. Wenn wir an den Berner Bären denken, so ergeben sich gewisse ähnliche Züge: * Er steht für einen Staat, der grosse Macht ausgeübt hat. Das können wir der Geschichte entnehmen. * Die Macht der Tiere im Danielbuch ist begrenzt. Das gilt auch für den Berner Bären. * Der "Menschensohn" auf den Wolken des Himmels weist auf Christus hin, der kommt, um Gottes Herrschaft auf zu richten. Ihn verehren, bedeutet, dass wir das Bären-Tier als besiegt erachten, d.h. es muss uns nicht mehr beeindrucken und beeinflussen. Gottes Reich, wie es uns in Jesus offenbart wurde, der durch Leiden in die Herrlichkeit eingegangen ist, erweist sich als stärker als die Macht dieses Tieres. In einem aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammenden frommen Lied des Volksliederdichters Bendicht Gletting19a «zu lob und ehren dem edlen Bären von Bern» ist der Mutz sogar kirchenfähig: «O küner Bär, Du edels bluott, halt Christo sine Schaff inn huott, sy sind dir ubergeben.» 19 19a Daniel 7,2-18 Quelle: Friedrich Aug. Volmar, Das Bärenbuch, Verlag Paul Haupt, Bern, 1940. S.234 31 Die Religion in Bern 20 In diesem Zusammenhang ist der Bericht über die Stellung der Druiden bei den Kelten interessant. So haben wir der „Geschichte der Schweiz“ entnommen: „Die Schicht der Druiden verkörpert den zweiten Stand der keltischen Gesellschaft und repräsentiert die priesterliche Funktion. Sie regelten das religiöse Leben, standen den Opferhandlungen vor und übernahmen die Erziehung und Ausbildung der Jugend. Die Ausbildung zukünftiger Druiden, die aus dem Adel stammten, dauerte Jahre und bestand vornehmlich in einer Einführung in die Texte und geheiligten Überlieferungen. Sie verfügten nicht nur über moralisches Ansehen, sondern zudem über richterliche und politische Autorität, indem sie als Schiedsrichter bei Streitigkeiten zwischen Einzelpersonen und sogar zwischen Stämmen amtierten.“ Wenn wir diese Aussagen mit den Verhältnissen in der heutigen Kirche vergleichen, finden wir erstaunliche Übereinstimmungen: die Pfarrerschaft bzw. die geistlichen Leiter haben heute die Neigung, die Priesterschaft zu verkörpern . Sie regeln das religiöse Leben, stehen den Gottesdiensten vor und übernehmen die Erziehung und Ausbildung der Jugend. Sie stammen „aus den führenden Geschlechtern“, d.h. sie müssen eine gewisse Bildung nachweisen (in der Landeskirche eine akademische). Sie verfügen nicht nur über moralisches Ansehen, sondern sie amten als Schiedsrichter bei Streitigkeiten (war bis vor kurzem für Pfarrer in ländlichen Kirchgemeinden eine Erwartung). Vier prägende Grundwerte in der Schweizer Geschichte beschreibt Martin Krüsi21, nämlich zwei keltische: Föderalismus und mystische Offenheit, und zwei alemannische: Ordnung und Arbeit: Die alemannische Kultur war dominierend. Darum haben auch Ordnung und Arbeit über die keltischen Aspekte dominiert. Das Föderalistische zeigte sich in den Volksversammlungen der Helvetier und hat sich später mit der Gründung der Eidgenossenschaft 1291 in der Politik offen durchsetzen können, später während der Reformation auch in der Kirche. Das keltische Erbe der Offenheit für das Mystische war bis vor kurzem hauptsächlich im Untergrund wirksam, z.B. als Okkultismus und Magie. Die positive Auswirkung der mystischen Offenheit finden wir bei den irischen Mönchen und den Kirchen, die sie vom 7. Jahrhundert an bei uns gründeten, später bei den Wiedertäufern und heute bei gewissen Freikirchen. Wir gehen davon aus, dass das Berner Münster im religiösen Leben der Stadt eine besondere Stellung einnimmt. Darin kommt das eigenartige Verhältnis der Berner Regierung zu Religion und Kirche zum Ausdruck. Die Regierung hat von Anfang an die Kirche als Mittel für ihre Macht betrachtet und dementsprechend gehandelt. Das zeigt auch der Umgang der Regierung mit den Juden, den Täufern und den Pietisten. Darum haben wir der Geschichte des Münsters recht viel Raum gegeben. 22 20 21 vgl. S.5 Christliches Zeugnis, 1/2003, S.4-7 32 Die Bern-Burger 23 Wie der Geschichte zu entnehmen ist, gehen die heutigen Burger auf die führenden Geschlechter im alten Bern zurück. Prominente Mitglieder tragen noch die alten Namen. Allerdings treten sie in der Öffentlichkeit im Allgemeinen wenig in Erscheinung. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie z.B. die Familie von Graffenried, die den Anschluss an die moderne Zeit anscheinend geschafft hat. Das zeigt die folgende Aufstellung: Rechtsanwälte und Notare von Graffenried-Gurtner-Liechti: Notariat, Rechts- und Unternehmungsberatung, Familiensekretariat (Family Office), Stiftungen, Mergers and Acquisitions, Führung und Beratung von Unternehmungen, Mediation • Von Graffenried AG Treuhand: Wirtschaftsprüfung, Personalvorsorge, Unternehmensberatung, Steuerberatung, Finanzplanung. • Von Graffenried AG Liegenschaften: Geschäfts- und WohnhäuserVerwaltung, Planung- und Architektur, Beratung und Vermittlung. Privatbank von Graffenried AG Verlag Berner Zeitung AG, Herausgeberin Espace Media Groupe, Verleger Charles