Der folgende Beitrag erschien zuerst 1982. Die mit ihm verfolgte Intention war es, ausgehend von ... more Der folgende Beitrag erschien zuerst 1982. Die mit ihm verfolgte Intention war es, ausgehend von den Graden der Fiktionalisierung des jeweils entfalteten Geschehens eine Differenz zwischen Íslendingasaga und Fornaldarsaga zu erarbeiten. Dabei hatte sich gezeigt, dass die Íslendingasaga trotz all der Momente, die sie als 'realistisch' erlebbar macht, das literarische Phänomen der Semantisierung von Formelementen kennt, und dass die Fornaldarsaga trotz ihrer Phantastik solche Semantisierung nicht oder kaum aufweist. Ohne die mittelalterlichen Texte über jüngere und unangemessene Kriterien und Kategorien beschreiben zu wollen, ließe sich also ein Differenzmerkmal darin erblicken, dass die Íslendingasaga strukturell der Fiktion und die Fornaldarsaga strukturell dem Tatsachenbericht zuzuordnen sind. Erst im Verlauf der Gattungsgeschichte tritt in der Fornaldarsaga der Aspekt der Unterhaltung in den Vordergrund. Mit alledem soll nicht gesagt sein, dass der moderne Begriff der 'Literatur' dem originären Kontext gerecht wird, auch nicht, dass die Intention der Redaktoren und Traditoren damit beschrieben wäre. Das strukturelle Differenzmerkmal ist dennoch nicht zu verkennen und es gälte auszuwerten, was das über die fiktionale Gestaltung von Geschehen im isländischen Mittelalter besagt. Man sollte insgesamt berücksichtigen, dass eine als 'realistisch' erlebbare Literatur die sprachkünstlerische, oder besser die epische Ausdrucksform einer bestimmten Epoche der Geschichte der Literatur darstellt und durchaus nicht als Richtmaß betrachtet werden kann, mit dessen Hilfe man erzählende Texte transhistorisch rubrifizieren kann. Dass das dennoch geschieht, liegt an der historischen Blindheit, über die ein epochal bedingtes Erleben von Literatur absolut gesetzt wird; das führt zu solchen Auswüchsen, dass das historisch bedingte Konzept der litérature engagée zur allgemein gültigen Forderung erhoben wird und, damit nicht genug, erst in Texten als erfüllt betrachtet wird, die, indem sie intentionaliter realitätsabbildend verfahren, die abgebildete Realität in Habitus und Gestus von Klage und Anklage präsentieren. Dieses der bürgerlichen Phase der Literaturgeschichte sich verdankende Konzept galt weder vor dieser Ära noch muss es sich nach ihr erhalten. Ein beredtes Zeugnis dafür, dass es an sein Ende gelangt ist, ist der Umstand, dass Uwe Ebel, " Darbietungsformen und Darbietungsabsicht in Fornaldarsaga und verwandten Gattungen"
The series „Beiträge zur Nordischen Philologie“ („Contributions to Nordic Philology“), published ... more The series „Beiträge zur Nordischen Philologie“ („Contributions to Nordic Philology“), published by the Swiss Society of Scandinavian Studies, is one of the most significant publications within the German-speaking field of Scandinavian Studies. It represents the entire linguistic, historical and thematic scope of the field by including contributions from Danish, Faeroese, Icelandic, Norwegian, and Swedish Language, Culture, and Literature Studies. In an attempt to connect traditional philological approaches with more recent theories, the series publishes individual research contributions (dissertations, habilitations and other monographies) as well as anthologies on current topics of research.
Der folgende Beitrag erschien zuerst 1982. Die mit ihm verfolgte Intention war es, ausgehend von ... more Der folgende Beitrag erschien zuerst 1982. Die mit ihm verfolgte Intention war es, ausgehend von den Graden der Fiktionalisierung des jeweils entfalteten Geschehens eine Differenz zwischen Íslendingasaga und Fornaldarsaga zu erarbeiten. Dabei hatte sich gezeigt, dass die Íslendingasaga trotz all der Momente, die sie als 'realistisch' erlebbar macht, das literarische Phänomen der Semantisierung von Formelementen kennt, und dass die Fornaldarsaga trotz ihrer Phantastik solche Semantisierung nicht oder kaum aufweist. Ohne die mittelalterlichen Texte über jüngere und unangemessene Kriterien und Kategorien beschreiben zu wollen, ließe sich also ein Differenzmerkmal darin erblicken, dass die Íslendingasaga strukturell der Fiktion und die Fornaldarsaga strukturell dem Tatsachenbericht zuzuordnen sind. Erst im Verlauf der Gattungsgeschichte tritt in der Fornaldarsaga der Aspekt der Unterhaltung in den Vordergrund. Mit alledem soll nicht gesagt sein, dass der moderne Begriff der 'Literatur' dem originären Kontext gerecht wird, auch nicht, dass die Intention der Redaktoren und Traditoren damit beschrieben wäre. Das strukturelle Differenzmerkmal ist dennoch nicht zu verkennen und es gälte auszuwerten, was das über die fiktionale Gestaltung von Geschehen im isländischen Mittelalter besagt. Man sollte insgesamt berücksichtigen, dass eine als 'realistisch' erlebbare Literatur die sprachkünstlerische, oder besser die epische Ausdrucksform einer bestimmten Epoche der Geschichte der Literatur darstellt und durchaus nicht als Richtmaß betrachtet werden kann, mit dessen Hilfe man erzählende Texte transhistorisch rubrifizieren kann. Dass das dennoch geschieht, liegt an der historischen Blindheit, über die ein epochal bedingtes Erleben von Literatur absolut gesetzt wird; das führt zu solchen Auswüchsen, dass das historisch bedingte Konzept der litérature engagée zur allgemein gültigen Forderung erhoben wird und, damit nicht genug, erst in Texten als erfüllt betrachtet wird, die, indem sie intentionaliter realitätsabbildend verfahren, die abgebildete Realität in Habitus und Gestus von Klage und Anklage präsentieren. Dieses der bürgerlichen Phase der Literaturgeschichte sich verdankende Konzept galt weder vor dieser Ära noch muss es sich nach ihr erhalten. Ein beredtes Zeugnis dafür, dass es an sein Ende gelangt ist, ist der Umstand, dass Uwe Ebel, " Darbietungsformen und Darbietungsabsicht in Fornaldarsaga und verwandten Gattungen"
The series „Beiträge zur Nordischen Philologie“ („Contributions to Nordic Philology“), published ... more The series „Beiträge zur Nordischen Philologie“ („Contributions to Nordic Philology“), published by the Swiss Society of Scandinavian Studies, is one of the most significant publications within the German-speaking field of Scandinavian Studies. It represents the entire linguistic, historical and thematic scope of the field by including contributions from Danish, Faeroese, Icelandic, Norwegian, and Swedish Language, Culture, and Literature Studies. In an attempt to connect traditional philological approaches with more recent theories, the series publishes individual research contributions (dissertations, habilitations and other monographies) as well as anthologies on current topics of research.
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