dacht’, er wollte mich zum Pferdejungen degradiren; und war doch nur, daß ich morgen den alten Landgerichtsnotar von drüben aus der Stadt bestellen sollte.«
»Den Landgerichtsnotar? Soll der auch predigen?« rief die Dirne. Aber in demselben Augenblicke ließ sie sich von seinen Knien gleiten; denn die dicke Ausgeberin Greth Lise war eingetreten, und es wurde ganz stille; der Fuhrknecht zog ein versiegeltes Schreiben aus der Tasche, betrachtete die Aufschrift, als ob er sie lesen könne, und steckte es dann bedächtig wieder ein.
Als die Schlehen blühten, ist einmal wieder Friede geschlossen worden; auf und ab im Lande läuteten die Glocken, und das Gemenge fremder Völker verlor sich allgemach. Auch von der kleinen Dorfkirche unterhalb Grieshuus scholl das Geläute; aber eines Nachmittages, da es auf den anderen Thürmen schwieg, begann es abermals. Nicht dem kurzen Frieden galt es, den mit unfriedlichem Herzen die Menschen in falsche Worte faßten; es galt dem, den kein Streiter noch gebrochen hat.
Von Grieshuus herunter kam ein Leichenzug; auf dem Deckel des Sarges hatte der kunstreiche Schmied des Dorfes das Wappen in Kupfer ausgeschlagen; denn der alte Herr von Grieshuus lag darunter. In
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_057.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)