von Graffenried, Bern. 24 Durch die grossen Vermögen, die die Burgergemeinde verwaltet und die Beziehungen, die die Burger pflegen, haben sie auch heute einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Gestaltung der Stadt. Bern als Verwaltungsstadt 25 Ein Kennzeichen von Bern ist, dass sie drei verschiedene Verwaltungen beherbergt: die städtische, die kantonale und die eidgenössische. Wer die Stadtplan darauf hin betrachtet, bekommt einen Eindruck von der Macht, die sich hier ballt. Deshalb ist das Rathaus einerseits, das Bundeshaus andererseits von grösster Bedeutung. Hier wird über das Geschick unserer Stadt, unseres Kantons und unseres Landes entschieden. Dazu kommen die über 70 Botschaften aus aller Welt, die die Interessen ihrer Regierungen und Völker vertreten. Wir wissen, dass immer mehr Botschaften mit schwer bewaffneter Polizei und Armee-Truppen bewacht werden müssen. Für uns Beter/innen bringt das eine besondere Herausforderung. 22 vgl. S.17 vgl.. S.17 24 http://www.graffenried.ch/ 25 vgl. S.17 + 22 23 33 Verschiedenes Es gibt viele Bereiche, die wir in diesem geschichtlichen Abriss nicht erwähnt haben, die aber auf unsern Karten und auf den Blättern „Geistliche Nöte“ und „Geistliche Lage“ vorkommen: Freimaurer Spitäler Heime Sportplätze Okkultes Entwicklung der Wohnquartiere Industrie Kultur Schulen Kirchen Gemeinden Religiöse Zentren Jugendszene politische Szene Es ist zu beachten, dass vor rund 20 Jahren die Berner Fasnacht neu aufgezogen wurde. Sie erfüllt jeweils 45 Tage vor Ostern für drei Tage die Berner Altstadt mit ihrem bunten und lärmigen Treiben. Bern und die Juden In der Schrift von Emil Dreifuss, Juden in Bern, 198326, ist das wechselvolle Geschick der Juden kurz und eindrücklich dargestellt. Darum haben wir uns mit einigen Hinweisen auf gewisse Ereignisse, die die Juden betrafen, begnügt. Dazu haben wir die Zeittafel aus der Schrift von Emil Dreifuss abgedruckt. 27 Uns liegt daran, dass die Beter/innen an unser Verhältnis zu den Juden immer neu erinnert werden. Wir alle müssen darüber wachen, dass wir nicht der allgemeinen Stimmung in der Bevölkerung Raum geben, wonach wir von den Juden auf Distanz gehen und antisemitischen Neigungen offen oder verdrängt nachgeben müssten. Auch die Berner Geschichte gibt deutliche Zeichen für antisemitisches Verhalten. 28 Dadurch sind wir gewarnt. Vielmehr sind wir aufgerufen, für die Synagoge, die Gemeinde, die sich hier trifft und überhaupt für die Juden in der Stadt zu beten. 26 27 28 s. Literatur s. S.40 z.B. die Darstellung des alten Bern mit dem Umriss des Bundeshauses, dessen Ostflügel auf dem ehemaligen Judenfriedhof steht, S.22. 34 Literatur • Auf dein Wort, Beiträge zur Geschichte und Theologie der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Bern im 19. Jh, 1982 • «Burgergemeinde Bern, Die – Gegenwart und Geschichte», Verlag Stämpfli & Cie AG, Bern, 1993 • Bericht des Kleinen Burgerrates über die Verwaltung der Burgergemeinde Bern im Jahre 2000 • Berner Burger-Brevier, 1999 • Bilfinger, Monica , Das Bundeshaus in Bern, Schweizerischer Kunstführer GSK, Bern 2002 • Dawson, John : Versöhnung, Schleife Verlag, 1998 • Dreifuss, Emil , Juden in Bern, Verlag Verbandsdruckerei-Betadruck Bern, 1983 • Feller, Richard , Geschichte Berns, 1974 (4 Bde) • Geschichte der Schweiz und der Schweizer. Helbling und Lichtenhahn Basel u. Frankfurt a.M. 1986 • Hofer, Paul und Bernhard Furrer, Bern, die Heiliggeistkirche, Schweizerische Kunstführer, GSK Bern 1982 • Hostettler, Urs , Der Rebell vom Eggiwil. Aufstand der Emmentaler 1653. Zytglogge Verlag Bern, 1991 • Klammt, Jürgen u. Ben-Rainer Krause, Die Tore sind offen, TrumpetVerlag 2001 • Lavater, Hans Rudolf , Niklaus Manuel Deutsch, in: Themen und Tendenzen, 450 Jahre Berner Reformation, Historischer Verein des Kantons Bern, 1980, S. 299ff. • Leibundgut, Annalis , Die römischen Bronzen der Schweiz, Band III: Westschweiz, Bern und Wallis. Mainz 1980,16f., 37f., 46f., 48, 66-70, 93,19 • Mills, Brian : Strategisch beten lernen 1994/96 • Schläppi, Christoph , Das Berner Münster, 1993 • Stadler, P. , «Die Hauptstadtfrage in der Schweiz 1798-1848», in SZG 21, 1971, 526-582 NZZ, 27.11.1998 • von Tavel, Rudolf , „Ring i der Chötti“, A. Francke AG Bern, 1939 • von Tavel, Rudolf , Gueti Gspane, A. Francke AG Bern, 1962 • Wälchli, Karl F. Adrian von Bubenberg. Bern 1979 • von Wattenwyl, H. Kurt , Die Entwicklung der Burgergemeinde der Stadt Bern seit 1798, Diss. 1926 35 Anhänge Anhang 1 Fragen für den Wächterdienst Auf Grund von verschiedenen Anregungen haben wir folgenden Fragenkatalog zusammen gestellt. 29 1. Wie und unter welchen Umständen wurde Ihr Gebiet (Klein-, Grossstadt, Quartier, etc.) gegründet? 2. Aus welchen Menschen besteht die Bevölkerung? (verschiedene Schichten, z.B. ethnische Minderheiten, Arbeitslose, Pendler, etc.) 3. Welche sozialen Probleme treten in diesem Gebiet hauptsächlich auf? 4. Wo kommt es am häufigsten zu Unruhen und Verbrechen? 