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Die Erfindung bezieht sich auf ein Kraftfahrzeug-Bremssystem nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 1.
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Ein derartiges Bremssystem ist aus
DE 44 38 722 A1 sowie weiterhin aus
DE 195 38 974 A1 bekannt. In beiden Fällen ist eine Bremsbetätigung unabhängig vom Fahrer möglich.
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Zum Bremsen von schweren Fahrzeugen reicht die Fußkraft eines Fahrers normalerweise nicht aus, so dass diese üblicherweise mit einem Bremskraftverstärker ausgerüstet werden. Bremskraftverstärker arbeiten in der Regel mit einem vom Verbrennungsmotor und/oder einer zusätzlichen Unterdruckpumpe erzeugten Unterdruck, wie dies beispielsweise in
DE 44 38 722 A1 der Fall ist. Dabei wird die Druckdifferenz zwischen dem Motordruck und dem Umgebungsdruck genutzt, um zusätzlich zur Fußkraft des Fahrers eine Verstärkungskraft auf die Kolbenstange eines Hauptbremszylinders aufzubringen.
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Mit zunehmender Fahrzeugmasse steigt der Durchmesser des Bremskraftverstärkers jedoch stark an. Bei sehr schweren Fahrzeugen werden daher Tandem-Bremskraftverstärker eingesetzt. Bei Dieselmotoren, direkteinspritzenden FSI-Motoren oder Valvetronic-Motoren steht jedoch am Motor praktisch kein Unterdruck mehr zur Verfügung. Deswegen werden bei diesen Motoren elektrische oder vom Verbrennungsmotor angetriebene Unterdruckpumpen eingesetzt. Diese und die notwendige Verschlauchung benötigen jedoch Bauraum, erhöhen das Fahrzeuggewicht und sind im Hinblick auf die Fertigung und Montage aufwendig.
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Das Problem mangelnden Unterdrucks wird gemäß
DE 44 38 722 A1 durch eine Drosselung des Fahrzeugmotors umgangen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein konstruktiv einfaches, möglichst wenig ansteuerbare Ventile erforderndes, montageleichtes Kraftfahrzeug-Bremssystem anzugeben.
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Dazu wird ein Kraftfahrzeug-Bremssystem mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 vorgeschlagen. Dabei wird von den folgenden Überlegungen ausgegangen.
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Zeitgemäße Kraftfahrzeug-Bremssysteme konventioneller Bauart umfassen ein Antiblockiersystem (ABS). Dieses besitzt die Aufgabe, einen von Fahrer über das Bremspedal verursachten Bremsdruck gezielt an einer oder auch mehreren Radbremsen zu vermindern, um ein Blockieren der jeweiligen Fahrzeugräder zu unterbinden. An keiner der Radbremsen kann damit ein Bremsdruck anliegen, der größer ist, als der vom Fahrer über das Bremspedal vorgegebene Bremsdruck. Je Radbremse sind jeweils ein Einlassventil und ein Auslassventil vorgesehen. Hierdurch kann der Bremsdruck an jeder Radbremse individuell eingestellt werden. In der Summe ergeben sich somit acht Ventile im Hydrauliksystem zwischen den Radbremsen und dem elektromechanischen Bremskraftverstärker für die Gewährleistung der ABS-Funktionalität.
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Fügt man dem Bremssystem weitere Funktionalitäten zu, wie beispielsweise eine elektronische Differenzialsperre (EDS), eine Antriebschlupfregelung (ASR) oder ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), so ist es erforderlich, in dem Bremssystem einen größeren Druck an den Radbremsen aufzubauen, als er vom Fahrer momentan vorgegeben wird. Bei einem Zweikreis-Bremssystem sind hierzu üblicherweise je Bremskreis zwei zusätzliche Ventile vorhanden, so dass das Bremssystem mit diesen vier sogenannten Umschaltventilen insgesamt zwölf Ventile aufweist.
