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Erster Teil. Die Wissenschaft der Logik Vorbegriff § 19 Die Logik ist die Wissenschaft der reinen Idee, das ist der Idee im abstrakten Elemente des Denkens. Es gilt von dieser wie von anderen in diesem Vorbegriffe enthaltenen Bestimmungen dasselbe, was von den über die Philosophie überhaupt vorausgeschickten Begriffen gilt, daß sie aus und nach der Übersicht des Ganzen geschöpfte Bestimmungen sind. Man kann wohl sagen, daß die Logik die Wissenschaft des Denkens, seiner Bestimmungen und Gesetze sei, aber das Denken als solches macht nur die allgemeine Bestimmtheit oder das Element aus, in der die Idee als logische ist. Die Idee ist das Denken nicht als formales, sondern als die sich entwickelnde Totalität seiner eigentümlichen Bestimmungen und Gesetze, die es sich selbst gibt, nicht schon hat und in sich vorfindet. Die Logik ist insofern die schwerste Wissenschaft, als sie es nicht mit Anschauungen, nicht einmal wie die Geometrie mit abstrakten sinnlichen Vorstellungen, sondern mit reinen Abstraktionen zu tun hat und eine Kraft und Geübtheit erfordert, sich in den reinen Gedanken zurückzuziehen, ihn festzuhalten und in solchem sich zu bewegen. Auf der andern Seite könnte sie als die leichteste angesehen werden, weil der Inhalt nichts als das eigene Denken und dessen geläufige Bestimmungen und diese zugleich die einfachsten und das Elementarische sind. Sie sind auch das Bekannteste, Sein, Nichts usf., Bestimmtheit, Größe usw., Ansichsein, Fürsichsein, Eines, Vieles usw. Diese Bekanntschaft erschwert jedoch eher das logische Studium; einesteils wird es leicht der Mühe nicht wert gehalten, mit solchem Bekannten sich noch zu beschäftigen, andernteils ist es darum zu tun, auf ganz andere, ja selbst entgegengesetzte Weise damit bekannt zu werden, als man es schon ist. 8/67 Der Nutzen der Logik betrifft das Verhältnis zum Subjekt, inwiefern es sich eine gewisse Bildung zu anderen Zwecken gibt. Die Bildung desselben durch die Logik besteht darin, daß es im Denken geübt wird, weil die Wissenschaft Denken des Denkens ist, und daß es die Gedanken und auch als Gedanken in den Kopf bekommt. - Insofern aber das Logische die absolute Form der Wahrheit und, noch mehr als dies, auch die reine Wahrheit selbst ist, ist es ganz etwas anderes als bloß etwas Nützliches. Aber wie das Vortrefflichste, das Freiste und Selbständigste auch das Nützlichste ist, so kann auch das Logische so gefaßt werden. Sein Nutzen ist dann noch anders anzuschlagen, als bloß die formelle Übung des Denkens zu sein. Zusatz 1. Die erste Frage ist: was ist der Gegenstand unserer Wissenschaft? Die einfachste und verständlichste Antwort auf diese Frage ist die, daß die Wahrheit dieser Gegenstand ist. Wahrheit ist ein hohes Wort und die noch höhere Sache. Wenn der Geist und das Gemüt des Menschen noch gesund sind, so muß diesem dabei sogleich die Brust höher schlagen. Es tritt dann aber auch alsbald das Aber auf, ob wir auch die Wahrheit zu erkennen vermögen. Es scheint eine Unangemessenheit stattzufinden zwischen uns beschränkten Menschen und der an und für sich seienden Wahrheit, und es entsteht die Frage nach der Brücke zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen. Gott ist die Wahrheit; wie sollen wir ihn erkennen? Die Tugenden der Demut und der Bescheidenheit scheinen mit solchem