5. Gibt es irgendwelche Besonderheiten, für die das Gebiet bekannt ist? (z.B. Reichtum oder Armut, Kriminalität, Prostitution, berühmte Gebäude oder Einrichtungen, idyllische Plätze, etc.) 6. Wie viele Gemeinden gibt es in diesem Gebiet, und wie gedeihen sie? 7. Welche Gemeinschaftszentren gibt es? (z.B. Schulen, Schwimmbäder, Kinos, Einkaufszentren, Wirtshäuser, etc.) 8. Welche Art von Regierung hat den Vorsitz und wie viel Macht übt sie aus? Beginnen Sie, über Ihr Gebiet zu beten. Lassen Sie sich von obigen Informationen leiten und herausfordern. 1. Beten Sie über die historischen Wurzeln Ihres Gebietes. Bitten Sie um Vergebung für die Menschen, wo Ausbeutung, Gier, Zwietracht, etc. Teil der Geschichte war. 2. Beten Sie für Frieden, Heilung und Gerechtigkeit innerhalb der verschiedenen sozialen Gruppierungen, aus denen Ihr Gebiet besteht. Beten Sie für sozial Benachteiligte und für die Armen und Schwachen. 3. Beten Sie für deutlich erkennbare soziale Probleme. 4. Beten Sie über Stellen, wo häufig Verbrechen oder Unfälle geschehen. 5. Beten Sie, dass Ihr Gebiet ein Ort der Harmonie zwischen den Rassen wird, frei von Kriminalität und Ungerechtigkeit. 6. Bitten Sie für die Kirchen um Wachstum und Einfluss auf die Gesellschaft, sowie um Einheit unter allen Denominationen. Beten Sie für sämtliche Gemeindeleiter. 7. Beten Sie, dass gesunde Gemeinschaftszentren errichtet werden und dass die Kirche eine wichtigere Rolle im Leben der Stadt spielen kann. 8. Beten Sie für die örtliche Regierung, ihre Stadträte und Beamten, und bitten Sie darum, dass aufrichtige und unbescholtene Menschen diese Posten besetzen können. 29 Brian Mills: Strategisch beten lernen (1994/96, S.50-54), John Dawson: Versöhnung (1998, S. 63ff.) 36 Bleiben Sie wachsam: Lesen Sie die Ortszeitung, und beten Sie für die daraus entnommenen wichtigsten Belange. Ziehen Sie auch einen Gebetsspaziergang durch Ihr Gebiet in Betracht, d.h. spazieren Sie durch Ihr Gebiet und beten Sie gleichzeitig dafür. Denken Sie daran, dass "das Gebet eines Gerechten viel vermag in seiner Wirkung“ (Jak. 5,16). Jakobus war bekannt als Mann, dessen Gebete die Stadt Jerusalem bewahrten, bis er 67 n. Chr. den Märtyrertod starb. Jerusalem fiel 3 Jahre danach, und die Menschen betrauerten den Verlust des Mannes, dessen Gebete ihr Schutz waren. So können auch Sie von grosser Bedeutung für die Geschichte Ihrer Stadt oder Gegend werden. 37 Anhang 2 Den Weg zu Ende gehen (nach John Dawson) - 42 Fragen zu Nachforschungen in Bern und Umgebung I Konflikte 1. Gibt es Konflikte zwischen Rassen? 2. Gibt es Konflikte zwischen Gesellschaftsklassen? 3. Gibt es Konflikte zwischen Kulturen? 4. Gibt es Konflikte zwischen den Geschlechtern? 5. Gibt es Konflikte zwischen Berufsständen? 6. Gibt es Konflikte zwischen Institutionen? 7. Gibt es Konflikte zwischen Regionen? 8. Gibt es Konflikte zwischen Regierenden und Regierten? 9. Gibt es Konflikte zwischen Religionen? 10. Gibt es Konflikte zwischen Konfessionen? 11. Gibt es Konflikte zwischen Unternehmen? 12. Gibt es Konflikte zwischen Ideologien? 13. Gibt es Konflikte zwischen Nationalitäten? 14. Gibt es Konflikte wischen Generationen? 15. Konflikte innerhalb der Familien 16. Gibt es Konflikte zwischen Familien? 17. Gibt es Konflikte zwischen Sprachen? 18. Gibt es weitere Konflikte? II Geschichte 1. Wurde je eine fremde Kultur oder Sprache durch Eroberung übergestülpt? 2. Wurden Verträge geschlossen und wieder gebrochen? 3. Was waren die religiösen Praktiken früherer Bewohner? 4. Tauchte in einem bestimmten Zeitraum eine neue Religion auf? 5. Unter welchen Umständen erreichte das Evangelium die Region? 6. Ist die Regierung, sei's Stadt, sei's Land, je aufgelöst worden? 38 7. Was war der Führungsstil der vergangenen Regierungen? 8. Wurde das Gebiet jemals von Kriegen heimgesucht? (Eroberungskriege, Verteidigungskriege gegen Eindringlinge, Bürgerkriege) 9. War ihr Ort ein Schlachtfeld? 10. Warum wurde, ihr Ort einst gegründet? 11. Hatte ihr Ort / ihr Land einen Gründer? Wovon träumte er? Hatte er Feinde? 12. Welche politischen, wirtschaftlichen und religiösen Kräfte beherrschten das Leben des Landes? Gab es unter diesen auch Konflikte? 13. Gab es traumatische Ereignisse wie wirtschaftlichen Zusammenbruch, Rassenkrawalle, oder ein Erdbeben? 14. Gab es religiöse Konflikte unter sich bekriegenden Religionen oder sogar unter Christen7 15. Welche Rollen wurden den Männern und Frauen in ihrer Kultur zugewiesen? III Zukunft 1. Welche Trends bilden die besten Anknüpfungspunkte für das Evangelium? ∗ Die wichtigsten Gemeinden in der Stadt und Region ∗ Gibt es Einheit und Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Christen? ∗ Gibt es bereits Gebetsaktivitäten 2. Bewegen wir uns auf eine Krise zu, welche im Mittelpunkt intensiver Fürbitte und Dienstbereitschaft stehen sollte? 3. Gibt es eine bestimmte Gegenkultur, welche ein ungewöhnliches Mass an satanischer Unterdrückung in sich birgt? 4. Welche Gegenkultur vertritt die ärmste und verletzlichste, zugleich auch die bedürftigste Randgruppe des Ortes oder der Region? 