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3 zeigt beispielhaft das in der nachveröffentlichten
DE 103 27 553 A1 dargestellte Bremssystem, in dem die Ein- und Auslassventile für die ABS-Funktionalität mit den Bezugszeichen für
30' und
31' gekennzeichnet sind. Je Bremskreis sind zwei zusätzliche Ventile
32' und
33' vorgesehen. Bei Ansprechen eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP) werden diese zusätzlichen Ventile
32' und
33' bestromt. Das Ventil
32' trennt dabei die direkte Verbindung zwischen dem Hauptbremszylinder
3' und den Radbremsen
36' ab. Unterhalb dieses Ventils
32' kann somit ein größerer Druck durch die in dem Bremssystem ebenfalls vorhandenen Rückförderpumpen
34' aufgebaut werden, als vom Fahrer vorgegeben. Das weitere, zusätzliche Umschaltventil
33' dient dazu, die Bremsflüssigkeit für diesen Druckaufbau vom Ausgleichsbehälter
35' des Hauptbremszylinders
3' durch den Hauptbremszylinder
3' hindurch anzusaugen. Wären diese Umschaltventile
32' und
33' nicht vorhanden, so würden die Rückförderpumpen
34' des ESP zwar Druck aufbauen. Dieser würde jedoch dann über eine Schnüffelbohrung in der Verbindung zwischen dem Hauptbremszylinder
3' und dem Bremsflüssigkeitsbehälter
35' abfließen. Um das zu verhindern, wird das Ventil
32' in seine gesperrte Stellung umgeschaltet. Durch das parallel liegende Rückschlagventil
36' kann der Fahrer per Fuß jedoch in jeder Situation einen größeren Bremsdruck aufbauen, als die Rückförderpumpen
34' zur Verfügung stellen.
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Erfindungsgemäß kann auf die zusätzlichen Umschaltventile 32' und 33' verzichtet werden. Eine Betätigung der Rückförderpumpen 34' zur Druckerhöhung entfällt. Dies ermöglicht ein konstruktiv einfaches Bremssystem mit einem aktiven Bremskraftverstärker und integrierter ESP- bzw. EDS- bzw. ASR-Funktionalität. Ein durch die ansteuerbaren Ventile darstellbares Antiblockiersystem wird nicht beeinträchtigt.
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Erfindungsgemäß kommt hierbei ein elektromechanischer Bremskraftverstärker zum Einsatz. Hierdurch lässt sich die Verstärkung durch eine entsprechende Ansteuerung des Bremskraftverstärkers gezielt beeinflussen.
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Wird der notwendige Vordruck allein mittels des elektromechanischen Bremskraftverstärkers aufgebaut, und zwar durch eine Fahrerfußkraftbetätigung und/oder eine von der Steuereinrichtung veranlasste Bestromung, so braucht die gesamte Hydraulik für alle Radbremsen nur noch die Funktion eines Druckminderers wie bei einem Antiblockiersystem auszuführen, um an jeder Radbremse den gewünschten Druck einzustellen. Damit aber ist die hydraulische Schaltung eines Antiblockiersystems im Bremssystem ausreichend, um beispielsweise die Funktionalität eines elektronischen Stabilitätsprogramms darzustellen. Neben einer Verringerung der Anzahl der benötigten Ventile ergeben sich zusätzliche Vereinfachungen hinsichtlich der benötigten Leitungen im Hydrauliksystem. Insgesamt führt dies zu einer deutlichen Kostenminderung eines Bremssystems mit einem aktiven Bremskraftverstärker und integrierter ESP- bzw. EDS- bzw. ASR-Funktionalität.
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Im Zuge einer weiteren Vereinfachung des Bremssystems kann ein einziger Vordrucksensor vorgesehen sein, der den Ventilen der Radbremsen vorgeschaltet ist, um den vom Bremskraftverstärker erzeugten Bremsdruck zu erfassen. Die Signale dieses Vordrucksensors werden in einen Regelkreis einbezogen, um das vom Bremskraftverstärker erzeugte Druckniveau sowie die an den einzelnen Radbremsen anliegenden Bremsdrücke einzustellen. Aus Gründen der Redundanz und der Fehlererkennung kann ein zweiter Drucksensor im anderen Bremskreis vorgesehen werden.
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In seiner einfachsten Ausgestaltung ergibt sich damit ein Hydrauliksystem zwischen den Radbremsen und dem elektromechanischen Bremskraftverstärker, das mit lediglich acht ansteuerbaren Ventilen auskommt. Gegenüber dem eingangs erläuterten Stand der Technik ergeben sich hierdurch beträchtliche Kostenvorteile.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand weiterer Patentansprüche.