Vorhaben im Widerspruch zu stehen. - Man fragt dann aber auch danach, ob die Wahrheit erkannt werden könne, um eine Rechtfertigung dafür zu finden, daß man in der Gemeinheit seiner endlichen Zweck fortlebt. Mit solcher Demut ist es dann nicht weit her. Solche Sprache: wie soll ich armer Erdenwurm das Wahre zu erkennen vermögen?, ist vergangen; an deren Stelle ist der Dünkel und die Einbildung getreten, und man hat sich eingebildet, unmittelbar im Wahren zu sein. - Man hat der Jugend eingeredet, sie besitze das Wahre (in der Religion und im Sittlichen) schon, wie sie geht und steht. Insbesondere hat man auch in dieser Rücksicht gesagt, die sämtlichen Erwachsenen seien versunken, verholzt und verknöchert in der Unwahrheit. Der Jugend sei die Morgenröte erschienen, die ältere Welt aber befinde sich im Sumpf und Morast 8/68 des Tages. Die besonderen Wissenschaften hat man dabei als etwas bezeichnet, das allerdings erworben werden müsse, aber als bloßes Mittel für äußere Lebenszwecke. Hier ist es also nicht Bescheidenheit, welche von der Erkenntnis und vom Studium der Wahrheit abhält, sondern die Überzeugung, daß man die Wahrheit schon an und für sich besitze. Die Älteren setzen nun allerdings ihre Hoffnung auf die Jugend, denn sie soll die Welt und die Wissenschaft fortsetzen. Aber diese Hoffnung wird nur auf die Jugend gesetzt, insofern sie nicht bleibt, wie sie ist, sondern die saure Arbeit des Geistes übernimmt. Es gibt noch eine andere Gestalt der Bescheidenheit gegen die Wahrheit. Dieses ist die Vornehmheit gegen die Wahrheit, die wir bei Pilatus sehen, Christus gegenüber. Pilatus fragte "was ist Wahrheit?" in dem Sinne dessen, der mit allem fertig geworden ist, dem nichts mehr Bedeutung hat, - in dem Sinn, in welchem Salomon sagt: "alles ist eitel". - Hier bleibt nur die subjektive Eitelkeit übrig. Ferner noch steht der Erkenntnis der Wahrheit die Furchtsamkeit entgegen. Dem trägen Geist fällt leicht ein, zu sagen: so sei es nicht gemeint, daß es mit dem Philosophieren Ernst werden solle. Man hört so wohl auch Logik, aber diese soll uns so lassen, wie wir sind. Man meint, wenn das Denken über den gewöhnlichen Kreis der Vorstellungen hinausgehe, so gehe es zu bösen Häusern; man vertraue sich da einem Meere an, auf dem man von den Wellen des Gedankens da- und dorthin geschlagen werde und am Ende doch wieder auf der Sandbank dieser Zeitlichkeit anlange, die man für nichts und wieder nichts verlassen habe. Was bei solcher Ansicht herauskommt, das sieht man in der Welt. Man kann sich mancherlei Geschicklichkeiten und Kenntnisse erwerben, ein routinierter Beamter werden und sich sonst für seine besonderen Zwecke ausbilden. Aber ein anderes ist es, daß man seinen Geist auch für das Höhere bildet und um dasselbe sich bemüht. Man darf hoffen, daß in unserer Zeit ein Verlangen nach etwas Besserem in der Jugend aufgegangen ist und daß diese sich nicht bloß mit dem Stroh der äußeren Erkenntnis begnügen will. Zusatz 2. Daß das Denken der Gegenstand der Logik sei, darüber ist man allgemein einverstanden. Vom Denken aber kann man eine sehr geringe und auch eine sehr hohe Meinung haben. So sagt man einerseits: dies ist nur ein Gedanke, - und meint damit, daß der Gedanke nur subjektiv, willkürlich und zufällig, nicht aber die Sache selbst, das Wahre und Wirkliche sei. Andererseits kann man aber auch eine hohe Meinung