5. Gibt es soziale Gruppierungen, die buchstäblich um Hilfe schreien? 6. Welches soziale Thema beunruhigt jeden Stadtteil oder Ihr Land am meisten? 7. Weitere Bemerkungen zur Zukunft des Ortes / des Landes 39 Anhang 3 Die Juden in Bern. Zeittafel 30 1259 Erste urkundliche Erwähnung von Juden im Stadtgebiet Bern. 1293 Jahrzahl auf Grabstein vom Friedhof der ersten jüdischen Gemeinde Berns (Fragment im Historischen Museum). 1294 Judenverfolgung wegen angeblichen Ritualmords. Schwere Bussen, dann Vertreibung. 1305 Biel nimmt Juden auf, die Bern vertrieben hat. 1323 Verkauf des Judenfriedhofs an die Inselschwestern für den Klosterneubau, aus dem später das Inselspital hervorgeht. (Judengasse, dann Inselgasse, heute Kochergasse.). 1349 Pestepidemie. Im ganzen Abendland, auch in Bern, beschuldigt man die Juden der Brunnenvergiftung. Folter, Flammentod oder Vertreibung. 1370 Bern nimmt Juden wieder auf, darunter auch Ärzte. 1384 Bern hebt das Zinsverbot für Christen von sich aus auf. 1391 Aufnahme von Juden ins Burgerrecht. 1392 König Wenzel privilegiert die Stadt Bern in bezug auf die Judensteuern. 1405 Zwei grosse Stadtbrände. Um diese Zeit erneute Vertreibung der Juden. 1408 Die Berner Behörden ermuntern die Juden, wieder nach Bern zu kommen. Weitgehende Rechte, Religionsfreiheit gewährleistet. 1425 Papst Martin gestattet allen Christen, Geld gegen Zinsen auszuleihen. 1427 Die Aufhebung des kanonischen Zinsverbotes und die Hetze des Chronisten Justinger führen zur «ewigen» Verbannung der Juden aus dem gesamten Staatsgebiet. Einzig jüdische Ärzte ruft man immer wieder nach Bern. 1440 Biel nimmt einen Juden als Bürger an. 16./17. Jahrhundert: Auswärtige jüdische Händler dürfen gegen hohe Abgaben das Land betreten, unterliegen jedoch strengen Sonderbestimmungen. 1723 Judenfreundliches Regierungsmandat. 1770 Im Gebiet von Biel ist Juden jeglicher Handel verboten. 1787 Schultheiss und Rat untersagen Juden den Aufenthalt im bernischen Staatsgebiet. 1798 Der Untergang der alten Eidgenossenschaft sollte unter dem Einfluss des revolutionären Frankreichs den Juden aufgrund der Menschenrechte die Gleichberechtigung bringen. In der Helvetik anerkennt man sie jedoch nur als eine politische Korporation und schliesst sie vom Bürgerrecht aus. 1803-1813: Mediationszeit. Aufgrund der Staatsverträge zwischen Frankreich und der Schweiz können sich elsässische Juden in Bern ansiedeln, doch verwehrt man ihnen vorerst ein Bethaus und einen Friedhof. 30 Emil Dreifuss, Juden in Bern, S.60-61 40 1812 Synagoge in einem Miethaus an der Zeughausgasse, später an der Aarbergergasse. 1836 Die zwei Jahre zuvor gegründete Universität Bern beruft einen jüdischen Gelehrten, Prof. Valentin. 1839 Biel gestattet Juden die Niederlassung. 1846 Die neue bernische Staatsverfassung gewährt den Juden die Niederlassungs- und Gewerbefreiheit, jedoch nur sofern die Staaten ihrer Herkunft bernischen Bürgern das gleiche Recht einräumen. 1848 Die erste Bundesverfassung gewährt die Grundrechte nur Schweizer Bürgern christlicher Konfession. 1848 Elsässische Juden in Bern gründen die heutige jüdische Gemeinde unter dem Namen «Corporation der Israeliten in Bern». 1856 Einweihung der Synagoge an der Anatomiegasse (heute Genfergasse). Der Regierungsrat überreicht der jüdischen Gemeinde einen silbernen Pokal. 1866 Die Revision der Bundesverfassung stellt die Juden - abgesehen vom Recht auf Kultusfreiheit - allen andern Schweizern gleich. 1867 Die jüdische Gemeinde konstituiert sich neu als «Cultusverein der Israeliten in Bern». 1871 Einweihung des jüdischen Friedhofs Schermen an der Papiermühlestrasse. 1883 Einweihung der Bieler Synagoge. 1899 Der junge Chaim Weizmann, nachmaliger erster Staatspräsident von Israel, bespricht in Bern mit Jakob Dreifuss, Abteilungsleiter im Eidgenössischen Politischen Departement, Probleme des Judentums und des Zionismus; später weilt er auch in Biel. 1906 Einweihung der neuen Berner Synagoge an der Kapellenstrasse. 1900-1914: Juden aus Osteuropa, vor allem aus dem sie verfolgenden Russland, emigrieren nach Bern, wo sie studieren bzw. eine Existenz aufbauen. Sie gründen eigene Vereinigungen und Wohlfahrtsinstitutionen. 1935 Berner Prozess gegen die Verbreitung der als Plagiat und Fälschung entlarvten judenhetzerischen Schrift «Die Protokolle der Weisen von Zion». Weltweites Aufsehen. 1938-1945: Ständiges Anwachsen des Emigrantenstroms aus dem nationalsozialistischen Deutschland und den von ihm unterworfenen Gebieten. Kampf gegen die Aus- und Rückweisung der vom Tode bedrohten jüdischen Flüchtlinge. 1971 Einweihung des Gemeindehauses neben der Synagoge. 1979 Abänderung von Artikel 84 der Staatsverfassung des Kantons Bern: Ausser den Landeskirchen können durch Gesetz weitere Religionsgemeinschaften öffentlich-rechtlich anerkannt werden. 