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Vorzugsweise ist die Steuereinrichtung derart konfiguriert, um im Falle eines Ansprechens der EDS-/ASR-/ESP-Funktionalität am elektromechanischen Bremskraftverstärker einen Vordruck einzustellen, der größer oder gleich dem größten Bremsdruck ist, welcher an einer der Radbremsen benötigt wird. Dieser Vordruck wird an allen vier Rädern mit den radindividuellen Ein- und Auslassventilen auf den in der Regelung gewünschten Raddruck eingeregelt. Die Rückförderpumpe ist dabei wie im ABS-Betrieb in Betrieb. Das Hydrauliksystem übernimmt somit nur noch die Funktion eines radindividuellen Vordruckminderers.
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In vorteilhafter Ausgestaltung kommt bei der vorliegenden Erfindung ein elektromechanischer Bremskraftverstärker zum Einsatz, wie er in der obengenannten
DE 103 27 553 A1 offenbart ist. Deren Inhalt wird in Bezug auf den Bremskraftverstärker und dessen Ansteuerung in die vorliegende Anmeldung miteinbezogen. Jedoch können anstelle dieses Bremskraftverstärkers auch andere elektromechanische Bremskraftverstärker verwendet werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung umfasst der elektromechanische Bremskraftverstärker eine Kolbenstange zur direkten Verbindung eines Bremspedals mit einem Kolben eines Hauptbremszylinders, einen elektrischen Motor mit einem Stator und einem Rotor, die beide konzentrisch um die Kolbenstange angeordnet sind, sowie einen Spindeltrieb mit einer drehfest gelagerten, axial bewegbaren Spindelschraube, welche über den Rotor des Motors angetrieben ist und bei Aktivierung des Motors zur Bremskraftverstärkung gegen einen Mitnehmer anläuft und diesen in Richtung des Hauptbremszylinders drückt.
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Auf diese überraschend einfache Art und Weise gelingt die Modularisierung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers. Damit kann in der Serienfertigung von Kraftfahrzeugen, unabhängig vom ausgewählten Verbrennungsmotor, der gleiche Hauptbremszylinder mit anschließendem Bremssystem eingesetzt werden. Bei Motoren, die keinen ausreichenden Unterdruck erzeugen, lässt sich anstelle eines mit Unterdruck arbeitenden Bremskraftverstärkers der erfindungsgemäße elektromechanische Bremskraftverstärker einbauen, ohne dass dies mit einem zusätzlichen Anpassungsaufwand verbunden wäre. Der erfindungsgemäße Bremskraftverstärker ist ohne weiteres an herkömmliche Hauptbremszylinder anschließbar.
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Vorzugsweise ist der Mitnehmer unmittelbar an der Kolbenstange vorgesehen. In vorteilhafter Ausgestaltung kann der Mitnehmer zudem kalottenförmig oder konvex ausgebildet sein. Die kalottenförmige oder konvexe Form dient dazu, die Winkelbewegungen der Kolbenstange in Abhängigkeit des Pedalwegs auszugleichen.
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Die Ansteuerung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers sowie für die weiteren Funktionalitäten sind vorzugsweise in eine gemeinsame Steuereinrichtung integriert, und zwar unabhängig davon, ob nun eine Steuerung oder Regelung vorgesehen wird. Vorzugsweise werden die notwendigen Berechnungen zur Ansteuerung des Elektromotors von einem der Prozessoren der Steuereinrichtung für die Bremshydraulik vorgenommen. Es ist jedoch auch möglich, die Ansteuerung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers in ein eigenes, modulares Steuergerät zu implementieren.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung kommt am Bremskraftverstärker ein bürstenfreier Elektromotor zum Einsatz. Hierdurch lassen sich die Außenabmessungen des erfindungsgemäßen Bremskraftverstärkers gering halten.
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Vorzugsweise wird ein Elektromotor verwendet, bei dem der Rotor mindestens einen Permanentmagnet und der Stator mindestens eine bestrombare Spule aufweist. Ein solcher Motor baut außerordentlich kompakt und weist darüber hinaus eine niedrige rotierende Masse auf, so dass die Verstärkungskraft sehr schnell wirksam wird.
