für den alten Junker angefertigt hatte. Dann hatte auch dieses aufgehört; nun war sie seit Jahren hier nicht mehr gesehen worden; eine alte Frau in feinem Tuchmantel und verbrämter Kappe war mit ihr durch das Dorf und den Weg zur Stadt hinausgefahren, eine reiche »Möddersch«, wie man sich erzählte; das Kind sollte was Besseres lernen, als hier im Dorf zu haben war, und in der großen Kirche eingesegnet werden. Auch später hatte die Möddersch sie nicht missen wollen; als aber jetzt die Tausende des fremden Kriegsvolkes gegen die Stadt anrückten, hatte das Männlein, fast mit Gewalt, die Tochter in sein Gartennest zurückgeholt. Allein eben hieher sprengte der Krieg sein losestes Gesindel; schon einmal hatte er vor des Herzogs Freunden, den längst arg berufenen Schweden, das Kind so tief unter dem Dach versteckt gehalten, daß es danach mit einem Spinnwebhäubchen auf dem blonden Haar hervorgezogen wurde; was er aber jetzt bei hellem Sonnenschein durch eine Lücke des Gartenzaunes gegen sein Haus heranlaufen sah, die langen Schnauzbärte und die rothen Mäntel, das mußten Pollacken, wenn nicht gar Tartaren sein!
Die Knie des kleinen Mannes schlotterten; erst eben hatte er droben hinter dem offenen Giebelfenster eine helle Stimme singen hören. »Bärbe, Bärbe!« rief er an das Haus hinauf; »die Pollacken, um Gottes Tod, schweig still!«
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_026.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)