1983 Ausstellung «Juden in der Schweiz» im Kornhaus Bern. 41 Anhang 4 Grundsätzliche Überlegungen zur Gründung der Stadt Bern. 31 "In Bern hat der Staat das Volk geschaffen..." "Berns Geschichte hat von Anfang an eine lebensnahe Wirklichkeit, die bezeugt, was der Mensch seiner stärkeren Natur getreu vermag. Von da hat Bern seinen besonderen Stolz empfangen..." (S 10)" Die Gründung Berns ist das Werk eines Fürstenwillens und unterwarf das junge Bern gewaltsamen Zuständen, die es zu meistern berufen war. Das hat Berns Zukunft bestimmt, dass es in einem Grenzgebiet zur Hut des Reiches angelegt wurde" (S.21). "... "Das ist das Besondere an Bern, dass es diesen Keim zur vollen Selbständigkeit entwickelte, während andere Städte der Fürstengewalt nicht ledig wurden" (S.21). Berchtold V. von Zähringen verzichtete auf die deutsche Königskrone; seine Söhne starben im zarten Alter; er war der Letzte des Geschlechts. "Er beherrschte die Stadt und richtete alle ihre Sachen gar schön und loblich, dass sie in gutem Frieden war" (nach Justinger. Feller, Bd.1, S.25) "Bern erhielt seine politische Erziehung und sein höheres Leben vom Dienst des Reiches, der zugleich Pflicht und Freiheit war. Es lernte in grossen Verhältnissen machtpolitisch denken, zumal Rücksichten auf den Handel wenig dazwischen kamen. Es nahm Anteil an der Aufgabe des Reiches, den Landfrieden zu wahren, die Gotteshäuser und die Reichsanghörigen gegen die Grossen zu schützen und das Reichsgut zu nutzen und zu erhalten. So wurde die junge Siedlung Mittelpunkt eines Kreises, in dem sie das Reich vertrat" (S.29). Innere Entwicklung des Stadtregiments im aristokratischen Sinn, bei gänzlichem Fehlen von Tendenzen zu Monarchie oder gar Despotie (von Wattenwil) 31 Feller, 1.Bd 42 Anhang 5 Einige Stimmen zur „Dea Artio“ 32 Johann Jakob Bachofen: Der Bär in den Religionen des Alterthums. Basel 1863, 35. "Der Gedanke beider Kultbilder ist so völlig entsprechend, dass wir das eine als die Erläuterung des andern betrachten können. In anthropomorphischer Entwicklung wiederholt Dea Artio die Bärin, diese ihrerseits liefert den Schlüssel zum Verständnis des Götternamens. Franz Thormann: Dea Artio. Ein gallo-römisches Kunstwerk von Muri bei Bern. Berner Kunstdenkmäler, Band 1, Lieferung 4. Bern 1903. "Wie dem auch sei, während das Gedächtnis der Dea Artio mit den Stätten ihres Kults längst verschwunden ist, vererbte sich in der Volksseele unbewusst von Geschlecht zu Geschlecht die Sympathie für das einst heilige Tier, das Bern im Wappen führt. Felix Stähelin: Aus der Religion des römischen Helvetien. Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Band XXIII. Zürich 1921, 18. "Durch die Zusammensetzung der Statuette von Muri ist nun eine von den Linguisten längst aufgestellte Vermutung zu völliger Gewissheit erhoben worden, nämlich dass dem lateinischen "ursus", griechisch " ark-tos ", ein keltisches "artos ", "Bär" entsprochen habe, und dass somit Artio die "Bärengöttin " bedeutet. Es ist wahrscheinlich, dass die Göttin ursprünglich selber in der Gestalt eines Bären gedacht, später der Bär der nunmehr anthropomorph gewordenen Göttin bloss als heiliges Tier beigegeben wurde. Salomon Reinach hat dazu die kühne Hypothese gewagt, dass im Namen Bern, im Berner Wappentier und in dem heute noch in Bern fortlebenden Brauch der Bärenhegung sich die Spur eines uralten lokalen Gottesdienstes totemistischer Natur, d.h. der Verehrung eines heiligen Stammestieres erhalten habe. Hans Bloesch Siebenhundert Jahre Bern. Lebensbild einer Stadt. Bern 1931, 14f. "Der Fund der reizenden Bronzestatuette der Dea artio, einer Göttin mit dem Attribut der Bärin, der in Muri gemacht wurde, lässt für die hiesige Gegend einen in keltische und keltisch-römische Zeit zurückgehenden Bärenkult feststellen, dessen Erinnerung auch zur Zeit der Gründung Berns noch nicht völ- 32 Annalis Leibundgut, Die römischen Bronzen der Schweiz, Band III: Westschweiz, Bern und Wallis. Mainz 1980,16f., 37f., 46f., 48, 66-70, 93,193f. 43 lig erloschen war... Wappentier und Bärenkult dürften meiner Ansicht nach unabhängig vom Namen der Örtlichkeit entstanden sein als dunkle Erinnerung an einen vorzeitlichen Kult. Christoph Simonett: Die römischen Bronzestatuetten der Schweiz. Berlin 1939, 82. "Die Bärengöttin Artio... gehört in die gallische Religion und muss im Tiere selbst erkannt werden, das ihre ursprüngliche Gestalt ist. Da die römischen Kulte eine Tierverehrung nicht kannten, verband man, da sie offenbar dieselbe Macht und Bedeutung hatte, hier Demeter-Isis mit der Bärin, sodass sich religionsgeschichtliche auch in der römisch-gallischen Kunst dasselbe findet wie in der griechischägyptischen. Hans Markwalder: 750 Jahre Bern. Bern 1941, 43. "Der Bär scheint das Symbol einer von den Kelten besonders verehrten Gottheit gewesen zu sein, was nicht nur aus diesem prachtvollen Bronzebildwerk der Dea Artio, sondern auch aus verschiedenen keltischen Münzen hervorgeht, auf denen der Bär abgebildet erscheint. Keine Spuren verbinden jedoch diese keltischrömische Bärengöttin von Muri mit der Sage von der Bärenjagd bei der Stadtgründung und keine Brücke führt uns von ihr zum Stadtnamen Bern, obwohl es äusserst reizvoll