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Die Ansteuerung des Elektromotors bei einer normalen Bremsung kann über eine einfache Steuerung oder über ein Regelsystem erfolgen. Im erstgenannten Fall ist an dem Bremskraftverstärker oder auch am Bremspedal ein Sensor zum Erfassen der an der Kolbenstange wirksamen Pedalkraft vorgesehen. Der Strom des Elektromotors wird mit einem Verstärkungsfaktor zum Beispiel proportional zur erfassten Pedalkraft eingestellt.
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Im Falle einer Regelung ist neben einem Sensor zum Erfassen der an der Kolbenstange wirksamen Pedalkraft weiterhin ein Sensor zum Erfassen der Ist-Summenkraft aus der Pedalkraft und der Verstärkungskraft vorgesehen. Aus der Pedalkraft wird dann ein Sollwert für die Summenkraft errechnet. Die Differenz zu der erfassten Ist-Summenkraft wird über den Elektromotor ausgeregelt.
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Dabei kann die Ist-Summenkraft unmittelbar an der Kolbenstange mit einem Sensor gemessen werden. Alternativ hierzu ist es auch möglich, die Ist-Summenkraft aus dem mit dem Drucksensor erfassten Vordruck zu berechnen.
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Gemäß einer weiteren, vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist der verwendete Spindeltrieb selbsthemmungsfrei. Bei einem Ausfall des Elektromotors kann hierdurch eine Rückstellung des Bremspedals erfolgen.
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Dazu kann eine eigene Rückstellfederfeder vorgesehen werden, welche die Spindelschraube in ihre Ausgangsposition zurückdrückt. Bevorzugt wird jedoch die Rückstellkraft für den Spindeltrieb allein durch den hydraulischen Gegendruck des Hauptbremszylinders und eine Pedalrückholfeder erzeugt, wodurch der Aufbau des Bremskraftverstärkers einfach bleibt.
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Als Spindeltrieb kann beispielsweise ein Rollen-Gewindetrieb oder ein Kugel-Gewindetrieb vorgesehen werden.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die Zeichnung zeigt in:
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1 eine schematische Ansicht eines Bremssystems nach der Erfindung mit einem im Längsschnitt dargestellten elektromechanischen Bremskraftverstärker und zugehöriger Hydraulik,
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2 eine Darstellung der Regelung des Elektromotors des elektromechanischen Bremskraftverstärkers, und in
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3 eine schematische Ansicht eines herkömmlichen Bremssystems in einer Darstellung entsprechend 1.
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Das Ausführungsbeispiel in 1 zeigt einen elektromechanischen Bremskraftverstärker 1 im Einbauzustand zwischen einem Bremspedal 2 und einem Tandem-Hauptbremszylinder 3. Dabei weist der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 eine durchgängige Kolbenstange 4 zur direkten Verbindung des Bremspedals 2 mit einem Primärkolben 5 des Hauptbremszylinders 3 auf.
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Weiterhin weist der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 einen bürstenfreien elektrischen Motor 6 mit einem Stator 7 und einem Rotor 8 auf, die konzentrisch um die Kolbenstange 4 angeordnet sind. Ein ebenfalls konzentrisch zu der Kolbenstange 4 angeordneter Spindeltrieb umfasst eine drehfest gelagerte, jedoch axial bewegbare Spindelschraube 9, welche über den Rotor 8 des Motors 6 angetrieben ist. Bei Aktivierung des Motors 6 zur Bremskraftverstärkung läuft die Spindelschraube 9 gegen einen Mitnehmer 10 an. Der Mitnehmer 10 ist an seiner zu der Kolbenstange 4 weisenden Seite konvex ausgebildet, um Winkelbewegungen der Kolbenstange 4 in Abhängigkeit des Pedalwegs auszugleichen.
