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BLKÖ:Habsburg, Ladislaus VI. Posthumus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
fertig
Band: 6 (1860), ab Seite: 406. (Quelle)
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164. Ladislaus VI. Posthumus, König von Ungarn und Böhmen (geb. zu Komorn 22. Februar 1440, gest. zu Prag 23. November 1457). Sohn des Kaisers Albrecht II. [s. Nr. 11] aus dessen Ehe mit Elisabeth [s. d. Nr. 66], Erbtochter Sigismund’s, Königs von Ungarn und Böhmen. Vermält war Ladislaus nicht, nur verlobt mit Magdalena, Tochter Karl’s VII. von Frankreich. Wahlspruch. Um einen heidnischen Flußgott, der den fluthenquellenden Krug unter dem Arme, das Füllhorn auf den Schultern trägt, die Umschrift „Latet altius“. Lebensmomente. Da Ladislaus mehrere Monate nach seines Vaters Albrecht’s Tode geboren wurde, erhielt er den Beinamen der Nachgeborne, Posthumus. Seine Mutter Elisabeth hatte, Witwe geworden, und von den ungarischen Ständen gedrängt, sich bereden lassen, ihre Hand dem Könige Wladislaw III. von Polen zuzusagen. Da sie aber sich Mutter fühlte, knüpfte sie an ihre Zusage die Bedingung, daß alle Verhandlungen wegen einer neuen Gattenwahl als aufgelöst zu betrachten seien, wenn sie einen Sohn zu Welt brächte. Und dieser Sohn war Ladislaus, dieses Opfer kampflustiger Parteien, die, um eine Krone zu erlangen, alle Mittel, auch die verworfensten, anzuwenden sich nicht scheuten. Elisabeth, sich ihres Wortes entbunden betrachtend, floh mit ihrem Knaben nach Wiener Neustadt, von ihrem Vetter Friedrich [s. d. Nr. 104], der am 23. April 1440 die deutsche Kaiserkrone angenommen hatte, Schutz erflehend. Friedrich übergab sie die heimlich entwendete ungarische Krone und ihren Sohn Ladislaus. Graf Ulrich von Cilly, Ban Slawoniens und ein ebenso mächtiger als schlauer und ränkesüchtiger Magnat, erhob Ansprüche auf die Vormundschaft über den verwaisten Ladislaus. In Böhmen, wo Elisabeth auch die Stände zusammenberufen hatte, um auch die Krone Böhmens ihrem Sohne zu erhalten, hatte die Utraquistenpartei das Obergewicht behalten und es durchgesetzt, daß sie in Anbetracht der unruhevollen Zeit während der Minderjährigkeit [407] Ladislaus’ sich selbst regieren würden. Von dem vereinten Ungestüm der Ungarn mit Hunyad an der Spitze, der Böhmen, geführt von Podiebrad, des Grafen von Cilly und anderer Edlen gedrängt, war Friedrich genöthiget, die Vormundschaft über Ladislaus aufzugeben, der nun den Grafen von Cilly zum Vormunde erhielt. Während Ladislaus’ Minderjährigkeit sollte Hunyad in Ungarn, Podiebrad in Böhmen die oberste Gewalt behalten. Zu Preßburg leisteten nun die Ungarn dem jungen Könige den Eid der Treue und in Böhmen wurde er am 28. October 1453 gekrönt. Indessen hatte sich Graf Ulrich von Cilly durch sein rohes und ausschweifendes Verhalten allgemein so verhaßt gemacht, daß ihn der junge König aus seiner Nähe verbannte, worauf der Landeshauptmann Eynzinger an Cilly’s Stelle trat. Eynzinger aber behauptete sich nicht länger als anderthalb Jahre, Ladislaus berief wieder den Grafen Ulrich zurück, dessen Uebermuth in leichtbegreiflicher Weise nur zunahm. Aber Einer leistete ihm Widerstand: Hunyad, den aufs Blutgerüste zu bringen, der verworfene Cilly vergebens versuchte. Ader wo die menschliche Schlechtigkeit scheiterte, half der Tod aus, dem Hunyad im Jahre 1456 zum Opfer fiel, eben als er zuvor den Sieg bei Belgrad über die andringenden Türken erfochten hatte. Graf Ulrich war nun allein Herr und sein ganzes Streben ging darauf hin, Hunyad’s ganzes Geschlecht, von welchem er immer Widerstand besorgte, auszurotten. Cilly wich vor keinem Mittel zurück und beschloß durch Meuchelmord die Söhne Hunyad’s aus dem Wege zu räumen. Aber sein schändliches Vorhaben wurde entdeckt und er von den Trabanten seiner Opfer in Gegenwart des jungen Königs niedergehauen. Da Hunyad’s Söhne dem Könige Ladislaus den Meuchelbrief des Grafen Ulrich vorwiesen, erhielten sie von ihm für ihr Beginnen Gnade. Aber später, von den Gegnern