vom Gedanken haben und denselben so fassen, daß nur er allein das Höchste, die Natur 8/69 Gottes erreicht und daß mit den Sinnen nichts von Gott zu erkennen sei. Man sagt, Gott sei Geist und wolle im Geist und in der Wahrheit angebetet werden. Das Empfundene aber und Sinnliche, geben wir zu, sei nicht das Geistige; sondern das Innerste desselben sei der Gedanke, und nur der Geist könne den Geist erkennen. Der Geist kann sich zwar (z. B. in der Religion) auch fühlend verhalten, aber ein anderes ist das Gefühl als solches, die Weise des Gefühls, und ein anderes der Inhalt desselben. Das Gefühl als solches ist überhaupt die Form des Sinnlichen, welches wir mit den Tieren gemein haben. Diese Form kann dann wohl des konkreten Inhalts sich bemächtigen, aber dieser Inhalt kommt dieser Form nicht zu, die Form des Gefühls ist die niedrigste Form für den geistigen Inhalt. Dieser Inhalt, Gott selbst, ist nur in seiner Wahrheit im Denken und als Denken. In diesem Sinne ist also der Gedanke nicht bloß nur Gedanke, sondern ist vielmehr die höchste und, genau betrachtet, die einzige Weise, in der das Ewige und an und für sich Seiende gefaßt werden kann. Wie vom Gedanken, so kann man auch von der Wissenschaft des Gedankens eine hohe und eine geringe Meinung haben. Denken meint man, kann jeder ohne Logik, wie verdauen ohne Studium der Physiologie. Habe man auch Logik studiert, so denke man doch nach wie vor, vielleicht methodischer, doch mit wenig Änderung. Wenn die Logik kein anderes Geschäft hätte, als mit der Tätigkeit des bloß formellen Denkens bekanntzumachen, so brächte sie freilich nichts hervor, was man nicht sonst auch schon ebensogut getan hätte. Die frühere Logik hatte in der Tat auch nur diese Stellung. Übrigens gereicht auch die Kenntnis des Denkens als bloß subjektiver Tätigkeit dem Menschen schon zur Ehre und hat Interesse für ihn; dadurch, daß der Mensch weiß, was er ist und was er tut, unterscheidet er sich vom Tiere. - Andererseits hat nun aber auch die Logik als Wissenschaft des Denkens einen hohen Standpunkt, insofern der Gedanke allein das Höchste, das Wahre zu erfahren vermag. Wenn also die Wissenschaft der Logik das Denken in seiner Tätigkeit und seiner Produktion betrachtet (und das Denken ist nicht inhaltlose Tätigkeit, denn es produziert Gedanken und den Gedanken), so ist der Inhalt überhaupt die übersinnliche Welt und die Beschäftigung mit derselben das Verweilen in dieser Welt. Die Mathematik hat es mit den Abstraktionen der Zahl und des Raumes zu tun, diese sind aber noch ein Sinnliches, obschon das abstrakt Sinnliche und Daseinslose. Der Gedanke nimmt auch Abschied von diesem letzten Sinnlichen und ist frei bei sich selbst, entsagt der äußerlichen und innerlichen Sinnlichkeit, entfernt alle besonderen Interessen und Neigungen. 8/70 Insofern die Logik diesen Boden hat, haben wir würdiger von ihr zu denken, als man gewöhnlich zu tun pflegt. Zusatz 3. Das Bedürfnis, die Logik in einem tieferen Sinne als dem der Wissenschaft des bloß formellen Denkens zu erfassen, ist veranlaßt durch das Interesse der Religion, des Staats, des Rechts und der Sittlichkeit. Man hat früher beim Denken nichts Arges gehabt, frisch vom Kopfe weg gedacht. Man dachte über Gott, Natur und Staat und hatte die Überzeugung, nur durch Gedanken komme man dazu, zu erkennen, was die Wahrheit sei, nicht durch die Sinne oder