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Im Verstärkerbetrieb drückt die Spindelschraube 9 auf den an der Kolbenstange 4 vorgesehenen Mitnehmer 10 und damit die Kolbenstage 4 mitsamt Bremspedal 2 in Richtung des Hauptbremszylinders 3, d. h. in 1 nach links. Dazu wird die vom Fahrer aufgebrachte Pedalkraft mit einem Kraftsensor 11 an der Kolbenstange 4 gemessen. In Abhängigkeit der erfassten Kraft werden die Spulen des Stators 7 des Elektromotors 6 bestromt. Infolgedessen beginnt der Rotor 8, der hier mit Permanentmagneten versehen ist, zu rotieren. Über die mit dem Rotor 8 fest verbundene oder auch einstückig ausgebildete Außenhülse 12 und Kugeln 13 des Kugelspindeltriebs bewegt sich die Spindelschraube 9 in einer Translationsbewegung in Richtung auf den Tandem-Hauptbremszylinder 3 zu. Die Spindelschraube 9 ist dazu rotationsfest, jedoch translationsfrei gegenüber dem Aufbau gelagert. Sobald die Spindelschraube 9 den Mitnehmer 10 berührt, drückt sie diesen zusammen mit der Fußkraft der Kolbenstange 4 auf den Primärzylinder 5. Ein Schwimmkolben 14 überträgt in bekannter Weise den Druck vom Primärkreis in den Sekundärkreis des Bremssystems.
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An die zugehörigen Ausgänge 15 und 16 des Tandem-Hauptbremszylinders 3 ist ein Hydrauliksystem 17 angeschlossen, welches diesen mit den Radbremsen 36 verbindet. Das Hydrauliksystem 17 umfasst zwei diagonale Bremskreise mit jeweils zwei Radbremsen 36. Jeder Radbremse 36 ist ein ansteuerbares Einlassventil 30 und ein ansteuerbares Auslassventil 31 zugeordnet. Je eine Rückförderpumpe 34 je Bremskreis sorgt dafür, dass das Bremspedal im Schlupfregelbetrieb der Bremshydraulik nicht langsam durchfällt. Weiterhin ist in mindestens einem der Bremskreise ein Drucksensor 18 angeordnet, über den der vom Bremskraftverstärker 1 bereitgestellte und an den Einlassventilen 30 anliegende Vordruck gemessen wird. Über eine lediglich schematisch dargestellte Steuereinrichtung 19 wird unter Berücksichtigung eines vom Fahrer über das Bremspedal 2 vorgegebenen Bremswunsches und weiterer Fahrzeugparameter einschließlich des gemessenen Vordrucks die Funktionalität eines Antiblockiersystems (ABS) bereitgestellt. Die Einlassventile 30 und Auslassventile 31 werden hierzu von der Steuereinrichtung 19 entsprechend selektiv angesteuert.
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Eine Besonderheit des dargestellten Bremssystems besteht darin, dass die für das Antiblockiersystem vorgesehene Hydraulikschaltung nach 1 ohne Hinzufügung weiterer Ventile allein mittels des elektromechanischen Bremskraftverstärkers 1 weitere Funktionalitäten bereitstellt, bei denen ein Bremsdruck benötigt wird, der über dem vom Fahrer über das Bremspedal 2 vorgegebenen Druckniveau liegt oder auch dann dargestellt wird, wenn der Fahrer das Bremspedal 2 nicht betätigt. Beispiele für solche Funktionalitäten sind ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), eine Antriebschlupfregelung (ASR) oder ein EDS. Die hierfür benötigten Steuerungs- bzw. Regelungsalgorithmen sind in der Steuereinrichtung 19 abgelegt.
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Der benötigte Vordruck im EDS/ASR/ESP-Fall wird im Unterschied zu dem in 3 dargestellten Stand der Technik anstatt durch die Rückförderpumpen 34' nun durch den elektromechanischen Bremskraftverstärker 1 durchgeführt. Dazu werden die Spulen des Stators 7 bestromt. Der Rotor 8 und treibt über die Spindelmutter 9 den Mitnehmer 10 in 1 nach links. Im Bremssystem wird somit Druck aufgebaut. Der Bremskraftverstärker stellt einen ausreichend hohen Vordruck bereit, der an allen vier Rädern über die jeweiligen Ein- und Auslassventile 30, 31 auf den dort gewünschten Druck eingeregelt wird. Der Vordruck muss mindestens so groß sein wie das Maximum aller gewünschten Bremsdrücke an den Radbremsen 36. Die Rückförderpumpe ist dabei in Betrieb, um ein langsames Durchfallen des Bremspedals zu verhindern. Erfindungsgemäß kann in dieser Situation auf die in 3 noch vorhandenen Umschaltventile 32' und 33' verzichtet werden. In diesem Fall braucht das Hydrauliksystem 17 für alle Radbremsen 36 nur noch die Funktion eines Druckminderers auszuführen, wie dies bei einem Antiblockiersystem üblich ist, um an jeder Radbremse 36 den gewünschten Bremsdruck einzustellen.