wäre, hier einen direkten Zusammenhang vermuten zu dürfen 44 Anhang 6 Die Bärenkarte um 1690 33 Ursus in hoc cupro sua sic confinia pandit Quae Patris aeterni coelitus tegat Hinc fugiant Hostes procul hinc fera Bruta facessant Hoc agit excubias Ursus in Orbe suas Jnuidiâ maior Terror fiet hostibus Ursa Ursa fit Heluetii gloria justa Soli. 33 Der Bär breitet sich so in seinem Gebiet aus, welches das Reich des ewigen Vaters ausmacht Von hier fliehen die Feinde, von da entfernt sich schnell was zum wilden Angriff bereit ist. Hier wirkt der Bär als Wachposten in seinem Gebiet. Die Bärin bereitet den Feinden grossen Schrecken. Die Bärin wird nur für die Helvetier zum gerechten Ruhm. Die Burgergemeinde Bern – Gegenwart und Geschichte 45 Anhang 7 Der Kindlifresserbrunnen in Bern Der Kindlifresserbrunnen1 steht auf dem Kornhausplatz in Bern und gehört zu den Berner Altstadtbrunnen aus dem 16. Jahrhundert. Er wurde 1545/46 von Hans Gieng an Stelle eines hölzernen Brunnens aus dem 15. Jahrhundert errichtet. Ursprünglich nannte man ihn Platzbrunnen; der heutige Name ist erstmals 1666 belegt. Die Brunnenfigur ist ein sitzender Oger, der gerade ein nacktes Kind verschlingt. An seiner Seite befindet sich ein Sack, in dem noch weitere Kinder stecken. Um den Fuss der Brunnensäule verläuft ein Fries, der einen Kriegszug bewaffneter Bären darstellt, zu denen u.a. ein Pfeifer und ein Trommler gehören. Das Fries wurde von Hans Rudolf Deutsch entworfen, dem Bruder von Niklaus Manuel. Über den Sinn dieser Darstellung herrschen die verschiedensten Deutungen. Durch den Spitzhut sei die Figur als Jude charakterisiert. Zudem waren früher Hut, Gürtel und Ärmel der Figur gelb bemalt, entsprechend der damaligen jüdischen Tracht. Danach ist man der Ansicht, der Künstler spiele hier auf den Judenmord von 1288 an. Der Chronist meldet, zwei Juden hätten damals einen Knaben ermordet (es handelte sich sehr wahrscheinlich um einen Ritualmord, dessen geschichtliche Hintergründe Jakob Stammler, der spätere Bischof von Basel und Lugano, in seiner Schrift von 1888 untersuchte und zum Schlusse kam, dass der Mord bezweifelt, sogar in Abrede gestellt werden kann). Diesen Mord benützte die Stadt, nach den Aufzeichnungen des Chronisten, als Vorwand zur Verbannung der Juden. Dem Knaben Ruff aber wurde im Münster ein Altar gestiftet. Wenn auch zur Zeit der Errichtung des Brunnens dieser Altar nicht mehr stand, so war doch im Volke die Erinnerung daran noch lebendig. Dass der Künstler mit seiner Gruppe diese damals mehr als 250 Jahre zurückliegende Tat dem Bürger als abschreckendes Beispiel vor Augen führen wollte, ist jedoch kaum anzunehmen. Dass ihn die Geschichte zu dieser Gruppe anregte, ist andererseits nicht ausgeschlossen. Nach einer andern Theorie stellt die Brunnenfigur den griechischen Gott Kronos dar, der „seine“ Kinder, die Stunden verschlingt. Vielleicht aber handelt es sich aber lediglich um eine Fastnachtsfigur, mit der man ungehorsame Kinder einschüchterte. Hier eine weitere Deutung, die von der Figur des Oger ausgeht. Das ist ein menschenähnlicher Unhold in Märchen, Sagen, fantastischen Erzählungen oder ähnlichen Kontexten. Das Wort ist erst in neuerer Zeit aus dem Englischen über46 nommen, wo es wiederum aus dem Französischen stammt. Das französische Wort ogre („Unhold, Menschenfresser“) seinerseits ist erstmals 1697 in den Märchen von Charles Perrault belegt, z.B. in dem vom Kleinen Däumling. Perrault hat es vermutlich von dem als Vorlage benutzten italienischen Autor Giambattista Basile (1575–1632) übernommen, bei dem es als orco erscheint. Dessen Ursprung ist vermutlich lateinisch orcus („Unterwelt, Gott der Unterwelt“). Die Vermutung, das französische ogre sei eine Verballhornung von französisch Hongrois („Ungarn, Hunnen“ als Prototypen von unheimlichen, bösen Fremden), ist wegen der lautlichen Ähnlichkeit naheliegend, aber aus sachlichen Gründen sicher unzutreffend. Das Wort bezeichnet heute ein fiktives, menschenartiges, aber missgestaltetes Wesen, das sich in der Regel durch enorme Körpergröße und Kraft auszeichnet. „Oger“ wirken hässlich und scheuen den Kontakt mit Menschen. Sie werden meist als zwar gewalttätig und aggressiv, aber eher dumm dargestellt. Ähnlich wie Riesen führen sie oft eine Keule oder andere plumpe Waffen mit sich, sind aber stark auch im waffenlosen Kampf. Auch eine Vorliebe für Menschen-, am liebsten Kinderfleisch, wird ihnen zugeschrieben (weswegen das französische ogre ins Deutsche meist als Menschenfresser‘ übersetzt wurde). Im Roman „Zurück kommt nur der Tod” von Charlie Higson heißt es, das Wort Oger stamme vom Wort Ungar ab. Wenn wir den Kinderfresser anschauen, kommt uns bald der Moloch in den Sinn. Er ist: 1. ein Synonym für eine gnadenlose, alles verschlingende Macht, 2. ein mystisch-religiöser Begriff für eine phönizische Gottheit bzw. deren Kult. Das Wort Moloch ist die griechische Umschreibung des hebräischen ‫מ ֶֹלך‬ (molech). Nach gewöhnlicher Annahme leitet sich der Name aus der Wurzel ‫„(מלך‬König