der Hunyady überredet, ließ er einen der Brüder, den Mathias Hunyady, den Bischof von Wardein und mehrere Andere ihrer Anhänger zu Ofen hinrichten; den zweiten Bruder, Ladislaus Hunyady, nahm er gefangen. Nun begann Ladislaus Krieg mit seinem Vetter, dem Kaiser Friedrich, mit dem ihn noch Graf Ulrich, so lange er lebte, entzweit hatte. Doch auf des Papstes Zureden und durch Eynzinger’s Vermittlung wurde zwischen beiden Vettern, dem Kaiser und dem Könige, Friede geschlossen. Nach beendigtem Streite hatte Ladislaus eine Gesandtschaft nach Paris entboten, um die Hand Magdalenens, der Tochter des Königs Karl VII., zu werben. Er hatte schon alle Vorbereitungen zu einem herrlichen Beilager getroffen, als er zu Prag, am Jahrestage der Hinrichtung des Mathias Hunyady, am 23. November 1457 plötzlich starb. Der Verdacht einer Vergiftung – durch Podiebrad – ist nicht erwiesen, aber wird allgemein angenommen. Erst in neuester Zeit hat die Forschung [s. die Quellen] die Vergiftungsfrage wieder aufgenommen. Auf den nun ledig gewordenen Thron Böhmens schwang sich Podiebrad, in Ungarn wurde Ladislaus Hunyady zum Könige erwählt, der sich mit Podiebrad’s Tochter Katharina vermälte. Ladislaus, noch zu jung, um über seinen Charakter ein Urtheil zu fällen – denn alles, was geschah, war das Werk seiner Günstlinge, die er sich weniger selbst gewählt, als sie sich durch Ränke seiner Person zu nähern und durch Klugheit [408] ihn zu beherrschen verstanden – war eine schöne und anmuthige Erscheinung, die ihm den Beinamen: „Die Wonne der Welt“, erwarb, und welche die zahlreichen poetischen Nachklänge, die sein Tod hervorrief [s. die Quellen] erklärt. Von der kurzen Regierungsepoche des Königs Ladislaus datirt eine der ersten (1450) in ungarischer Sprache, von Ladislaus Bathory geschriebenen Chroniken; bis dahin bediente man sich der lateinischen als der Schriftsprache, und wie bei den anderen Nationen, waren es auch da die Volks- und Kriegslieder, welche den Anfang der Nationalliteratur bilden. Die Prosa der ungarischen Sprache entwickelte sich aber erst unter Hunyad; und einige Jahre nach Ladislaus’ Tode, 1465, erschien die erste ungarische Grammatik, heut’ zu Tage die größte bibliographische Seltenheit der ungarischen Literatur.

Birk (E.), Beiträge zur Geschichte der Königin Elisabeth von Ungarn und ihres Sohnes Königs Ladislaus. 1440–1457 (Wien 1848, 4°.) [siehe auch: Quellen und Forschungen zur vaterländischen Geschichte, Literatur und Kunst (Wien 1849, 4°.)]. – Fontes rerum austriacarum. Zweite Abthlg. 2. Bd. (Wien 1850, 8°.) enthält: Urkunden, Briefe und Aktenstücke zur Geschichte der Habsb. Fürsten, König Ladislaus Posthumus, Erzherzog Albrecht VI. und Herzog Siegmund von Oesterreich. 1443 bis 1473. Aus Originalen oder gleichzeitigen Abschriften, meist des k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchives, herausg. von Jos. Chmel. – Aus den Denkwürdigkeiten der Helene Kottanerin 1439, 1440 (Leipzig 1846, Engelmann, 8°.) [Endlicher gab obige Schrift aus dem Cod. Ms. Nr. 2920 der Wiener Hofbibliothek heraus. Helene K. stand in Diensten der Königin Elisabeth, Mutter des Ladislaus Posthumus]. – Lichnowsky (Fürst E. M.), Geschichte des Hauses Habsburg VI. Bd., auch unter dem Titel: Kaiser Friedrich III. und König Ladislav (Wien 1842, Schaumburg und Comp.) S. 149 u. f. – Das Turnier zu Prag. Geschichte des königlichen Jünglings Ladislaus. 2 Bde. (Hohenzollern 1792, 8°.). – Hormayr’s „Oesterreichischer Plutarch“, Bd. IV, S. 41–58; wiedergedruckt in der Austria. Oesterr. Universal-Kalender für das Jahr 1854, S. 24–29. – Mailáth (Joh. Graf), Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes, 8°.) Bd. I, S. 253, 256, 265–279, 436, 481, 483. – Fugger (Joh. Jac.) Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich (Nürnberg 1668, kl. Fol.) S. 516, 518, 544, 563–572, 587, 590–595, 614–616, 619–640. – Korrespondent von und für Deutschland (Nürnberg, kl. Fol.) 1852, im Monate December [in einer Nummer dieses Monats befindet sich der Aufsatz: „Die Krönung Ladislaw’s V.