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Damit reicht die Hydraulikverschaltung eines Antiblockiersystems aus, um beispielsweise die Aufgaben eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP) auszuführen. Lediglich der Vordrucksensor 18 ist für die Regelung weiter erforderlich. Im Ergebnis resultiert hieraus eine Funktionserweiterung bei gleichzeitiger Einsparung von vier Ventilen. Dies sowie die damit verbundene, verringerte Verrohrung innerhalb des Hydrauliksystems 17 bedeutet eine merkliche Kosteneinsparung. Das dargestellte Hydrauliksystem 17 kommt mit lediglich acht ansteuerbaren Ventilen 30 bzw. 31 aus. Dabei können jeweils ein Einlassventil und ein Auslassventil baulich zu einer Einheit zusammengefasst werden, z.B. zu einem bekannten 3/3-Ventil oder einem Flow-Valve.
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Die Fahrdynamiksensoren eines ESP, wo Gierrate und Querbeschleunigung (z.T. auch Längsbeschleunigung) gemessen werden, können in das Steuergerät des elektromechanischen Bremskraftverstärkers 1 baulich integriert werden. Die Daten dieser Sensoren können von dem Prozessor eines Bremskraftverstärkersteuergeräts mit ausgewertet werden. Die Übertragung dieser Daten an das ESP kann über ein Bussystem, z.B. einen CAN-Bus erfolgen. Hierdurch lässt sich ein zusätzliches Steuergerät oder Gehäuse für die Fahrdynamiksensoren einsparen.
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Bei einer Fremdkraftbremsung wird das Bremspedal 2 zur Spritzwand des Fahrzeugs hingezogen. Möchte der Fahrer auch selbst bremsen, kann dies durch den Pedalkraftsensor 11 festgestellt und in der Bremskrafterzeugung berücksichtigt werden.
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Sollte der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 nicht arbeiten oder stromlos werden, kann der Fahrer mit seinem Fuß die Bremse allein betätigen. Da der Mitnehmer 10 lediglich Druckkräfte überträgt, stört der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 hierbei nicht.
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Im Gegensatz zu Unterdruck-Bremskraftverstärkern arbeitet der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 auch dann, wenn der Verbrennungsmotor ausgeschaltet ist. In diesem Fall erhält er seine elektrische Energie aus der Starterbatterie.
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Um ein stets sicheres Reduzieren des Bremsdrucks auf Null zu ermöglichen, ist der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 bzw. dessen Getriebe selbsthemmungsfrei ausgebildet. Andernfalls würde bei einem Stromausfall im Bremsbetrieb der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 in der Position beim Stromausfall verharren und weiterhin Bremsdruck aufbauen. Dementsprechend ist der Spindeltrieb so ausgelegt, dass bereits durch den hydraulischen Gegendruck und/oder eine Pedalrückholfeder 21 eine ausreichende Rückstellkraft aufgebaut wird, welche den elektromechanischen Bremskraftverstärker 1 in die Nulllage zurückfährt. Es kann jedoch auch eine zusätzliche Rückholfeder am Bremskraftverstärker 1 vorgesehen werden.
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Für den Elektromotor 6 können anstelle des oben erläuterten Motors auch ein büstenloser Gleichstrommotor, ein Drehstrommotor, ein Asynchronmotor, ein Schrittmotor oder ein konventioneller Gleichstrommotor verwendet werden. Zur Bestimmung der durch den Motor erzeugten Verstärkung wird als Systemeingangsgröße zunächst die Information benötigt, wie stark der Fahrer ohne Hilfe der Verstärkung bremsen möchte. Hierzu kann im Prinzip der Pedalweg oder die Pedalkraft des Bremspedals 2 gemessen werden. Bevorzugt wird man die Pedalkraft auswählen, weil durch die feste Verbindung des Pedals 2 mit der Kolbenstange 4 der Pedalweg immer die Verschiebung aus Fußkraft und Verstärkerkraft repräsentieren würde. Auch wäre bei Ausfall eines hydraulischen Kreises des Tandem-Hauptbremszylinders 3 das Pedal 2 nach vorne verschwenkt und würde fälschlicherweise einen Bremswunsch des Fahrers signalisieren.
