In diesem Sommer waren manche Wölfe eingebracht; die Schüsse aus dem Walde hörte ich öfters, wenn ich in der Nacht erwachte; es war, als ob der Alte mit Gewalt itzt sein Revier ausräumen wollte. Nun hingen die Wälder voll Eicheln, und Gott hieß den Wind, sie auf die Erde schütteln; da wurden nach manchem Jahr zum erstenmal wieder die Schweine am Rand der Forsten auf die Mast getrieben, und geschahe davon kein Unheil. Aber über den Wildmeister tauchte hie und da Gerede auf, was nicht laut zu werden wagte; denn der Herr Oberst hatte kein Ohr für das, was mit der Zunge Wunden machet. Der Herr Vetter stieß mich an und raunete mir zu: »Geduld, Ehrwürden; wir kriegen ihn noch! Wenn nur Hans Christoph und die alte Matten reden wollten!« Und Tante Adelheid, so sie oben vom Fenster aus den gescholtenen Mann über den Hof schreiten sah, kniff die Lippen ein und schüttelte das Haupt.
So stand es zu Ende des Septembers. Da meldete eines Nachmittags der Wildmeister unserem Herrn, er denke einen und, worüber er sich informiret, den letzten ausgewachsenen Wolf in seinem eigenen Hofe auf sonderliche Art zu fangen; wenn der Junker es mit erleben wolle, so werde er ihm hernach schon eine Bettstatt richten, denn die Nacht würde wohl darüber einfallen.
Und da der Herr Oberst ihn näher ausgefraget, sahe er mich und den Junker an, die wir dabei zugegen
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_115.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)