sein“, „herrschen“) mit der verachtenden masoretischen Vokalisierung von boschet, „Schande“ (‫שׁת‬ ֶ ֹ ‫ )בּ‬her. Wahrscheinlich war der Name ursprünglich die technisch-kultische Bezeichnung eines bestimmten Opfers molc, der in der biblischen Überlieferung erst mit der deuteronomistischen Redaktion zum Gottesnamen umgedeutet wurde. Ähnlich lautende opferkultische Bezeichnungen (molc, molchomor) sind für die punische Sprache belegt. Im Alten Testament ist der Name Moloch belegt2. Das Wort kommt auch in 1 Kön 11,7 EU vor, wo aber die Lesung Milkom (... für Milkom, den Götzen der Ammoniter) angenommen wird, die sich in der entsprechenden Stelle einiger altgriechischen Übersetzungen befindet. In allen Belegstellen erscheint das Wort immer in der festen Wendung „Kinderopfer dem Moloch darbringen“. In der rabbinischen Tradition ist „Moloch“ als eine Bronzestatue dargestellt worden, die mit Feuer erhitzt wurde. Die biblisch-rabbinische Überlieferung von diesem Menschenopfer ist vielfach auch von Kommentatoren wiederaufgegriffen und in Verbindung mit den von altgriechischen und lateinischen Autoren berichteten Opferungen von Kindern für Kronos-Baal in Karthago gebracht worden. 47 Kritik an der Reisläuferei. Wenn wir die Säule des Kindlifresserbrunnens genau anschauen, dann fällt uns auf, dass unten die Bärlein lustig in den Krieg ziehen (auf die „Reis“ nach Süden „laufen“), und oben verschlingt der Moloch die Kindlein. Das „Reislaufen“ war im Bern des 16. Jahrhunderts gang und gäbe. Dieser Fries wurde 1546 vom Bruder des bekannten Niklaus Manuel Deutsch entworfen. Niklaus Manuel lebte von 1484 bis 1530. Er war – dank seiner Frau – politisch aktiv. Er war Künstler (er malte den Totentanz an der Mauer des Dominikanerklosters und war dichterisch tätig). Er förderte die Reformation, die in Bern 1528 zum Durchbruch kam. 1516 nahm er in französischem Dienst als Sekretär des Söldnerführers Albrecht von Stein am Mailänderfeldzug teil, in dem sehr viele Berner den Tod fanden.3 In dieser Zeit gab es Bemühungen, den fremden Kriegsdienst zu unterbinden. In Zürich war man weiter als in Bern. Das Verbot. Bereits drei Jahre nach dem grossen Verrat von Novara (1500) verbot die Tagsatzung das Entgegennehmen von Pensionen, die mit den Soldbündnissen einhergingen. Das Pensionenverbot blieb aber ein Papiertiger. „Der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli kritisierte die «fremden Kriegsdienste» der Eidgenossen – und wurde so zum Geburtshelfer der Neutralität. Es hatte mit dem Sieg über Karl den Kühnen 1477 begonnen: Mit dem Nimbus der Unbesiegbarkeit wurden die Schweizer Söldner berühmt und teuer. Aber schon bald zeigte sich: Das Söldnerwesen korrumpiert, führt auf den europäischen Schlachtfeldern zum eidgenössischen Brudermord und lässt Witwen und Invalide zurück. Huldrych Zwingli gelang es 1520 in Zürich, Kriegsdienste für fremde Mächte zu unterbinden. Danach versuchten die eidgenössischen Orte, die Anwerbung unter ihre Kontrolle zu bringen4. Erst Zwingli nahm die Anliegen der Antireislauf-Bewegung der damaligen Zeit wirkungsvoll auf: In drastischen Bildern wetterte der Zürcher Reformator gegen die Reisläuferei als Schule aller Laster wie Ehebruch, Hurerei, Prahlsucht mit teuren Kleidern und Verschwendungssucht. Und vor allem würden die Menschen verschachert wie Vieh. Ein Argument, das auch der Berner Chronist Anshelm wenige Jahre später aufnahm: Auf den italienischen Kriegsschauplätzen sei „mehr eidgenössisches Fleisch im Angebot als Kälber“. Die Moralpredigt. Im Gegensatz zu Zürich war aber der reformatorische Bann der Reisläuferei in Bern, das vor dem Sprung in die Waadt stand (1536), nur von kurzer Dauer. Schon bald blühte die Reisläuferei bei den Bernern wieder auf. In Zürich verwandelte sich hingegen die reformatorische Moralpredigt zur Realpolitik: Die Limmatstadt hielt sich ab 1521 vom französischen Soldbündnis fern, dem sonst alle Eidgenossen beitraten. Und die Zürcher Politik ging noch über den Boykott des Solddienstes hinaus. Sie schloss auch aus, anderen reformierten Städten oder 48 Fürsten zur Waffenhilfe zu eilen. Der Nachkomme einer Schwyzer Söldnerfamilie schreibt Folgendes5: „Einige blieben ihr Leben lang Söldner - ... Andere kehrten heim ohne Geld, mit Schulden und dem zweifelhaften Geschenk einer ansteckenden Geschlechtskrankheit, mit Verstümmelungen, verroht, vom Branntwein abhängig, unfähig zu gesunden Beziehungen, zu regelmässiger Arbeit nicht mehr in der Lage. Der Zürcher Pfarrer und Statistiker Johann Heinrich Waser (1742 – 1780), ein entschiedener Gegner der Solddienste, hat dazu Zahlenmaterial zusammengetragen. Er schätzte, dass zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert von den 1,1 Millionen Schweizern in Frankreichs Diensten nur 480 000 in die Heimat zurückgekehrt sind. Davon 160 000 invalid und verwahrlost. Lediglich 320 000 seien noch fürs Zivilleben tauglich gewesen. Der Bevölkerungsverlust für die Eidgenossenschaft war enorm. Die fremden Dienste schreiben Sozialgeschichte“. 