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Für einen reinen Vorsteuerbetrieb beim normalen Bremsen wird ein festes Verhältnis aus Fußkraft FF und Verstärkerkraft FV vorgegeben. Dazu wird z. B. der Strom i des Elektromotors 6 proportional zur Fahrerfußkraft FF eingestellt. Wie unten noch näher erläutert wird, kann der Proportionalitätsfaktor k in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit und/oder der Beladung verändert werden. Er muss nicht notwendigerweise konstant sein, sondern kann bei hohen Pedalkräften oder hohen Pedalgeschwindigkeiten erhöht werden, wie z. B. bei einer Panikbremsung oder mit einem Bremsassistent.
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Alternativ kann an dem elektromechanischen Bremskraftverstärker 1 auch eine Kraftregelung vorgesehen werden, wie dies in 2 dargestellt ist. In diesem Fall wird ein weiterer Sensor benötigt, der die Ist-Summenkraft FIst aus Fußkraft FF und Verstärkerkraft FV misst, oder aber nur die Verstärkerkraft FV allein. Bevorzugt wird hierzu das Signal des Vordrucksensors 18 des Hydrauliksystems 17 verwendet, dessen gemessener Druck proportional zur Ist-Summenkraft FIst ist. Aus Sicherheitsgründen kann zwecks Redundanz im zweiten Bremskreis ebenfalls ein Vordrucksensor 18 eingebaut sein, auf den bei Ausfall des ersten Kreises zurückgegriffen wird.
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Bei der Regelung wird die Fußkraft FF des Fahrers mit dem Sensor 11 gemessen. Diese wird mit einem gegebenenfalls variablen Verstärkungsfaktor k bzw. k(v) multipliziert. Die Summe aus Fahrerfußkraft FF und Verstärkungskraft FV ist der Regelungssollwert FSoll. Istwert ist die tatsächliche Summenkraft FIst oder eine aus dem Vordrucksensor 18 errechnete Kraft. Aus beiden kann die Regeldifferenz bestimmt werden. Die elektrische Leistung des Elektromotors 6 wird über einen beispielsweise in die Steuereinrichtung 19 implementierten Regler 23 gemäß der Regeldifferenz geregelt.
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Die Bremskraftverstärkung k ist im Vorsteuerbetrieb und im Regelungsbetrieb variabel möglich. So kann beispielsweise in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit bei hohen Fahrgeschwindigkeiten eine hohe Verstärkung k(v) eingestellt werden. Damit erhält der Fahrer das Gefühl einer kräftig zupackenden, gut verzögernden Bremse. Bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten, insbesondere beim Parkieren, kann die Verstärkung k(v) verringert werden, um die Feindosierbarkeit für den Fahrer zu verbessern. Etwaige Fehler in der Bremsanlage können durch eine leichte Verringerung des Verstärkungsfaktors (z. B. von 5 auf 4) dem Fahrer angezeigt werden. Er wird dies dadurch bemerken, dass er für die gleiche Abbremsung eine höhere Pedalkraft aufbringen muss. Alternativ kann der Verstärkungsfaktor k leicht pulsieren.
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Auch kann z. B. bei Beladung oder im Gespannbetrieb die Verstärkung k erhöht werden. Damit ist gegenüber dem leeren Fahrzeug durch eine reine Vorsteuerung in Abhängigkeit von der geschätzten Masse des Fahrzeugs bzw. des Zuges immer die gleiche Pedalkraft-Verzögerungs-Funktion darstellbar.
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Bei einer Fremdkraftbremsung, wie sie z.B. bei einem ESP-Eingriff auftritt, wird die Verstärkerkraft so eingeregelt, dass der vom Verstärker und Fahrerfuß erzeugte Vordruck mindestens so groß ist, dass er dem Maximum aller vier gewünschten Radbremsdrücke entspricht. An den drei übrigen Rädern können über ein Druckmodell geregelt durch Takten ihrer Ventile 30 bzw. 31 geringere Raddrücke eingestellt werden.
