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     Die Tante rief kläglich aus ihrem Bette: »Will Er mich schon verlassen, Pastor?« Aber ich vernahm es kaum; ich eilte über den Hof und holete den Schlüssel aus des Verwalters Schlafkammer, der seit Nachmittage mit dem Vetter jenseit des Waldes auf dem Meierhofe war.

     Der Wind fegte durch die Thorfahrt, es war eisig kalt; draußen aber vor dem Gitter stand ein schlankes Mädchen mit wehenden Röcken, ein Tüchlein um den Kopf gebunden.

     »Jungfer Abel!« rief ich und schloß das Gitter auf; »wo kommt Sie doch daher so mitten in der bitterkalten Nacht?« 

     Aber sie war also außer Athem, sie antwortete nicht, sondern setzte sich nur auf die Treppe, so nach meiner früheren Kammer führte, und ihre kleinen Hände waren schier verklommen.

     »Einen Augenblick nur!« sprach sie dann; »aber eilet! Wecket den Herrn Oberst! Ich folge Euch sogleich — nur eilet! eilet!« 

     Da that ich, wie sie wollte, und ging eilig in das Haus.

     Und als der Herr Oberst kaum aus seiner Schlafkammer in das Wohngemach gelanget war, da öffnete sich auch die Thür vom Flur aus, und das Mädchen war hereingetreten; die dunklen Augen lagen fast schwarz in ihren Höhlen.

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_128.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)