“]. – Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 1852, Bd. IX, S. 255–306; Bd. XXV, S. 161–212; Bd. XXVIII, S. 473–536: „Habsburgische Excurse“ von J. Chmel [zunächst Ladislaus P. betreffend]. – Notizenblatt zum Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen (Wien, 8°.) 1853: „Zur Geschichte der Gesandtschaft des Königs Ladislaus P. nach Rom im Jahre 1453“. – Oesterreichische Zeitschrift für Geschichts- und Staatenkunde, von Joh. Paul Kaltenbäck (Wien, 4°.) Jahrg. 1836, S. 272: „Die medicinische Facultät der Wiener Universität macht dem Könige Ladislaus P. Vorstellungen gegen einen prakticirenden Juden, dem er seinen Geleitsbrief gegeben.“ – Dieselbe, S. 419: „Eine Kutsche unter den Geschenken, welche Ladislaus P. nach Paris schickte.“ – Dieselbe, 1837, S. 96: „Aus dem Raitbuch des Hubmeisters Conrad Hölzler; Aufwand für Küche und Stall des Königs Ladislaus P. im Jahre 1457.“ – Geschichts- und Erinnerungs-Kalender, herausg. von Schimmer (Wien, Sollinger, 4°.) Jahrg. 1847, S. 143: „Ladislaus Posthumus’ Geburt, Erziehung, Regierungsantritt“; S. 145: „Einzug in Wien und dessen Tod“. – Palacky (Franz), Zeugenverhör über den Tod König Ladislaus von Ungarn und Böhmen im Jahre 1457 (Prag 1856, 4°.) [aus den „Abhandlungen der k. böhm. Ges. d. Wiss.“ Zwei Aerzte, Dr. Lambl und Dr. Maschka, schließen ihr Gutachten an; Ersterer die Behauptung aufstellend: Ladislaus sei an der Pest gestorben; Letzterer mit der Ansicht älterer Autoren übereinstimmend: Ladislaus sei vergiftet worden]. – Austria. Oesterr. Universal-Kalender für das Jahr 1856 (XVII. Jahrg.) (Wien, Klang, gr. 8°.) S. 299: „Die Entführung der ungarischen Krone aus Vissegrád“ [Auszug eines gleichzeitigen Berichtes der Amme Helene Kottaner, welcher sich in [409] der kais. Hofbibliothek zu Wien befindet]. – Dieselbe für das Jahr 1857 (XVIII. Jahrgang), S. 295: „Die Gesandtschaft des Königs Ladislaus Posthumus nach Frankreich zur Brautwerbung um Magdalena, Tochter Karl’s VII. von Frankreich (1457)“. – Drescher (Joh. Gottl.), Diplomatische Nebenstunden (Breslau 1774, 4°.) Heft I, S. 73: „Historia seu epistola de morte Ladislai R. Ung. Dalm. Boh. ducis Stiriae etc. etc.Ladislaus vorschneller Tod bildet den Stoff vieler Volks- und Klagelieder seiner Zeit. Man vergleiche nur: Hormayr’s Taschenbuch 1833, S. 156: „Volkslied auf das plötzliche Hinscheiden Königs Ladislaus Posthumus am 23. November 1457 in Prag.“ – Soltau, Ein Hundert deutsche historische Volkslieder (Leipzig 1836, 8°.) S. 133: „König Ladislaus Posthumus’ Tod. 1457.“ – Pez, Scriptores Rerum Austriacar., Tom. II, col. 679: „Anonymi Synchroni Lessus in obitum Ladislai Posthumi“ [deutsches Klagelied in 27 fünfzeiligen Strophen]. – Erlach (Fr. K.), Die Volkslieder der Deutschen (1834) S. 99: „Gesang von König Ladislaus’ in Böhmen Tode 1457.“ [Dasselbe auch in Senkenberg’s Selecta juris“, tom. V und in Wolff’s historisch. Volksliedern, S. 726.] – Mone, Anzeiger für Kunde teutsch. Mittelalters (1839), S. 66: „Das Lied von Künig Laßla.“ – Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, V. Bd. S. 609: „Lied über König Ladislaus P., von Jac. Veter“ und ebd. S. 663: „Bernhardt’s von Kraiburg Klageschreiben über den Tod Ladislaus Posthumus’.“ – Oesterreichische Zeitschrift für Geschichte und Staatenkunde von Joh. Paul Kaltenbäck (Wien, 4°.) Jahrg. 1837, S. 40: „Volkslied auf den Tod Königs Ladislaus Posthumus.“ – Von neueren Dichtern besang L. A. Frankl in seinem „Habsburgslied“ (Wien 1832, 8°.) S. 93 u. f. : „Des Kindes Krönung“, „Die traurige Hochzeit“, beide Gedichte den König Ladislaus betreffend. – Porträte. 1) Blaschke sc. (Wien, kl. 8°.); – 2) in Fugger’s „Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich“, S. 641, C. N. S. scul. (kl. Fol.); – 3) Gez. von C. Mayer, gest. von J. Hyrtl. – Münzen und Medaillen. Das Verzeichniß der von dem k. k. Feldmarschall-Lieutenant Ludwig de Traux hinterlassenen Münz- und Medaillen-Sammlung (Wien 1856, 8°.) führt unter Nr. 2678 und 2679 zwei Ducaten seiner Zeit an.