durch ein zufälliges Vorstellen und Meinen. Indem man so fort dachte, ergab es sich aber, daß die höchsten Verhältnisse im Leben dadurch kompromittiert wurden. Durch das Denken war dem Positiven seine Macht genommen. Staatsverfassungen fielen dem Gedanken zum Opfer; die Religion ist vom Gedanken angegriffen, feste religiöse Vorstellungen, die schlechthin als Offenbarungen galten, sind untergraben worden, und der alte Glaube wurde in vielen Gemütern umgestürzt. So stellten sich z. B. die griechischen Philosophen der alten Religion entgegen und vernichteten die Vorstellungen derselben. Daher wurden Philosophen verbannt und getötet wegen Umsturzes der Religion und des Staats, welche beide wesentlich zusammenhingen. So machte sich das Denken in der Wirklichkeit geltend und übte die ungeheuerste Wirksamkeit. Dadurch wurde man aufmerksam auf diese Macht des Denkens, fing an, seine Ansprüche näher zu untersuchen, und wollte gefunden haben, daß es sich zu viel anmaße und nicht zu leisten vermöge, was es unternommen. Anstatt das Wesen Gottes, der Natur und des Geistes, überhaupt anstatt die Wahrheit zu erkennen, habe dasselbe den Staat und die Religion umgestürzt. Es wurde deshalb eine Rechtfertigung des Denkens über seine Resultate verlangt, und die Untersuchung über die Natur des Denkens und seine Berechtigung ist es, welche in der neueren Zeit zum großen Teil das Interesse der Philosophie ausgemacht hat. § 20 Nehmen wir das Denken in seiner am nächsten liegenden Vorstellung auf, so erscheint es α) zunächst in seiner gewöhnlichen subjektiven Bedeutung, als eine der geistigen Tätigkeiten oder Vermögen neben anderen, der Sinnlichkeit, Anschauen, Phantasie usf., Begehren, Wollen usf. Das Produkt desselben, die Bestimmtheit oder Form des Gedankens, ist das Allgemeine, Abstrakte überhaupt. Das Denken als 8/71 die Tätigkeit ist somit das tätige Allgemeine, und zwar das sich betätigende, indem die Tat, das Hervorgebrachte, eben das Allgemeine ist. Das Denken als Subjekt vorgestellt ist Denkendes, und der einfache Ausdruck des existierenden Subjekts als Denkenden ist Ich. Die hier und in den nächstfolgenden §§ angegebenen Bestimmungen sind nicht als Behauptungen und meine Meinungen über das Denken zu nehmen; jedoch da in dieser vorläufigen Weise keine Ableitung oder Beweis stattfinden kann, mögen sie als Facta gelten, so daß in dem Bewußtsein eines jeden, wenn er Gedanken habe und sie betrachte, es sich empirisch vorfinde, daß der Charakter der Allgemeinheit und so gleichfalls die nachfolgenden Bestimmungen darin vorhanden seien. Eine bereits vorhandene Bildung der Aufmerksamkeit und der Abstraktion wird allerdings zu Beobachtung von Factis seines Bewußtsein und seiner Vorstellungen erfordert. Schon in dieser vorläufigen Exposition kommt der Unterschied von Sinnlichem, Vorstellung und Gedanken zur Sprache; er ist durchgreifend für das Fassen der Natur und der Arten des Erkennens; es wird daher zur Erläuterung dienen, diesen Unterschied auch hier schon bemerklich zu machen. - Für das Sinnliche wird zunächst sein äußerlicher Ursprung, die Sinne oder Sinneswerkzeuge zur Erklärung genommen. Allein die Nennung des Werkzeuges gibt keine Bestimmung für das, was damit erfaßt wird. Der Unterschied des Sinnlichen vom Gedanken ist darein zu setzen, daß die Bestimmung von jenem die Einzelheit ist, und indem das Einzelne (ganz a