Die Phantasie in der Malerei
Von Max Liebermann
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Buchvorschau
Die Phantasie in der Malerei - Max Liebermann
INHALT
VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE
Wer, irregeführt durch den anspruchsvollen Titel meines Büchelchens, eine wissenschaftliche Abhandlung über die Phantasie zu finden hofft, wird arg enttäuscht werden. Ich habe die Erfahrungen und Beobachtungen, die ich in einer ach! fast fünfzigjährigen Beschäftigung mit der Malerei gesammelt habe, aufgezeichnet.
Daß ich als Maler subjektiv über Malerei urteile, ist selbstverständlich. Aber ich habe nicht beabsichtigt, etwa für die naturalistische Malerei Propaganda zu machen – denn deren hat sie nicht nötig –, sondern ich schrieb die folgenden Seiten, um zu zeigen, daß jede Malerei naturalistisch sein müsse, wenn sie gut ist.
Es gibt keine blödsinnigere Behauptung, als die, welche man – wahrscheinlich gerade deswegen weil sie so blödsinnig ist – täglich liest und hört: der Naturalismus ist tot. Denn alle Kunst beruht auf der Natur und alles Bleibende in ihr ist Natur. Nicht die den Künstler umgebende nur, sondern vor allem seine eigene Natur. Wie er, der Künstler, die Welt anschaut, mit seinen inneren und äußeren Sinnen – das nenne ich seine Phantasie – die Gestaltung dieser seiner Phantasie ist seine Kunst. Als Maler gehe ich von der Anschauung aus, daher interessiert mich ausschließlich die gestaltende Phantasie, während mir die schöpferische Phantasie im Kunstwerke Axiom ist. Sie ist göttliche Eingebung, der nur auf dem Wege reinen Denkens beizukommen ist (wenn ihr überhaupt beizukommen ist). Der gestaltenden Phantasie aber dürfen wir hoffen, auf psychologisch-empirischem Wege nachspüren zu können. Oder mit anderen Worten: wir dürfen versuchen wollen, aus der Technik den Geist, der das Werk gezeugt hat, zu erklären.
Daß wenige Wochen nach Erscheinen der ersten Auflage eine zweite nötig geworden, ist ein erfreulicher Beweis, daß der Krieg wie andere Vorurteile auch das Diktum Inter arma silent Musae hinweggefegt hat.
Berlin, April 1916.
MAX LIEBERMANN
EINLEITUNG
»... daß das Studium der Natur und die Erfindung der Phantasie im Nachahmen das Bleibende in allem sei ...«
(Goethes Gespräch.)
In seinem Tagebuch stellt Delacroix die Behauptung auf, daß jede Ästhetik mit einer Terminologie der Kunstausdrücke zu beginnen habe, da Jeder darunter etwas anderes verstehe. Er unternimmt auch die Erklärung einiger termini, aber er hört alsbald wieder damit auf, wahrscheinlich weil er die Unmöglichkeit seines Unternehmens einsieht.
Ich bin mir wohl bewußt, das Wort »Phantasie«, von dem die folgenden Seiten handeln, in einem dem landläufigen abweichenden Sinne gebraucht zu haben und ich hätte es gern mit einem passenderen Worte vertauscht, wenn ich eins gefunden hätte. Im allgemeinen bezeichnet man mit Phantasie die Einbildungen unsres Gehirns, das Imaginäre, das ein nicht Existierendes vorzaubert. In dieser Bedeutung kann man Phantasie überhaupt nicht anwenden auf die Malerei, die nichts erfinden kann oder soll, was nicht in der Natur existiert oder wenigstens existieren könnte. Ich möchte der Phantasie mehr die Bedeutung, die das Wort im Griechischen hatte, beilegen: φαινομενον, Erscheinung. Der Maler will das ihm vorschwebende Bild zur Erscheinung bringen, er will die Erscheinung auf die Leinwand projizieren, wobei es ganz gleichgültig ist, ob ihm das Bild vor seinem geistigen oder leiblichen Auge schwebt. Denn beides ist im Grunde dasselbe: der Maler kann nur malen, was er zu sehen glaubt, ob er sein Bild im Geiste oder in der Natur sieht.
Aus der Phantasie malen steht also in keinem Gegensatze zum Nach-der-Natur-malen, denn es sind nur zwei verschiedene Wege, die nach demselben Ziele führen sollen. Noch falscher aber wäre die Annahme, die nicht nur im Publikum, sondern leider auch in der Ästhetik immer noch besteht, als ob der Maler, der aus der Phantasie malt, mehr mit der Phantasie malt, als der, welcher nach der Natur malt.
Je naturalistischer eine Malerei ist, desto phantasievoller muß sie sein, denn die Phantasie des Malers liegt nicht – wie noch ein Lessing annahm – in der Vorstellung von der Idee, sondern in der Vorstellung von der