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Der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 ermöglicht es weiterhin, das Bremssystem bei einem Frontalcrash künstlich nachgiebig zu machen. Dazu kann, ausgelöst durch einen Crashsensor 22, z. B. einen Airbagsensor, durch den elektromechanischen Bremskraftverstärker 1 Druck im Bremssystem aufgebaut werden. Bei einem Unfall werden die Kolbenstange 4 und das Bremspedal 2 nach vorne gezogen. Das Pedal 2 gibt für den Fahrerfuß damit nach und kann die Verletzungsschwere am Bein reduzieren. Zusätzlich wird das Fahrzeug künstlich und über den eigentlichen Unfall hinaus weiter verzögert, um das Risiko eventueller Sekundärkollisionen zu vermindern. Der Druck kann anschließend über eine Rampe wieder abgebaut werden, so dass sich das Pedal 2 langsam wieder in seine Nulllage zurückbewegt. In diesem Betriebszustand können gegebenenfalls in dem Hydrauliksystem 17 vorhandene Niederdruckspeicher 24 als zusätzliche Elastizitäten mit benutzt werden. Für die Bremsflüssigkeit steht somit ein zusätzliches Volumen bereit, wodurch das Bremspedal 2 weiter nach vorn schwenkt.
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Das vorstehend erläuterte Bremssystem mit einem elektromechanischen Bremskraftverstärker und integrierter ESP- bzw. EDS- bzw. ASR-Funktionalität zeichnet sich durch einen sehr einfachen und kostengünstigen Aufbau aus. Zur Bereitstellung der vorstehend genannten Funktionalitäten kann die Druckmindererfunktion eines bestehenden Antiblockiersystems genutzt werden, ohne dass hierfür weitere Ventile benötigt würden. Der benötigte Druckaufbau erfolgt allein mittels des elektromechanischen Bremskraftverstärkers infolge einer Fahrerfußkraftbetätigung und/oder einer von der Steuereinrichtung veranlassten Bestromung.
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Ein weiterer Vorteil des vorstehend erläuterten Bremssystems besteht darin, dass der elektromechanische Bremskraftverstärker 1 keine Modifikationen an bisher verwendeten Bremssystemen ohne ESP-Funktionalität erfordert. Eingriffe in ein mit ABS-Funktionalität ausgestattetes Hydrauliksystem sind nicht nötig. Modifikationen werden lediglich in der Ansteuerung vorgenommen.
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Der erläuterte Bremskraftverstärker 1 ist als Modul an herkömmliche Hauptbremszylinder anschließbar. Er ist in seinen Außenabmessungen kompakt und weist einen einfachen Aufbau auf.
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Jedoch ist die Erfindung nicht auf das dargestellte Ausführungsbeispiel beschränkt, sondern umfasst alle in den Patentansprüchen angegeben Ausgestaltungen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- elektromechanischer Bremskraftverstärker
- 2
- Bremspedal
- 3
- Hauptbremszylinder
- 4
- Kolbenstange
- 5
- Primärkolben
- 6
- Motor
- 7
- Stator
- 8
- Rotor
- 9
- Spindelmutter
- 10
- Mitnehmer
- 11
- Kraftsensor
- 12
- Außenhülse
- 13
- Kugel
- 14
- Sekundärkolben
- 15
- Ausgang des ersten Bremskreises
- 16
- Ausgang des zweiten Bremskreises
- 17
- Hydrauliksystem
- 18
- Vordrucksensor
- 19
- Steuereinrichtungen
- 21
- Pedalrückholfeder
- 22
- Crashsensor
- 23
- Regler
- 24
- Niederdruckspeicher
- 30
- Einlassventil
- 31
- Auslassventil
- 32
- Umschaltventil
- 33
- Umschaltventil
- 34
- Rückförderpumpe
- 35
- Bremsflüssigkeitsausgleichsbehälter
- 36
- Radbremse
- FF
- Fußkraft
- FV
- Verstärkungskraft
- FSoll
- Soll-Summenkraft
- FIst
- Ist-Summenkraft
- i
- Strom
- k
- Verstärkungsfaktor
- k(v)
- Verstärkungsfaktor (fahrgeschwindigkeitsabhängig)
- v
- Fahrgeschwindigkeit
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Mit Hochkommata gekennzeichnete Bezugszeichen beziehen sich auf die gleichen Gegenstände wie die entsprechenden Bezugszeichen ohne Hochkommata.