1 Aus Wikipedia übernommen 2 Lev 18,21 EU, 20,2–5 EU; 2 Kön 23,10 EU und in Jer 32,35 EU 3 vgl. Rudolf von Tavel, Gueti Gspane 4 Alain-Jacques Czouz-Tornare, http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8607.php, historisches Lexikon der Schweiz 5 Söldner für Europa, mehr als eine Schwyzer Familiengeschichte. Jost Auf der Maur. 2011, S.38 49 Aeschi Wimmis Uttigen Thierachern König Rudolf II. von Burgund und seine Frau Bertha stifteten um 930 12 Kirchen um den Thunersee, aber auch Köniz Thun Scherzligen Köniz Leissigen Spiez Sigriswil Hilterfingen Amsoldingen Französische Kirche: auf dem Areal des ehemaligen Dominikanerklosters, das 1269 gegründet und in der Reformationszeit umgenutzt wurde. 50 1685: zahlreiche Hugenotten, d.h. vertriebene Reformierte aus Frankreich, kamen nach Bern und bekamen hier Asyl. Die französische Kirche wurde ihre Kirche. Pfarrer Galland von 1816 an in der französischen Kirche in Bern. Die feurigen Predigten des jungen Evangelisten führten viele junge Menschen zur Umkehr und ermutigte sie zu einem ernsten Lebenswandel. Freie evangelische Gemeinde an der Zeughausgasse, gegründet 1828 Evangelische Gesellschaft (gegründet 1831), seit 1996 Evangelisches Gemeinschaftswerk an der Nägeligasse. Bern gegründet 1191, von Herzog Berchtold V. von Zähringen. Evangelische Gemeinschaft, heute evangelischmethodistische Kirche ab 1866 in Bern Neue Mittelschule (NMS),gegr. 1851 Campus Muristalden, gegr. 1854 Freies Gymnasium, gegr. 1859 Diakonissenhaus, gegr. 1860 Münster, im 15. Jahrhundert durch die Stadt Bern erbaut, gibt Zeugnis von der Unabhängigkeit der Berner von der römischkatholischen Weltkirche. Verein für kirchliche Liebestätigkeit, gegründet 1883 Asyle Gottesgnad (Heute: Krankenheime Tilia) in Köniz, Ittigen, Spiez, Beitenwil, Witikofen, Langnau Evangelischer Brüderverein, gegründet 1909 durch Fritz Berger u.a.. Vineyard Church im Kornhaus neben der Franz. Kirche, ab 2009 09.01.12/WN Anhang 8: Gebetsblatt für geistliche Stadtführung Frutigen Gebet Posten 1 Kindlifresserbrunnen „Lass keines deiner Kinder für den Götzen Moloch als Opfer verbrennen, denn damit entweihst du meinen Namen! Ich bin der Herr, dein Gott. (3. Mose 18,21). Eines Tages brachte man Kinder zu Jesus, damit er sie segnete und für sie betete. Aber die Jünger wollten sie wegschicken. Doch Jesus sagte: "Lasst die Kinder zu mir kommen und haltet sie nicht zurück, denn für Menschen wie sie ist Gottes Reich bestimmt." Er legte ihnen die Hände auf und segnete sie. (Matth. 19,13-15) • Gebet für die Jungen, die mit Geld verführt werden. ◊ Wir entreissen sie dem Moloch ◊ Wir sprechen über ihnen Gottes befreienden Frieden aus Posten 2 Französische Kirche • Gebet um einen Aufbruch • Für die Gemeinden in der Stadt • Für die Christen in der Stadt • Um Einheit der Christen und ihrer Aktivitäten Posten 3 Inselgasse • Departement des Innern • Gesundheitswesen: Inselspital. 1354; 1531; 1724; 1884. • Gebet für die verfolgten Christen in der Welt (ca.. 200 Mill) Posten 4 Bundesplatz Ost • „Jeder soll sich den bestehenden staatlichen Gewalten unterordnen. Denn es gibt keine staatliche Macht, die nicht von Gott kommt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich also den Regierenden widersetzt, handelt gegen die von Gott eingesetzte Ordnung und wird dafür von ihm verurteilt werden“. (Röm. 13,1.2) • Nationalbank: Licht in die Affäre um den Präsidenten Herr Hildebrand • Für die Juden in der Stadt; das Verhältnis zwischen den Christen und den Juden. Posten 5 51 Posten 5 Bundeshaus • „Betet für alle Menschen auf dieser Welt und dankt Gott. Betet besonders • • • für alle, die in Regierung und Staat Verantwortung tragen, damit wir in Ruhe und Frieden leben können, ehrfürchtig vor Gott und aufrichtig unseren Mitmenschen gegenüber. So soll es sein, und so gefällt es Gott, unserem Retter. Denn er will, daß alle Menschen gerettet werden und seine Wahrheit erkennen.“ 1. Tim. 2,1-4 Bundesrat: Eveline Widmer-Schlumpf (Eidgenössisches Finanzdepartement), Ueli Maurer (Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, Präsident 2013), Johann Schneider-Ammann (Eidgenössisches Volkwirtschaftsdepartement), Didier Burkhalter (Inneres, Bundesvizepräsident), Doris Leuthard (Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation), Simonetta Sommaruga (Justiz- und Polizeidepartements EJPD), Alain Berset, Corina Casanova (Bundeskanzlerin) Nationalrat: 200 Mitglieder, Präsidentin: Maya Graf, GPS, BL Ständerat: Philippo Lombardi, CVP, TI Posten 6 Rundgang Bundeshaus • „Denn einmal werden wir uns alle vor Christus als unserem Richter verantworten müssen. Dann wird jeder das bekommen, was er für sein Tun auf dieser Erde verdient hat, mag es gut oder schlecht gewesen sein“. (2. Kor. 5,10) • Gebet um himmlische Gerechtigkeit: ◊ Dass die Menschen erkennen, sie müssen vor dem Richter erscheinen. ◊ Dass die Gerechtigkeit sich stärker erweist als die Dämonen, die alles in den Abgrund reissen wollen • Gebet für die Menschen in der Stadt. 52 53 54 55 26.04.13 56